Was ist das für eine Sopran Ukulele?

Begonnen von Claudilele, 01. Aug 2017, 17:26:45

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Bluesopa

Zitat von: Claudilele am 04. Aug 2017, 10:36:01
... das Teil hat eine Geschichte, und die wirft man nicht einfach so weg.
Schön dass noch jemand so denkt!  :)
Ich denke mir das immer wieder mal, allgemein bei manchen alten Sachen ... sagen trau ichs mich schon gar nicht mehr, da kommt aus meinem Umfeld hier allenfalls ein "du immer mit deinen alten Krempel" ...

Old Boy

Haben wir in jüngeren Jahren nicht auch so gedacht  ;D

Vielleicht braucht es die "Weisheit des Alters" , um einem die "alten Dinge" in einem besonderen Licht erscheinen zu lassen und ihnen einen hohen Wert verliehen läßt.

Bedenklich ist allerdings die Tatsache, dass ich mich mit "altem Plunder" (Originalton Junior) eindecke und der Platz so langsam knapp wird. Und das Schlimmste ... abgeben will ich davon auch nix  ::)
Bei mir hängen mehr Ukulelen am Haken, als ich Akkorde fehlerfrei beherrsche ... soeben ist schon wieder eine dazu gekommen!
Ich arbeite aber eifrig daran, das Verhältnis umzukehren ... und das nicht nur durch den Verkauf von Instrumenten ;)

kiwidjango

https://www.amazon.de/Die-Antiquiertheit-Menschen-Band-industriellen/dp/3406476457/ref=pd_bxgy_14_img_2?_encoding=UTF8&psc=1&refRID=1NPQ3VAH08Y0NSYMXR6G

ist zwar ein wenig OT, aber wenn der eine oder andere von Euch mal über den "Alten Plunder" etwas philosophisches lesen möchte: s.o.

G. Anders hat schon Ende der 50er Jahre Gedanken zu unserem Hang, alles Alte besser zu finden, eine Menge geschrieben.
Warum schafft es die Modeindustrie uns zerrissene Jeans anzudrehen, warum stellen wir uns in neueste Einfamilienhäuser mit Fliesenböden und schneeweißen Wänden, auf Alt
getrimmte " shabby look" -Möbel?...warum werden zerkratzte E-Gitarren hergestellt und für teueres Geld als " relic" an die Kundschaft gebracht????

Gruß aus der Werkstatt...
Gruß aus der Werkstatt

Bluesopa

#33
Das wäre fast einen eigenen Thread wert ... warum mögen wir (ok, paar von uns ... ;)) alte Instrumente und allgemein alte Sachen, und benutzen sie vielleicht sogar (auch) gern? Und vor allem - zumindest die Leute dich ich kenne - ganz unabhängig davon ob sie "besser sind" (was sie in den meisten Fällen NICHT sind ;)) oder irgendwelchen "Wert" haben oder möglicherweise  bekommen ...?

Claudilele

#34
Zitat von: Bluesopa am 04. Aug 2017, 13:24:56
Das wäre fast einen eigenen Thread wert ... warum mögen wir (ok, paar von uns ... ;)) alte Instrumente und allgemein alte Sachen, und benutzen sie vielleicht sogar (auch) gern? Und vor allem - zumindest die Leute dich ich kenne - ganz unabhängig davon ob sie "besser sind" (was sie in den meisten Fällen NICHT sind ;)) oder irgendwelchen "Wert" haben möglicherweise  bekommen ...?

Oh, ich glaube, das ist schnell mit einer Gegenfrage beantwortet: Warum fühlen sich so viele (vor allen Dingen junge) Menschen, die in den letzten Jahrzehnten aufgewachsen sind, so leer?
Weil neue Dinge gegen neue Dinge austauschbar sind. So gibt es immer mehr Sterilität, immer weniger Bindung, immer weniger Wertschätzung (DER EINEN Sache an sich), immer weniger Kompromissbereitschaft (und somit weniger Kreativität, wenn es darum geht, Widrigkeiten durch Können zu übermalen) und weniger Geschichte / Erinnerungen ... immer weniger Grund, sich emotional und gedanklich mit einem Gegenstand und dem, was er zu erzählen hat, auseinander zu setzen.

Sieht man sich die Welt an, in der die U-40 Generation aufgewachsen ist, macht das ja auch durchaus Sinn, denn alles wird immer schneller, lauter, angespannter ... irgendwann sind viele Leute dann einfach total überschwemmt von Eindrücken und regelrecht "voll", und da kann so ein glatter, neuer, unberührter, emotional steriler Gegenstand eben angenehmer sein als einer, der noch voll Geschichten steckt und seine Ecken und Kanten hat.

Die Ü-40er unter uns hingegen (da gehöre ich auch zu) sind in der Regel noch in einer anderen Welt aufgewachsen, in der es noch Zeit selber auszufüllen galt, man sich die Welt selber bunt malen musste und Dinge nicht einfach so ersetzbar waren wie heutzutage. Da kamen und kommen solche geschichtsschwangeren Gegenstände doch gerade recht.

Wie passen nun aber die zunehmende Ablehnung der Gesellschaft gegenüber dem Altern, der Anspruch, alles möge auf immer makellos, jung, dynamisch sein und die Tatsache, dass sich junge Leute "neue" zerrissene Jeans und Möbel im Shabby-Look kaufen, zusammen? Nun, der Unterschied zwischen "echten alten" Gegenständen, und jenen, die nur auf alt getrimmt sind, ist riesig!

Die auf alt getrimmten Dinge sehen zwar alt aus, tragen aber keine Geschichte (und Emotionen) mit sich. Außerdem nutzt sich alles früher oder später ab und sieht "alt" aus, während andererseits der Anspruch an Makellosigkeit und Perfektion und vor allen Dingen die Kontrollsucht (die Angst vor Kontrollverlust) steigt. Unfreiwilliges "kaputt" oder "alt" ist nicht mehr gefragt, aber leider unvermeidbar und der Lauf der Natur ... was tut man also dagegen? Man schafft sich auf alt getrimmte Dinge an, denn das ist dann ja so gewollt, und der "Schaden" unter Kontrolle. Irgendwie ist das so etwas wie vorausschauender Gehorsam. Ich mache etwas alt, bevor es von selber alt wird - so kann ich hinterher sagen "es soll ja so, es ist cool so". Weitere Mängel fallen daran dann ja auch nicht mehr so auf. Hinzu kommt eine Sehnsucht nach etwas, das es heute häufig nicht mehr gibt: Tiefgang, Verbundenheit, Vertrautheit. Man will das haben, kann es aus den oben genannten Gründen aber oft nicht mehr ertragen. Das meiste davon läuft sehr unbewusst ab.

Ausnahmen bestimmen wie immer die Regel.  ;)


lelopa

#35
Interessanter Gedankengang - danke für's posten.

Allerdings gibt/gab es einige auf "alt" getrimmte Dinge schon bei den Ü-40ern:
E-Gitarren,
Jeans (Stone-wash / pre-shrunk, etc.),
Seidenklamotten im "Knitterlook",
Kunstgegenstände mit künstlicher Patina,
Möbel aus Press-Span im "Antik-Look",
etc., etc.

Es gab (oder gibt noch ?) auch mal eine Art "Nostalgiewelle" -
da war der meiste Deko-Kram im Antik-look

Hummel

"Alt" heißt für die  Ü60- Generation auch aus der Kindheit. Für mich auch Gerüche. Sommer riecht nach Rosen und Delial- Sonnencreme, weil es im Freibad meiner Kindheit Rosensträucher gab und Delial die meistgenutze Sonnencreme neben Tiroler Nussöl war. Das hat mit besser nix zu tun.

hinnerk

Nur zur Info nochmal ein alter Post von mir (11/23/14 ,November, 2014, 11:45:25:):

Zum Vintage-Look eine Meldung von 1917: \

"Antique craze hits ukukele ... There has been a demand that has covered a long period of years for the production of new violins having the appearance of antiques. This same craze for new instruments with antique appearance has spread in time to banjos, guitars and other instruments. Ukuleles are now coming in for their share. Chas. H. Ditson & Co. have received numerous demands for ukuleles in an antique finish, and to comply with this demand they are offering a large and varied line of these instruments ...\" (MTR) LG Axel

Bluesopa

#38
"Alt" heißt für mich, es sieht alt aus, fühlt sich alt an, riecht alt ... IST alt ... hat eine Geschichte, Menschen haben es benutzt, Menschen haben es gestaltet und angefertigt, evtl. sogar in Handarbeit oder wenigsten in früher mechanischer/industrieller Fertigung. Was ich dabei oft "besser" finde als bei modernen Sachen, ist dass man sich früher auch bei scheinbar unwichtigen Dingen und Details selbst mit der optischen Gestaltung Mühe gab ... und das spürt man bis heute.
Dafür habe ich ein ganz starkes Gefühl, ich mag solche alten Sachen einfach total gern ... und mochte solche alte Sachen auch schon als Kind, gegen alle Widerstände der Familie, hab manches "gerettet" was die Alten als nutzlosen Krempel  einfach wegwerfen wollten ...

Bis heute kaufe ich am liebsten "gebraucht", und wenn grad nichts passendes zu finden ist kaufe ich z. B. bei neuen Instrumenten wenigstens mit künstlichem Vintage- oder Used-Look, wenn es gut gemacht ist (und es gibt da wirklich gut gemachte und nicht mal teure Sachen) damit wenigsten Optik und Anfassgefühl einigermaßen stimmen.

Irgendwelcher materieller "Wert" ist dabei für mich völlig ohne Bedeutung ... und auch ein "Sammler" bin ich deswegen nicht, oder gar ein "Messie" der die ganze Wohnung vollmüllt ... Ich behalte auf Dauer nur die Stücke die mir am meisten bedeuten - anderes "rette" ich zwar immer noch gern, restauriere auch manches, gebe es dann aber nach einer Weile in gute Hände weiter. Und es hat für mich auch überhaupt nichts damit zu tun was es heute an aktuellen Dingen und Entwicklungen gibt, natürlich benutze ich auch moderne Dinge wenn sie mir nutzen ... die Gegenwart, die Realität wird deswegen keineswegs ausgeblendet oder gar abgelehnt.

Warum ich so fühle weiß ich nicht ... es war schon immer so, ist einfach ein Teil von mir ... und dazu stehe ich auch, egal ob man mich dafür belächelt (bestenfalls) ... ;)

Claudilele

#39
Zitat von: hinnerk am 05. Aug 2017, 10:16:47
Nur zur Info nochmal ein alter Post von mir (11/23/14 ,November, 2014, 11:45:25:):

Zum Vintage-Look eine Meldung von 1917: \

"Antique craze hits ukukele ... There has been a demand that has covered a long period of years for the production of new violins having the appearance of antiques. This same craze for new instruments with antique appearance has spread in time to banjos, guitars and other instruments. Ukuleles are now coming in for their share. Chas. H. Ditson & Co. have received numerous demands for ukuleles in an antique finish, and to comply with this demand they are offering a large and varied line of these instruments ...\" (MTR) LG Axel

Grandios!  :) Also gab es schon 1917 den Hang zum "Vintage-Look" - hätte ich nicht gedacht - das wäre dann heute quasi gefaktes Ultravintage oder so.  ;)

Ich schreibe gerade den dritten Teil einer Roman-Trilogie und gehe dafür regelmäßig in eine wirklich sehr schöne Senioreneinrichtung, wo ich mit den Bewohnern über ihre Vergangenheit plaudere. Das nächste Treffen steht ganz unter dem Motto "50er Jahre", da die Buchgeschichte immer mal wieder dorthin abschweift.

Um uns in die richtige Stimmung zu bringen und Erinnerungen zu wecken, bin ich gerade dabei, die Hitparaden der 50er und 60er Jahre nach deutschen Schlagern zu durchforsten, die ich mit der Ukulele begleiten kann, und es ist schon witzig, was mir dabei so auffällt:
Kindheit und Jugend meiner Eltern lag in den 50ern, und so spielten diese Stücke natürlich auch noch auf den Parties, die sie in meiner eigenen Kindheit gaben. Damals fand ich diese "Schnulzen" ganz furchtbar ... heute finde ich sie einfach nur herrlich (herrlich kitschig, aber herrlich).
Nein, aktuelle Schlager mag ich überhaupt nicht, aber die von damals, die finde ich inzwischen total schön (zumindest teilweise).
Ist das nun einer verkappten Sehnsucht nach Kindheitstagen anzurechnen oder ändert sich der Geschmack einfach im Laufe der Zeit? Wahrscheinlich beides, ich weiß es nicht.

@ Bluesopa: Das mit dem detailreichen Arbeiten und Mühe geben bei "früher" hergestellten Dingen denken wir auch häufig, wenn wir mal unterwegs sind oder in Dokus Mosaik- oder Stuckarbeiten in Kirchen und Herrenhäusern oder Schnitzereien an Möbeln (wir lieben Möbel aus dem vorletzten und frühen letzten Jahrhundert - unser Wohnzimmer sieht aus, wie eine Mischung aus Irish Pub und "bei Urgroßmuttern" ;)) sehen. Was würde dieser handwerkliche Aufwand kosten, wenn man ihn heute in Auftrag gäbe  :o? Wer hätte heute noch die Zeit oder überhaupt noch die Muße dazu, etwas in solcher Mühe und Feinarbeit zu fertigen? Solch ein Stück besitzen zu dürfen, ist schon toll, finde ich.