Saiteninstrumente einstellen, z.B. Guitalele

Begonnen von stephanHW, 08. Jun 2010, 23:19:18

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stephanHW

Die Fragen nach guten Anfängerinstrumenten häufen sich, die geduldigen Antworten bedürften jedoch eigentlich immer des Nachsatzes: `Wenn sie denn vernünftig eingestellt ist´. Eine Stagg mit zu flacher Saitenlage schnarrt unspielbar, auch wenn sie `immerhin eine massive Fichtendecke hat´. Eine Ohana mit zu hoher Saitenlage wird chronisch verstimmt klingen, auch wenn `Laminat kein Nachteil sein muss´. Eine ordentlich besaitete Delfin, bei der zufällig alles passt, wird uns glücklich machen, trotzdem `das Ding einen Plastikkorpus hat´, und so weiter. In den unteren Preissegmenten herrscht all zu oft Gevatter Zufall.

Am Beispiel einer Guitalele zeige ich, wie man mit einfachen Mitteln ein billiges Sperrholzinstrument in ein sauber intonierendes billiges Sperrholzinstrument verwandeln kann. Mein Handwerkszeug beschränkt sich auf einen kleinen Bogen Schleifpapier (z.B. 80er), eine olle Nagelfeile mit rauher Kante sowie ein ordentliches Stimmgerät.

Mitte letzten Jahres erwarb ich für wenig Geld eine Yamaha Guitalele GU-1.

Guitalelen sind kleine Gitarren von der Größe einer Tenorukulele. Sie werden i.d.R. wie Ukulelen eine Quart höher gestimmt als die normale Gitarrenstimmung, also A-d-g-c-e-a. Sämtliche von der Gitarre bekannten Griffbilder können also gespielt werden, man muss nur transponieren. Der Ukulelenspieler hingegen bewegt sich in vertrauten Tonarten, muss jedoch zwei zusätzliche Bassaiten versorgen.

Zwei Eigenarten fielen auf:

-Der erhebliche klangliche Unterschied zwischen den höhenreichen umwundenen drei Basssaiten und den recht dumpfen Diskantsaiten aus Nylon.
-Die unsaubere Intonation des sauber gestimmten Instrumentes. Dabei wurde z.B. der A-Dur Akkord besonders auffällig.

Bei der Inspektion fiel folgendes auf:

-Die drei unumwundenen hohen Nylonsaiten sind recht dick, die C-Saite scheint dicker als die tiefe A-Saite zu sein
-Die Stegeinlage hat eine Kompensation für die C-Saite
-Die Saitenlage am 12. Bund ist mit deutlich über 0,5 cm recht hoch.
-Die Saitenlage ist mit etwa 1,5mm am Sattel ebenfalls hoch.

Die Maßnahmen:

-Die Diskantsaiten werden durch Aquila Nylgut-Saiten für Tenorukulele ersetzt. Nylgut ist ein synthetisches Material, das den brillanten Klangeigenschaften von Naturdarm (engl. `gut´) sehr nahe kommt.


-Der Saitenwechsel wird genutzt, die Stegeinlage flacher zu schleifen. Für eine gute Übertragung der Saitenschwingung sollte die Unterseite dabei möglichst plan bleiben. Mein Ziel ist eine Saitenlage von 3-4mm im 12.Bund.


Die Situation hat sich gebessert, durch die höhenreichen Saiten ist das Klangbild ausgewogener.
Die Intonation hat sich jedoch nicht zufriedenstellend verbessert. Also weiter:

-Der Sattel lässt sich mit seitlichem Druck gut lösen. Ich schleife die Unterseite unter regelmäßiger Kontrolle, bis die Saitenlage im 1. Bund etwa 0,5mm beträgt.


Das Ergebnis ist erheblich besser. Eigentlich perfekt, wenn da nicht der immer noch leicht schiefe A-Dur Akkord wäre.

Die Entscheidung des Herstellers, eine für die C-Saite kompensierte Stegeinlage zu nutzen, deutet auf das Problem. Diese Kompensation über die gesamte Länge der Saite vermag jedoch nicht das Problem zu lösen.


Wenn eine recht dicke Saite im 1.Bund gegriffen wird, ist die Spannung in diesem Bereich sehr hoch.

Eine zu hohe Saitenlage im Bereich des Sattels verursacht Intonationsprobleme, da die Saite zu stark gedehnt wird. Das verstärkt sich mit zunehmender Dicke der Saiten und wird bei kurzen Mensuren oder hohen Saitenspannungen besonders auffällig. Die verglichen mit den Originalsaiten dünneren Aquilas brachten eine leichte Verbesserung, doch endgültige Abhilfe schafft die individuelle Nachbearbeitung des Sattelschlitzes der C-Saite mit Hilfe der ollen Nagelfeile.
Sie wird vorsichtig unter Stimmgerätkontrolle tiefer gelegt.


Fertig ist die sauber intonierende Guitalele (Ukulele, etc.)

Wichtig:

Wurde der Sattelschlitz zu tief gefeilt, hat man ein Problem. Daher sollte man vorsichtig in kleinen Schritten vorgehen. Greift man die Saite hinter dem zweiten Bund, sollte zwischen dem ersten Bundstäbchen und der Saite noch Haaresbreite Platz sein.

Ich wünsche etwas Mut zum Saitenintrumententuning, die Verbesserungen sind zum Teil frappierend. Ich konnte auf diese Weise sogar einer quietschbunten 15€ Spongebob-Ukulele eine Daseinsberechtigung verschaffen. Voraussetzung ist natürlich ein technisch einwandfreies Instrument mit korrekter Mensur und halbwegs ordentlich abgerichteten Bundstäbchen. Viele günstig in Fernost hergestellte Instrumente erfüllen diese Bedingungen heutzutage durchaus. Das Problem bleibt jedoch häufig die (dem Preisdruck geschuldete) unzureichende Endkontrolle. Viele Instrumente werden schlecht eingestellt und mit billigsten Saiten ausgestattet an die Endverbraucher ausgeliefert.
Leider trifft das auch besonders schmerzlich auf Kinder- und Jugendinstrumente zu. Wenn man nicht selber Hand anlegen mag, ist der Weg zum Gitarrenbaumeister auch bei einem Billigprodukt u.U. sehr zu empfehlen.  Gutes Setup und hochwertige Saiten können Erstaunliches bewirken.
Der Beitrag gehört möglicherweise eher in die Bastelecke, aber ich habe eingangs angedeutet, warum ich ihn doch hier einstelle.

Und natürlich sind all die Informationen eigentlich bekannt, oder im Forum leicht zu finden.



Herzliche Grüße,    Stephan








Geringfügig überarbeitet und mit weiteren Fotos aufgehübscht am 14.11.2010

assel


Floyd Blue

Gute Beschreibung! Danke sehr!

Sollte vielleicht ein Stickie bekommen, oder?

Kay

Ich finde eher, es ist in der FAQ-Einsteigerhilfe gut aufgehoben?