Mysteriöses Schnarren, magische Bünde

Begonnen von stephanHW, 17. Okt 2012, 22:55:39

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stephanHW



Die schöne KPK stellte ich kürzlich vor. Eine Augenweide und ein Ohrenschmaus nicht weniger.

Nach einiger Zeit fielen mir einige Merkwürdigkeiten beim Klang einzelner Töne auf, ich bekam die Idee, die Bundstäbchen mal abrichten zu lassen.
Also flugs zum Gitarrenbauer meines Vertrauens, seine Diagnose lautete jedoch Knick im Hals.
Spontan war auch er vom Instrument begeistert, fand es klanglich überzeugend und ansonsten schön gearbeitet.
Nach kurzer Kostenaufstellung entschied ich mich für die Instandsetzung der Ukulele.
Also Bünde raus, Hals abrichten und Neubundierung. Wir wählten einen für Ukulelen etwas kräftigeren Bunddraht.

Nach einer sonnigen Woche an der Ostsee konnte ich die Ukulele abholen und neben allen positiven Überraschungen, auf die ich später eingehen werde, fiel mir dann ein feines Schnarren der C-Saite und E-Saite auf.
Das Nebengeräusch war sowohl bei leer gespielter Saite als auch bis zum 5. Bund zu hören.
Gemeinhin sagt man in solchen Fällen, wenn es so schnarrt, sind es die Bünde.
Abgesehen von der Tatsache, das Bünde eigentlich nicht schnarren können - die Ukulele wurde doch soeben frisch bundiert, und das von einem, der sein Handwerk versteht.

Bei der zunächst telefonischen Fehlersuche beschrieb der Gitarrenbauer auch die Möglichkeit, das die Saiten, die zur Sanierung gelöst werden mussten, nicht mehr 100%ig in ihrer ursprünglichen Position sein könnten. Die kleinen Vertiefungen, die sich an der Unterseite der Saite durch den Druck auf die Bundstäbchen bilden, könnten diese Schnarrgeräusche bei flacher Saitenlage hervorrufen.
Diese Erklärung schien mir die mystischste aller aufgezählten Möglichkeiten und ich maß ihr keine große Bedeutung bei.
Heute war Revision, der Hals ist weiterhin schnurgerade, die Bünde sind immer noch da, wo sie waren und sein sollten, ein Sattelschlitz wurde minimalst aufgefüllt, geringe Besserung.

Und die Saite gewechselt - Schnarren weg!

Etwas sprachlos bin ich immer noch.

Nun zur Bundierung.
Das Entfernen der Bünde war die geringste Herausforderung, die saßen alles andere als fest. Das ist nicht untypisch für Ukulelen und sonstige Saiteninstrumente aus Fernost.
Das erste Anspielen nach der Neubundierung vermittelte den Eindruck, das die Ukulele `geschlossen´ klang, Höhen und etwas Lautstärke eingebüßt hatte. Eindrucksvoll war jedoch die gute und gleichmäßige Abbildung aller Töne fast über das ganze Griffbrett.

Schon nach wenigen Stunden waren Lautstärke und Höhen wieder in aller Schönheit da, aber im Klangspektrum haben sich jetzt kräftigere Mitten dazugesellt, sie klingt ausgewogener und transparenter denn je.
Auch ein ursprünglich dezent schwingungsarmer Bereich auf den ersten beiden Bünden der A-Saite ist verschwunden.
Die phänomenale Bespielbarkeit sollte man natürlich der Vollständigkeit halber auch erwähnen.

Ich habe mal wieder viel gelernt. Mir war nicht bewusst, welch starken Einfluss eine gute Bundierung auch auf das Klangbild, die tonale Qualität eines Instrumentes haben kann, wenn sie richtig und mit Erfahrung ausgeführt wird.

Die Kosten?
Die Ukulele hat mich nun insgesamt 350.- Euro gekostet. Das ist sie für mich auf jeden Fall wert, es ist ein tolles Instrument.

Das war sie gemessen am Preis übrigens auch vor dem Gang zum Gitarrenbauer.

Mich interessiert wie sie klingt, wie sie sich anfühlt und aussieht.
Auch für den jetzigen Preis würde ich vermutlich nicht viele Alternativen finden.

Nein, ich muss ein neues Instrument eigentlich nicht zur Reparatur geben müssen.
Aber was verbaue ich mir, wenn ich die Möglichkeit kategorisch ausschließe? Es ist doch phänomenal, was mit einigen handwerklich korrekten Maßnahmen erreicht werden kann.
Ich würde es auch sehr schätzen, wenn den Instrumenten schon bei der Entstehung die entsprechend hohe Sorgfalt geschenkt würde, verstehe aber, das das seinen Preis hat.

Zur Beruhigung, es waren auch schon richtig teure Hawaiianer auf dem OP-Tisch des Gitarren-Doc.
Ich hätte auch kein Problem, einem ordentlich bezahlten Chinesen mehr von meinem Geld zu geben, so er denn eine schöne Arbeit leistet.

Kai

Toller Bericht, Stephan. Und Glückwunsch zur neuen, alten Ukulele!

Wegen teurer Hawaiianer: Ich hab\' mich erst vor wenigen Tagen entschieden, meine Kanile\'a zwar nicht zur Reparatur in dem Sinne, aber zur Optimierung der Saitenlage an einen Fachmann zu senden. Das mache ich ansonsten schonmal selbst, aber in diesem Fall traute ich mich irgendwie nicht. Ich kann es kaum erwarten, dass sie zurückkommt (heute oder morgen) :)

Guchot

Ein schöner Bericht :) Immer wieder spannend zu hören was ein Fachmann aus vielen Instrumenten noch heraus holen kann. Ich habe zum Glück auch einen Gitarrenbauer der preislich äußerst günstig ist, dehalb bringe ich viele Sachena uch direkt dahin, anstelle mich selbst damit rum zu ärgern und möglicherweise zu verschlimmbessern.

Knasterbax

#3
Guten Morgen, Stephan,
Danke für deine detaillierte Schilderung! Ich habe natürlich besonders aufmerksam gelesen, weil ich ja inzwischen ein KPK-Geschwisterchen habe.

Mich würde noch interessieren: was genau waren die \"Merkwürdigkeiten beim Klang einzelner Töne\"?
Und wie bist Du auf die Idee gekommen, neue Bünde könnten da Abhilfe schaffen?

Unklar ist mir auch noch, was genau die Neubundierung denn nun eigentlich verändert. Wie kann sich durch andere Bünde das Klangspektrum erweitern? Wie kommt es zu mehr Ausgewogenheit und Transparenz?

Bei meiner KPK schwingt das F, wenn ich es auf der C-Saite greife, nicht gut -> dead spot  :(
Spannenderweise klingt das F, auf der E-Saite gegriffen, aber deutlich besser!
Dieses Phänomen hatte ich mit Toten Tönen bislang noch nicht; wenn die Resonanz bei einem Ton gering war, dann war das überall auf dem Griffbrett und auch über mehrere Oktaven so.
Rätselhaft...
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

FriendlyFred

#4
Ich war vor Jahren auch mal beim guitardoc und habe eine E-Gitarre bearbeiten lassen. Das Ergebnis war nicht so überzeugend, das Instrument wurde dann an anderer Stelle nochmal in Schuss gebracht.
Meine Empfehlung für Arbeiten an Ukulele oder anderen Saiteninstrumenten in Berlin:

http://www.guitarnotdienst.de/

stephanHW

#5
@Matthias - Da die Saitenschwingung über die Bünde übertragen werden scheinen sie einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Klang zu haben. Wie präzise sind die Schlitze gesägt, das das entsprechende Bundstäbchen guten Halt im Griffbrett hat etc.
Ich kann mir das recht gut vorstellen, unterschiedliche Griffbrettmaterialien selber sind ja auch für unterschiedliche Klangcharakteristika verantwortlich (z.B. die Strat mit Ahorn - oder Palisandergriffbrett.
Wie sich das mit den dead spots verhält, vermag ich auch nicht zu beantworten.

@Friendly Fred - Jeder macht so seine Erfahrungen. Meine persönliche Erfahrung ist eher positiv. Das beinhaltet über die Jahre zwei Neubundierungen (70er Framus und  70er Fender Tele), zwei LUK - Bässe, eine optimal eingestellte Epiphone Westerngitarre, einen kürzlich sehr gut eingestellten Kirkland-Bass und nun die kleine KPK. Hinzu kommen diverse andere Instrumente befreundeter Musiker, die durch seine Hände gingen.

Glücklicherweise mangelt es in Berlin nicht an guten Instrumentenbauern.

Linho

Zitat von: KaiWegen teurer Hawaiianer: Ich hab\' mich erst vor wenigen Tagen entschieden, meine Kanile\'a zwar nicht zur Reparatur in dem Sinne, aber zur Optimierung der Saitenlage an einen Fachmann zu senden. Das mache ich ansonsten schonmal selbst, aber in diesem Fall traute ich mich irgendwie nicht. Ich kann es kaum erwarten, dass sie zurückkommt (heute oder morgen) :)
Hi Kai,

magst du dazu noch ein paar takte schreiben? Würde mich noch etwas ausführlicher interessieren! :)