Warum heißt es Teilerfolg?

Begonnen von Bugle, 24. Mär 2023, 10:20:16

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Bugle

Nach einer erneuten Biegesession musste ich doch über die o.g. Bezeichnung "Teilerfolg" nachdenken.
Heißt es Teilerfolg, weil man danach sehr viele Teile hat und leitet sich daraus auch der Begriff "Teilstück" ab.

Fragen über Fragen ;).

Fakt 1: Movingui zu biegen ist Teufelswerk. Das Zeug ist hart, spröde und widerspenstig.
Fakt 2: Mit maximaler Hitze, literweise Wasser und meinem kleinen chemischen Freund, geht es - schlecht.
Fakt 3: Gott sei Dank habe ich noch etwas Reservematerial für den letzten Zargenteil ;D.
Fakt 4: Dies ist mein 1000er Post in diesem Forum 8).


Bugle

Und damit die nächsten 1000 Beiträge gebührend beginnen, nachfolgend die zum Thema passende, literarische Aufarbeitung aus dem August 2017. Wir merken - es hat sich nichts geändert ;).

Ewig droht - der Zarge Tod.
Gefahr, zu brechen, splittern sich verlieren.
Nerven flattern, zittern, stets vibrieren.
Selbst gebogen, Sicherheit - so trügerisch.
Wie verlogen. Sicherheit - die gibt es nicht.
Ausgeliefert, hilflos, klein.
Kann nicht; DARF nicht sein.
Entseeltes, totes Holz. Hinweg.
Faserkehricht, Dreck. Hinweg!
Abermals, nochmal, erneut.
Hände, Hitze, Druck – erfreut;
Geformtes Holz – was soll's.
Denn immer droht,
der Zarge Tod.

Hummel


allesUkeoderwas

Interessantes Thema!

Zitat von: Bugle am 24. Mär 2023, 10:20:16Fakt 2: Mit maximaler Hitze, literweise Wasser und meinem kleinen chemischen Freund, geht es - schlecht.

Lohnt es sich für Dich nicht eine Dampfbox aus Siebdruckplatten, befeuert mit einem Dampf Tapetenablöser zu bauen? Chemischer Freund?  ???  Gibt's sowas?

Bestätigt mal wieder die guten alten Sprichwörter...
- Gut Ding will Weile haben
- Abwarten und Tee trinken
Ukulelen: Nur Schrott

Bugle

Zitat von: allesUkeoderwas am 24. Mär 2023, 12:09:58Interessantes Thema!

Zitat von: Bugle am 24. Mär 2023, 10:20:16Fakt 2: Mit maximaler Hitze, literweise Wasser und meinem kleinen chemischen Freund, geht es - schlecht.

Lohnt es sich für Dich nicht eine Dampfbox aus Siebdruckplatten, befeuert mit einem Dampf Tapetenablöser zu bauen? Chemischer Freund?  ???  Gibt's sowas?

Bestätigt mal wieder die guten alten Sprichwörter...
- Gut Ding will Weile haben
- Abwarten und Tee trinken

So eine Dampfbox habe ich - die hätte aber bei dem Material versagt. Es kühlt viel zu schnell ab und speziell für diesen Korpus habe ich auch keine feste Form sondern arbeite mit einer "fliegenden Form".

Mit "chemischer Freund" ist ein spezieller Furnierweichmacher gemeint, der das Material flexibler machen soll. Wirkt bei 0,6mm Furnier bestimmt besser als bei 2,1mm dicken Zargen. Die Idee dazu habe ich im amerikanischen Ukuleleforum gelesen und gehofft , dass dies mein Rettungsanker sein könnte. Habe das Zeug gestern abend zweimal satt aufgetragen, über Nacht einwirken lassen und dann mit viiiiieeel Wasser und Hitze tatsächlich biegen können. Ohne diese ganzen Tricks habe ich schon bei kleinsten Radien die Zarge zerbröselt.

Murdock

Mit Chemie geht's starren Zargen
wenn Sie auch noch so störrisch sind
an den unflexiblen Kragen
bis in der Form sie endlich sind

Weite Bögen, enge Kehren
sinnlich, schön und kurvenreich
Kann die Zarge sich nicht wehren
Volkers Helfer macht sie weich

Es bleibt Spannung, bleibt ein Zittern
obs im nächsten Anlauf klappt
sanftes Formen ohne Splittern
Heute hat er Glück gehabt.

Doof ist, wenn die Zarge kracht
Humor ist, wenn man trotzdem lacht  ;D


Weiterhin frohes Biegen und (ohne) Brechen  :-\

Gruß
Olli


Uke ..., komm auf die dunkle Saite!

barksist

Fakt 3 freut mich besonders, lieber Volker. 😁

Bugle

Zitat von: barksist am 24. Mär 2023, 17:46:39Fakt 3 freut mich besonders, lieber Volker. 😁
... und mich erst, lieber Norbert. :)

Bugle

Heute war ein guter Tag zum Biegen! Holz 0 -> Volker 1 --- und sogar noch eine Reservezarge übrig behalten. :)
Die 80 Euro für den "chemischen Freund" haben sich gelohnt :P.






gerald

Wie sich die Geschichte wiederholt...

Movingui ist offenbar ein sehr schönes Holz, daher gibt es auch immer wieder die Idee, es für schöne Instrumente zu benutzen.

Meine erste höherwertige Ukulele hat auch eine Decke aus Movingui.
Damals hatte ein Händler, der zu der Zeit noch unter eigenem Namen Ukulelen nach eigenen Vorgaben herstellen ließ, schönes Movingui angeboten bekommen.
Eigentlich wurden die Instrumente dieser Eigenmarke damit beworben, dass aus Umweltschutzgründen auf exotische Hölzer verzichtet und die Instrumente statt dessen aus Fichten- und Wallnussholz hergestellt würden.

Das Movingui war aber offenbar so schön, dass trotzdem eine kleine Serie an Instrumente daraus hergestellt wurde.
Bei der Verarbeitung hat sich das Holz als ziemlich störrisch erwiesen, bei fast allen diesen Instrumenten gab es Probleme.

Die Lösung damals (schließlich war es ein Händler und Geschäftsmann): Ein tolles Zertifikat wurde gestaltet, dass es sich um eine limitierte Sonderserie handelt und nie wieder Instrumente in dieser Form mit diesem Holz aufgelegt werden. Die Instrumente wurden dann mit dem Zertifikat etwas teuerer angeboten. Mindestens eins ging werbewirksam in eine Tombola, ein paar wurden an gesponsorte MusikerInnen weitergegeben.
Weil das Problem hauptsächlich beim Biegen lag, wurden noch ein paar Instrumente gebaut, bei denen nur die Decke aus Movingui, Zargen etc. stardardmäßig aus Wallnuss waren. Die Instrumente wurden aber ohne Zertifikat verkauft.

Von den Besitzern der Ukulelen komplett aus Movingui mit Zertifikat waren die wenigsten mit den Instrumenten zufrieden. Die meisten haben die Instrumente verkauft, die meisten sind hier aber auch nicht mehr im Forum aktiv, mir fällt nur noch eine Person hier ein.

Trotzdem gutes Gelingen.

Bugle

Movingui ist ein sehr schönes Holz mit spektakulärer Maserung. Aus meiner Sicht ist es jedoch als Deckenholz eher suboptimal - da gibt es Materialien die besser klingen. Aus diesem Grund wird das, im Bau befindliche, Instrument eine feine Fichtendecke bekommen. In der Kombination mache ich mir so gar keine Sorgen um die Zufriedenheit des Kunden ;).

Der Zargenkranz ruht nun schon seit einiger Zeit in der Form, hat Spannung abgebaut, sämtliche Restflüssigkeiten ausgedünstet und ist nun bereit für den nächsten Step.

allesUkeoderwas

Hallo Volker,

es gibt offensichtlich einen Markt für die exotischsten Gehölze.
Aber klingen die auch, oder dienen sie hauptsächlich dem Augenschmaus?

Ich hatte mal eine Gitarre mit Vogelaugen Ahorn Decke und Zarge in der Hand (soll ja noch widerspenstiger sein), da wurde mir gesagt, dass das massive Holz in einem "Spezialverfahren" (Meine Vermutung mit Polyester Harz) in einer Presse verdichtet wird. Die Gitarre war sauteuer, sah saugut aus, aber vom Klang her hätte ich eine gutgebaute Sperrholzgitarre mit massiver Fichten-, oder Zederndecke vorgezogen.

Die Fichtendecke ist bestimmt eine gute Wahl.

Gruß, Jogi
Ukulelen: Nur Schrott

Bugle

Jogi, ich denke, irgendwo dazwischen liegt wohl die Wahrheit ;).

Man kann aus allem ein (halbwegs) klingendes Instrument machen aber über die Jahre hat sich mir die Erkenntnis aufgedrängt, dass eine zu wilde Maserung der Decke, den Klang nicht unbedingt positiv beeinflusst. Böden und Zargen dürfen ruhig spektakulär gemasert sein, doch bei der Decke verbaue ich (mittlerweile) sehr gerne schlichte Hölzer mit gerader, dichter und gerne längslaufender Maserung. Das schwingt schön gleichmäßig und harmonisch; Fichte, Zeder, Kirsche, Walnuss, Ahorn, Mahagoni usw., klingt alles gut.

Die Kombi macht es dann - starke Optik durch Design sowie schönes Boden- und Zargenholz. Starker Klang durch bedacht ausgewähltes Deckenholz.
Will man es "wilder" und noch "augenschmausender" kann man natürlich auch über die Konstruktion viel rausholen (was aber ein anderes Thema ist).

barksist

Der Kunde ist auch unbesorgt, vielmehr schon gespannt wie eine G-Saite. Und bei der Holzwahl wurde vorher ausführlich diskutiert, was wohin soll. Daher die Wahl der Fichtendecke (die ich übrigens auch hübsch finde). Wenn ich geahnt hätte, wie zickig sich Movingui beim Biegen anstellt, hätte ich sicher was anderes genommen, aber so freu ich mich, dass Volker es auch damit geschafft hat.

gerald

... und ich kann gern mal, wenn wir uns das nächste Mal treffen, die Ukulele mit Movingui-Decke und eine Ukulele komplett aus Vogelaugenahorn mitbringen.