Viersaiter in der Apotheke ;-)

Begonnen von HEiDi, 17. Sep 2008, 09:31:42

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uschaurischuum

Da ich gestern ein Kaufgesuch für so eine Peter Kraus Gitarre eingestellt habe, krame ich mal diesen alten Thread wieder hervor. Insgesamt sehe ich gerade einen großen Run auf die Archtops der Fünfziger und Sechziger Jahre, dass betrifft sicherlich die 4-saitigen gleichermaßen wie die 6-saitigen Modelle. Viele Musikfreunde möchten zwischen all der Massenware aus Asien gerne ein Stück europäischer oder amerikanischer Instrumentenbaukunst aus der alten Zeit bei sich stehen haben, und natürlich auch möglichst darauf spielen.

Ich selbst hatte schon dreimal Archtopgitarren, die ich immer wieder verkauft habe, weil sie mich genervt haben. Diese Instrumente sind jetzt meist ca. 50 Jahre alt. Bauartbedingt waren sie oft schon vor über 20 Jahren nicht mehr ohne Abstriche bespielbar, meist halten sie die Stimmung nicht mehr richtig und hören sich irgendwie fast immer ziemlich falsch an. Ich rede jetzt von deutschen Archtops, die sich preislich in einem bezahlbaren Rahmen halten, über alte Gibsons im Wert von ein paar Tausendern kann ich keine Aussagen machen.
Die Bespielbarkeit von so einer alten Gitarre würde in den meisten Fällen wohl gerade mal einen Preis von ca.- 100 Euro rechtfertigen, in der Praxis erreichen solche Instrumente durch die hohe Nachfrage oft ein Vielfaches. Sicherlich gibt es auch irgendwo die Ausnahmefälle, die Instrumente, die durch sehr schonende Behandlung und gute Pflege (oder Restaurierung) auch heute noch voll Intakt sind, bloß, welchen Grund sollte jemand haben, so einen Schatz ausgerechnet bei eBay anzubieten??
Trotz alledem gehöre ich immer noch zum Kreis derjenigen, die nicht die Hoffnung aufgegeben haben, mal eine gute Archtopgitarre zu finden, bevorzugt mit 4 Saiten.

Noch ein paar Worte zu Peter Kraus: Musikalisch habe ich einen Hintergrund, der wirklich sehr, sehr weit weg ist vom Seinigen, d. h., er ist nie \"mein Held\" gewesen. In den Sechzigern aufgewachsen (ich), war Peter Kraus eher ein Stück Nostalgie, seine alten Hits hatten damals schon einen veralteten Charme, die Lieblichkeit der Arrangements mancher seiner Songs war und ist trotzdem irgendwie nicht ganz von der Hand zu weisen. Er ist sicherlich nicht der tolle Sänger, schon gar nicht der große Rock\'n Roller gewesen, eher eine Light-Version, die im deutschen, kleinbürgerlichen Mief der Fifities kleine Aufmüpfigkeiten riskierte. Einige Jahre später war das den Jugendlichen nicht mehr genug, und sie wollten richtig rebellieren (oder Rebellion spielen?) Peter Kraus Stärke lag eher in der Kombination Sänger/Schauspieler, und als solcher entsprach er nun mal dem damaligen Zeitgeist.
Ich selbst bin mit den Beatles und CCR, aber auch Jimi Hendrix oder Leonhard Cohen groß geworden, um mal einige recht unterschiedliche Künstler zu erwähnen, die zu Ikonen geworden sind...nach all den Jahrzehnten hat sich das für mich irgendwie relativiert, Peter Kraus ist nun so etwas wie ein singender älterer Freund geworden, wie er beinahe aus der Nachbarschaft hätte kommen können.
Ich habe gesagt, dass er nie mein Held war, dummerweise hat es später so etwas wie Helden in meinem Leben gegeben. Das er nie mein Held war, hat rückblickend den Vorteil, dass er mich auch nie enttäuschen konnte.
Jetzt, wo er ein älterer Herr geworden ist, ich glaube, er ist über 70 Jahre alt, finde ich irgendwie ganz bemerkenswert, wie er sein Leben gestaltet hat. Er ist erfolgreich gewesen, ist aber nie ein bizarrer Popmillionär geworden. Er scheint weder drogenabhängig noch Alkoholiker zu sein, lebt noch, ist weder im Gefängnis noch in der Psychiatrie gelandet, ist schlank geblieben, hat es auf die Reihe gebracht, immer noch mit der gleichen Frau verheiratet zu sein. Er sagt von sich selbst, jedes Jahr in seinem Leben hat irgend etwas Neues gebracht, und so ist es immer Interessant geblieben.
Eigentlich gar keine so üble Bilanz, oder nicht?

Grüße von Dieter, der diesmal ziemlich off topic gegangen ist  :)

Guchot

#16
Zitat von: uschaurischuum...Ich selbst hatte schon dreimal Archtopgitarren, die ich immer wieder verkauft habe, weil sie mich genervt haben. Diese Instrumente sind jetzt meist ca. 50 Jahre alt. Bauartbedingt waren sie oft schon vor über 20 Jahren nicht mehr ohne Abstriche bespielbar, meist halten sie die Stimmung nicht mehr richtig und hören sich irgendwie fast immer ziemlich falsch an. Ich rede jetzt von deutschen Archtops, die sich preislich in einem bezahlbaren Rahmen halten, über alte Gibsons im Wert von ein paar Tausendern kann ich keine Aussagen machen.
Die Bespielbarkeit von so einer alten Gitarre würde in den meisten Fällen wohl gerade mal einen Preis von ca.- 100 Euro rechtfertigen, in der Praxis erreichen solche Instrumente durch die hohe Nachfrage oft ein Vielfaches. Sicherlich gibt es auch irgendwo die Ausnahmefälle, die Instrumente, die durch sehr schonende Behandlung und gute Pflege (oder Restaurierung) auch heute noch voll Intakt sind, bloß, welchen Grund sollte jemand haben, so einen Schatz ausgerechnet bei eBay anzubieten??...

Da kann ich Dir nur beipflichten. Ich habe auch lange nach einer bezalbaren deutschen Archtop gesucht (und keine gefunden). Da zu der Zeit meist noch keine Halsstäbe verbaut wurden, sind die Hälse i.d.R. recht klobig und schwer zu spielen. Da die Archtops häufig aber auch mit den ganz dicken Saiten gespielt werden, haben sich die Hälse vielfach trotz der massiven Bauweise schon nach oben gebogen, was die Bespielbarkeit noch weiter mindert. Ich hab nach langer Suche bei ePay eine Klira geschossen die halbwegs bespielbar ist. Als Alternative habe ich mir dann eine kleine Jazzgitarre von Keytone geholt. Klingt gut, ist leicht bespielbar, gefällt :-) Ist wohl auch die einzige Gitarre die bei mir bleiben wird, der Rest kommt weg. Hoppla.... auch ins O.T. gerutscht

Fischkopp

Zitat von: uschaurischuumEr ist erfolgreich gewesen, ist aber nie ein bizarrer Popmillionär geworden. Er scheint weder drogenabhängig noch Alkoholiker zu sein, lebt noch, ist weder im Gefängnis noch in der Psychiatrie gelandet, ist schlank geblieben, hat es auf die Reihe gebracht, immer noch mit der gleichen Frau verheiratet zu sein. Er sagt von sich selbst, jedes Jahr in seinem Leben hat irgend etwas Neues gebracht, und so ist es immer Interessant geblieben.
Eigentlich gar keine so üble Bilanz, oder nicht?

Grüße von Dieter, der diesmal ziemlich off topic gegangen ist  :)
Nochmal OT:
und ich finde toll, dass er in dem Alter noch auf Tour geht und er bewegt sich auch noch auf der Bühne.
Auch wenn er nie einer meiner Helden war, zolle ich seinem musikalischem Lebenswerk Respekt ! ;)
https://www.youtube.com/user/BerndDombrowski (Eigene Lieder, Traditional, Ärztelieder usw.  171 Videos)
https://www.youtube.com/user/RollinUke#g/u (Gecoverte Lieder 305 Videos)

apfelrockt

Zitat von: FischkoppNochmal OT:
und ich finde toll, dass er in dem Alter noch auf Tour geht und er bewegt sich auch noch auf der Bühne.
Auch wenn er nie einer meiner Helden war, zolle ich seinem musikalischem Lebenswerk Respekt ! ;)

Ok, dem kann ich beipflichten. Dann muss man allerdings auch Leuten wie D. Bohlen und wie sie alle heissen dass Gleiche bescheinigen. Ich denke die Geschmäcker sind verschieden und es gibt viel zu viel Musik die für meinen Gechmack in die Tonne gehört. Aber es geht ja nun mal Gottseidank nicht nach meinem Geschmack :)
Wenn man in dem Geschäft über Jahre erfolgreich ist, dann ist da schon eine gewisse Substanz, denn mit Glück alleine landet man vielleicht mal einen Hit und dass wars dann.
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem

El_Adrenalid

#19
Ich muss dem vehement widersprechen.

Peter Kraus ist alles Andere als Rocknroll. Gerade sein fehlender Alkoholismus disqualifizert ihn!
Er bleibt ein Milchbubi und Schlageraffe. Mit den Charme eines singenden Apothekers.

Dennoch find ich ihn ein unterhaltsames Phänomen: Ein Fossil aus der alten Bundesrepublik, in dem die Leute Links-Zwo-Drei-Vier klatschten, wie es noch in im Jahrzehnt zuvor Ouzo war. Diese naive Vorstellung, man könnte Rock\'n\'Roll übersetzen, so wie man Filme synchronisiert. Und im Hintergrund begleitet das Orchester Hans Last.

Mit ironischer Brechung geht es also. Aber sonst?

Kugel

Ebent!!!

Prost.....


Gruß

Kugel

uschaurischuum

Zitat von: El_Adrenalid...Peter Kraus ist alles Andere als Rocknroll. Gerade sein fehlender Alkoholismus disqualifizert ihn!...
es hat hier im Grunde auch niemand behauptet, P.K. wäre der Super Rock\'n Roller. Du sprichst da aber etwas sehr Wahres aus. Bei der momentanen  Hochleistungsturbomusik scheint es ohne Stimmungsaufheller oder Depressionsabdumpfer nur sehr schwierig zu sein, den derzeitigen Vorgaben noch gerecht zu werden.

Henk

Zitat von: El_AdrenalidEin Fossil aus der alten Bundesrepublik, in dem die Leute Links-Zwo-Drei-Vier klatschten, wie es noch in im Jahrzehnt zuvor Ouzo war.
Ja, die gute alte Zeit. Da gabs auch noch kein Homebanking, um auf sein Gyroskonto zugreifen zu können.

Ich finde Peter Kraus sehr witzig. Es sollte mal einen eigenen Thread im Membersound-Bereich geben.
Und so eine Peter-Kraus-Gitarre würde ich wohl auch nehmen...

uschaurischuum

Zitat von: El_Adrenalid...Anstatt der üblichen Stahlsaiten hab ich Nylons aufgezogen in e A c# f#, also einen Ton höher als bei einer Gitarre. ...

Nachdem jetzt so viel über Peter Kraus geschrieben wurde, noch einmal zurück zur Gitarre!
Die Idee, so eine alte Archtopgitare durch Nylonsaiten zu schonen, ist beileibe nachvollziehbar, schließlich haben diese Konstruktionen ohne Halsstab ja vor allem mit der Spannung der Saiten ihre Probleme.

Ich möchte auf eine besondere Stahlsaite hinweisen, die Thomastik Classic S Rope Core KR116 Seilsaiten, das ist ein Satz, der speziell für Konzertgitarren konzipiert wurde, und der sogar noch etwas weniger Spannzng erzeugt als eine normale Nylonsaite!
Die dickeren Saiten, die man beim Viersaiter sowieso nicht braucht, sind ähnlich wie eine Flatwoundsaite, die dünneren Saiten bestehen aus einem Stahlkern, der mit einer Art Nylon überzogen ist. Ich habe diesen Satz schon auf einer sechsaitigen Archtop erflólgreich eingesetzt gehabt, sie hatte dadurch einen sehr durchdringenden, markanten Klang. Besonders erfreulich, beim Saitenkatalog gibt es diese Saite auch einzeln zu kaufen. Als 4te würde ich einfach eine hohe E-Saite, also die 1te, verwenden.
http://saitenkatalog.de/shop1/advanced_search_result.php?keywords=%09Thomastik+Classic+S+Rope+Core&osCsid=ns6kd2jlaakhfsv181p94eih8mhao4th&x=11&y=5&search_in_description=1&search_in_pdata=1&inc_subcat=1&categories_id=&manufacturers_id=&pfrom=&pto=
(hoffentlich klappt das mit dem Link, er sieht ja abenteuerlich aus)
Die Peter Kraus Gitarre könnte mit dieser Besaitung bei Bedarf sogar noch etwas höher gestimmt werden.
Grüße, Dieter

El_Adrenalid

Danke, Dieter; guter Hinweis!
Allerdings war meine Motivation für Nylon nich v.a. die Schonung (was ja auch nicht Rock\'n\'Roll ist), sondern die Bespielbarbeit mit den Fingern. Geht das mit diesen Stahlkernseilen auch so gut?

uschaurischuum

Zitat von: El_AdrenalidAllerdings war meine Motivation für Nylon nich v.a. die Schonung (was ja auch nicht Rock\'n\'Roll ist), sondern die Bespielbarbeit mit den Fingern. Geht das mit diesen Stahlkernseilen auch so gut?

Absolut gut, ich benutze auch kein Plektrum, diese Saiten sind sehr vielseitig, du kannst über Folkstyle Fingerpicking, Klassik bis Jazz und natürlich auch Akustik Rock eigentlich alles drauf machen. Sehr fingerschonend für beide Hände!