Ukulele aus Fichtenkiste

Begonnen von Mel Li, 29. Okt 2019, 16:36:00

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Mel Li

Hallo Ihr lieben Bastler,

ich habe letztes Jahr für meinen Bruder zum Geburtstag eine Ukulele aus einer Sperrholz Teekiste gebaut, die eher als "Spielzeug" und Blues-Survivalkit gedacht war, da im Bauch Fächer für Whiskey, Gläser und Zigarren angebracht waren. Erstaunlicherweise klingt sie ziemlich gut und kann tatsächlich gespielt werden.

Jetzt möchte ich für mich auch eine Ukulele aus einer Kiste bauen, die aber ein richtiges Instrument werden soll, mit Tonabnehmer etc.

Als Korpus soll eine Massivholzkiste aus skandinavischer Fichte dienen. Der Boden der Kiste, in dem Fall die Decke, ist leider nicht aus Massivholz sondern Leimholz, weshalb sie, durch ein gesägtes Starkfurnier, aus amerikanischem Nussbaum, ersetzt wird. Da ich das gewünschte Massivholz einfach nicht finde.

[]

Die Maße der Kiste sind:

17 cm breit x 24 cm lang x 5 cm

Die Seiten/Zargen sind 10 mm dick (lassen sich aber noch ein paar mm abschleifen), der Boden 3 mm und die Decke 2,4 mm. Der Hals ist aus Ahorn und das Griffbrett, mit Konzertmansur, aus Palisander.

Nun ein paar Fragen an die Erfahrenen unter euch:

1. Kann man aus dieser Kiste eine Ukulele bauen?

2. Habt ihr Ideen oder Links, zum Thema Beleistung / Bracing? Welches Muster, aus welchem Material?

3. Schalllöcher: Ich tendiere zu zwei kleinen, anstatt eines großen. Ist das sinnvoll?

4. Färben: Die Kiste und der Hals sollen dunkler werden und so hab ich gedacht ich könnte sie gleich mit Öl-Wachs färben oder doch lieber beizen und anschließend versiegeln?

Vielen Dank schon Mal!

Liebe Grüße

Melli
"Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit." H. W. Longfellow

Bugle

Hallo Mel Li,
ich will mal versuchen deine Fragen zu beantworten.

Zu 1.: Ja.
Zu 2.: Bracing ist direkt abhängig von Größe und Position des/der Schalllochs/löcher. Als Material würde ich immer Fichtenleisten mit stehenden, engen Jahresringen nehmen,
          die sind schön leicht und stabil. Leicht sollten sie sein damit die Decke immer noch schön schwingen kann.
Zu 3.: Finde ich persönlich prima und wenn du die dann relativ weit nach oben in die Ecken verschiebst, hast du direkt mehr schwingenden Deckenanteil als bei einer konservativen   
          Schalllochanordnung in der Mitte des Instrumentes. Was dem Klang zu Gute kommt.
Zu 4.: Mit Ölwachs habe ich keine Erfahrung. Gebeizt und lackiert habe ich dahingegen schon ein paar mal und es hat immer sehr gut funktioniert (war auch recht hübsch).

Die Kiste ist mit 10mm Wandstärke vielleicht ein wenig kräftig dimensioniert aber es gibt beim Klang wichtigere Einflußgrößen als die Zargendicke. Wie du schon schriebst - zur Not abschleifen.

Viel Erfolg bei dem Projekt und wenn Fragen auftauchen - einfach fragen ;-).

Jos

Zu 2.: Bracing. Dieses Thema interessiert mich auch. Wenn man das googelt und die vielen Bilder sieht, die da angeboten werden mit den unterschiedlichsten Systemen, könnte man glauben, dass das wild durcheinander geht und kein ersichtlicher Grund vorhanden ist für die Anordnung der Leisten. Aber dennoch scheint die Verleistung nicht nur der Stabilität der Decke zu dienen, sondern auch einen Einfluss auf den Klang zu haben. Die Anordnung der Leisten sieht manchmal so kompliziert aus, dass ich mich frage, ob das denn so sein muss. Sicher gibt es auch eine einfachere Lösung, die dem Klang gerecht wird. Die suche ich gerade. Hier gibt es interessante Erklärungen: https://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/bracing-von-akustikgitarren.html#Warum%20braucht%20die%20Gitarrendecke%20Verst%C3%A4rkung?

Andreas Fischer

Die Frage die ich mir stelle ist; braucht es überhaupt eine Beleistung?
Bei Zigarrenkistren, Teekisten, etc -Gitarren, -Ukulelen, usw werden ja meist keine Leisten eingebracht.

Die Fragen ob, wann, wo und wie Leisten sein müssen interessieren mich auch sehr.
Andreas Fischer
"Niveau ist keine Creme"

Jos

Ob Leisten sein müssen ?
Wenn die Decke dünn ist, was dem Klang zugute kommt, braucht es Leisten zur Stabiltät, damit der Saitendruck ausgehalten wird. Ist die Decke so dick, dass es für den Saitendruck keine Leisten braucht, klingt sie nicht, weil sie nicht gut schwingt. Das ist mein jetziger Kenntnisstand. Aber ich lasse mich gerne weiter aufklären.

Bugle

Zitat von: Jos am 31. Okt 2019, 17:32:21
Ob Leisten sein müssen ?
Wenn die Decke dünn ist, was dem Klang zugute kommt, braucht es Leisten zur Stabiltät, damit der Saitendruck ausgehalten wird. Ist die Decke so dick, dass es für den Saitendruck keine Leisten braucht, klingt sie nicht, weil sie nicht gut schwingt. Das ist mein jetziger Kenntnisstand. Aber ich lasse mich gerne weiter aufklären.

Ich hätte es nicht anders formuieren wollen. Bis jetzt hatten alle meine CBU's eine angepaßte Beleistung der Decke (und auch eine modifizierte, dünne Decke) und der Aufwand hat sich jedesmal wirklich gelohnt.

Andreas Fischer

#6
Zitat von: Jos am 31. Okt 2019, 17:32:21
... Wenn die Decke dünn ist
...  Ist die Decke so dick ...
:-) Schon klar!
Aber da käme nun die Frage auf "was ist dünn und was ist dick?"  ???

Zitat von: Bugle am 31. Okt 2019, 23:41:16
Bis jetzt hatten alle meine CBU's eine angepaßte Beleistung der Decke (und auch eine modifizierte, dünne Decke) und der Aufwand hat sich jedesmal wirklich gelohnt.
Super.
Ich habe da leider keine Vergleichsmöglichkeiten ich kenne nur diverse CBG die alle keine Leisten haben/brauchen und trotzdem super klingen.

Ich baue jetzt einfach mal ohne Leisten weiter bis eine zusammenbricht und denke dann darüber nach ;-)
Andreas Fischer
"Niveau ist keine Creme"

Bugle

Nachfolgend meine persönliche Betrachtung von dünnen und dicken Ukulelendecken.

1,8 - 2mm = dünn
2,1 - 2,4mm = normal bis leicht "pummelig"
2,5 - 3mm = dick
größer 3mm = zu dick

Andreas Fischer

Cool damit kann ich was anfangen. Danke! :)
Andreas Fischer
"Niveau ist keine Creme"

Bugle


Mel Li

Vielen, lieben Dank für Eure Antworten. Gestern sind endlich die Furniere gekommen (viel zuviel, aber da kann man bestimmt noch was draus machen). Sie sind 2,4 mm dick, was aber noch auf 2 mm runter geschliffen wird. Nachdem ich sie in der Hand hatte, bin ich davon überzeugt, dass die Decke unbedingt leisten braucht, alleine schon um in Form zu bleiben.

@Jos: Danke für den Link! Werde mich gleich an die Lektüre machen!

@Bugle: Herzlichen Dank für Deine ausführlichen Antworten! Dann werde ich die Gute Beizen, da hab ich dann auch mehr Möglichkeiten Hals und Korpus in verschiedenen Farben zu haben. Welchen Lack verwendest Du? Ich habe in irgendeinem englischsprachigen Video gehört, dass sich Lack, der für Gewehre benutzt wird, besonders gut für Instrumente eignen soll...

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Melli
"Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit." H. W. Longfellow

Bugle

Zitat von: Mel Li am 02. Nov 2019, 09:21:50
...
@Bugle: Herzlichen Dank für Deine ausführlichen Antworten! Dann werde ich die Gute Beizen, da hab ich dann auch mehr Möglichkeiten Hals und Korpus in verschiedenen Farben zu haben. Welchen Lack verwendest Du? Ich habe in irgendeinem englischsprachigen Video gehört, dass sich Lack, der für Gewehre benutzt wird, besonders gut für Instrumente eignen soll...
...

Ich verwende einen Seidenmatten Klarlack von Würth.
Den hier: https://eshop.wuerth.de/Produktkategorien/Klarlack/14013006110501.cyid/1401.cgid/de/DE/EUR/

Dada

Von Worth? :-)

Bei Würth ist glaube ich das Problem, dass nur Handwerker da bestellen oder in den Geschaäften einkaufen dürfen (Gewerbeschein?). Da kann man nicht wie im Baumarkt einfach reinspazieren. Oder gibts den auch woanders?
( o ) == ::

Jos

@ Bugle: Vielen Dank für die Infos, damit kann man jetzt konkret was anfangen.

Was mich noch interessiert, ist die Anordnung der Leisten. Beim Boden ist es wohl einfach, Leisten quer über die kurze Distanz. Anders ist es aber anscheinend bei der Decke. Da habe ich in Bildern und Videos schon geheimnisvolle Verleistungen gesehen. Nicht nur quer, sondern auch längs über die lange Distanz (eigentlich ein Widerspruch in der Statik – im Hausbau werden Decken immer über die kürzere Distanz gespannt) und da zum Teil fächerartig in Richtung Schallloch, oder diagonal. Ob dadurch der Schall in die richtige Richtung gelenkt werden soll? Kann natürlich auch sein, dass jeder Gitarren/Ukulelenbauer seine Geheimnisse hat und die nicht preisgeben will.

Bugle

Zitat von: Jos am 03. Nov 2019, 22:45:14
...
Was mich noch interessiert, ist die Anordnung der Leisten. Beim Boden ist es wohl einfach, Leisten quer über die kurze Distanz. Anders ist es aber anscheinend bei der Decke. Da habe ich in Bildern und Videos schon geheimnisvolle Verleistungen gesehen. Nicht nur quer, sondern auch längs über die lange Distanz (eigentlich ein Widerspruch in der Statik – im Hausbau werden Decken immer über die kürzere Distanz gespannt) und da zum Teil fächerartig in Richtung Schallloch, oder diagonal. Ob dadurch der Schall in die richtige Richtung gelenkt werden soll? Kann natürlich auch sein, dass jeder Gitarren/Ukulelenbauer seine Geheimnisse hat und die nicht preisgeben will.

Also, das Thema Beleistung ist schon ein wenig komplexer als die Stabilisierung von Decken beim Hausbau. Häuserdecken sollen möglichst biegesteif und starr sein; Ukulelendecken sollen leicht, stabil, möglichst verformungsarm und schön schwingfähig sein um einen maximal perfekten Klang zu erzeugen.

Vor diesem Hintergrund gibt es unzählig viele Varianten von tollen Beleistungsmustern und ebensoviele völlig schwachsinnige Versionen 8). Die Querbeleistung vor und hinter dem Schallloch dient in der Regel dazu die, durch die Saiten eingeleiteten, Zugkräfte, um die Schwachstelle Schallloch herum, in die Zargen einzuleiten. Die Längsbalken beugen einer Verformung der Decke in Zugrichtung vor, stützen zusammen mit der Unterstegplatte den Steg und werden im Englischen auch als Tonebars bezeichnet. Das wiederum verdeutlicht, dass diese ebenso für die Klangerzeugung von hoher Wichtigkeit sind. Form, Größe, Dicke, Material und Anordnung - alles fließt ins System ein und beeinflußt schlussendlich den Klang.
Je leichter der ganze Klumpatsch ist, desto besser schwingt das System, ist aber auch anfälliger gegen Verformung und Bruch. Je schwerer, desto weniger empfindlich gegen Verformung und Bruch aber der Klang nimmt schwer ab.

Natürlich hat jeder Instrumentenbauer seine Geheimnisse, dass macht schließlich die Unterschiede zwischen einer Brüko und einer Bugle (z.B.) aus. Manchmal wird aber um Manches auch mehr Bohei gemacht, als sinnhafterweise erforderlich wäre. Nichtsdestotrotz verrat ich meine magischen Zutaten und Maße allerdings auch nicht en Detail  ;D 8) ;).

Um bei dem hier im Ausgangspost besprochenen Instrument die Decke zu beleisten, würde ich folgende Variante wählen (leider kein Foto vorhanden).
1. Schalllöcher relativ weit oben (halsseitig) rechts und links anordnen.
2. 1x Querbalken ca. 5mm von der Unterkante der Schalllöcher entfernt. Aufgrund der Anordnung an der vorderen Kistenkante, kann auf ein zusätzliches Bälkchen vor dem Schallloch verzichtet werden.
3. 3x Längsbalken so anordnen das diese den Steg schön abstützen aber im Falle einer Stringthrough Bridge auch nicht durchbohrt werden. Die Dicke der Längsbalken beginnend nach ca.
    2-3cm nach hinten keilförmig verjüngen
4. Unterstegplatte nicht vergessen (1,5mm Dicke reicht aus)
5. Ca. Maße der Balken (BxH): Querbalken 6x8mm; Längsbalken 5x7mm

Viel Spaß beim Basteln!