Meine Erfahrungen mit rectified Nylgutsaiten für Laute und Barockgitarre

Begonnen von kleiner wolf, 03. Sep 2020, 09:51:27

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kleiner wolf

Hallo,

seit einiger Zeit denke ich auf dem Thema Saiten herum. Auf meiner Islander MT4 Tenor hatte ich lange Aquila New Nylgut Ukulelesaiten (also die weißen, glatt polierten Nylgutsaiten). Deren Kang mochte ich zwar ganz gerne, ich habe sie aber immer als recht steif empfunden. Zum Beilspiel spielen sich Triller recht mühsam mit diesen Saiten (zumal die Islander, so sehr ich sie nach wie vor mag, eher träge in der Ansprache ist). Fluorcarbon-Saiten empfinde ich als flexibler und vielseitiger im Klang, aber sie klingen noch modernen (ich kenne vor allem Worth Brown und Worth Clear). Als ich diese Thematik mit meinem Gitarrenlehrer (der als Musiker inzwischen Lautenist ist) diskutiert habe, meinte er, ich solle doch mal rectified Nylgut (auch von Aquila) für Laute und Barock- bzw. Renaissancegitarre ausprobieren. Das ist prinzipiell das gleiche Material wie die weißen glatten Nylgut Ukulelesaiten, aber mit einer rauen Oberfläche, die der von Darmsaiten ähnlich ist. Da es diese Saiten nur einzeln gibt, muss man sich die gewünschten Durchmesser mit ihren dazu passenden Spannungen mit einem String-Calculator für die entsprechende Mensur ausrechnen. Mein erster Versuch resultierte in zwar interessant klingenden, aber für mich viel zu dünnen und dementsprechend dünn klingenden Saiten. Nach ein wenig rumprobieren bin ich letztlich bei 0.60 mm (a'), 0,76 mm (e'), 0,91 mm (c'), 0,66 mm (g') bei 415 Hz gelandet. Verwirrenderweise sind dies nicht die realen Durchmesser, sondern sog. Darmäquivalenzdurchmesser, d. h. eine Darmsaite (zumindest eine von Aquila) mit diesem Durchmesser hat genau die gleiche Spannung. Die Nylguts sind ein wenig dünner, je dünner die Saite ist desto größer ist der Unterschied.

Die Saiten klingen offener und transparenter, als alle moderneren Saiten, die ich kenne. Durch die raue Oberfläche hat der Klang eine sehr lebendige und farbenreiche und leicht knarzige Textur, wie sie eben auch für Lauten und deren Verwandte charakteristisch ist. Es entsteht ein deutliches Anschlagsgeräusch, das dieses Klangbild zusätzlich unterstützt. Der Klang mutet eher alt an, und ist weniger perfekt, als z. B. mit Fluorcarbon, hat aber in meinen Ohren einen Charme, der den modernen Ukulelesaiten fehlt. Für alte Musik, wie ich sie hauptsächlich spiele, ist das ein sehr passendes Klangbild. Ich empfinde diese Saiten als eine sehr interessante Alternative zu den üblichen Ukulelesaiten. Auf meiner neuen Bugle Tenor sind sie inzwischen auch drauf und ich habe momentan kein Bedürfnis noch andere Saiten zu testen (wobei, irgendwann werde ich denke ich auch mal echten Darm ausprobieren).

Sobald ich dazu komme werde ich mal ein paar Klangbeispiele aufnehmen.

Viele Grüße

Clemens

isso

 Danke für die Anregung! Bin sehr gespannt auf das Hörbeispiel.

Hummel

Du spielst die Ukulele in alter Stimmung? Einfach weil du es magst oder spielst du mit anderen?

kleiner wolf

Hallo Hummel,

hauptsächlich weil ich es mag. Ich hab das mit den weißen glatten Nylguts mal ausprobiert, um die Spannung etwas zu reduzieren und war klanglich sehr angetan. Ich bin auch schon mal auf 392 Hz runter (für französische Barockmusik recht üblich), aber das war mir klanglich dann etwas zu dunkel.

Viele Grüße

Clemens

harry mudd

wenn dir rauhe Saiten liegen sind die Aquila Reds vielleicht eine Alternative für dich.
H

kleiner wolf

Hallo,

ich habe jetzt bei den Membersounds eine Aufnahme als Klangprobe eingestellt.

Abgesehen davon muss ich eine Aussage aus meinem Ursprungsposting korrigieren. Der Durchmesser der rectified Nylgut Saiten ist doch identisch mit dem von Darmsaiten gleicher Spannung, das die Dichte der beiden Materialien die gleiche ist. Das habe ich inzwischen direkt bei Aquila erfragt.

Viele Grüße

Clemens