Bugle - Belly reloaded

[Bugle]

Söderle,
was macht der geneigte Ukulelenbauer wenn er ein schönes, haptisch angenehmes und qualitativ wertiges Instrument gebaut hat? Richtig, er freut sich.
Was aber wenn dieses gerade beschriebene Instrument nicht so klingt wie er es sich wünscht? Auch richtig, die Freude ist bedeutend verhaltener. Diese leicht gehemmte Beziehung zu Belly hatte ich und war nicht länger gewillt mich emotional weiterhin der Frage auszusetzen - hättest du nicht besser dies oder das anders gemacht.

Nach einigen Gesprächen in Winterswijk mit Claus Mohri über Bebalkung, Stegdimensionierung und Schalllochgröße kam ich ins Grübeln. Nachdem dann meine Lieblingsklangjurorin Uhu auch nur freundlich meinte "...ja ganz nett..." (oder so ähnlich), erkannte ich den dringenden Handlungsbedarf. Nett ist die kleine Schwester von Schei... und sowas kommt mir nicht ins Haus! Somit war klar das Belly einer Totaloperation unterzogen werden würde.

An der Stegdimensionierung wollte ich nichts ändern; der paßt m.E. so wunderbar zum restlichen Design, das er bleiben mußte. Um die anderen Schallverantwortlichen bearbeiten zu können amputierte ich (mit etwas mehr als sanfter Gewalt) den Boden und eliminierte fast sämtliche Innereien der Ukulele. Nach einigen, schleiftechnischen Aufhübschungen entschied ich mich dann für eine sehr filigrane Bebalkung der Decke. Die Bälkchen sind ca. 4.5-5mm breit an der höchsten Stelle 7mm dick und laufen an den Enden bis auf 3.5mm aus. Um am hinteren Teil dem Seitenzug noch etwas entgegenzusetzen, habe ich ein Querbälkchen (ebenfalls recht filigran) hinter der Unterstegplatte aufgeleimt.
Aus fünf recht stattlichen Balken wurden drei schlanke und leichtgewichtige Bälkchenchenchen und eine neue verbesserte Unterstegplatte - wenn das nicht besser klingt, weiß ich auch nicht weiter. Zu guter letzt habe ich das Schallloch um ca. 25% erweitert. Nächste Woche kommt der neue Boden drauf und dann zeigt sich wo der Frosch die Locken hat. Nachfolgend schonmal die Fotos der Innenansichten - Fotos vom zerstörerischen Akt der Bodenamputation erspare ich euch. Und um der Frage vorzugreifen - ja, die Bleistiftstriche mache ich noch weg, denn das sieht wirklich kacke aus  .

Fräser im Einsatz:

Neue Bracings - Totale:

Eine kleine Brücke...:

[Uhu]

Eine Operation am offenen Ukulelenherz - danke für die Gelegenheit, per Foto direkt mitzuerleben, wie aus der "ganz nett" klingenden Belly eine Diva wird, die alle Tonhöhen und Klangfarben souverän beherrscht.

Ich hatte tatsächlich mit etwas deutlicheren Worten herumgemäkelt: Im Vergleich zu den anderen Ukulelen aus dem Hause Bugle hatte ich den Eindruck, dass ich mich mehr als sonst anstrengen musste, um Belly zum Klingen zu bringen. Ok, das ist Mäkelei auf hohem Niveau, aber ich vermeide gern unnötige Anstrengungen und deshalb war ich mir sicher: Belly und ich, wir passen nicht zueinander. Dass aufgrund der Diskusssion mit Claus Mohri und meiner Worte Belly nun unters Messer muss, ist schade, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das Ergebnis lohnt.

[gerald]

Ich hatte ja auch ein paar Kommentare zu Belly gegeben, bin aber nach diesen
Bildern froh, dass Du klarstellst, dass ausschließlich Uhu an diesen drastischen
Maßnahmen Schuld ist 

Meiner Meinung nach ist Belly optisch sehr gut gelungen, klanglich fand ich
aber alle anderen Ukulelen von Dir, die ich bislang gehört habe, deutlich besser.
Daher hoffe ich, dass Du bei allen Maßnahmen zur Klangverbesserung die
Optik erhalten kannst.
Auch das Schallloch in der Position fand ich optisch sehr gelungen. Wobei eine
Vergrößerung des Schalllochs neben der Klangveränderung vielleicht sogar
die Handhabung beim Saitenwechsel vereinfacht.

Konntest Du den Boden bei der Entfernung denn erhalten? Soweit ich mitbekommen
habe, war es ja der erste Boden von Dir mit einer Wölbung...

[Bugle]

Na, Schuld ist an dieser drastischen Maßnahme niemand außer mir aber ich fand es einfach wichtig hier noch mal Hand anzulegen, um diesem schönen Instrument zum passenden Klang zu verhelfen; andererseits hat es mich einfach vom handwerklichen Gesichtspunkt gereizt, zu schauen ob ich es hinbekomme, ohne das man es der Ukulele später ansieht.
Dazu gehört auch dem neuen Boden wieder ein Bäuchlein zu geben und den, momentan misshandelten, Zargenkranz auch wieder in die passende Form zu schleifen. Das sind alles Dinge die am fertigen Instrument etwas komplexer sind als am "Rohling".

[Bugle]

Die Operation ist beendet - Patient hat überlebt und atmet . Rein optisch betrachtet kann man diese Evolutionsstufe nur an 2mm weniger Korpushöhe, einer neuen Halsfußabdeckung und am größeren Schallloch erkennen. Klanglich betrachtet reden wir allerdings von Welten. Die Deckenbälkchen habe ich auf anraten von Claus noch bedeutend filigraner ausgearbeitet und das Stegfutter auf ca. 1mm abgefräst. Es ist mir sogar gelungen den Belly-Bauch noch ein bisschen ausgeprägter als im Originalzustand hinzubekommen und ich muss sagen, der Aufwand hat sich gelohnt.

Sie ist lauter geworden, sie spricht direkter und schneller an und hat jetzt einen wirklich guten Sound. Niemand muss sich mehr anstrengen um ihr Töne zu entlocken .

Was habe ich gelernt? Weniger ist oft mehr und viel hilft nicht immer viel. Hätte ich die Möglichkeit gehabt (mit vertretbarem Aufwand), hätte ich noch den Steg abgenommen, 5-7mm je Seite verschmälert und in der Dicke reduziert, um die auf der Decke lastende Masse zu reduzieren und somit das Schwingungsverhalten weiter zu optimieren. Beim nächsten Mal; Belly war sowieso ein Prototyp für ein Instrument was ich im Auftrag bauen soll und somit habe ich mir zwar viel Arbeit eingehandelt aber schlussendlich Stress vermieden. Alles gut!

[stephanHW]

Sehr spannende Geschichte.
Auch wenn ich selber nicht baue, verfolge ich die Beiträge mit großer Begeisterung.
Im Zusammenhang mit speziell diesem Thema finde ich das Video von Pepe Romero Jr. im Gespräch mit James Hill immer wieder erleuchtend.
Im Verlauf wird Pepe Romero Jr. konkret auf die Unterschiede im Gitarren- und Ukulelenbau angesprochen:
https://www.youtube.com/watch?v=LXjWH5CT2v8

Viel Freude mit Belly, ist immer wieder schön, deine tollen Kreationen zu sehen.