Fingerpicking Anfängerfrage

Begonnen von Herbstwolf, 17. Jan 2017, 19:57:05

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ukuwaii

Schau mal hier:

hier ein richtiger Gitarrenklassiker, bei dem Tirandos mit Apoyandos kombiniert werden. Die Melodietöne, welche mit dem Apayando gespielt werden, hört man dabei deutlich heraus.

http://ukuleleinthedark.com/ud80-gorgeous-classical-piece-spanish-romance/

Wie du siehst, ist es durchaus möglich, die Techniken der klassischen Gitarre auf die Ukulele zu übertragen.

Grüße,

ukuwaii

wwelti

@Ukebychance: Ich gebe Dir da völlig recht -- es ist ungünstig, wenn man den Ringfinger zu sehr vernachlässigt. Man muß ja dazusagen, daß es für nicht wenige Spieler besonders schwierig ist, eine gute Unabhängigkeit des Ringfingers zu erlangen! Gerade bei komplexeren Arrangements wird einem immer wieder bewusst daß die einzelnen Finger der rechten Hand gut "eingeteilt" werden müssen, und wenn der Ringfinger nicht in Form ist, kann das problematisch werden. Was für mich jetzt allerdings kein Grund ist, reine "Ringfinger-Etüden" zu spielen... allerdings spiele ich regelmäßig Arrangements in denen der Ringfinger gut gefordert wird. :)

Ukebychance

@ukuwai: die Art, wie die spanische Romanze gespielt wird, ist ein Sonderfall für Fortgeschrittene:
Ringfinger spielt Melodie im Appoyando, Zeige- und Mittelfinger spielen die Akkordtöne im Tirando.
Die Melodie hervorheben geht auch im Tirando, in dem man sie einfach etwas lauter spielt.
Ich benutze das Appoyando in mehrstimmigen Arrangements eher selten, ich versuche dir Melodie im Tirando hervorzuheben, zum Beispiel bei Gaspar Sanz' Españoleta

Appoyando würde ich wahrscheinlich dann anwenden, wenn ich in einem Ensemble eine reine Melodie spielen würde. Aber sobald es mehrstimmig wird, bevorzuge ich das Tirando.

isso

#33
Zum Apoyando: klar, bei der Gitarre ist das beim Melodiespiel üblich - aber bei der Uke? 2 Argumente sprechen dagegen: der im Gegensatz zur Gitarre recht weite Weg zur abstützenden nächsten Saite sowie der häufige Gebrauch der 4. Saite beim Melodiespiel bei der das Appoyando nur mit Daumenanschlag geht. Aber wäre das praktikabel?

isso

Ich benutze sehr häufig den Ringfinger beim Melodiespiel. Vor einiger Zeit hatte ich mir die Folge a-m-i-a-m-i usw. regelrecht eingedrillt, nach ca 3-4 Wochen jeweils 20- bis 30-minütigem Tonleitertrainig funktionierte das schon fast intuitiv. Den traditionellen Wechselschag i-m-i-m benutze ich seither nur bei wenigen Stücken, der Anschlag ist wesentlich variabler geworden, von daher kann ich es nur empfehlen, den Ringfinger auch fürs Melodiespiel fit zu machen.

Ukebychance

Zitat2 Argumente sprechen dagegen: der im Gegensatz zur Gitarre recht weite Weg zur abstützenden nächsten Saite sowie der häufige Gebrauch der 4. Saite beim Melodiespiel bei der das Appoyando nur mit Daumenanschlag geht.
Exakt! Und mir ist noch ein Grund eingefallen, warum Appoyando in mehrstimmigen Stücken auf der Ukulele ungünstig ist: auf der Gitarre liegt zwischen Melodie und Basstönen meistens noch eine Saite, in die der Appaoyandofinger anlegen kann, ohne einen Ton zu dämpfen.
Als Beispiel für eine Tirandomelodie hatte ich ja die Espagnoletta von Gaspar Sanz auf meiner Cordoba Mini gebracht. Da hätte ich die Melodie aber auch im Appoyando spielen können, weil sie auf der ersten und zweiten Saite passiert und die Basstöne auf der vierten, fünften und sechsten.
Dazwischen liegt die G-Saite, auf die der Anschlagfinger fallen kann, ohne irgendwas zu dämpfen.
Auf der Ukulele ist die Melodie, wenn sie nicht auf der hohen G-Saite ist, auf der A- oder der E-Saite.
Die Begleittöne liegen auf der C-, und der E-Saite.
Hier kämen sich Melodiesoiel im Appoyando und Daumenbegleitung ins Gehege.
Der Appoyandoanschlag würde unweigerlich dazu führen, dass die Begleittöne gedämpft werden.

Ganz anders sieht das aus, wenn jemand anderes die Begleitung spielt und man sich ganz auf die Melodie konzentrieren kann, dann ist Appoyando auf der Ukulele durchaus sinvoll.
Bei 1:48 spielt die 2.Ukulele hier den Mittelteil von Piazollas Libertango im Appoyando und die erste Ukulele begleitet sie:

ukuwaii

@Ukebychance: die spanische Romanze in die Schublade Sonderfall für Fortgeschrittene zu stecken kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin aber einverstanden damit, dass man Akzente nicht mit Apoyando spielen muss. Schließlich geht auch der Trend im 21. Jahrhundert bei der Gitarre zum Tirando hin.

@isso: Ich weiß ja nicht welche Ukulelen du besitzt.  Auf meinen Tenor-Ukulelen sind die Abstände sehr ähnlich zur Gitarre. Deshalb kann ich auch dein Argument mit den recht weiten Abständen nicht nachvollziehen.

@Ramon: ich würde dir empfehlen. Wenn du Arpeggien bzw. Akkordzerlegungen, also die Techniken, die gerne als Fingerpicking bezeichnet werden spielen möchtest, verwende das Tirando. Hier ist auch üblich bestimmte Fingersätze zu verwenden, bei denen die Finger einer bestimmten Saite zugeordnet sind. Bei Melodien hast die Wahl zwischen Tirando oder Apoyando. Entweder du nimmst nach der alten Lehre das Apoyando, oder wenn dir Tirando besser liegt, nimmst du halt das. Es ist halt igendwo auch Wurscht. Wie im andern Thread schon geschrieben. Es gibt kein richtig oder falsch! Vielleicht entwickelst du einen ganz neuen Stil das Aporando, oder so.

So, hier siehst mal von einem Profi was auf der Ukulele geht, von wegen Saitenabstände:

https://www.youtube.com/watch?v=6Naz_kkIc5w

Ramon

Erstmal Vielen Dank für den ganzen Input bis her. Eure kleine Debatte hat mir an vielen Stellen ein paar interessante Anhaltspunkte veranschaulicht, sobald ich sie genau versucht habe nachzuvollziehen. Der Link mit der spanische Romanze allerdings, entweder sehe ich schlecht oder ich weiß auch nicht. Aber wenn ich euch richtig verstanden habe müsste ich nur am Ringfinger den Stützschlag erkennen im Video, für mich sieht da aber die Bewegung aller Finger leider gleich aus.

Das Video von Aldrine Guerrero ist super, seine Video sind mir schon lange ein Begriff und ich habe auch schon das eine oder andere Tutorial gemacht. Zudem Thema habe ich da nix gefunden, auch logisch die Begriffe rest stroke und free stroke habe ich für unüblich gehalten und eher nach Tirando und Apoyando geschaut. Wo ich auch ein paar Sachen zumindest für die Gitarre gefunden habe, meistens wird da aber anscheinend auch der Tirandoanschlag verwendet. Jetzt sehe ich aber unter den englischen Begriffen gibt es ein paar schöne Videos. Was mir auffällt Aldrine erzählt er nutz Tirando und Apoyando bei Melodie die auf einer Saite liegen, dass habe ich auch noch nicht gehört zudem ich ihn bei komplexen Stücken doch meistens eh mit dem Daumen zupfen sehe.

Was mir wichtiges aufgefallen ist, aber irgendwie niemand direkt erwähnt. Ihr bezieht euch beide da nur auf die Sache ob der Finger den auf der nächsten Saite aufkommt oder nicht, klar beide Techniken benötigten eine leicht andere Handhaltung. Aber es klingt so und es sieht auch in vielen Videos so aus das bei beiden Techniken durch aus (weniger bei Zerlegung) die Finger je nachdem auf verschiedenen Saiten zum Einsatz kommen. Auch mehrere Finger auf einer Saite, eine Art Wechselschlag mit der Tirandotechnik. Jetzt sagt ihr aber der Ringfinger ist auch wichtig, mit ihm ist ja ein Wechsel sinnlos da dann jede Seite einen Finger hat. Ich habe gestern mal den klassischen Tirandoanschlag bei einem einfachen Melodiespiel ausprobiert, jede Saite ein Finger klappte sehr gut. Wobei da das auflegen der Finger auf die
Saiten vorher sehr schwer fällt, ist das vielleicht beim Melodie spiel nicht so üblich wie bei Zerlegung? Zudem viel mir auf das die Töne des Mittel und Ringfingers sehr schwach zu den des Daumen und Zeigefinger sind. Bei einem kleinem Teil der sich ausschließlich auf der E und A Saite abspielte klang es einfach dünn. Ist das Normal, legt sich das mit der Zeit? Oder wurde hier ein "Profi" mit Daumen und Zeigefinger oder Zeigefinger und Mittelfinger auf den untereren Saiten spielen?

ukuwaii

Hallo Ramon,

ich habe ein interessantes Video gefunden. Der Autor des Videos empfiehlt erst Apoyando zu spielen, nachdem man seine Tirando-Technik auf ein solides Niveau gebracht hat. Da beide Techniken eine andere Handstellung benötigen besteht die Gefahr als Anfänger und bei gleichzeitiger Verwendung beider Techniken sich eine Art Mittelding in der Handstellung anzueignen. So spielst du am Ende ein schlechtes Tirando und auch ein schlechtes Apoyando.

Und was man sich selber einmal schlecht angeeignet hat, ist nachher wieder schwer rauszukriegen. Also tue dir selber einen Gefallen, wenn es denn unbedingt autodidaktisch sein muss und fange mit dem Tirando an. Suche dir Übungen mit einfachen Arppegios, bei denen die Finger den Saiten zugeordnet und ein Zupfmuster erkennbar ist. Und dann lernst du mit diesen Mustern Songs begleiten. Das machst du etwa ein halbes Jahr bis ein Jahr.

Wenn du eine solide Tirando-Technik besitzt, beginnst du das Tonleiterspiel mit dem Apoyando einzuüben. Wenn du in beiden Techniken sicher bist, kannst du Stücke eintrainieren, in denen beide Techniken vorkommen.

Du kannst natürlich auch, wie es viele tun, von allem ein bisschen, mal dieses, mal jenes spielen. Vollkommen planlos an die Sache rangehen. Dementsprechend wird sich das auf deine Technik auswirken.

Hier der Link: https://www.youtube.com/watch?v=ahurGVdOA5E

Ich habe übrigens auch erst Arpeggios mit Tirando gelernt. Das war in der VHS. Später habe ich dann Apoyando im Privatunterricht gelernt. Das waren etwa drei Monate. Dann hatte ich die Nase voll, von langweiligen Notenübungen, die nichts mit Musik zu tun hatten. Trotzdem kann ich nur jedem empfehlen sich einen Lehrer zu suchen. Der achtet auf die typischen Anfängerfehler. Aber letzten Endes, muss das jeder selber wissen. Das Internet ist ja voll mit Leuten, die es nicht können. ISO Herquist schreibt in seinem Buch: "Neun von zehn Youtube-Lehrern benötigen selber dringend Unterricht". Ich finde, da hat er vollkommen recht.

Grüße,

ukuwaii


P.S.: zu deinen Fragen: Natürlich können die Finger auf verschiedenen Saiten zu Einsatz kommen. Und natürlich kann man auch mit dem Trirando im Wechselschlag spielen. Wie oben schon erwähnt ordnet man die Finger lediglich bei Arpeggios den Saiten zu. Dazu werden die Finger auf die Saiten aufgesetzt. Das ist auch wichtig, da der Ton dann kräftiger ist.

Wieso kann man denn mit dem Rinfinger nicht wechseln? Natürlich geht das! Zusammen mit dem Mittelfinger. Wozu willst in diesem Fall denn eine Zuordnung zu den Saiten haben? Ich habe mich dabei doch nur auf Zerlegungen berufen. Arppegio = Zuordung Saite zu Finger sinnvoll. Kein Arpeggio = Zuordnung zu Saite nicht sinnvoll. Das ist aber doch alles schon oben von mir den anderen Leuten erwähnt worden.

ukuwaii