Tonart erkennen

Begonnen von ukelmann, 09. Jan 2017, 12:52:00

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ukelmann

Beim Transponieren eines populären, hilfesuchenden Liedes der 60er fiel mir auf, dass ich (wie sonst eigentlich schon) nicht sicher bin, welche Tonart das ist, bez. nicht weiß, wie die Zuordnung bei Moll-Tonarten erfolgt:
Zu C, F, G bzw. C, Dm, G wie unten, würde ich ja C-Dur sagen, aber ist das richtig? Oder ist das Dm?
Wie müsste die typische Akkordfolge zu C, F, G in Moll heißen? Cm, Fm, Gm, bzw. bei gleichem Vorzeichen Am, Dm, Em?

Hier das Beispiel:
[Dm] xxx- I need somexxxx! [Bb] xxxx- xxx just xxxxxxx!
[G] xxx- you xxx I xxx someone, [C] xx-xx--xx!

[C] xxx I xxx xxx, xxx xxx [Em] xxx xxx today, [Am] I xxx xxx xxx's [F] xxx xx [Bb] xxx
[C] way. xxx xxx xxx xxx xxx xxx, xxx [Em] xxx xxx xxx xxx, [Am] now I xxx xxx  xxx xxx xxx ,
I've [F] xxx [Bb] xxx xxx [C] doors!

[Dm] xxxx me xxx xxx can I'xxx xxx xxx and if xxx
[Bb] xxx xxx xxx xxx round.
[G] xxxx to xxx my xxx back xxx the xxx. xxx't xxx
[C] xxx, please, xxx xxx !
Plinke-ti plinke-ti plinke-ti PLING

Uhu

#1
Some help:

Das Lied ist und bleibt in C-Dur, zur Begleitung würden also C, F und G oder G7 reichen. Da das auf Dauer langweilig ist, haben die Herren Komponisten den einen und den anderen Akkord durch den jeweiligen Moll-Stellvertreter ersetzt. Also am statt C, dm statt F und em statt G. Merke: Wo Moll draufsteht, ist nicht immer Molltonleiter drin. ;D

Ich habe mich um eine allgemein verständliche Erklärung ohne Fachjargon bemüht, natürlich kann ich mit Tonika, Subdominante und Dominantseptakkorden argumentieren, wenn's von jemandem gewünscht wird.

Ein Lied in einer echten Molltonart wäre dann cm fm und je nach Melodie G oder auch gm. Das hängt davon ab, welche der drei Arten von Molltonleitern verwendet wurde.

Edit: Ich sehe gerade, ich habe etwas vorschnell auf deinen ersten Absatz geantwortet und ignoriert, dass da noch ein Bb drin ist. Das spricht dafür, dass Teile des Liedes in einer anderen Tonart sind.

UkeDude

#2
Wenn ich es richtig verstanden habe geht es Dir ja "nur" um das Transponieren, oder?

Von dem ausgehend ist es einfach so das ein Dur ein Dur Akkord bleibt und ein Moll ein Moll, z.B. aus einem C ein D wird und aus einem Dm ein Em... egal wie die Tonart des Stückes ist.  Hat bei mir auf jeden Fall immer funktioniert und ich benutze da meist meine Transponierscheibe (Seite2) Einfach den inneren Ring auf die gewünschten Akkord drehen wo man hintransponieren will und schon lassen sich alle anderen Akkorde ablesen. Ein Dur bleibt ein Dur und ein Moll bleibt ein Moll. Ich hoffe ich konnte "helfen" :D


...und btw, Vorbildlich verschlüsselt, das Lied.

Frolicks

Die liebe Uhu hat das ja schon super erklärt. Unnötig verwirrendes Fach-Chinesisch bzw. Musikalisch kann man sich an dieser Stelle erstmal schenken.

Mein erster, oberflächlicher Beobachtungseindruck - ohne zunächst das Lied erkannt zu haben - stellt fest: Alle drei Teile, die du natürlich von Hand abgetippt hast, enden auf C. Das wäre auf jeden Fall schon mal ein ziemlich starker Indikator, dass es sich um die Tonart C-Dur handeln könnte.

Wobei deine Verwirrung ohne weiteres zu erklären ist, denn die Herren Lennon und McCartney waren schon ganz gut darin, eigentlich einfache Tonarten durch merkwürdige Zusatzakkorde zu verschleiern: Hier fällt mir - bei näherer Betrachtung - v.a. das Bb-Dur auf, dass ja im großen und ganzen in C-Dur eher selten auftaucht. Es ist also ein erweitertes C-Dur.

Es könnte einem der Verdacht kommn, dass die beiden Kompositeure hier wieder mit den so genannten Kirchentonarten experimentiert hätte, das gibts bei den beiden nämlich öfter. Es könnte z.B. eine F-Dur-Tonleiter mit dem Grundakkord C-Dur sein, dann wäre das Bb zu erklären. Aber da immer mal wieder auch G-Dur, zumal vor dem C, auftaucht, ist es wohl doch eher ein C-Dur mit nem Bb als Erweiterung. Da das die kleine 7. Stufe von C-Dur ist, sorgt das hier in dem Stück für ein bisschen Blues-Feeling.

Bei Moll ist die auch schon von Uhu angesprochene Schwierigkeit, dass es mehrere Versionen (im wesentlichen drei) von Molltonarten gibt. Das würde jetzt recht weit führen. Aber wenn z.B. ein A-Dur oder A-Dur7 auftauchen würde, wäre das ein recht sicherer Indikator für ein Dm. Allerdings gibts auch Dm-Stücke ohne A-Dur... wie gesagt, längere Geschichte....

Ich hoffe, ich habe jetzt nicht alle Klarheiten beseitigt...  ;)
I plink, therefore I am.

ukelmann

Zitat von: UkeDude am 09. Jan 2017, 13:36:42
Wenn ich es richtig verstanden habe geht es Dir ja "nur" um das Transponieren, oder?
...und btw, Vorbildlich verschlüsselt, das Lied.

Ne, Transponieren ist überhaupt kein Problem. Wenn ich Akkorde habe, dann kann ich die problemlos hin- und hertransponieren, und habe auch selten Schwierigkeiten in bestehenden Liedern falsche Akkorde zu erhören und ggf. die richtigen rauszufinden.
Mir ist nur die Zuordnung zu einer Tonart schwierig, insbesondere wenn sehr viele Akkorde genutzt werden.
Plinke-ti plinke-ti plinke-ti PLING

Ole Lele

Das Lied spielt mit den Erwartungen des Hörers und lässt ihn (transponiert) zwischen den Tonarten d-Moll und C-Dur zweifeln.
Refrain und Intro fangen nicht nur mit d-Moll sondern in d-Moll an, denn das nachfolgende Bb-Dur bestätigt zunächst d-Moll (Bb ist Tonikagegenklang in d-Moll).
Das G-Dur danach reißt jedoch das Ruder herum, weil dies nachfolgend C-Dur erwarten lässt und diese Erwartung auch befriedigt wird.
Da dies auch noch am Ende des Abschnitts geschieht, rastet man auf C-Dur ein.

Bei den Strophen ist es ein bisschen anders, denn sie beginnen und enden ja mit C-Dur.
Zwar taucht Bb-Dur dort auch auf, jedoch nicht aus d-Moll kommend, sondern als Austauschakkord für G7.

hilli2

Hi!
Bei dem Song hatte ich, als ich dir die Mail geschrieben habe, erst "vermutlich A-Dur" stehen (als es um hm ging) ;) , ich war mir auch nicht sicher!

ich vermute einfach, dass der erste Teil einfach in einer anderen Tonart steht. Sowas haben die Beatles gern mal gemacht, die haben auch gern Akkorde aus anderen Tonarten "verbaut" - das gibt eben einen Teil des typischen Beatles-Sounds!
***Music was my first love...***

ukelmann

#7
Ich kenne mich in der Lehre eigentlich nicht aus, begreife aber die "Grundlagen" bzw. das "Prinzip" der Benennung, insbesondere Frolicks Hinweis auf 3 Molltonarten hat mich aufhorchen und nachforschen lassen.

Mir ist jetzt klar, dass jede Abweichung von "reinen" Melodien innerhalb einer Tonleiter (die eine Tonart definiert wie Dur oder  Moll natürlich/harmonisch/melodisch/zigeuner) dazu führt, dass man eigentlich erst Mal die Tonabstände in der Melodielinie analysieren müsste, um die Tonart zu benennen. Die reine Nennung von Akkorden reicht vermutlich nicht aus.

Habe obiges Lied mal zwanghaft mit C, F, G gespielt. Geht tatsächlich, und nur an wenigen Stellen weicht man minimal von der tatsächlichen Melodie ab.

Wieder was dazu gelernt.
Ich werde mich auch mal am Beispiel eines einfachen Liedes damit auseinandersetzen, wo man welche Akkorde setzt (und zusätzlich setzen könnte), und wie die Akkorde in Relation zum gespielten Ton stehen/stehen müssen.

Danke Euch!
Plinke-ti plinke-ti plinke-ti PLING

Aquarius

#8
Standard C-Dur.

ii - V - I

gängige Ersetzung: (iv) - bVII - I (sogenannte "Backdoor"), daher das Bb zwischen ii und V. V zusätzlich: doppelt hält besser. Die IV ist im Pop nicht unüblich ;-)

ab und zu parallele Moll bei V - Em und I - Am. Statt ii (dorisch) kann man's auch bei I belassen, sind die selben Töne (Anfang Mittelteil)

STRUUNZ.

Knasterbax

ZitatUnnötig verwirrendes Fach-Chinesisch bzw. Musikalisch kann man sich an dieser Stelle erstmal schenken.
8) 8) 8)

ZitatSTRUUNZ.
:o :o :o
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

Aquarius

"unnötig":
manche wollen eben nur ein Ergebnis ohne zu verstehen, andere den Weg es zu erkennen. Einfacher gehts nicht.

Ole Lele

Dann sollte es aber auch richtig sein.
Es stimmt zwar in den Strophen, dass man den Ersatz von G7 durch Bb-Dur (F-Bb-C statt F-G7-C) als "Backdoor"-Kadenz bezeichnet;
im Intro und Refrain aber ersetzt Bb stattdessen F (Bb-G-C statt F-G-C), was kein "doppelt hält besser", sondern eine andere Kadenz ist (bVII-V-I).
Diese war zu Zeiten der Beatles den Hörern mehr vertraut als uns heute, vor allem aus Filmmusiken wie denen von "Die glorreichen Sieben" oder "Rauchende Colts".

Das Raffinierte an diesem Stück ist, wie schon erwähnt, dass man am Anfang Bb als Ausweichakkord von Dm hört und sich in d-Moll wähnt, das Gehör beim G aber umrastet auf die besagte bVII-V-I -Kadenz und nunmehr C erwartet (und auch bekommt).

Frolicks

Zitat von: Aquarius am 10. Jan 2017, 07:16:53
"unnötig":
manche wollen eben nur ein Ergebnis ohne zu verstehen, andere den Weg es zu erkennen.

Ole hat ja eine perfekte harmonische Analyse gezeigt, und uns auch alle Stufen bzw Funktionen präsentiert. Vielen Dank dafür! Sehr aufschlussreich.

Gefragt war aber ja ursprünglich ein einfacher Weg, die Tonart eines Stückes zu bestimmen. Und dafür reicht in den meisten Fällen (Jazz lassen wir mal aus) ja ein Blick auf den letzten Akkord.
I plink, therefore I am.

allesUkeoderwas

Zitat von: Frolicks am 24. Jan 2017, 22:56:18
...Und dafür reicht in den meisten Fällen (Jazz lassen wir mal aus) ja ein Blick auf den letzten Akkord.

Ich hab mich bisher immer auf den ersten verlassen, auch wenn er nicht immer da steht.  >:(
Frag mich aber wofür man dieses spezielle Fachwissen als normaler Instrumentalist braucht.
Sind doch alle Tonarten irgendwo auf dem Instrument verfügbar.

Ankündigungen von den Kumpels für die nächste Bandprobe/Stammtisch in den soschel Medias: "Können wir nicht mal eben  XYZ in C" sind ohnehin so 'ne Sache, erstens weil die ooch keene Ahnung von Tonarten haben und zweitens es u.U. vor Ort G wird, da keena in C singen kann. Da muß man dann halt mit einer Batterie Bluesharps und dem Wissen über Tonleitern auf seinem Blasetut gewappnet sein. Dem Drummer ist das ohnehin alles Wurst.

In diesen Fällen wär mir auch ein Chordsheet, oder Notenblättchen (Möglichst in, oder mit Hinweis auf die Originaltonart) mit dem Hinweis "So, aber 2 Halbtöne tiefer" lieber.

Wozu braucht man das Wissen über die Tonart?
Wichtig ist, daß man die Akkorde greifen und die Tonleitern spielen kann...
Wenn nicht, muß man halt üben, oder sich was leichteres aussuchen.
Ukulelen: Nur Schrott

hilli2

Zitat von: allesUkeoderwas am 25. Jan 2017, 09:06:19

Wenn nicht, muß man halt üben, oder sich was leichteres aussuchen.

oder lernen zu erkennen, um welche Tonart es sich handelt ;)

das ist manchmal wirklich hilfreich, gerade im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten! Die Tonart sagt mir nämlich etwas über das Tonmaterial, das ich verwenden soll (Vorzeichen).

Außerdem ist transponieren in eine andere Tonart nur möglich, wenn ich die ursprüngliche Tonart kenne! Dann weiß ich nämlich, ob ich

Zitat von: allesUkeoderwas am 25. Jan 2017, 09:06:19
So, aber 2 Halbtöne tiefer
spielen muss oder vielleicht eine Terz oder Quarte höher etc.

Man kann Instrumente spielen, ohne sich mit Musiktheorie auszukennen. Leichter ist jedes Instrument zu verstehen, wenn man sich ein wenig mit der Theorie befasst!
***Music was my first love...***