Beim Fingerpicking Daumen aufstützen?

Begonnen von Noelanj, 16. Sep 2017, 19:10:04

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Noelanj

Und gleich noch eine weitere Frage: Ich lerne Fingerpicking (PIMA), was eigentlich ganz gut klappt. Finde es sogar einfacher, als zum Beispiel nur mit dem Daumen zu spielen. Kürzlich ist mir aufgefallen, dass ich den Daumen dabei auf der Kante des Griffbrettes aufstütze, quasi als leichter Gegendruck gegen die Aufwärtsbewegung der Finger beim Zupfen. Das ist mir erst aufgefallen, als plötzlich der Daumen selber ins Spiel kam und die 4. Saite zupfen musste, da musste ich mich aus dieser bequemen Haltung lösen. Ist das eine blöde Angewohnheit?

Bin sehr dankbar für ein Feedback!

Hummel

Wichtiger finde ich dass der Daumen grundsätzlich vor den anderen Fingern liegt, nicht in die hohle Hand zeigt. Auf Dauer klappt das Aufstützen eh nicht, weil der Daumen genug zu tun bekommt.

hilli2

Ich hab mir irgendwann mal angewöhnt, den kleinen Finger auf der Decke abzulegen (jaja, ich weiß, blöde ANgewohnheit). Aber dann verrutscht man nicht und findet die Saiten leichter.

Angewöhnt hab ich mir das vor über 20 Jahren auf der Gitarre - ich kann mittlerweile auch ohne Aufsetzen spielen - die Angewohnheit kann man sich also auch wieder abgewöhnen - und mir hat's geholfen!
***Music was my first love...***

Tuke

#3
Moin,

probier mal jeder Saite einen Finger zuzuordnen:

Daumen 4. Saite, Zeigefinger 3., Mittelfinger 2. und Ringfinger 1. Saite.
Der Kleine Finger der rechten Hand bleibt frei.

Hier kannst Du es sehen und ausprobieren:
Ukulele Lesson: Unlock Big Changes in Your Playing with Daniel Ward's Meditative Arpeggio

Für viele Arten des Pickings klappt das sehr gut.

Eine Alternative ist eine Art "Wechselbass" des Daumens auf der 4. und 3. Saite und Zeige- und Mittelfinger
für die beiden übrigen Saiten.

Das gibt eine Art Travis Pick und Ukulele Mike hat ein Tutorial dazu gemacht,
hier z.B. Travis Pick No 2:
https://www.youtube.com/watch?v=ohsIHap2Nik

Wie immer: Es gibt viele Arten Musik zu machen, das gilt auch für die Ukulele ;-)
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

wwelti

Ich sehe auf YT viele Videos von Spielern, die den Wechselschlag nicht beherrschen, und dadurch stark in ihren Möglichkeiten eingeschränkt sind. Ich glaube, wenn man sich eine falsche Technik der rechten Hand über längere Zeit angewöhnt, kann es durchaus schwierig sein, davon wieder wegzukommen, sonst gäbe es nicht so viele Fälle dieser Art!

Meine Ratschläge hierzu:

Generell denke ich, daß es keine gute Idee ist, sich etwas Falsches anzugewöhnen. Es ist immer deutlich anstrengender, etwas falsches angelerntes wieder loszuwerden, als gleich die richtige Technik zu lernen. Ja, man hat dann vielleicht nicht ganz so schnelle Anfangserfolge. Aber es ist nur eine kurze Zeit, in der man hier die "Bequemlichkeit" besiegen muß, um dann umso früher davon profitieren zu können.

- Bitte keine Stützfinger. Man _kann_ sich das zwar wieder abgewöhnen, aber das muß man dann auch irgendwann tun. Stützfinger schränken die freie Beweglichkeit der rechten Hand ein, und sind mit vielen Spieltechniken inkompatibel (z.B. Arpeggien, künstliches Flageolett, Flamenco-Techniken, usw.).

- Bitte keine feste Zuordnung von Fingern und Saiten. So ein festes Schema mag man anfangs als hilfreich empfinden. Es gibt jedoch Spieler die scheinbar nie wieder davon loskommen. Gerade der Wechselschlag scheint eine Sache zu sein die vielen vor allem deshalb schwerfällt, weil das Spielen ohne diese Technik so eingefleischt ist. Ich habe damals direkt damit angefangen und das war sicher kein Fehler.

- Viele Spieler gewöhnen sich eine "rupfende" Anschlagtechnik an, welche dazu führt, daß die Ukulele harsch und unfreundlich klingt, und wiederum die Beweglichkeit der Finger limitiert. Die Finger der rechten Hand sollten die Saiten seitwärts anschlagen, in einer Bewegung, die aus dem Grundgelenk der Finger kommt. Zugegeben, ich finde es nicht leicht, die richtige Haltung verbal zu beschreiben. Darum mache ich viele meiner Videos so, daß man die Hände gut sieht, und habe auch ein paar Bilder in meinem Einsteiger-Leitfaden auf Ukulele-Arts.

Viele Grüße
  Wilfried

Noelanj

Vielen Dank für die Zahlreichen Antworten. Also, ganz explizit hat das jetzt zwar niemand gesagt, aber dann nehme ich an, dass der Daumen eigentlich nicht an die Griffbrettkante gehört. Vielleicht mache ich tatsächlich diese von Wwelti beschriebene "rupfende" Bewegung mit den Fingern, weil ich ja den Daumen als Gegenkraft verwende? Die Ukulele würde also ohne Daumen beim Zupfen leicht nach oben mitkommen. Ich versuch mal, die Finger etwas mehr zu strecken und die Bewegung aus dem Fingeransatz kommen zu lassen.

Hummel, warum muss der Daumen vor den anderen Fingern liegen?

hilli2

Damit er nicht mit den anderen Fingern "ins Gehege" kommt!

Der Daumen zupft die oberste (4.) Saite, der Zeigefinger die 3. Saite (C). Wenn der Daumen abwärts und der Zeigefinger aufwärts zupft, müssen diese beiden Finger aneinander vorbeikommen. Der Daumen muss dann - logischerweise - von oben gesehen links am Zeigefinger vorbeizupfen.
***Music was my first love...***

Old Boy

Was Wilfried mit der "freien Beweglichkeit" der rechten (Spiel-)Hand meint, wird mir beim Betrachten der Videos von Tobias Elof immer wieder deutlich...
ist es nicht eine Freude, dem Jungen beim Spielen "zuzusehen"  :)



Was wäre das alles, wenn er einen permanenten Stützfinger benutzen würde...

OK, die Musik ist natürlich auch absolute spitze  ;)
Bei mir hängen mehr Ukulelen am Haken, als ich Akkorde fehlerfrei beherrsche ... soeben ist schon wieder eine dazu gekommen!
Ich arbeite aber eifrig daran, das Verhältnis umzukehren ... und das nicht nur durch den Verkauf von Instrumenten ;)

Hummel

Die Uke sollte definitiv NICHt nach oben kommen beim Fingerpicking- schon gar nicht eine Tenor.
Ich weiß jetzt nicht nach welchen Vorgaben du lernst, aber fast alle Anfänger drücken links zu feste auf und hauen mit der Rechten schon mal zu fest rein. Mir passiert das immer mal wenn etwas nicht klappt- dann verkrampfe ich mich unbewusst. Probier einfach wie wenig jeweils genügt. Ganz sachte -passiert nix-in gaanz kleinen Häppchen fester bis es gut kling. Das reicht! Mehr ist nur anstrengend und das Instrument schnarrt eventuell obwohl es gut eingestellt ist. Wichtig- wenn du mit der einen Hand zu fest bist wirst du es automatisch auch mit der anderen.
Bleib locker du machst einfach die typischen Anfängerfehler.  :)

Noelanj

Ok, das sehe ich ein, dass Daumen und Zeigfinger aneinander vorbei kommen müssen. Aber könnte der Daumen nicht - von oben betrachtet - rechts am Zeigefinger vorbei, anstatt links? Anatomisch bedingt steht, zumindest bei mir, der Zeigefinger deutlich weiter über als der Daumen. Mir scheint sogar, dass Tobias Elof im dem wunderbaren Video von Old Boy das manchmal so macht. Jedenfalls wird der Daumen zeitweise vom Zeigefinger verdeckt, nicht?

Haha, ok Hummel, ich versuchs mal mit mehr Feingefühl  :)

Old Boy

#10
Als Gegenbeweis zu Tobias Elofs virtuosem Spiel "ohne Stützfinger", sei hier Vanessa Ding Spielweise angeführt, die wesentlich häufiger (wenn auch nicht permanent) Stützfinger verwendet.

Mit ihrer "Technik" hat sie es ja noch nicht einmal zu einem eigenen Hemd und Schuhen gebracht, was dem Video eindeutig zu entnehmen ist!



Allerdings sieht das Ganze durchaus "recht gut" aus und ich muss zugeben, dass ich ab und zu NICHT NUR auf ihre hübschen Finger achte  :D
Bei mir hängen mehr Ukulelen am Haken, als ich Akkorde fehlerfrei beherrsche ... soeben ist schon wieder eine dazu gekommen!
Ich arbeite aber eifrig daran, das Verhältnis umzukehren ... und das nicht nur durch den Verkauf von Instrumenten ;)

Hummel

 Das Problem mit den Profis ist dass sie ihren eigenen Spielstil entwickeln samt kleinen Macken und offensichtlich damit klar kommen- im Gegensatz zu denen die nicht damit klar kamen und nun nicht berühmt wurden. Für den Anfänger gilt- erst mal nach Vorschrift.
Mein Tipp- bei der Handhaltung mal bei den Anweisungen für klassische Gitarre später auch Flamenco gucken. Nicht weil das die besseren Musiker sind, sondern weil die ihre Haltung immer wieder optimieren müssen um ihren Job durchzuhalten.

.  Du lernst ja erst mal die Grundhaltung. Dabei biegst du die vier letzten Finger leicht nach innen und beim Anschlag gehen sie noch mal etwas nach innen. Mach einfach mal eine Trockenübung ohne Uke, aber in korrekter Haltung. Tu so als ob du mit dem Zeigefinger anschlägst und du siehst dass er in dem Moment innen liegt während  der Daumen locker über der obersten Saite liegt (nicht drauf) aussen vor den anderen Fingern.  Schnips mal mit den Fingern, da liegen danach die 4 Finger innen vor der Handinnenfläche und der Daumen ist aussen.
Zum leichten Anschlag- bei links wo ich eher verkrampfe hilft mir der Gedanke, dass es nicht darum geht den Finger aufs Griffbrett zu drücken sondern die Saiten auf den Bund. Und dann eben schrittchenweise ausprobieren wie fest ich überhaupt drücken muss.




Noelanj

Danke Hummel für die Beschreibung. Das konnte ich gut nachvollziehen. Insgesamt finde ich es schwieriger mit den Fingern einen sanften Ton hinzubekommen, als mit dem Daumen.

Hummel

Danke, freu mich dass es gehilft hat. Ich habe auch im Daumen mehr Feingefühl. Das merke ich bei Strummimg oder WWeltis berühmt(berüchtigten)Aufwärtsarpeggios. Mit dem Daumen runter geht fein mt den Fingern hoch hakelt es schon mal. Okay- meistens.

Ukebychance

Zitat- Bitte keine Stützfinger. Man _kann_ sich das zwar wieder abgewöhnen, aber das muß man dann auch irgendwann tun. Stützfinger schränken die freie Beweglichkeit der rechten Hand ein, und sind mit vielen Spieltechniken inkompatibel (z.B. Arpeggien, künstliches Flageolett, Flamenco-Techniken, usw.).
Ich denke, ein bisschen hängt die Frage, ob Stützfinger oder nicht, auch mit der Stilrichtung und der Anzahl der zum Zupfen verwendeten Finger ab.
Für den klassischen 4-stimmigen Anschlag mit Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger ist ein Abstützen des kleinen Fingers eher hinderlich und mit den erwähnten Spieltechniken wirklich  inkompatibel.


Aber etwa für Travis-Picking mit Daumen, Mittel-und Zeigefinger kann es durchaus sinnvoll sein.
Ich kann mich erinnern, mal irgendwo gelesen zu haben, dass der Fingerstyle-Gitarrist Stefan Grossman es seinen Schülern empiehlt.
Für Ragtime funktioniert es zum Beispiel ganz gut: