Beim Fingerpicking Daumen aufstützen?

Begonnen von Noelanj, 16. Sep 2017, 19:10:04

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Hummel

Sam Muir kommt halt von der klassischen Gitarre, und Pfunk stützt den Finger auch bei der Lapsteelgitarre auf. Beide machen tolle Musik, ich denke, dass die ursprüngliche Gewohnheit hier einfach auch bei der Ukulele durchkommt.
Meine Sicht ist, dass die Techniken der klassischen Gitarre am effizientesten sind in Punkto Vielseitigkeit und Ergonomie.

Hummel

Das Aufsetzen des kleinen Fingers habe ich spaßeshalber mal probiert- das geht für mich gar nicht. Eher kann ich den zum Pickeln benutzen ausser beim Tremolo auf einer Saite  wenn der Ringfinger mal wieder nicht so will.

wwelti

Wo der Daumen der rechten Hand hingehört (vor oder hinter den Zeigefinger), ist bei der Ukulele durchaus ein kontroverses Thema.

Bei der klassischen Gitarre ist man sich relativ einig, da ist die "Daumen außen"-Technik etabliert. Es gibt jedoch eine alte Schule der "Daumen innen"-Technik, die von der Laute her kommt.

Und es ist nun durchaus nicht vollkommen klar, welche der Techniken für die Ukulele die bessere ist. Eine Ukulele ist nun einmal keine klassische Gitarre! Gerade dann, wenn der Korpus mit dem rechten Unterarm stabilisiert werden soll, ist bei einer Sopran-Ukulele die Handhaltung und Daumen-Außen-Technik eigentlich kaum genauso wie bei der klasischen Gitarre machbar, wo die Hand im 90-Grad-Winkel zu den Saiten abwärts angewinkelt sein soll.

Tja, was ist nun die richtige Technik? Ich habe mir eine Daumen-Außen-"light"-Technik angewöhnt, bei der die Finger die Saiten ein wenig schräg anschlagen. Das machen viele der klassischen Ukulele-Spieler so, man muß nur mal genau hinschauen, z.B. bei Samantha Muir oder Rob McKillop (wobei letzterer eher zur Lautentechnik tendiert). Mir scheint allerdings daß es bei der Ukulele auch klanglich besser ist, wenn die Finger die Saiten leicht schräg anschlagen, der klassische Gitarren-Anschlag klingt irgendwie härter.

Viele Grüße
  Wilfried


Noelanj

Weelti, meinst du mit leicht schräg anschlagen, dass eher die eine Hälfte der Fingerkuppen die Saite anschlagen? Also bei der Daumen aussen- Technik wohl eher die linke Seite der Fingerkuppen? Und wäre es im umgekehrten Fall, also bei der Daumen innen-Technik dann eher die rechte Fingerkuppen-Hälfte?

Hummel

RobMacKillop spielt übrigens mit den Kuppen auch so ein offenes Thema. Beim Anschlag sehe ich bei Videos hauptsächlich die aussen-light - Version. Von welchem Instrument er kommt kann man kaum sagen-er spielt wirklich fast alles. Sein erstes war übrigens tatsächlich eine Ukulele.  Ken Middleton ist dafür ein Fingeraufstützer. Gibt nix, was es nicht gibt.
Das mit dem leicht schräg probiere ich mal, falls ich es hinkriege. Da habe ich gleich was mitgelernt. Danke!

wwelti

Eines der Probleme ist hier: Was ist rechts und was ist links bei den Fingerkuppen?

Ich glaube aber in meinen Videos sieht man ganz gut wie ich das mache, oder? Ist vielleicht eindeutiger als hilflose Erläuterungsversuche eines komplizierten dreidimensionalen Sachverhaltes. ;)

Tja, und dann die Frage Kuppenspiel oder Nagelspiel? Darauf gibt es wohl auch keine abschließende Antwort.

Viele Grüße
  Wilfried


Ukebychance

In diesem Video sieht man die Daumen-Innen-Technik der Laute

Das ist eine völlig andere Technik als die der meisten klassischen Gitarristen oder Ukulelenspieler.
Ein Ukulelenspieler, der diese Technik anwendet, weil er ursprünglich von der Laute herkommt, ist Valéry Sauvage (Ukeval).
Da sind die Finger der rechten Hand fast parallel zu den Saiten.
(Wundert mich immer, dass man so spielen kann. ;))

Rob Mac Killop bezieht sich, zumindest bei der klassischen Gitarre, stark auf Fernando Sor, der teilweise den kleinen Finger auf der Gitarrendecke abstützte. Damit unterscheidet sich MacKillop eindeutig von den meisten modernen Klassikgitarristen, bei denen die rechte Hand die Decke nicht berührt.

Auf der Ukulele macht er das auch so, nicht fest verankert, aber der kleine Finger gleitet manchmal über die Ukulelendecke, was bei Samantha Muir eher nicht der Fall ist.
Da ist die rechte Hand völlig frei.
S.Muir überträgt wohl die moderne klassische Gitarrentechnik auf die Ukulele, während es bei MacKillop eher die des 19. Jahrhunderts ist.( insofern man die heute noch rekonstruieren kann...)

Hummel

Interessante Beispiele!
Ob man die früheren Techniken genau rekonstruieren kann, weiß ich auch nicht, wobei da im 19. Jahrhundert viel passierte weil sich die Gitarren auch veränderten. Und die Entwicklung der Ukulele ist ja auch nicht ohne!
Wichtig bleibt aus meiner Sicht das die Haltung gesund ist für die Spieler und sie sich nicht selbst am Weiterkommen hindern.

Noelanj

Tolles Video, Ukebychance. Diese Handhaltung des Lautenspielers ist wohl ungefähr, was ich instinktiv auch machen würde. Jedenfalls eher als Daumen aussen. Und wenn ich das richtig sehe, dann wird (vom Handrücken aus gesehen) mit der linken Daumenseite und den rechten Fingerkuppen gespielt... Aber ich lass das jetzt mit diesen Detailfragen. Offenbar sollte ich einfach mehr Videos gucken  ::)

Knasterbax

Noch ein bisschen Senf:
Auch Ex-"Re-entrant" Ian Emmerson spielt mit innenliegendem Daumen:



Mir ist schleiherhaft, wie das gehen soll; ich bin mit klassischer Handhaltung großgeworden, da komm ich nicht mehr von weg. Schlecht fürs abgeknickte Handgelenk (siehe Knasterbax hier links: https://www.youtube.com/watch?v=PjNludho_qE&list=UU0jh1n0GDcCYXffAEKbl99w&index=6), aber Daumen und Restfinger kommen besser aneinander vorbei.

Hier noch ein Meister mit kleinem Stützfinger:



Auf der Gitarre mach ich das beim Wechselbass-Picking auch zuweilen, auf der Uke legt mich das Abstützen zu sehr fest, da kann ich dann schlecht mal einen Roll einstreuen oder zwischen Strumming und Picking wechseln.
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

ukevas

#25
Ich meine daß die verschiedenen Fingerpicking- und Strumming-Techniken auch verschiedene Sounds erzeugen und darauf kommt es an. Mein Fingerpicking kommt auch von der Gitarre, also "Daumen vorne". Aber ich versuchs manchmal auch mit "Daumen hinten", das klingt irgendwie weicher, ich denke  weil man die Saiten nur mit den Fingerkuppen berührt und auch die Fingerbewegung nicht so kraftvoll ist

   Friends of old Puppy sind auch so Daumen-hinten Spieler und ich meine daß Billy Wilson (der mit der Bariton E-Uke) manchmal auch auf seiner E-Gitarre so spielt (kann aber kein Video finden)




Ukebychance

Bei der Ukulele verwundert mich immer wieder, wie viele verschiedene Ansätze es gibt, das Instrument zu bedienen.
Beispiel: Scott Joplin's Entertainer


Folkgitarrentechnik mit abgestützem kleinen Finger


Lautentechnik mit "Daumen innen!" und abgestütztem kleinen Finger


kein Wechselschlag bei schnellen Tonfolgen

Diese Vielfalt kommt wahrscheinlich daher, dass es noch keine formale Ukulelenausbildung gibt, und Ukulelenspieler von verschiedenen anderen Instrumenten Techniken mitbringen und sie auf die Ukulele übertragen.

hilli2

Zitat von: Ukebychance am 18. Sep 2017, 15:18:49

Diese Vielfalt kommt wahrscheinlich daher, dass es noch keine formale Ukulelenausbildung gibt, und Ukulelenspieler von verschiedenen anderen Instrumenten Techniken mitbringen und sie auf die Ukulele übertragen.

Das Problem mit der Technik an den verschiedenen Instrumenten ist meiner Meinung nach folgendes:

Keine Technik kann als explizit "richtig" oder "falsch" bezeichnet werden, auch wenn mancher der "klassischen Schule" das so sieht.

Die anatomischen und physiologischen Voraussetzungen sind oft einfach zu verschieden:
- der eine hat kurze dicke Finger
- ein anderer hat lange schmale Finger
- und bei einem dritten sind die Gelenke irgendwie anders beweglich als "normal"  ;)
- jemand anders hat Probleme mit dem Handgelenk und kann es nur so oder so halten.
- und wieder ein anderer hält die Ukulele lieber weit oben vor der Brust
- der nächste fast vor der Hüfte
- etc......

All das (und noch mehr) sind Gründe dafür, warum eine "Technik" immer nur als eine "in den meisten Fällen mit Erfolg erprobte" sein kann. Als Orientierung immer gut und richtig - aber dann muss jeder seinen individuellen Weg finden.

Da ist es genau richtig, sich hier Tipps zu holen - unterschiedliche Vorschläge - unterschiedliche Wege - und die meisten führen zum Erfolg!
-
***Music was my first love...***

Hummel

Dazu werden auch viele Stilrichtungen gespielt.
Tony Mizen hat meine ich tatsächlich ein paar Semester "auf Ukulele studiert" . Gibt es wohl nur an einem College in London. "DAs Ukulele" war halt lange ein folkloristisches Instrument oder wurde von ein paar Showleuten gespielt.
Schon spannend wie sich alles entwickelt.

Knasterbax

BTW: Tobias Elof hat glaubich auch Ukulele studiert.
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)