Das Zeigefingerarpeggio

Begonnen von Ukebychance, 28. Aug 2018, 21:00:40

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Ukebychance

Eigentlich bin ich ja soweit ganz zufrieden mit meinem Ukulelen-Können, zum Virtuosen bin ich halt nicht geboren und es gibt ja auch genug leichte und mittelschwere Stücke, die auf der Ukulele toll klingen.
Was mir aber von Anfang an Schwierigkeiten gemacht hat, war der langsame Akkordanschlag mit dem Zeigefinger, wie Wilfried Welti ihn häufig in seinen Arrangements einsetzt. Das ist wohl einer der Gründe, warum ich in letzter Zeit kaum noch Bearbeitungen von ihm gespielt habe, sondern eher die von Tony Mizen oder Samantha Muir, wo normale klassische Gitarrentechnik meist ausreicht. Aber vor ein paar Tagen habe ich mir gesagt, es wäre doch schade wenn ich diese ukulelentypische Technik nicht hinbekäme. Ich habe mir also Wilfrieds Einsteiger E-Book heruntergeladen und mit der Spagnoletta von Fabrizio Caroso begonnen.
Heute habe ich mich das erste Mal aufgenommen. Fazit: (räumlich) abwärts klingt das Zeigefingerarpeggio ganz brauchbar, aufwärts(A-E-C-G-Saite)irgendwie kratzig.
https://soundcloud.com/tele1310/spagnoletta-ukulele
Bei 0:11 und 0:24 ist zum Beispiel so ein Aufwärtsarpeggio.
Was kann ich da tun, damit das klangvoller daherkommt?
An den Fingernägeln liegt es nicht, die werden mit Micromesh poliert.
Und normal gezupft ist der Ton ja auch OK. Aber das Aufwärtsarpeggio will einfach nicht gescheit klingen.
Ich habe mir Wilfreds Video auf Youtube angeschaut und er schlägt hauptsächlich aus dem Handgelenk an, wobei er den Zeigefinger selbst eher nicht bewegt: https://www.youtube.com/watch?v=NVdHOoLvXZc
Ich habe versucht, das ähnlich zu machen, aber aufwärts klingt es doch kratziger...
Ich wäre dankbar für Tipps von allen und besonders natürlich vom Meister selbst.

Hummel

Schließe mich dem Wunsch an!  :)

wwelti

Hallo, liebe Freunde der Kunst!  ;)

Das ist ein sehr interessantes Thema, das mich in letzter Zeit regelmäßig umtreibt. Mein Problem dabei: ich verwende diese Technik nun schon so lange, daß es mir (ernsthaft!) schwer fällt, die Schwierigkeiten nachzuvollziehen, die leider offenbar sehr viele Ukulelespieler damit haben. Ich hoffe das kommt jetzt nicht überheblich rüber oder so. Aber tatsächlich empfinde ich besonders den Aufschlag als sehr unproblematisch und klanglich vorteilhaft. Ganz offenbar geht es vielen Spielern da jedoch leider deutlich anders als mir.

Der Abschlag hingegen kann (vor allem bei hochwertigen Ukulelen!) klangliche Probleme machen, nämlich dann, wenn der Nagel auf eine schon schwingende Saite trifft. Ich verwende daher (ernsthaft!) gelegentlich Dämpftechniken um dieses Problem mit der Glyph einzudämmen.

Ich habe mir mal die Aufnahmen auf Soundcloud angehört und muß zugeben, ja, der Aufschlag klingt etwas hart. Meine eigene Aufnahme von der Spagnoletta finde ich übrigens, ist eine meiner eher schlechten Aufnahmen...  ::)

Hier ein kleines Video in dem ausschließlich ein paar Arpeggien gespielt werden. Die Beobachtung ist richtig: Der Zeigefinger ist völlig passiv beim Spielen der Arpeggien, die Bewegung kommt nur aus der Hand und eigentlich aus einer Rotation des Unterarmes heraus. Wichtig ist dabei daß der Zeigefinger sehr entspannt ist und beim Aufschlag so über die Saiten gleitet, daß diese optimal angeschlagen werden -- also erst eine Berührung des Fleisches, dann eine Berührung des Nagels für jede Saite, genau so, wie wenn man eine einzelne Saite anschlägt, nur eben für mehrere Saiten hintereinander in einer einzigen fließenden Bewegung, die aus dem Handgelenk statt aus den Fingern kommt.

https://www.youtube.com/watch?v=meeH6zSh8ac

Vielleicht hilft das ja etwas weiter?

Viele Grüße
  Wilfried

Ukebychance

Danke für die ausführliche Antwort und den "Anschauungsunterricht".
Wenn ich den Aufschlag einzeln spiele, klingt er bei mir zuweilen auch ganz passabel.
In der Spagnoletta ist aber die Folge Abschlag-Aufschlag gefordert.
Ich denke, ich werde diese Abfolge mal mit der rechten Hand auf Leersaiten üben, vielleicht hilft das ja...

Hummel

Bei mir kam bisher die Bewegung zu stark aus dem Finger und der Hand oberhalb des Gelenks, werde mal versuchen es so wie du zu machen. Danke!  :)

wwelti

Freut mich daß ich euch etwas weiterhelfen konnte. Ich denke es ist auch eine Gewöhnungs- und Übungssache, jedenfalls wenn man den richtigen Bewegungsablauf übt. Man erkennt ihn ja daran daß er gut klingt und sehr locker und entspannt abläuft. :)

Viele Grüße
  Wilfried

wwelti

Noch ein Nachtrag!

In meinem Crashkurs (kost nix) ist das erste Musikstück (in der ersten Lektion) ein vereinfachtes Arrangement eines Weihnachtsliedes, das _ausschließlich_ Aufschläge nutzt. Ich denke das ist keine schlechte Übung für diese Technik.

Der Crashkurs ist hier:
https://www.ukulele-arts.com/lernen/solo-crashkurs/

Ich muß zugeben daß die englische Version inzwischen schon deutlich gehaltvoller ist als die deutsche... da wird dann irgendwann eine Rückübersetzung fällig  ::)

Viele Grüße
  Wilfried

Hummel

Ich glaube ich habe die Sache mit dem Aufschlag begriffen, muss aber noch ordentlich üben. Nächste Frage : beim Abschlag spiele ich rein mit dem Nagel, ist das richtig?

wwelti

Ja, das ist richtig. Dadurch ergibt sich ein prinzipieller klanglicher Unterschied, der in der Praxis aber nicht so dramatisch ist wie man denken sollte.


Hummel


Ukebychance

#10
Zitat
In meinem Crashkurs (kost nix) ist das erste Musikstück (in der ersten Lektion) ein vereinfachtes Arrangement eines Weihnachtsliedes, das _ausschließlich_ Aufschläge nutzt. Ich denke das ist keine schlechte Übung für diese Technik.
Du meinst Kommet ihr Hirten? Klingt super und ist bestimmt eine super Übung, um den Aufschlag einbauen zu lernen.
Aber ich übe neue Techniken lieber erst mal für sich und spiele dann Stücke, wo sie nur gelegentlich vorkommen. Sonst bin ich zu frustriert, wenn das Stück nicht klingt, weil ich die Technik nicht behersche.
Die Spagnola habe ich heute mal abgeschlossen. Das Aufschlagarpeggio werde ich weiter üben, erst mal trocken und dann kommt das ja noch in vielen anderen Stücken vor. In der Spagnoletta ist es mir beim ersten mal ganz passabel gelungen, bei der Wiederholung kann man dann nur Autsch! rufen. ;)

Nachtrag: Ich habe herausgefunden, dass es ein bisschen hilft, den Zielton vor Augen zu haben.
Beim Aufschlagarpeggio ist das ja meistens ein Melodieton auf der G-Saite. Wenn ich den im Kopf höre, spiele ich auch eher auf ihn hin, und das Arpeggio bekommt einen Sinn...

wwelti

Na klappt doch schon :)

Beim Üben habe ich die Vorliebe, grundsätzlich alles "im musikalischen Kontext" zu üben -- und nie isoliert für sich allein, jedenfalls nicht regelmäßig. Dies, weil man ja grundsätzlich alles "übt", was man gerade tut, egal ob man will oder nicht. Wenn ich also mit einer gewissen Regelmäßigkeit "unmusikalisch" spiele, um eine bestimmte Sache ganz gezielt zu üben, verschlechtere ich mich gleichzeitig automatisch bei vielen anderen Aspekten. Deshalb suche ich mir immer Musikstücke, in denen die Dinge vorkommen, die ich üben will, und spiele diese dann verstärkt, durchaus auch mit häufigen Wiederholungen der kritischen Stelle.

Davon abgesehen macht es mir so mehr Spaß. :)

Viele Grüße
  Wilfried

Jogi

Zitat von: wwelti am 29. Aug 2018, 17:57:51
Der Crashkurs ist hier:
https://www.ukulele-arts.com/lernen/solo-crashkurs/

Wie es der Zufall will, habe ich vor einer Woche begonnen ein paar Weihnachtslieder zu üben, damit es Weihnachten klappt mit der Familie zu musizieren.
Da hast Du mir mit Deinem Video zu 'Stille Nacht' noch ein paar wertvolle Tipps gegeben.
Allerdings klingt auf meiner Brüko Nr. 6 die erste Umkehrung des G7-Akkords nicht so richtig, da die A-Seite im 5. Bund einen Dead Spot hat. Da macht es nur kurz Plong.
Deine Nr. 6 ist ja schon etwas älter. Passiert da bei meiner noch was, wenn sie ein paar Jahre gespielt wurde? Oder bleibt so ein Dead Spot ewig?
Momentan nehme ich für dieses Lied dann lieber eine andere Ukulele.

wwelti

Hallo Jogi,

Das ist eine sehr gute Frage mit dem Dead Spot. Ehrlich gesagt, diese Dinger sind mir nicht ganz geheuer. Ein Instrumentenbauer kann Dir vielleicht mehr darüber erzählen. Meine Brüko No.6 klingt im 5. Bund auf der A-Saite einigermaßen OK, aber ich glaube das war schon immer so. Ich mache das auch manchmal so, daß ich gezielt eine Ukulele auswähle, weil sie besonders gut oder besser als andere mit einem bestimmten Musikstück funktioniert.

Viele Grüße
  Wilfried

Jogi

Ich danke Dir für Deine Einschätzung dazu, Wilfried.  :)
Ja, es kann nie schaden, nicht nur eine Ukulele zu haben.