Lassen Stücke von Lead Belly auf der Ukulele spielen?

Begonnen von Floyd Blue, 05. Sep 2020, 11:34:56

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Floyd Blue

Lassen sich Stücke von Lead Belly auf der Ukulele spielen?

Ich denke ja, allerdings wären ein paar Fragen zu klären, damit es auch einigermaßen authentisch klingt.

Hat schon mal jemand damit Erfahrungen gesammelt?

Als Instrument könnte ich mir eine 8-saitige Taropatch-Ukulele vorstellen.

Welche Stimmung wäre geeignet? Evtl. A-D-F#-B, Low A und eine Oktave tiefer?

Lead Belly hatte seine 12-saitige Stella-Gitarre sehr tief gestimmt. In einigen Blues-Foren werde diese Stimmungen diskutiert. Oft werden B-E-A-D-F#-B oder C-F-Bb-Eb-G-C, natürlich jeweils oktavierte oder gedoppelte Saitenpaare bzw. Chöre, als Stimmung genannt.

Bitte diskutiert mit, falls es Interesse gibt.

Uhu

Meine Meinung: Jein. Ich habe mir ,,Take this Hammer" und ,,Alberta" angehört. Das zweite Stück klingt ohne den markanten Bass unvollständig, da passt die Ukulele nicht recht. Oder jemand spielt Bass dazu. Das erste Stück in E-Dur kann ich mir gut vorstellen, sofern der Gesang überzeugend rüberkommt.

Prinzipiell bin ich der Meinung, dass abweichende Stimmungen nicht unbedingt übernommen werden müssen, denn dadurch, dass ich mir ein Stück aneigne, unterliegt es bereits einer Art Modernisierung. Ich bin kein Fan davon, ein Stück so genau wie möglich dem Original anzupassen, sondern neige dazu, es zu bearbeiten und nach Belieben zu verändern. Gilt auch für Barockes usw., das würde ich so ähnlich auch im Saiten-Kalibrieren-Strang schreiben.

Natürlich freut es mich, wenn sich jemand so genau wie möglich dem historischen Original annähert, das hat einen ganz eigenen Reiz.

Ansonsten: Taropatch ja, die Stimmung wäre mir egal.

Ich hoffe, mein Jein hilft dir weiter. Schönes Projekt!

Floyd Blue

Danke für Deine ausführliche Antwort Uhu!

Mit Authentizität meinte ich auch nicht, wie das Original klingen, sondern eher, dass es originell und echt klingt, eben nicht wie nachgemacht. Lead Belly selbst hat ja auch sehr, sehr viel gecovert und den Liedern seinen eigenen Stil gegeben, sozusagen seine eigenen Versionen daraus gemacht.

Ich bin im wesentlichen Deiner Meinung bezüglich der Interpretation von Liedern.

Ob ich das zu einem Projekt machen will, weiß ich noch nicht. Experimentieren will ich auf jeden Fall und vielleicht kommt dabei ja auch die eine oder andere Aufnahme zustande.

Es würde mich freuen, wenn ich auch andere motivieren könnte, in dieser Richtung etwas auszuprobieren.

allesUkeoderwas

Ich hatte mich mal mit meinem Recording King und low D G H E (Gitarrenstimmung) mit Worth Brown an Lead Belly herangetastet. Klang nach meinem Empfinden sehr authentisch. Zur tiefen Stimmung gesellt sich bei Lead Belly noch so ein metallischer Klang, der sich durch die Blechreso gut erzeugen läßt. Weiß der Teufel, warum sich die alten Songs so interessant, blechern anhören. Klingt ja eher nach Reso, als nach 12 Saitiger Gitarre.
Ukulelen: Nur Schrott

Bebopalula

Interessante Frage @FloydBlue. :)
Ich würde sagen: Ja klar. Auf ner Uke kann man alles  ;D  spielen. Klassik, Rock, Blues, Country. Und wenn man´s nicht "Original" klingen lassen will, sondern in eigener Interpretation, dann ist auch Leadbelly kein Problem, weil er ja auch für ganz verschiedene Genres wie Blues, Ballade, Gospel etc. steht. Wie jemand den Bass reinkriegt, muss dann jeder selbst sehen. :-[
Wir hatten mal bei Straßenmusik einen Song von ihm genommen: Pick a Bale of Cotton. Hat uns jedenfalls viel Spaß gemacht. :)
https://www.youtube.com/watch?v=0RUvlCRT27g
___________________________________________
https://www.youtube.com/user/BebopalulaUke/videos

jazzjaponique


jazzjaponique

#6

:-\


Floyd Blue

Vielen Dank für Eure Anregungen!

@allesUkeoderwas: Vielleicht hängt der "blecherne" Klang u. a. mit der damals noch nicht so weit entwickelten Aufnahmetechnik zusammen. Um authentisch zu sein, muss es aber nicht unbedingt blechern klingen.

@Bebopalula: Klar kann man alles auf einer Ukulele spielen. Ob da aber Sinn macht, ist eine andere Frage. Bass in eine Aufnahem zu bekommen, sollte für mich kein großes Problem sein. Bin selbst Bassist. Für Auftritte kenne ich mindestens drei Bassisten. Einer von denen hat bestimmt Zeit. Allerdings muss auch nicht immer ein Bass dabei sein.

@jazzjaponique: Schön mal wieder etwas von Dir zu hören! Deine Smileys verwirren mich ein wenig. Fis-B-DIS-Gis sind mir zu viele ###. Ich habe es eher mit den bbb. Das macht wohl der Einfluss der Boogie-Woogie-Pianisten, mit denen ich ab und zu mal spielen darf. Ich würde also lieber Ges-Ces-Es-As versuchen.  :P

Knasterbax

#9
Ich bin ein großer Leadbelly-Verehrer. Bring A Little Water, Sylvie haben wir seit einiger Zeit im Duo-Programm, allerdings eher der Zweistimmigkeit wegen, die Begleitung spielt ja da keine große Rolle.

Meine anderen Leadbelly-Lieblingsstücke: Easy Rider und Good Morning Blues. An beiden habe ich mich In Vor-Ukulelenzeiten schon auf der Gitarre versucht und jetzt auch mal auf der Uke, aber es will nicht so richtig was werden. Um  LB-würdig zu klingen, braucht es die Intensität im Gesang, und diesen walking bass. Letzteren habe ich nie so hingekriegt auf meinen Instrumenten. Vielleicht würde das mit Bariton-Ukulele was werden, in linearer Stimmung?

BTW: Sehr empfehlenswert übrigens die Leadbelly-Platte von Eric Bibb und JJ Milteau.
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

Floyd Blue

@Knasterbac: Danke für den Tip mit der Leadbelly-Platte von Eric Bibb und JJ Milteau. Sehr schöne Neuinterpretationen von LB-Songs! Tom Jones hat übrigens auch mal ein paar Lead Belly-Stücke aufgenommen. Er kommt aber m. E. nicht an Eric Bibb und JJ Milteau heran.

Die Intensität von Lead Bellys Stimme lässt sich schwer nachahmen. Allerdings zeigen mir die Interpretationen anderer, dass man die Lieder trotzdem in einer eigenen Art sehr gut wirken lassen kann. Ich denke da immer wieder an Gallows Pole von Led Zeppelin, aber nicht an Ram Jams Black Betty.

Ich habe jetzt mal meine 12-saitige Gitarre auf  C-F-Bb-Eb-G-C herunter gestimmt. Soundmäßig kommt das schon ganz gut hin. Mit der Ukulele bin ich noch nicht ganz so weit. Mir fehlt auch irgendwie eine mehrchörige. Mal schauen, ob ich vielleicht mit umgestimmter Mandoline weiterkomme.

gerald

Die Frage finde ich interessant.

Letztlich ist bei einer solchen Übertragung von Musik auf die Ukulele immer
das Entscheidende das, was Uhu mit "sich aneignen" meint.

D.h. einerseits die Frage, wie ähnlich oder in welcher Weise nachempfunden
muss das Ergebnis sein? Womit sind die Leute, die das machen zufrieden?
Da gibt es eben individuell ganz unterschiedliche Ansprüche.

Andererseits, was ist der Kern des Lieds und wie soll sich dem genähert werden.
Und das gleichermaßen im musikalischen wie im inhaltlichen Sinn.

Inhaltlich ist es schon sehr schwierig bzw. unmöglich als weißer, freier,
sesshafter Europäer im Jahr 2020 sich Leasbelly, der mehr als 100 Jahre
vorher die Probleme der schwarzen Wanderarbeiter in den USA verarbeitet
hat, zu nähern.

Nach den bisherigen Ausführungen geht es Dir ja sehr um musikalische
Gestaltung. Wir kennen uns, daher traue ich Dir da sehr viel zu, aber...

Da ist zum einen die markante Stimme. Das wird schwierig, sich dem zu nähern.

Zum Einsatz der Ukulele und den Experimenten mit den Stimmungen muss ich
sagen, dass ich da sehr skeptisch bin.
Als erstes ist das Problem mit dem Bass und da finde ich, dass es schon einen
sehr deutlichen Unterschied macht, ob ein zusätzlicher Bassist das spielt.

Das zweite sind die Saiten. Insbesondere wenn Du schreibst, dass Du bei Experimenten
mit einer tiefer gestimmten zwölfsaitigen Gitarre das Gefühl hast, auf einem guten
Weg zu sein.
Ich glaube, dass da die Stahlsaiten viel ausmachen.

Man kann sich hier ja auch einmal die Frage stellen, warum Leadbelly die Gitarre
so tief gestimmt hat.

  • aus rein musikalischen Gründen
  • um die Gitarre an seine Stimmlage ohne transponieren zu müssen anzupassen
  • weil das Instrument bei höherer Stimmung und damit größerem Saitenzug Probleme gehabt hätte
  • weil er weder elektronische Stimmgerät noch Stimmgabel genutzt hat, sondern sich den Ausgangton beim Stimmen selbst vorgesungen hat
  • vielleicht hat er sich den Ton auch nicht vorgesungen, sondern vielleicht war auch ein Stimmwirbel an seiner Gitarre festgerostet und er hat die übrigen Saiten passend zu der Saite gestimmt

Am Ende ist es so, dass wir hier kaum helfen können, weil die Frage, was authentisch ist,
in diesem Fall höchst individuell ist.
Es gibt Leute, da ist die Stimmung des Instruments entscheidend, die Saitenzahl oder dass es
doppelchörig ist. Manchen ist die Stimme und anderen der Basslauf wichtig. Für die nächsten muss
es zwingend ein einzelner Musiker sein, vielleicht geht auch eine Zweiercombo mit Ukulele und
Bass oder sogar drei Musiker?
Und andere stellen sich einfach mit 20 oder mehr Leuten hin, die normale Ukulelen in Standard-
stimmung spielen eine passende Akkordfolge und singen den Text.

Floyd Blue

Hallo Gerald, vielen Dank für Deine ausführlich ausformulierten Gedanken zu dem Thema. Diese Punkte habe ich auch alle schon mal durchdacht, wenn auch nicht so komprimiert und am Stück.

Ich experimentiere schon seit "Urzeiten" mit verschiedensten Stimmungen auf verschiedensten Instrumenten und jede Kombination hat eigene Reize, sowie Vor- und Nachteile. Was die tiefe Stimmung auf der 12-saitigen Gitarre bestrifft, tauchen natürlich Probleme mit der Einstellung auf, die sich aber durch andere Saitenstärken und eben Nachjustierung von Halseinstellstabe, Kompensation etc. beseitigen bzw. minimieren lassen.

Nach diversen Versuchen einige Leadbelly-Stücke zu interpretieren, haben sich bei mir Erkenntnisse eingestellt: Einge Tips, speziell, die von Uhu und das Anhören von diversen Originalaufnahmen und jüngerer Coverversionen, haben mir gezeigt, dass ich tatsächlich versuchen muss, die Lieder mir quasi zu eigen zu machen. Sprich: ich mache meine eigenen Version, mein eigenes Arrangement, da ich sowieso nicht wir Leadbelly singen, spielen und aussehen kann.

In diesem Sinne arbeite ich weiter daran und an mir. Wenn ich etwas vorzeigbares habe, stelle ich es im Membersound-Bereich ein, sofern es denn auf einer Ukulele gespielt wurde.


Kat

Zitat von: Floyd Blue am 05. Sep 2020, 22:50:17


@jazzjaponique: Schön mal wieder etwas von Dir zu hören! Deine Smileys verwirren mich ein wenig. Fis-B-DIS-Gis sind mir zu viele ###. Ich habe es eher mit den bbb. Das macht wohl der Einfluss der Boogie-Woogie-Pianisten, mit denen ich ab und zu mal spielen darf. Ich würde also lieber Ges-Ces-Es-As versuchen.  :P


Was ist das beste Mittel gegen enharmonische Verwechslung? - Gispirin.  ;) ;)