Hopf-Ukulele Bj. 1972 - zu Gast auf dem Sofa

Begonnen von stephanHW, 29. Mär 2016, 20:44:50

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stephanHW

Mein Gitarrist drückte mir just bei der letzten Probe eine Ukulele in die Hand.
Ein Geburtstagsgeschenk von seiner regelmäßigen Arbeitgeberin, einer bekannten deutschen Kabarettistin und Sängerin.
Da er sich mit Ukulelen (bisher) nicht auskennt, bat er mich um eine Einschätzung.

Das kann ich ansatzweise tun, weiß jedoch, das sich hier im Forum einige hervorragende Experten der Geschichte des deutschen Ukulelenbaus bewegen,
die möglicherweise Freude daran haben könnten, ihr profundes Wissen an dieser Stelle einzubringen (Hinnerk, hilf! :) )


Die Ukulele hat eine Sopran-Mensurlänge von 34cm, der Korpus ist mit 25,6cm Länge und 7cm Tiefe erstaunlich groß.
Die dünne Decke ist definitiv gesperrt, vermutlich aus Fichte. Der restliche Korpus scheint jedoch aus massivem Mahagoni zu bestehen, welchen Sinn das auch immer ergeben mag.
Die Konstruktion kommt ohne Zargenreifchen aus.


Der Hals hat 18 Bünde und ist sehr schmal, erinnert eher an eine Mandoline und scheint ebenfalls aus Mahagoni zu bestehen.


Einen Halsfuß sucht man außen vergebens, vielmehr findet sich auf der Korpusrückseite eine Kunststoffabdeckung, unter der sich eine Schraube verbirgt, die den Hals vermutlich am Korpus sichert.
Ein konisch geformter Block befindet sich im Korpus.


Weiterhin fallen der Nullbund, die recht große Kopfplatte, das ab dem 15.Bund frei schwebende Griffbrettende und eine superflache Saitenlage auf.


Diese Mechaniken, so einfach sie seien mögen, finde ich umwerfend schön.
Und sie funktionieren klaglos.


Bzgl. der Herkunft des Instrumentes durfte man damals Gewissheit haben:
HOPF
Instrument
gebaut in den Hopf-Meisterwerken
Wehen,  FEB. 1972


Ich glaube nicht, das es sich bei dieser Ukulele um ein besonders edles Stück handelt, das aufgemalten Binding, die Sperrholzdecke und die Halsbefestigung lassen darauf schließen.


Aaaaaaaber:
Ich habe mir erlaubt, die `vintage´Nylonsaiten gegen einen Satz Martin M600 zu tauschen und muss feststellen, das die Ukulele ganz wunderbar ist.
An den schmalen Hals konnte ich mich erstaunlich schnell gewöhnen, sie spielt sich aufgrund der flachen Saitenlage mühelos, schnarrt hier und da ein wenig.
Die Intonation ist sehr gut und der Klang ist ganz wunderbar. Hell und voll, fast ein wenig blechern (im positiven Sinne), mit guter Lautstärke und sehr gutem Sustain.
Es macht richtig Spaß, darauf zu spielen.
Man gewinnt den Eindruck, als hätte man sich seinerzeit im Hause Hopf durchaus intensiver Gedanken darüber gemacht, wie man eine gut klingende Ukulele günstig herstellen kann.

Für weitere Informationen oder Kommentare zum Instrument wären wir sehr dankbar.
Der Wert scheint mir eher ideeller Natur zu sein, aber auch da sind wir für Informationen dankbar.

Schöne Grüße,  Stephan

Knasterbax

#1
"Dein" Gitarrist ist offenbar zu beneiden, nicht nur um eine solche Arbeitgeberin!
8)
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

Alohalele

Zitat von: stephanHW am 29. Mär 2016, 20:44:50
Man gewinnt den Eindruck, als hätte man sich seinerzeit im Hause Hopf durchaus intensiver Gedanken darüber gemacht, wie man eine gut klingende Ukulele günstig herstellen kann.

Für weitere Informationen oder Kommentare zum Instrument wären wir sehr dankbar.
Der Wert scheint mir eher ideeller Natur zu sein, aber auch da sind wir für Informationen dankbar.

Schöne Grüße,  Stephan

Hallo Stephan,
wie du bereits erwähntest, ist der Wert der Ukulele ideeller Natur. Die Instrumente sind gut verarbeitet und klingen wirklich gut.

Ukulelen waren meines Wissens vollmassiv. Schon damals lagen ganz viele Hersteller in Konkurrenz mit "made in Japan" und man hat versucht, die Produktionskosten im "Rahmen" zu halten. Das kann man am aufgemalten Binding gut erkennen. Auch Marken wie EKO aus Italien drängten damals auf den Markt und hatten mit Sicherheit ihre Daseinsberechtigung!  ;)

Fazit: Klingen gut, haben "Flair" und kosten wenig... 
Eine teure Ukulele ist nur so gut, wie die Finger des Spielers es zulassen...

LG Grüße
Niels

Tuke

Ein tolles altes Stück mit vielen interessanten Details.
Danke für die Vorstellung!

Bin gespannt, was Hinnerk dazu sagt.

"Kostet wenig"? ::)
Das würde ich bei so einer Rarität nicht unterschreiben, denn
für Sammler scheint mir die Uke beachtenswert.
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

#4
Ja hallo, das ist aber ein interessantes Stück.
Original HOPF, verschiedene Details sind wie bei einer Gitarre, die einmal in meinem Besitz war (von 1964): Nullbund, Kopfform, typische Hals-/Korpusverbindung, freies Griffbrett-Ende über der Decke. Nur halt in allem etwas kleiner. Im Katalog von 1976 ist die Ukulele nicht mehr drin, ab da hat Hopf Brüko-Instrumente verkauft, u.a. mit dem roten Hopf-Schriftzug auf der Kopfplatte.
Überhaupt war da die Zeit der verschiedenen Ukulele-Eigenproduktionen ziemlich vorbei. Framus hatte 1972 noch eigene Modelle, Wicona 1969/70, Höfner hatte 1972 noch eigene Modelle. Danach gab es meines bisherigen Wissens fast nur noch Brüko-Instrumente mit den entsprechenden Bapperln. Sperrholz war weitestgehend üblich, auch Brüko hat eine Zeitlang mit gesperrten Hölzen gearbeitet.
Inzwischen kommen die Ukulelen von Hopf und von Höfner aus Tschechien.
Es war die Zeit, wo die Japaner mit unschlagbaren Preisen auch in höherwertigen Segmenten die meisten einheimischen Hersteller vom Markt drängten. Ich jobbte ca. ab 1973 im Musikgeschäft und kann mich noch gut an Preislisten der Zeit erinnern. Leider hab ich mir dummerweise nix aufgehoben, heute würde es mir sehr helfen.
Wenn also jemand noch  Instrumente aus deutscher Herstellung findet (egal welche Zeit!) würde ich mich sehr über Infos, Fotos oder dergleichen freuen. Leider fehlen mir zum Ankauf und Sammeln die finanziellen Mittel.  Auch Kopien von Rechnungen, Prospekten, Katalogen und Handzetteln würden mir sehr helfen, für eine lückenlose Geschichtsdarstellung fehlt noch viel.
Erstmal soweit, LG hinnerk
P.S. Fotos mit großer Auflösung sind immer willkommen.



Claus

Ein großer Vorteil dieser Hals-Korpusverbindung ist, daß man problemlos die Saitenlage genau so einstellen kann, wie man es braucht. Man entfernt die Kunststoffabdeckung und dreht mit einer Münze oder einem großen Schraubenzieher die Schraube, bis die gewünschte Saitenlage erreicht ist. Der Saitenzug alleine hält den Hals in der Einstellung. Einfach, aber genial, wie ich finde. Wie ich glaube zu wissen, gibt es keinen Patentschutz mehr dafür.
LG Claus

vagabund

Zitat von: hinnerk am 30. Mär 2016, 09:55:44

Wenn also jemand noch  Instrumente aus deutscher Herstellung findet (egal welche Zeit!) würde ich mich sehr über Infos, Fotos oder dergleichen freuen.

Alle Instrument oder nur Ukulelen? Hab´ hier noch ´ne alte (50er Jahre) Framus Archtop stehen.

Wennste Foto´s haben magst, sag´ Bescheid  ;)

stephanHW

Vielen Dank für die Informationen und Kommentare, das war doch schon erhellend.
Interessant finde ich, das man scheinbar konstruktive Elemente aus dem Gitarrenbau Übernommen hatte.
Glücklicherweise ist der Korpus sehr leicht gebaut und die Bebalkung zurückhaltend ausgeführt, so das letztendlich gut klingende Ukulelen herausgekommen waren.

Die Decke scheint tatsächlich massiv zu sein. Ich ging zunächst davon aus, bei der Rosette handelt es sich um einen Aufkleber.
Bei genauerer Betrachtung erscheint eine eingelegte Rosette naheliegender. Daraus ergab sich u.A. der Eindruck von Sperrholz.

hinnerk

Hallo Vagabund, Danke für das Angebot, aber ich meinte nur Ukulelen deutscher Herstellung. Hatte ich ungenau formuliert. Die Ukulelenforschung steht zur Zeit an erster Stelle. LG Hinnerk

Bebopalula

Danke allen für die schön bebilderte Ukulelen-Vorstellung und die sachkundigen Beiträge! So ein kleiner Geschichts-Exkurs macht Freude.
___________________________________________
https://www.youtube.com/user/BebopalulaUke/videos

hinnerk

Hier für Interessierte noch die Patent-Nummer; jeder kann damit bei "depatisnet" das Dokument recherchieren und bei Interesse ausdrucken:  DE000001872628U. Viel Spaß damit, LG Hinnerk

hinnerk

Ich war letzte Woche bei Dieter Hopf. Bei einem Messebesuch hatten wir schon kurz drüber geredet und einen weiteren Termin in der Firma angedacht. Letzte Woche wars soweit.

Nach dem großen Erfolg dieser Korpus-Halsverbindung (mindestens 150.000 Gitarren wurden so gebaut) wurde angedacht, es auch bei Ukulelen zu probieren. Ein Versuch mit ein paar Instrumenten wurde gemacht mit dem Ergebnis, daß die Ukulele mindestens 120 DM kosten würde (unter Berücksichtigung vom Einrichten der Maschinen, Geräte, Arbeitsabläufen und der wahrscheinlichen Stückzahl).
Damit war das Projekt erledigt, es gibt keine Prospekte und keine Belege in Katalogen, weil das Projekt nicht weiterverfolgt wurde. Es gibt auch kein Exemplar mehr bei Hopf.

Lieber Stephan, Du bist in der glücklichen Lage, so eine Ukulele zu besitzen, hüte sie, oder denke an mich, wenn Du sie eines Tages loswerden willst.
LG Axel

stephanHW

Lieber Axel,

vielen herzlichen Dank für die Informationen!
Nur ist die Ukulele leider nicht in meinem Besitz, sie war ja nur zu Gast.

Die Neuigkeiten werde ich natürlich an den Besitzer weiterleiten.


Schöne Grüße, Stephan

hinnerk

Wies der Zufall will, zum Ukulele-Festival und zur Begrüßung unseres Enkels war ich in Berlin. In einem Musikgeschäft kamen wir im Gespräch über Ukulelen auf die des Besitzers zu sprechen, und das war auch eine Hopf-Ukulele, vergleichbar mit der in diesem Post. Auffällig die Halsbreite am Sattel, 3,1 cm. Herstellungsdatum war November 71. Der Klang war saitenbedingt eher verhalten. Der Mahagoni-Korpus war ausgesprochen schön. Jetzt sind schon zweie in Berlin. LG hinnerk

TooOldForRockNRoll

Zitat von: hinnerk am 14. Nov 2016, 07:03:55
Wies der Zufall will, zum Ukulele-Festival und zur Begrüßung unseres Enkels war ich in Berlin. In einem Musikgeschäft kamen wir im Gespräch über Ukulelen auf die des Besitzers zu sprechen, und das war auch eine Hopf-Ukulele, vergleichbar mit der in diesem Post. Auffällig die Halsbreite am Sattel, 3,1 cm. Herstellungsdatum war November 71.
...

Ich vermute dass diese Ukulele jetzt in meinem Besitz ist. Ich erstand sie von jemandem aus Berlin der sie aus einem Nachlass hatte. Sie lässt sich gut spielen and hat einen hellen, aber nicht schrillen Klang.



https://youtu.be/ONZRaWigkqg
Music is my best friend