Hilfe für alte Kindergitarre

Begonnen von Hummel, 03. Mär 2019, 12:39:05

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Hummel

Ich habe mal wieder einen sechssaitigen Pflegefall. Diesmal eine Kindergitarre, angeblich kaum benutzt, aber die wenigen Male wohl sehr gründlich.  ::) Als B-Ware vor etlichen Jahren erworben worden. Man weiß nicht genau wann aber es war nach 2000 da mit Euronen bezahlt. Budgetline, spanische Herstellung für deutschen Distributor. Also wahrscheinlich Gegend um Valencia.  Hochglanz - die Lackierung hat Mängel, an einigen Stellen dick und milchig, habe ich auch nicht wegpolieren können, zum Glück nicht auf der Decke. Ich habe in der Bucht mehrere Gitten des Herstellers gesehen, eine hatte das auch.  Die Gitte  ist teilmassiv, Zederndecke Korpus Sapelelaminat, Hals Mahagoni, Griffbrett jedenfalls nicht Palisander, Steg Irgendwas Geschwärztes, Binding Ahorn zwischen Zarge und Decke  etwas breiter und zwischen Zarge und Boden ganz schmal. Holz da wo nicht zerkratzt erstaunlich schön gealtert. Spanischer Halsfuß und recht feine Fächerbeleistung. Bei einer 7/8 hätte ich deshalb auf eine Damengitarre getippt, ist aber eine 3/4. 58cm Mensur 48 mm Sattelbreite, angenehme Saitenlage , flaches C Hals. Bünde topp , Stegeinlage angeschrägt, Plaste, aber geht noch. Sattel ebenfalls Plaste aber ganz  passgenau und überhaupt nicht geklebt ,finde ich sehr bedienerfreundlich!
Grundsätzliche Erkenntnis:
Bei so einem alten Teil lieber gleich alles abschrauben ehe man nachher doppelte Arbeit hat.
Soweit alles gut- Korpus mit silikonfreier geeigneter Möbelpflege behandelt, Griffbrett mit Lemonoil, Sattelkerben nachgefeilt und mit Graphit (Bleistiftmine) flutschig gemacht. Musste ich, da vorher sehr dünne Saiten drauf waren, Trebles knallhart, Basssaiten total rostig. Vermutlich billige 4/4 Hard Tension. Die habe ich gegen 3/4 Medium ausgetauscht die gut klingen, sich gut anfühlen aber natürlich etwas dicker sind. Intonation auch gut.
Nun zum Problem: alles an den Mechaniken quitschte klemmte und wollte nicht recht, Stellschrauben teilweise verschrammt, liefen aber dann mit Ballistol und gutem Zureden. Die Schräubchen mit denen die Mechaniken befestigt waren gingen zunächst keinen Millimeter. Also habe ich die Mechaniken erstmal drangelassen und Saiten drauf. Nachdem alles andere flutschte merkte ich dass da noch ein Quietschen an 2 Stellen war wo die Wellen im Holz der Kopfplatte laufen. Da sollte man so viel ich weiß kein Ballistol nehmen.
Die Schrauben der Mechanik lassen sich inzwischen lockern, Stunden nachdem sie ein Tröpfchen Ballsitol bekommen haben.
Meine Fragen:
Nehme ich zum Schmieren besser  Graphitpulver oder Teflonspray oder was anderes?
Falls die Mechaniken runter müssen wie mache ich sauber und darf ich da bei Bedarf ganz vorsichtig mit Schleifpapier ans Holz? Eine Reibahle habe ich nicht und möchte ich mir zur Zeit auch nicht kaufen.
Falls es zum Schlimmsten kommt und andere Mechaniken dran müssen, wie ist das mit den Maßen? Gilt das Normmaß 3,5 cm Abstand zwischen den Wellen für den Abstand von Wellenmitte zu Wellenmitte - käme bei mir hin- oder von Wellenrand zu Wellenrand?
Mein Dank an alle Gittenkundigen die bis hierher mitgelesen haben. 

Hummel

Ergänzung: das Teflonspray von Ballistol hat etwas Hilfe gebracht, aber die Mechaniken an sich sind grottig, müssten langfristg doch ersetzt werden. Die Saiten habe ich sicherheitshalber doch ausgetauscht um eine möglichst geringe Saitenspannung zu bekommen. Da ich keine Low- Tension für 3/4 gefunden habe habe ich Low - Tension für 4/4 genommen- Hannabach Student grün, die noch bei uns rumflogen- was die Saitenspannung nochmal verringert. Normal nimmt man ja High- Tension 4/4 auf kürzeren Mensuren um dann so eine mittlere Spannung zu erreichen. Klsnglich nicht unbedingt eine Verbesserung aber geht noch.
Grund für die Vorsichtsmaßnahme war dass ich nicht recht wusste ob das was um den Steg rum zu sehen ist jetzt noch der spnaische Knick oder schon ein Problem ist. Ganz leichte Aufwölbung am Unterbug vor dem Steg - ok aber auch eine ganz leichte Senkung der Decke zwischen Steg und Schallloch, definitv unter 1 mm aber man sieht auch die Leimung am Steg, also besser Vorsicht. Steg neu verleimen würde ich mir nicht zutrauen.
Der ist übrigens definitv kein Palisander, das Griffbrett hat schon eine Struktur ähnlich Palisander aber ich habe noch keinen so hellen und wild gemaserten gesehen.
Inzwischen habe ich auch eine Beschreibung im Net gefunden bei einem Großhändler der die Marke "Miguel Hernandez" noch führt aber wohl reduziert wegen nicht mehr so großer Nachfrage. Höchst verwunderlich  ::)

Hawe49

Der Abstand 75 mm von Wellenmitte zu Wellenmitte bei den Mechaniken ist der heutige Standardabstand. Da sollten alle heutigen Mechaniken passen. Allerdings kann es sein, dass die Bohrungen für die Befestigungsschräubchen etwas anders angeordnet sind und neu gebohrt werden müssen (unbedingt vorbohren!).
Bei älteren Gitarren ist es oft schwieriger Ersatz zu finden, da dieser Abstand immer wieder variierte.

Eine leichte Wölbung der Decke vor und hinter dem Steg ist laut Aussagen von meinem Gitarrenbauer normal und sogar notwendig (sinngemäß zitiert). Allerdings nur eine wirklich leichte Wölbung die stabil ist und sich nicht weiter verändert.

Hummel

Danke Hawe! Je nachdem wie es mit der Kleinen weitergeht wird sie wohl irgendwann neue Mechaniken brauchen. Die alten greifen einfach nicht ordentlich- so mit Sprüngen. Sie sind wohl ausgenudelt. Die Wölbung scheint mir auch noch tolerierbar, es ist schon lange her dass ich eine wirklich ordentliche Klassische in der Hand hatte. Deshalb kann ich nicht vergleichen. Die ollen Yamahas Arias Takamines die mir letzthin über den Weg gelaufen sind sind zwar viel sauberer verarbeitet aber auch bolleriger. Ideal fürs Pubertier und Grobmotoriker. Hatte zuletzt selbst noch so ein Prachtstück dass ich zum Schrammeln als Wandergitte mitgenommen hatte. Neulich habe ich ein altes Foto gefunden. Bei Laminat gibt es den Knick  soweit ich weiß eher nicht und bei den sehr robust gebauten Teilmassiven habe ich es auch nicht gesehen. Okay. meine Cordoba Mini hat einen winzigen Bauchansatz.
Wie alt sie genau ist weiß ich ja nicht wußte die  Vorbesitzerin auch nicht.Die ist froh dass sie sie los ist und ich muss mal schauen was ich mache. Kann bei den Mängeln schon ein Ladenhüter gewesen sein. Jedenfalls hat sie absolut keine Bundmarkierungen, auch nicht an der Seite. So kenne ich es auch von  meinen damals, nicht mal meine Kindergitte hatte welche. Das war meine ich eine Teller.

Hummel

Zum guten Schluß- neue Mechaniken waren nicht zu vermeiden, ordentliche  einfache aus dem Musikladen, Der nette Mensch hat sie für mich gewechselt, aber die alten Schrauben benutzt sicherheitshalber. Selbige waren übrigens  nicht alle so ganz gleich und das Einsetzen und Anschrauben etwas kitzlig. Für den Fall dass sie doch in Gefahr ist weiter einzufallen wegen langer schlechter Behandlung habe ich sie nach Methode Taylor Guitars ohne Saiten eingetütet und Schwämmchen in Seifenschale statt Dampits benutzt. Nach 3 maliger Behandlung sah sie sehr gut aus- der Knick hinten ist noch da, dieEinbuchtung vorne ist so schmal dass ich nur noch ein einmal gefaltetes Blatt Papier zwischen Decke und einem Lineal durchschieben kann. Sie bekam dann gleich einen Planet Waves Lufbefeuchter zum zwischen die Saiten klemmen wie ich ihn in klein für Uken und Mini habe. Anfangs musste ich fast täglich nachfeuchten , jetzt nur noch wöchentlich.  Ich habe dann wieder Saiten für 3/4 Gitarren probiert- Optima, weil die grad im Laden da waren. Wem der Name aus seiner Jugendzeit bekannt vorkommt- Hersteller der am schnellsten rostenden Metallsaite der Welt. Die sind recht dick und plötzlich gab es Probleme mit der Intonation. Stegeinlage ein bisschen runtergefeilt und nun passt es wieder. Klanglich ist sie gar nicht übel, sehr warm, fast dunkel für so ein Kleinchen. Macht wohl die Zederndecke.
Fazit - zum verschenken oder verscherbeln zu schade zum ernsthaft weiterverkaufen zu verramscht. Also werde ich sie ein bisschen beklimpern und in dann irgendwann wird einer meiner Enkel dran glauben müssen. Danke für eure Tipps und fürs mitlesen.

kurt

Lieber Hummel !

Nur der Neugier halber : Wie hast die sie gestimmt ?

Weil eine 58 er Mensur ja einer Tenor entspräche.
Da könnte man eine Art größerer Taropatch daraus machen.

mit ukligen Grüßen

kurt

Hummel

Hi Kurt- nicht ganz! Die 51ger Mensur entspricht der Bariton,da  habe ich eine Cordoba Mini in Gitalelen-  bzw Requintostimmung. Die 58ger ist eine sogenannte 3/4 , sie wird ganz normal gestimmt. Ma kann spezielle Saiten für Kindergitarren nehmen oder normale Gitarrensaiten gekürzt. Die Kindersaiten haben eine mittlere Spannung "medium tension" Bei gekürzten normalen ist die Spannung bei einer Kleinen immer etwas niedriger als es bei einer Großen wäre.
Die Kleine bleibt definitiv in der Familie wo ich ein Auge drauf haben kann. Zum Verbasteln oder zerschrammeln ist sie definitiv zu schade.

kurt

Nein, lieber Hummel !
ich meinte Tenorgitarre! oder Tenorbanjo ! Nicht Tenoruke ! 8)

kurt

Müßtest du natürlich einen neuen Steg machen.

mit ukligen Grüßen

kurt

Hummel

#9
Ah klar, und ich dachte du hättest eine TenorUke im Kopf entspräche etwa einer 1/4 Gitarre. Steg wäre wohl weniger das Problem. Ich müsste vor allem einen neuen Sattel haben.  Allerdings sähe ich keinen Sinn darin. Für eine echte Taropatch mit 8 Saiten müsste auch am Kopf mächtig gebastelt werden, ist ja ein Fensterkopf, und auf alle Fälle hätte ich da bestimmt nicht weniger Saitenzug am Ende. Welche Tenorgitarre meinst du`? Die Viersaitige ev mit Doppelbesaitung oder eine klassische Terzgitarre? Letzteres sähe ich als einzige gut umetzbare Variante.
Eine Sechssaitige in Tenorgitarrenstimmung mit 2 Doppelsaiten brächte da auch nicht viel. Gestimmt ist sie jetzt ganz normal in EDAghe. Das kann ich auch prinzipiell spielen- einen leichten Hänger beim rechten Ringfinger habe ich so oder so , je höher die Saitenspannung und je größer das Instrument  desto heftiger. Eine Taropatch mit Doppelbesaitung auf den höheren Saiten ginge vermutlich gar nicht, ebenso eine 4/4 Gitarre. Deine Vorschläge wären bei einer kleinen Western allerdings nicht übel.
Bei der Cordoba Mini probiere ich jetzt grad eine offene Stimmung zum Schrammeln mit niedriger Saitenspannung. GDggdg'. Ganz lustig, jetzt habe ich bloß nix in Gitalelenstimmung.
Bei der kleinen Gitte werde ich die Stimmung erst mal lassen sie ist als normale Gitarre wohl am glücklichsten. Aber ich habe einfach noch nicht die perfekten Saiten gefunden. Pyramid har für die Größe auch Fluorcarbon, allerdings schon das g umwickelt, das wird dann ev wieder zu eng.  Savarez hat Fluorcarbon,  die scheinen vielversprechend, sind aber ganz schön teuer! Wenn ich nicht so einen Bammel wegen der Decke hätte ... Die Terzgitarre behalte ich aber im Hinterkopf, der Saitenzug wäre auch akzeptabel. Danke für die Ideen!

kurt

Hallo Hummel !

jetzt muß ich etwas weiter ausholen....

ich habe 20 Jahre lang Tenorbanjo gespielt ( CGDA-Stimmung), bevor ich auf die Ukulele umstieg. Nach zwei Sopranversuchen, spiele ich seit über zehn Jahren nur mehr Tenoruken. Ist halt einfach die Größe die ich mag.

Bei den Tenoruken gibt es auch sechsaitige, wobei ich nie eine gespielt habe und daher nicht weiß welche Saiten jetzt doppelchörig sind.

Ich würde vielleicht Sattel und Steg ersetzen & die tiefen zwei Saiten  mit einer Oktave höher versehen.

Eher mit der Perspektive ein lauteres Begleitinstrument zu haben, also eher als Rhythmusinstrument.

Und was macht der rechte Ringfinger bei dir ? Ich kann höchsten ein Travis-Picking imitieren & Ring-
und kleinen Finger hab ich mein Lebtag noch nicht im Einsatz gehabt !  8)

Saitenmäßig meine Standard-Empfehlung : Thomastik !
da gibts sehr gute für Tenorbanjo, mir kamen die nie besonders hart oder unter hohen Zug stehend vor , allerdings haben Banjos ja immer einen rimrod.

Warum Gitarren so was nie haben, weiß ich nicht. ::)

mit ukligen Grüßen

kurt

Hummel

Rimrod sowas wie ein Trussrod?Das haben inzwischen schon etliche Gitarren - Cordoba zB baut sie fast standardmäßig ein. Hilft aber der Decke nix. Meinem Ringfimger fehlt halt ein Stück von der Kuppe, Nagel ist noch da aber verkürzt und leicht gebogen. Deshalb habe ich seinerzeit versucht umzutrainieren mit kleinem Finger. Das hat aber nicht so toll geklappt und ich habe irgendwann mit Gitarre aufgehört und spiele jetzt Ukulele. Da bräuchte ich rechts nicht soviele Finger benutze den Ringfinger aber trotzdem, was mit den Ukensaiten leichter geht.
Wieso bist du umgestiegen; wenn ich dich fragen darf?
Bei der Gitarre probiere ich jetzt noch mal Karbon von Savarez Eigentlich finde ich bei Gitarren Nylon schöner aber Versuch macht kluch. Wenn das auch nix ist muss sie halt umschulen auf Terzgitarre. Auf alle Fälle ist sie fürs Picking besser geeignet als für Akkordbegleitung.


kurt

Hallo Hummel !

Im Gegensatz zum trussrod, geht der rimrod DURCH den ganzen Korpus.  Wird bei Banjos so gemacht.
d.h. der Saitenhalter wird umgelenkt und auch an dem Stahlstab befestigt, damit geht der Saitenzug nie so auf die Decke. Nur der Hals muß stabil genug sein.

Ich verwende echt nur Zeige- und Mittelfinger !

Warum ich umstieg ?

Hätte ich 1989 gewußt, daß es Ukulelenbanjos mit Tenorukulelenmensur gibt,
wäre das meine Wahl gewesen. 8)

Tenorukulele ist genau die Größe, die ich mag. Keine Transportprobleme.  8)

mit ukligen Grüßen

kurt


Hummel

Ah danke für die Info. 1989 wusste ich auch nicht viel von Uken- irgendwas mit Hawaiii .... Abschließend zur Gitarre: Fluorcarbon scheint zu funktionieren.Bisher beste Intonation, lauter und brillanter als vorher. Nicht mehr so warm und süß allerdings. Klanglich optimal wären wahrscheinlich High Tension Nylons aber die würde sie vermutlich nicht lange verkraften.
Naja , zumindest muss sie nicht umschulen.