Transportschaden: Decke gelöst

Begonnen von Ukulehrling, 07. Dez 2016, 17:32:31

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Augustine

Ponal Express ist jetzt nicht so eine Art Sekundenkleber für Holz oder so. Wenn ich sowas meinen würde, hätte ich Sekundenkleber empfohlen.

Ponal Express ist aber sehr geeignet, wenn man sich nicht extra Schraubzwingen kaufen will und einem bei mehreren Stunden in derselben Körperhaltung etwas unwohl wird.

Old Boy

OK ... dann Ponal Express ... Ukulehrling wird uns berichten, wie es gelaufen ist.

Schlechter als die Uke zur Zeit aussieht, wird sie nach dem Leimen sicher nicht sein.
Einfach mutig und ran an die Uke mit dem Leim.

Wenn's klappt, PRIMA!
Wenn es nicht klappt ... hat man was gelernt und zerlegt die "gute Uke" in ihre Bestandteile und besorgt sich eine solide Zigarrenkiste für weitere Experimente mit dem Hals ... und die laaangweiligen Weihnachtsferien sind gerettet ;)

So zumindest würde ich denken ... irgendwie kann man doch aus jeder Niederlage einen Sieg machen :)
Bei mir hängen mehr Ukulelen am Haken, als ich Akkorde fehlerfrei beherrsche ... soeben ist schon wieder eine dazu gekommen!
Ich arbeite aber eifrig daran, das Verhältnis umzukehren ... und das nicht nur durch den Verkauf von Instrumenten ;)

Bugle

Egal was du tust, als Erstes solltest du (sofern nicht zwischenzeitlich erfolgt) mal die Saiten abmachen und somit die Decke entlasten. Auf dem Foto scheinen die noch schön straff zu sein.

kiwidjango

Hallo Ukelehrling,

um eine Verleimung Deiner abgelösten Decke zu realisieren, solltest du vorsichtig die Decke an der losen Stelle anheben.
Dazu versuche etwas Dünnes zwischen Binding und Decke zu stecken. Eine Japanspachtel z.B..... Prüfe so, wie weit die Decke sich OHNE
viel Kraftaufwand heben lässt. So stellt du fest, ob die Beschädigung oder Fehlverleimung sich auf den Reifchen fortsetzt.

Halte die Decke dann so überstreckt und gebe Titebond-Leim in die offene Fuge. ALLE Weißleime haben an Zupfinstrumenten nichts
zu suchen. Man braucht zur Schwingungsübertragung eine harte Leimfuge. Titebond härtet hart aus und bleibt nicht, wie Weißleime, bedingt
elastisch. Nächster Punkt: KEIN Leim bindet vernüftig ohne Druck ab. Also besorge Dir kleine Zwingen. Dann brauchst du passende Zulagen.
Das sind passende, glatte Holzstücke, die Du zwischen Uke und Zwinge legst. Sie verteilen den Pressdruck gleichmäßig. Klebe die Holzzulagen mit Tesa ab.
Dann kleben sie nicht mit austretendem Leim zusammen. Setze die Zwingen genau senkrecht auf die Kante der Zarge. Sonst leidet die Decke durch den Pressdruck beim Leimen. Nach ca. 10 min. kannst du die Leimstelle säubern. Titebond hat dann eine gummiartige Konsistenz. Ein bißchen mit feuchtem Lappen nachreiben und die ganze Verleimapperatur wieder auf die Schadstelle setzen. Jetzt lässt du alles über Nacht trocknen.

Mit ein wenig Ponal Express ist es hier nicht getan, willst du eine fachlich richtige Reparatur machen. Die oben beschriebene Prozedur zeigt den Aufwand auf, den ich als Gitarrenbauer treiben muss. Ohne Oberflächenretuschierung braucht man für eine solche Arbeit, inkl. Instrument wieder
spielbar machen, ca. 1 Arbeitsstunde. Die liegen bei ca. 35,- - 40,- Euro.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Gruß, Dirk
Gruß aus der Werkstatt

Ukulehrling

Zitat von: Bugle am 07. Dez 2016, 22:00:22
Egal was du tust, als Erstes solltest du (sofern nicht zwischenzeitlich erfolgt) mal die Saiten abmachen und somit die Decke entlasten. Auf dem Foto scheinen die noch schön straff zu sein.

Danke Volker. Die Saiten habe ich gleich nach den Fotos entspannt. Hätte ich das vorher getan, hätte man auf dem Foto nichts mehr vom Schaden gesehen ;)

Andreas
𝄞 😎 Ewiger 🔰Anfänger mit UAS und viel zu wenigen 🍍Pineapple-Ukulelen ...

Ukulehrling

#20
Zitat von: kiwidjango am 08. Dez 2016, 21:49:25
Prüfe so, wie weit die Decke sich OHNE
viel Kraftaufwand heben lässt. So stellt du fest, ob die Beschädigung oder Fehlverleimung sich auf den Reifchen fortsetzt.

Was sind bitte Reifchen? Das Wort ist mir noch nicht unter gekommen. Und wo kriegt man einen Japanspachtel, der schmal genug ist? Vom Baumarkt her kenn' ich nur die Größen, die man zum spachteln von Löchern verwendet, oder auch mal, um Zeug von der Scheibe zu kratzen. Gibt's die auch ganz schmal, so 3 -4 cm? Denn der gesamte Spalt bei meiner Kala ist nur ca. 10 cm breit. Und im Moment hebt sich die Decke auch nur ungefär so hoch ab, wie sie dick ist (bei Zug auf den Saiten - weiß also noch gar nicht, wie ich das wieder anhebe, ohne die Saiten wieder zu spannen.

Zitat von: kiwidjango am 08. Dez 2016, 21:49:25
Halte die Decke dann so überstreckt und gebe Titebond-Leim in die offene Fuge. ALLE Weißleime haben an Zupfinstrumenten nichts
zu suchen. Man braucht zur Schwingungsübertragung eine harte Leimfuge. Titebond härtet hart aus und bleibt nicht, wie Weißleime, bedingt
elastisch.

Gut. Da ich gestern entdeckt habe, dass Thomann Titebond verkauft, wollte ich das eh bei der nächsten Verbrauchsmaterial-Bestellung mitbestellen.

Heißt das, dass Ponal Express, der nach den Angaben anderer hier und in div. Gitarrenforen¹ angeblich "hart" austrocknet, das doch nicht tut? Dann sollte man das vlt. noch einmal irgend wo in fett und groß aushängen. Ich fand auch 5 Minuten Zeit für's Bearbeiten sehr knapp - gerade für so einen ungeübten Nicht-Bastler wie mich.

Zitat von: kiwidjango am 08. Dez 2016, 21:49:25
Nächster Punkt: KEIN Leim bindet vernüftig ohne Druck ab. Also besorge Dir kleine Zwingen. Dann brauchst du passende Zulagen.

Ich habe ein paar Zwingen, die ich mal für kleine Leimarbeiten an Stuhllehnen besorgt hatte. Wie klein ist klein? Die Minizwingen, die ich mir vor Ewigkeiten mal zugelegt habe, k.A. mehr, wofür, sind definitiv zu klein. Zulagen muss ich mir im Baumarkt besorgen - vielen Dank für den Tipp mit dem Abkleben! Und wenn ich zum Abwischen der Leimreste die Zwingen + Zulagen entferne, schadet das nicht der Haltbarkeit der Klebeverbindung?

Zitat von: kiwidjango am 08. Dez 2016, 21:49:25
Die oben beschriebene Prozedur zeigt den Aufwand auf, den ich als Gitarrenbauer treiben muss. Ohne Oberflächenretuschierung braucht man für eine solche Arbeit, inkl. Instrument wieder
spielbar machen, ca. 1 Arbeitsstunde. Die liegen bei ca. 35,- - 40,- Euro.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Und wie! Vielen Dank für die Profi-Tipps! - Ich finde, Dein Beitrag sollte deutlich als Lösung hervor gehoben und für die Nachwelt markiert werden.

Fühle mich jetzt einerseits viel  besser gewappnet, es selbst zu probieren. Andererseits bin ich in Versuchung, das einen Fachmann hier im Ort machen zu lassen. 40 - 50 EUR wäre ich bereit, auszugeben. Damit bliebe ich inkl. Kaufpreis immer noch gut unter dem Neupreis der KA-T (wäre ohne den Schaden ein echtes Schnäppchen gewesen - jetzt eher was mit Lern-Effekt, so oder so).

Ehrlich gesagt habe ich Sorgen, dass das Kunststoff-Binding es sehr erschwert, den Leim in die schmalen Enden des Spalts zu kriegen. Ich schätze, bei einer Uke ohne Binding, wie der Ibanez UKS10, die ich rumstehen habe, wäre das eine deutlich anfängertauglichere Übung. Aber ich werd' die jetzt nicht als Versuchskaninchen missbrauchen ...

Herzlichen Dank,

Andreas


__________
1. z.B. hier: http://www.gitarrebassbau.de/viewtopic.php?f=27&t=210
𝄞 😎 Ewiger 🔰Anfänger mit UAS und viel zu wenigen 🍍Pineapple-Ukulelen ...

kiwidjango

Moin aus der Werkstatt!

Um Leimfläche zu schaffen UND Festigkeit in den Übergang Zarge/Decke o. Zarge/ Boden zu bekommen wird ein vorgebogener Streifen aus leichtem
Holz oder ein mehrfach eingesägter Streifen Holz an diese Stelle von innen an den Zargenkranz geleimt...(boah, was für ein endlossatz).
Dieses Bauteil nennt man im Zupfinstrumentenbau " Reifchen". Seine Stärke gibt auch vor, wieviel ich als binding wegfräsen kann, ohne das mir
die Decke oder  der Boden abfällt. Google doch einfach und schau dir dann Bilder an.

Japanspachtel gibt es auch schmaler. Wenn ich eine Gitarrendecke von innen hochdrücken will, um evtl. Leim anzugeben, fasse ich natürlich mit der Hand rein. Bei einer Uke oder einer Gitarre mit F-Löchern geht das nicht. Da bedien ich mich mit einem guten Saugnapf. Oder man biegt sich auch einem sehr stabilen Baustahl eine " Armverlängerung", geht damit durch das Schalloch, und versucht irgendwie Kraft auszuüben.
Instrumentenbau hat sehr , sehr viel mit Schablonen und Hilfsmittelbau zu tun. Dafür geht immens viel Zeit drauf. Was meinst du, wie lange ich nach dem Saugnapf gesucht habe???
Das sind alles Zeiten, die man sich im Nachhinein bezahlen lassen muss. Der Kunde sieht nur den Endpreis für " ein Bißchen Leim reinlaufen lassen". Welche Vorbereitungen und Anschaffungen dafür nötig sind, über sieht man gerne. Auch ist es nicht mit einer Schablone oder einem selbstgebauten Werkzeug getan: Überlege mal, wieviele verschiedene Gitarren u. Ä. am Markt sind.

Jetzt kommen wir zu Expressleimen:
Sie wurde vor Jahren auf den Markt gebracht, um uns Schreinern auf der Baustelle die Möglichkeit zu geben, schnell etwas zu fixieren ( leimen ist was anderes). Kein Kunde , der hinter dir steht, wartet auf ein Arbeitsergebnis, was von einer Abbindezeit von 30 und mehr Minuten abhängt.
Die Haltbarkeit eines Expressleim, den man im Baumarkt kaufen kann, ist NIE mit der Festigkeit eines B3 oder B4 Weißleim zu vergleichen. Schnell abbindende Werkstattleime dürfen gar nicht im Baumarkt verkauft werden. da werden Härter zugesetzt, auf deren Behältern ein Totenkopf ist...noch Fragen ???

K-PVAC-Leim : Kleber Polyvinylacrylat binden ab. Sie werden hart, aber nicht im Sinne von " knochenhart". Verbundene Bauteile bleiben " bedingt elastisch".
Ich benutze sie, und auch Expressleim, um mal eben schnell eine Vorrichtung für den einmaligen Gebrauch zu bauen, aber an Instrumente kommt mir nur Heißleim ( bei historischen Sachen) oder Titebond.
Ein Instrumentenbauer stellt ein Instrument so her, daß jedes Bauteil theoretisch repariert werden kann. d.h. bei Leimstellen: Durch Wärme oder warmes(heißes) Wasser lösbar sind.
Das brigt die Gefahr, daß alle verwendeten Leime NICHT wasserfest sind, faulen können(da organisch; Haut- oder Knochenleim) und brüchig werden.

Kleine Schraubzwingen sind ca. 100mm in der Spannhöhe und 50-70mm in der Spanntiefe.
Wenn du nach einer Verleimung nach 10 min. selbige löst, um sauber zu machen, schwächt das die Verleimung nicht. Du sollst ja nicht stundenlang wischen. Regel: "Leim, der rausquetscht, klebt nicht, aber er beruhigt!" (d.h.: man kann sicher sein, daß die Leimfuge gefüllt ist und nicht "verhungert", wie wir sagen)

Das Binding wird dich nicht großartig hindern, Leim an die nötigen Stellen zu bringen....einfach die Decke anheben (vielleicht sogar durch eine 2. Person) und dann munter Leim reinschmieren. Du wirst nicht verhindern können, daß innen in der Zarge was runterläuft.

Ohne es groß in Werbung ausarten zu lassen: All solche Sachen lernt man beim "Ukulele und Saumagen- Baukurs"....kostet zwar Geld, aber man hat nach einer entspannten Woche im Kloster seine eigene Konzert-Uke in Händen....und hat so viel gelernt, daß man beim Kauf der Nächsten dem Verkäufer einen Vorsprung von 1 Km hat.

...soooo, ich muss was tun!
Gruß, Dirk
Gruß aus der Werkstatt

Anke

Zitat von: Ukulehrling am 09. Dez 2016, 08:45:08

Damit bliebe ich inkl. Kaufpreis immer noch gut unter dem Neupreis der KA-T (wäre ohne den Schaden ein echtes Schnäppchen gewesen - jetzt eher was mit Lern-Effekt, so oder so).


Schnäppchen? Wenn ein Preis so sehr von den marktüblichen Preisen abweicht, dann könnte das schon auch dafür sprechen, dass der Verkäufer von dem "Mangel" gewusst hat, ihn aber bewusst verschwiegen hat...
Nur so ein Gedanke.

Liebe Grüße von Anke

Anke

Zitat von: kiwidjango am 09. Dez 2016, 10:28:00
Ohne es groß in Werbung ausarten zu lassen: All solche Sachen lernt man beim "Ukulele und Saumagen- Baukurs"....kostet zwar Geld, aber man hat nach einer entspannten Woche im Kloster seine eigene Konzert-Uke in Händen....und hat so viel gelernt, daß man beim Kauf der Nächsten dem Verkäufer einen Vorsprung von 1 Km hat.

Das kann ich gut und gerne bestätigen, denn an dem kürzlich zurückliegenden Kurs im Oktober 2016 habe ich teilgenommen. Ergebnis:
- eine wunderschöne und gutklingende Konzert-Ukulele (die ich demnächst auch hier im Forum vorstellen werde)
- viel gelernt
- viel Spaß gehabt und nette Leute kennengelernt

Viele Grüße von Anke

Tuke

Moin Dirk,
das war interessant, vielen Dank!
Gruß in die Werkstatt
TT
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

kiwidjango

Gruß aus der Werkstatt

Anke


apfelrockt

#27
@Kleidung
Grins, ich hab's mal stehen lassen, das ist was meine Rechtschreibprüfung aus @kiwidjango gemacht hat.....

Habe deine kleine Anleitung auch mit großem Interesse gelesen und würde doch gerne noch mehr über geeignete Leime wissen.  Wenn ich dich richtig verstehe dann kommt ja eigentlich nur Heissleim (Knochenleim?) In Betracht, da nur so geleimte  Verbindungen sich zerstörungsfrei wieder lösen kassen?

Tidebond ist eine Art Leim, auf jeden Fall ein Fertigprodukt von den Eigenschaften besser geeignet als klassischer Holzleim aber eben nicht lösbar, insofern zweite Wahl?
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem

kiwidjango

Hallo Rockender Appel,

Heißleim ist schwer zu verarbeiten. Die Werkstücke selbst müssen ein wenig auf Temperatur gebracht werden ,und,und, und.
Schnell musst du sein und alles muss auf Anhieb passen.
Man macht es bei der Restauration alter Instrumente, da man historsch-korrekte Materialien benutzen muss. Sonst mindert man den Wert
durch eine " Verrestaurierung"

Titebond und Titebond "genuine hide glue" sind nach dem Aushärten wieder löstbar. Es  sind "künstliche Heißleime"! Wenn man weiß, wie es geht!
Nur soviel: Temperatur sind der Tot eines jeden Klebers.
Nur muss alles sehr sehr vorsichtig passieren und sollte mehrfach geübt und durchgeführt worden sein.
Auf diese Art und Weise sind auch die berühmt, berüchtigten " Neckresets" möglich.

Kein Heißleim lässt ein Instrument besser klingen, wenn die Verbindungen schlecht sind. Da kann Gibson noch soviel Hide Glue für seine Reisues
nutzen...... alles Voodoo!...und Preistreiberei

Gruß Dirk
Gruß aus der Werkstatt

apfelrockt

Ah, also ist hide-Glue gleich Heissleim. Habe ich mich  immer gefragt aber nie ge-googelt. Ist Tide-Bond jetzt eine Marke oder eine Bezeichnung, oder beides wie zB. Tempo Taschentücher?
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem