Ukulelenboard

Ukulelenboard => Theorie, Technik, Aufnahme => Spieltechnik => Thema gestartet von: Ukebychance am 24. Jul 2019, 08:23:14

Titel: Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ukebychance am 24. Jul 2019, 08:23:14
Für Ukulele komponierte Originalstücke sind ja eher rar, die meisten Stücke sind Bearbeitungen von Stücken für andere Instrumente. Dabei unterscheidet sich aber die Art der Herangehensweise an die Ukulelenarrangements teils beträchtlich.
Deshalb scheint es mir nicht uninteressant, die Bearbeitung ein und des selben Stücks von verschiedenen Arrangeuren zu vergleichen.
Den Anfang möchte ich machen mit zwei Bearbeitungen von Fernando Sors Andante op.31 nr.1.
Das Original gespielt auf einer Cordoba Mini:


Paul Mansells Bearbeitung aus seinem Buch Classical Uke

In diesem Arrangement verwendet Paul Mansell die gleichen Positionen wie sie im Gitarrenoriginal zu finden sind, wodurch das Stück eine Quarte höher als auf der Gitarre erklingt. (Oder genauso hoch wie auf der Cordoba Mini). Dadurch ist das Arrangement technisch nicht zu anspruchsvoll und eignet sich, wie die meisten Stücke in seinem Buch, auch für Einsteiger in die Welt der klassischen Ukulele.

Einen anderen Weg geht Samantha Muir:

In ihrem Little Book of Sor ist eine Version dieses Andantes, die die Originaltonart beibehält, und damit den Spieler zwingt, bis zum zehnten Bund zu klettern. Das kann technisch und klanglich durchaus eine Herausforderung sein, und man sollte eine Ukulele zur Verfügung haben, auf der die Töne in den höheren Lagen nicht verhungern.
Als Tempo gibt sie Viertel=100 an,was mir aber etwas langsam erscheint.
Die 140 BpM in der Paul Mansell-Bearbeitung kommen der Sache schon näher.

Ja, wäre schön, wenn auch andere Ukulelenspieler Vergleiche von Ukulelenbearbeitungen vorstellen würden, wobei es sich ja nicht unbedingt um klassische Musik handeln muss...
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ariane am 24. Jul 2019, 12:32:52
Was für eine schöne Idee - vielen Dank Ukebychance!

Und dazu noch wunderschön gespielte Versionen!

Ich werde mir nun mal das "Classical Uke" von Paul Mansell näher anschauen...

Schöne Grüße
Ariane
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Hawe49 am 24. Jul 2019, 13:08:35
Gute Idee, sehr interessant!
Aufgefallen ist mir das zwar auch schon, auch bei anderen Musikstilen ... Leider fehlt mir der musiktheoretische Hintergrund so etwas wirklich analysieren zu können. Aber ich hab bisher auch nicht weiter darüber nachgedacht - ist ja eigentlich klar, dass es immer auch verschiedene Lösungen gibt und auch unterschiedliche Intentionen eine Bearbeitung zu erstellen, z. B. als Übungs- oder Spielstück für Anfänger oder als eine anspruchsvolle Ausarbeitung für Könner.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: isso am 24. Jul 2019, 14:23:07
Sehr interessant und wie immer von Dir hübsch gespielt. Beim Original ist zu hören, dass die Melodie in der Oberstimme liegt. Das ist auch bei Samantha Muir der Fall, weil sie nicht nur hoch bis zum 10. Bund (auf der 1. Saite) geht, sondern auch die Tiefen (leere 3. Saite sowie d auf der 3. Saite) nutzt. Der Tonumfang bei Paul Mansell (dessen Bearbeitung mir nicht vorliegt)  ist wohl geringer. Das Arrangement weicht - soweit ich das höre - in Oktavversetzungen nach oben aus, weshalb die Begleitstimme öfter in die Oberstimme versetzt wird. Ich finde, es liegt eine spezielle technische Herausforderung darin, die Nebenstimme auch dann leiser erklingen zu lassen, wenn sie "oben" ist.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ukebychance am 24. Jul 2019, 19:37:35
Danke für eure Kommentare!
@Ariane: Das Classical Uke Buch ist für meinen Geschmack von gemischter Qualität.
Sehr gut gefällt mir zum Beispiel das Arrangement von Cesare Negris Bianco Fiore:

Weniger gelungen erscheint mir Mansells Version vom bekannten Carulli-Andantino:

Hier stimmen irgendwie die Töne nicht...
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Hummel am 25. Jul 2019, 09:07:03
Bianco Fiore ist  ein Lieblingsstück von mir.  :) Bei Mansell muss man beachten dass er als Lehrer vorgeht, auch für jüngere Schüler. . Auch das hat seine Berechtigung, grade bei der Uke fehlt es doch noch an systematischerm Lehrmaterial für alle Schwierigkeitsgrade und Musikstile.  Da gibt es für Gitarre mehr. Deshalb finde ich es gut, dass du auch Beispiele mit der Mini bringst.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Jos am 25. Jul 2019, 09:47:37
auch von mir ein Lieblingsstück !
Ich denke, das hier ist besser:
https://www.youtube.com/watch?v=-49XatIe2ZM
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Old Boy am 25. Jul 2019, 11:43:23
Jaaa ... "unser Wilfried" ist schon eine Klasse für sich  :)



By the way:
Da sage noch einer, "eine Büro klingt nicht" ... für meine Ohren hört sich das prima an!
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ariane am 25. Jul 2019, 15:11:25
@Ukebychance - wahrscheinlich ist es beim Carulli Andantino der leichteren Spielbarkeit geschuldet - klingt aber für mich dennoch schön.

Und wäre erstmal genau richtig für mich, da ich auch Stücke gerne einfach nur sozusagen  zur Entspannung (fast  ;D) gleich vom Blatt spielen möchte (vom Arrangement her), ohne groß üben und tiefer einzusteigen zu müssen.

Vielen Dank für die beiden sehr schön gespielten Beispiele  :)

Gruß
Ariane
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ukebychance am 17. Nov 2019, 20:01:03
Heute möchte ich zwei Bearbeitungen der John-Dowland-Komposition Mr.Dowland's Midnight vergleichen. Das Original wird auf der Gitarre aus der h-moll Position gespielt, was auf der Laute oder mit Kapo am 3.Bund d-moll ergibt:


Tony Mizen hat das Stück für sein Buch From Lute to Uke für die Ukulele bearbeitet. Dabei benutzt er die gleichen Positionen wie die Gitarrenfassung, also die Melodie beginnt auf der 2.Saite und wandert dann auf der ersten Saite bis zum 5.Bund hoch, alles in der ersten und zweiten Lage

Ich denke, diese Bearbeitung kann auch der weniger ambitionierte Ukulelenspieler passabel meistern.

Ebenfalls für Ukulele bearbeitet hat das Stück Wilfried Welti für sein E-Book Klassische Musik mit der Ukulele, Volume 2: Das klinget so herrlich.
Hier spielt sich die Melodie fast auschließlich auf der a-Saite ab. und um das möglich zu machen, muss man besonders im zweiten Teil immer wieder die Lage wechseln.

Das gelingt nur mit einem Adidas T-Shirt und der entsprechenden sportlichen Einstellung. ;)
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: isso am 18. Nov 2019, 07:18:35
Danke für den interessanten Vergleich. Evtl. könnte man noch einige Lautenaufnahmen des Stücks auf Youtube hinzuhören. Obgleich ich oft zu Weltis Bearbeitungen neige, finde ich, dass hier die von Tony Mizen reicht und ich mir daher auch kein Adidas T-Shirt zulegen muss. Erschwert wird der Vergleich der Bearbeitungen dadurch, dass sie von verschiedenen Spielern präsentiert werden und auch durch die klanglich sehr unterschiedlichen Instrumente.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Pazukulele am 18. Nov 2019, 21:49:50
Zitat von: Ukebychance am 24. Jul 2019, 08:23:14
Als Tempo gibt sie Viertel=100 an,was mir aber etwas langsam erscheint.
Für ein Andante (so heißt das Stück nun einmal) ist das aber goldrichtig. 140 wäre Allegro.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Pazukulele am 18. Nov 2019, 21:57:32
Zitat von: isso am 18. Nov 2019, 07:18:35
finde ich, dass hier die von Tony Mizen reicht
Hmm. Die Ukulele ist ein kleines Instrument, dessen intonatorisches Potential ziemlich beschränkt ist. Aber immerhin haben wir vier Saiten und mindestens 12 Bünde. Das erlaubt es, außer einfachen Melodien auch interessante und elegante Harmonien zu spielen. Ich finde schon, daß ein gutes Arrangement aufleuchten lassen sollte, was eine Ukulele kann. Sonst täte es auch eine Blockflöte.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: isso am 19. Nov 2019, 08:43:29
@Pazukulele: inwiefern bezieht sich Dein Kommentar auf das Zitat?
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ariane am 19. Nov 2019, 11:07:14
Vielen Dank für den schönen Vergleich, der natürlich im direkten Vergleich die enormen Klangunterschiede unterstreicht; mit zeitlichem Abstand gehört, klingt jedes Beispiel für sich wunderbar!

Ich werde mir mal, nachdem ich mir aufgrund des ersten Beitrags das schöne Buch von Paul Mansell zugelegt hatte nun auch das von Tony Mizen näher anschauen.

(...ein kleiner Nachtrag: der Klang und die virtuosen Möglichkeiten einer versiert gespielten Blockflöte sollten nicht geschmälert werden - sie war mal mein geliebtes Hauptinstrument  :))
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ukebychance am 19. Nov 2019, 13:36:47
ZitatFür ein Andante (so heißt das Stück nun einmal) ist das aber goldrichtig. 140 wäre Allegro.
So steht es zumnindest auf dem Metronom geschrieben. Aber das Andante op.31 no.1 wird allgemein viel schneller gespielt, so bei Viertel 150 oder punktierte Halbe 50.
Auf der Ukulele:

wie auf der Gitarre:

ZitatErschwert wird der Vergleich der Bearbeitungen dadurch, dass sie von verschiedenen Spielern präsentiert werden und auch durch die klanglich sehr unterschiedlichen Instrumente.
Ich hatte ja eigentlich vor, alle Beispiele in diesem Faden selbst aufzunehmen, aber als ich dann Wilfried Weltis akrobatische Fingergymnastik gesehen habe, habe ich von dieser Idee Abstand genommen.
Danke Ariane, in From Lute to Uke sind wirklich schöne Stücke, nicht zu anspruchsvoll arrangiert.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: isso am 19. Nov 2019, 13:46:05
@Ariane
Aus Torschlusspanik vor dem Brexit habe ich mir alle 3 Notenhefte von Tony Mizen (Renaissance, Barock, Romantik) zugelegt, wobei ich mich am ehesten über das Barockheft äußern kann. Hier finden sich auch etliche Stücke, die rund und komplex klingen aber erstaunlich einfach zu spielen sind.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Pazukulele am 19. Nov 2019, 22:35:29
Zitat von: isso am 19. Nov 2019, 08:43:29
@Pazukulele: inwiefern bezieht sich Dein Kommentar auf das Zitat?
Kurz gesagt: Das Arrangement von Mizen überzeugt mich nicht.
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Pazukulele am 19. Nov 2019, 22:57:22
Zitat von: Ukebychance am 19. Nov 2019, 13:36:47
Aber das Andante op.31 no.1 wird allgemein viel schneller gespielt, so bei Viertel 150 oder punktierte Halbe 50.
Das kann ich nach einem Blick auf Youtube so nicht bestätigen. Deren Länge schwankt zwischen 1:10 und 2:38.
Hier das langsame Extrem:

Vielleicht langsam, aber dafür schön sauber und gefühlvoll gespielt!
1:20, 1:30, 1:35 ... alles dabei.
Was spricht also dagegen, die Anweisung des Komponisten ernst zu nehmen?
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: isso am 20. Nov 2019, 08:16:00
Wegen Verstoßes gegen das Tempolimit schlage ich folgende Bestrafung für UkeByChance vor: mindestens 10 Punkte in Flensburg sowie sofortiger Führerscheinentzug!
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Ukebychance am 20. Nov 2019, 13:03:54
ZitatWas spricht also dagegen, die Anweisung des Komponisten ernst zu nehmen?
Andante heisst einfach gehend und je nach Person und Umgebung kann das sehr unterschiedlich gestaltet werden.
Samantha Muir hält sich selbst auch nicht an ihre Tempo-100-Vorgabe, sie fährt so etwa 130:
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: kleiner wolf am 20. Nov 2019, 21:07:24
Hallo,

es scheint mir ein weit verbreitetes Missverständniss zu sein, die italienischen Votragsbezeichnungen eins zu eins als Tempoangaben zu verstehen. So können ein Grave, ein Largo und ein Adagio durchaus gleich schnell sein, aber einen unterschiedlichen Charakter. Auf einem Metronom sind die drei Bezeichnungen aber meist als aufeinanderfolgende Tempi angegeben, also Grave < Largo < Adagio. Schaut man sich aber z. B. die Partiten und Sonaten für Violine solo von Bach an, wird klar, das es so eindimensional linear nicht ist. Zudem sind die Tempovorstellungen je nach Epoche zum Teil recht unterschiedlich. Wie UkeByChance ja schon geschrieben hat, heißt Andante einfach gehend, schreitend und das wird und wurde zum Teil sehr verschieden aufgefasst. Auf alten Metronomen aus dem 19. Jahrhundert (und das ist ja auch rade die Zeit in der F. Sor gelebt hat) geht Andante zum Teil bis 152 Viertel pro Minute. Das ist auf meinem modernen Metronom schon Vivace (Andante geht da von 63 - 72).

Ich persönlich empfinde die sehr langsame Version hier als etwas unzusammenhängend was die Phrasierung angeht und das liegt meiner Meinung nach auch am Tempo. Zudem liegt auf jeder 1 ein starker Impuls und das macht es in meinen Ohren recht statisch. Samantha Muir dagegen legt meist auf nur jede zweite 1 (also alle zwei Takte) einen deutlichen Impuls, was mehr Flexibilität erlaubt und zu einer Vorwärtsbewegung führt, die in meinen Ohren der Bezeichnung Andante eher entspricht.

Wir wissen nicht sicher, was Sor sich unter Andante vorgestellt hat, aber meine musikalische Intuition sagt zumindest mir, dass 130 bis 150 das ideale Tempo wäre.

Viele Grüße

Clemens
Titel: Antw:Bearbeitungsvergleiche für Ukulelenarrangements
Beitrag von: Pazukulele am 21. Nov 2019, 00:31:13
Zitat von: kleiner wolf am 20. Nov 2019, 21:07:24
Wir wissen nicht sicher, was Sor sich unter Andante vorgestellt hat, aber meine musikalische Intuition sagt zumindest mir, dass 130 bis 150 das ideale Tempo wäre.

Es soll natürlich gern jedem überlassen bleiben, was er intuitiv für das angemessene Tempo hält. Aber vielleicht können wir uns dem, was sich Sor vermutlich vorgestellt hat, doch ein bißchen präziser annähern.

Die von Dir erwähnte Taktung "bis 152" stammt von William Crotch, einem englischen Komponisten, der im Jahr 1800 seine Experimente mit Pendeln veröffentlichte, die er aus Frust über die seiner Meinung nach inkonsistenten italienischen Tempobezeichnungen angestellt hatte. Dabei ordnete er Andante tatsächlich im Bereich 126 bis 152 ein. Gleichzeitig stellt er jedoch fest, daß z.B. bei Händel Andante alles zwischen 72 und 153 sein konnte! Crotch schreibt allerdings auch:

ZitatEinige betrachten Adagio, Lento, Andante, Alla breve und Vivace eher als Bezeichnungen von Ausdruck und Geschmack denn als Zeit.

(Meine Übersetzung aus dem Englischen.)

Crotch kommentierte damit die seinerzeitige Musik des Spätbarock und der frühen Klassik. Mit Beginn der Romantik änderte sich dies jedoch. Denn Andante wurde

Zitatgenerell im 18. Jh. als etwas schnell und im 19. als etwas langsam betrachtet ... Auf frühen Metronomen (in den 1820ern) wurde Andante zu M.M. [M.M. = Mälzels Metronom] 60 zugeordnet, d.h., etwas langsamer als Moderato bei 80.

(Roland Jackson: Performance Practice: A Dictionary-Guide for Musicians. Routledge 2013, S. 12; meine Übersetzung aus dem Englischen.)

Sollte Sor, der 1839 starb, nicht ein völlig anderes Zeitgefühl gehabt haben als seine Zeitgenossen, so wäre demnach anzunehmen, daß auch er Andante als "langsam schreitend" verstand, höchstens aber als Mitteltempo.

Die Bezeichnung blieb freilich so vieldeutig, daß der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl noch 1855 (16 Jahre nach Sors Tod) darüber leicht verzweifelt anmerkte:

ZitatSchreibt man "Andante" vor, so ist das heutzutage schier so gut, als habe man gar nichts vorgeschrieben; denn diesem Wort steckt eine ganze Legion von Zeitmaßen im Leibe.

Lassen wir es dabei bewenden. Jeder suche sich das Tempo, das ihm am meisten behagt. Sor selbst hat unsere Interpretationsschwierigkeiten übrigens anscheinend vorausgesehen. In seiner "Methode" urteilt er nämlich:

ZitatMeine Vierundzwanzig Übungsstücke [= Op. 35] sind das leichteste, was man in dieser Gattung schreiben kann. Dagegen gestehe ich, bei meinen Vierundzwanzig Lektionen [= Op. 31] nicht Geduld genug gehabt zu haben, der Unterschied von dem einen zum anderen ist zu groß. Ich hätte dem Schüler dieselbe Aufmerksamkeit wie der Musik widmen sollen ...
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