Vorstellung: Harfenukulele

Begonnen von Linho, 11. Jan 2012, 16:44:57

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Linho

Hallo Freunde der extravaganten Ukulelen,

nachdem in meinem Membersoundsthread die Anfrage kam, schreibe ich hiermit ein paar Zeilen zu meiner Harfenukulele von aNueNue (hawaiianisch für Regenbogen). Vorweg: Dieser Text ist länger als geplant geworden und hat eigentlich keine besonderen Erkenntnisse parat. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr, nicht dass mich hinterher jemand wegen der gestohlenen Zeit verklagt. ;)

Die Ukulele ist übrigens erstaunlich leicht, ich hätte sie mir schwerer vorgestellt: Sie wiegt ca. 700g, im passenden Koffer sind's allerdings doch knapp 4kg. Also per pedes nur bedingt transportabel, da groß und schwer. Auf dem Bein liegend aber kein Problem, ohne Gurt stehend im Arm wird\'s schwierig. :oops:

Vorwort

Die Ukulele entstand in Kooperation mit dem englischen Ukulelenbauer Pete Howlett und wird in Asien gefertigt, und heißt genau: Harp Ukulele III E Tenor Electric. Auf Anfrage habe ich erfahren, dass vorerst nur 88 Stück produziert wurden, bei großer Nachfrage besteht die Möglichkeit nach einer weiteren Mini-Serie. Sie sind nicht nummeriert, ich weiß also nicht, welche der 88 Stück ich habe. :roll:
Der Neupreis beträgt $1200, der Import erfolgt direkt aus Asien. Es gibt keine deutschen Vertriebspartner.

Verwendete Hölzer

Die Ukulele ist vollmassiv. Zargen, Boden und Hals bestehen aus afrikanischem Khaya-Mahagoni, die Decke aus amerikanischer Sitka-Fichte. Boden und Decke sind spiegelverleimt, wie ich von aNueNue erfahren habe, man sieht aber nichts davon – die Leimkante ist nahezu unsichtbar, in Langerringen dachten wir sogar, sie wäre aus einem Stück gefertigt. :o
Aus Palisander bestehen die beiden Kopfplatten, das Griffbrett, das Decken-, Boden- und Zargenbinding sowie der Steg. Die Stegeinlage und der Sattel sind aus Büffelknochen. Die Schalllochrosetten, Griffbrettpunkte und aNueNue-Logo sind aus Abalone.

Fotos brauche ich eigentlich keine zu machen, da sie auf der offiziellen Webseite hinlänglich zu sehen ist: http://www.anuenue-uke.com/html_version/#frame_electric_29

Mechaniken

Die übersetzten Mechaniken der normalen Saiten funktionieren sehr gut, besonders begeistert bin ich aber von den Mechaniken der Basssaiten: Sie sehen aus wie Geigenwirbel, sind aber spezielle mit Übersetzung, also übersetzte gerade Tuner, die sich hervorragend stimmen lassen und super aussehen. Richtig tolle Teile! 8)

Saiten

Die Griffbrettsaiten sind tenorukulelentypisch GCEA (Low-G) gestimmt. Die oberen drei Saiten sind schwarze japanische Flourocarbons, die umsponnene ist, genau wie die vier Basssaiten, eine Low-G-Saite aus den USA. Richtig gelesen: Alle fünf bunt umsponnenen Saiten sind die gleiche Low-G-Saite. Da ließe sich sicher klangmäßig mit passenderen Saiten noch was drehen, Andreas David hat diesbezüglich mit Pyramid korrespondiert, aber ich habe noch nichts neues von ihm gehört.

Die Stimmung der Basssaiten lässt sich beliebig an die eigenen Bedürfnisse und an die Tonart des aktuellen Stücks anpassen: Standard ist wohl CDEF, ACDE o.ä. ist auch möglich. Allerdings ist A das unterste Maximum, da ist mir die Saite schon etwas zu locker. Vielleicht ließe sich hier mit besseren Saiten auch noch was drehen. CDEF scheint mir die beste Wahl, je nach Tonart kann man die Subs entsprechend umstimmen, z.B. C#DEF# für F-Moll. ;)

Ich sollte mal noch etwas mit offenen Stimmungen experimentieren. :roll:

Klang

Zum Klang: Für mich hervorragend. Er ist sehr gitarrenähnlich, was sicher auch an der Fichtendecke und der (durch den Arm) enormen Korpusgröße liegt. Die Bässe kommen gut rüber, ohne matschig zu wirken, auch die hohen Töne klingen klar und brillant. Man könnte nun fragen, wozu man so ein Monstrum überhaupt braucht, da eine Guitarlele beispielsweise tiefer geht und mehr Töne ermöglicht. Aber es ist einfach ein völlig anderes Spielgefühl, alleine schon dass man in jeder Lage Akkorde spielen kann und immer einen passenden Basston hat. Im Endeffekt ist und bleibt es eine Ukulele, allerdings mit vier zusätzlichen Basssaiten, oder einfach: Die ukelige Version einer Harfengitarre. :twisted:

Sie klingt auch in den höheren Lagen klar und bundrein: Die 20 Bünde sollten für jeden Zweck reichen. Wegen mir hätten es gerne weniger sein dürfen, aber da sie sich von der Haltung her gitarrenähnlich spielt und überm Schallloch gezupft werden will, stört mich das überstehende Griffbrett nicht. Vermutlich ist es Absicht, dass der Übergang erst am 15. Bund ist, und somit die Brücke nahe am Schallloch ist, da dies wohl irgendwie den Klang positiv beeinflusst, auch, weil man recht nahe an der Brücke zupft. :D

Den Klang des eingebauten Fishman-AG-UKE-Custom-Tonabnehmer kann man dafür vergessen, zumindest hat er mich in Langerringen, wo ich die Ukulele testhalber an einen guten  Verstärker angeschlossen habe, nicht überzeugt.  :?
Doch fungiert er zugleich als Endpin, wo man einen Gurt befestigen könnte. Das bringt allerdings nicht viel, da ein Gegenstück fehlt. An der Kopfplatte kann man den Gurt kaum festbinden, dann kommt er dauernd der Basssaitenkopfplatte in die Quere, da müsste man also an den Hals einen Gurtpin anbauen.

Bespielbarkeit

Ich spiele sie nur im Sitzen, da geht es problemlos gurtfrei, sie liegt wie eine Gitarre auf dem Bein. :P  

Auf einigen YouTube-Videos spielen sie Leute sitzend im Arm, aber ich komme mit ihr auf dem Bein am besten zurecht. Andererseits hat die Im-Arm-Haltung den Vorteil, dass man auf Grund der anderen Handhaltung gerade bei weiten Fingerspreizungen besser zurecht kommt. Da werde noch noch etwas experimentieren, aber ich denke ich bleibe bei der Bein-Methode. Dann muss ich eben für extreme Griffe (aktuell knabber ich noch etwas am \"doppelten A-Powerchord\", gegriffen 2457) den Oberkörper richtig Greifhand beugen, dann geht\'s auch. Sieht nur vielleicht etwas komisch aus. :lol:

Spieltechnik

Zur Spieltechnik kann ich nicht besonders viel sagen, da ich selbst noch hart am experimentieren. Im Prinzip spielt man wie gewohnt, die drei Finger bedienen die drei Flourocarbonsaiten und der Daumen sucht sich eine der fünf bunt umsponnenen Basssaiten aus (die G-Saite zähle ich zu den Basssaiten dazu), was durch die unterschiedliche Farbe sehr erleichtert wird. Es macht auf jeden Fall einen Heidenspaß! :mrgreen:

Soundbeispiele

Falls noch nicht gesehen oder gehört, sind hier noch zwei Soundbeispiele:
Killing Me Softly
Only You

Wenn noch Fragen sind, immer her damit! :)

Vielleicht mag auch einer der Langerringenteilnehmer noch etwas ergänzen?

Harpunistische Grüße,
Linho

ukeman1

Hallo Linho !

Klasse Bericht den Du da geschrieben hast! Super da kann man echt was über diese Harfenuke lernen.......

Gruss Sascha
Musik muss nicht perfekt aber echt sein.....

LokeLani

Interessantes Instrument und du verstehst es auch, damit gut umzugehen.

Ich selber bleibe jedoch lieber meiner Gitarre treu, wenn ich Basssaiten brauche  :mrgreen:

Dieter

ich könnte mich nicht dran gewöhnen, ich finde es etwas \"exotisch\" - aber sie muss ja nicht jedem gefallen, nur dem besitzer :)
Gruss Dieter

faltukulele

Schön geschrieben, Harpunier! (Auch die Neufassung von Only you gefällt mir gut, wenn ich auch natürlich das Haustier vermisse).

Schreibst Du, bitte, noch 2 Zeilen über Vertrieb und Preis dazu (muß ja nicht der Andreas-David-Sonderweg sein).
Und was mich interessiert, sind die übersetzten geraden Tuner - weißt Du zufällig, welche das sind?

Viele Grüße

Christoph

P. S. @ Dieter: Klar, ein Exot bleibt so eine halbe Harfe natürlich immer. Ich tu mich auch extrem schwer bei einer Martin Tenor mit Ohren :mrgreen: .
Aber wer weiß - wenn man so ein Teil im Haus hat, kann man sich vermutlich doch recht schnell dran gewöhnen.

robertschult

Zitat von: LokeLaniIch selber bleibe jedoch lieber meiner Gitarre treu, wenn ich Basssaiten brauche  :mrgreen:

. . . Du sprichst mir aus der Seele !  ;)

Die Harfenukulele bleibt aber natürlich trotzdem ein tolles Instrument, das auffällt und auch im Klangverhalten gut rüberkommt - finde ich zumindest . . .

Gruß Robert

Guchot

Ich stehe auf Exoten :) Hab selbst den einen oder anderen an der Wand hängen. Die Optik ist für mich allerdings gewöhnungsbedürftig und ich persönlich würde auch eher zu ner Gitarre greifen. Trotzdem, ein originelles Instrument :)

-Jens-

Das Gerät ist so extraordinär, daß man es einfach nicht vergleichen sollte. Weder mit normaler high-G Ukulele noch mit Gitarre, es ist ein eigenes Instrument in meinen Augen. Natürlich ein Hingucker!  Klingt auch sehr schön. Und du hast das Teil schon echt gut im Griff. Da wird wohl noch das ein oder andere Stück verfilmt, und da freue ich mich schon drauf!

Jan

Ungewöhnlich ist es in der Tat, aber auch Harp-Gitarren haben ihren festen Liebhaberkreis, sie klingen schon irgendwie genial. Auch Linhos Uke, der volle Klang hat was! Und die Exotin ist in guten Händen, wie man an den Soundbeispielen sehen/hören kann.

Linho

#9
Ungewöhnlich sicher: Gemein gesagt, ist das Ding so hässlich, dass es schon wieder schön ist.  :mrgreen:

Zitat von: faltukuleleSchreibst Du, bitte, noch 2 Zeilen über Vertrieb und Preis dazu
Die Ukulele kostet $1200 Dollar. Der Vertrieb erfolgt direkt aus Asien. Allerdings dürfte mittlerweile kaum noch eine verfügbar sein, mir wurde gesagt, ich hätte eine der letzten.

ZitatUnd was mich interessiert, sind die übersetzten geraden Tuner - weißt Du zufällig, welche das sind?
Auf der Produktseite steht:

Machine Head | Peghed Harp side
                          Grover 9N STA-TITE

Dieter

#10
Zitat von: faltukuleleP. S. @ Dieter: Klar, ein Exot bleibt so eine halbe Harfe natürlich immer. Ich tu mich auch extrem schwer bei einer Martin Tenor mit Ohren :mrgreen: .

naja, die ohren hat die harfe auch noch :) zusätzlich. ausserdem: lieber eine martin mit ohren als keine martin ;)
Gruss Dieter

Floyd Blue

Zitat von: LinhoUngewöhnlich sicher: Gemein gesagt, ist das Ding so hässlich, dass es schon wieder schön ist.  :mrgreen:
...

Auch ein Sichtweise. Als ich sie mal anfassen und in natura betrachten durfte, kam mir das nicht mehr so hässlich vor. Sie fühlt sich jedenfalls gut an und spielt sich gut.

-Jens-

Na so Tunern hab ich gestern auch gesucht. 80-110 Dollar und ein etwas größeres Bohrloch eventuell.

Floyd Blue

#13
Hier noch ein kleines Sound-Beispiel für die Harfenuke: http://www.youtube.com/watch?v=5LzDT9_0rcU

Linho

#14
Beeindruckende Leistung! 8)

Er spielt sie im Arm, was für die Greifhand vorteilhaft ist, bzw. hat meine Bein-Methode einen Nachteil, wie ich gerade noch oben reineditiert habe:


\"Auf einigen YouTube-Videos spielen sie Leute sitzend im Arm, aber ich komme mit ihr auf dem Bein am besten zurecht. Andererseits hat die Im-Arm-Haltung den Vorteil, dass man auf Grund der anderen Handhaltung gerade bei weiten Fingerspreizungen besser zurecht kommt. Da werde noch noch etwas experimentieren, aber ich denke ich bleibe bei der Bein-Methode. Dann muss ich eben für extreme Griffe (aktuell knabber ich noch etwas am \"doppelten A-Powerchord\", gegriffen 2457) den Oberkörper richtig Greifhand beugen, dann geht\'s auch. Sieht nur vielleicht etwas komisch aus. :lol: \"