Mandoline zugelaufen :)

Begonnen von losguidos, 20. Sep 2010, 14:53:04

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losguidos

Mir ist seit gestern eine leicht ramponierte Mandoline zugelaufen. Sie war ursprünglich von meinem Opa, hing jahrzehntelang and diversen Zimmerwänden und ist mindestens 60 Jahre alt. Ich habe gerade mal auf die schnelle zwei Schnappschüsse geknipst, weil ich die eigentlich im mandolinecafe.com Forum posten wollte, um zu erfahren was das für eine sein könnte... aber da dauert das mit der Registriereung wohl etwas.




Also gehe ich euch damit erstmal auf die Nerven :lol:

Wie man unschwer erkennen kann, ist der Steg lose (und wie ich gerade gelesen habe ist das wohl auch normal), sie hat zwei ordentliche Risse auf der Decke und zwei Hinten, im runden Teil des Korpus. Der Hals ist aber kerzengerade und sie macht Trotz der Risse einen noch recht stabilen Eindruck (liegt wohl an der Beleistung innen). Die Saiten werden ja nicht auf der Decke befestigt und so dürfte sich die Belastung auf die Decke beim Spielen auch in Grenzen halten. Mich juckt es also schon ein wenig in den Fingern, ihr nach einer Reinigung ein paar neue Saiten zu verpassen und sie einfach zu benutzen.

Ich muß mich gleich erstmal ein bißchen über Mandolinen schlau lesen, aber die kleine hat mich schon etwas überrascht. Der Hals ist am Sattel nur 2,6 cm breit, also trotz der 8 Saiten gut einen Zentimeter dünner als der meiner Koaloha und die Mensur ist mit ca. 33,3 cm (man kann nur ahnen wo der Steg mal klebte) auch nicht gerade riesig.

Tjoa... da sie aus Italien kommt würde ich mal auf eine neapolitanische Rundmandoline tippen, aber viel mehr kann ich dazu gerade auch nicht sagen. Ein Etikett klebt nicht mehr drinnen und ich kann auch nirgendwo einen Namen, oder Logo, entdecken. Vielleicht gibt es hier den ein oder anderen Mandolinenspieler (z.B. Sir Roy) der mir ein paar Tips geben kann (z.B. welche Saiten).

VG

Sir-Roy

Hi losguidos,
da du mich schon direkt drauf ansprichst;-) :
Erster Eindruck: nichts besonderes (leider), aber halt ein Familienstück, dadurch sehr wohl etwas Besonderes!
Der Steg war bei den \"Tater Bugs\" (Kartoffelkäfern) nie festgeleimt auf der Decke! Die richtige Position findest du in der verdoppelung des Abstandes vom Sattel zum 12. Bundsteg. Auf dem 12. Bundsteg ein Flageolet gegriffen sollte die gleiche Tonhöhe erzeugen wie die niedergedrückte Saite im 12.
Zu den Rissen: Risse im der Muschel sind i.d.R. sehr easy zu verleimen: Weißleim rein, über die ganze Muschel quer mit Gaffa Tape fixieren, fertisch! Der Deckenriss sieht schon deutlich dramatischer aus. Grade weil er über den Knick geht (Daher auch die Bezeichnung: Bent top in Bezug zu flat top oder arched top). Da braucht man schon etwas besseres Werkzeug, um da überhaupt mal hin zu kommen..
Der Steg sollte idealerweise dort stehen, wo die Punkte auf der Decke sind. Die Stegauflage aus Knochen lässt sich leicht fixieren.
Insgesamt dann doch ein nettes Instrument mit typischer Mensur und Saitenabständen (da sind wir von den Uken doch sehr verwöhnt;-), schlönem Ärmelschoner und interesanter Kopfform.
Ich vermute, dass sie selbst in bestzustand nicht super perfekt klingen wird, dazu waren die Mandolinen in der Zeit, als deine ungefähr gebaut sein dürfte zu sehr Massenware. (Tippe auf späte 20er/Anf 30er Jahre. Während die Ukulelen in dieser Zeit in Deutschland überhaupt keine Rolle gspielt haben im gegens. zu USA, waren die Mandos die Renner! Jeder Wandervogel, Tourist (alte Bezeichnung für Tourengängen, Wanderer), Arbeiterverein etc. hatte Mandolinen bzw. Zupforchester. Im 3. Reich wurde dann mal wieder alles gleichgeschaltet, alte Verbände von der Reichskulturkammer gefressen...

Du hast Recht mit deiner Klassifizierung: neapolitanische Bauform. neben einigen Sondermodellen (Mailänder Mando) gibts v.a. die drei typischen:
Neapolitanische Form (Bent top, Lauten/Birnenkorpus
Bluegrass A und F Style (Gibson und Co. )
Portugiesische Form (flat top, leicht gewölbter Boden)

Die neapolit. Form kling v.a. auf der G Saite (der tiefsten) im Vergleich zu den anderen eher dünn, spitzig.. Auch ist der Saitenabstand bei den anderen eher größer, so dass man mehr Platz für die Finger hat. Gibson hat bei seinen Mandos die Mensur verlängert, um eine größere Saitenspannung zu bekommen. Dadurch bekommen die Instrumente mehr \"Bums\" und haben sich somit im Bluegrass durchgesetzt. (Martin Mandolinen aus der selben zeit sind sensationell toll gebaut, aber nicht so laut und konnten sich deshalb nicht wirklich durchsetzen..
Dir viel Spaß mit deinen Kleinen, gib ihr den verdienten respekt zurück, reparier sie so gut es geht und zie paar Saiten auf. Nimm leichte von der Spannung. z.B. 10-14-24-34 (Gibts von Martin für nen Klicker und\'n Knopp)

Enjoy, SR

losguidos

#2
Hey! Danke erstmal für die ausführliche Antwort  :D

Nachdem ich mir ein paar Bilder im Netz angeschaut habe, wie toll und auffwendig einige Mandolinen aussehen, war mir auch schnell klar, daß dies eine recht einfaches Modell gewesen sein muß. War mir auch völlig neu, daß Mandolinen mal so beliebt waren. Was meinst Du mit 10-14-24-34? Ist das die Saitenspannung? Habe gerade beim surfen entdeckt das Aquila auch neue Mandolinen-Saiten hat, aber davon sind drei paare aus Nylgut?? Die alten waren aus Stahl... ich denke mal ich werde auch wieder Stahl nehmen, dann unterscheidet die sich klanglich wenigstens von der Uke :lol: Mal sehen was der Saitenkatalog so hergibt...

VG

Edit: Ahhh... habe gerade gesehen das Du wohl damit die Durchmesser meinst .010 - .014 - .024 - .034? Doch nicht... :) Aber Danke nochmal...

Sir-Roy

Jep, das ist die Saitenspannung! Kauf doch für den Anfang mal die hier, die sind prima für dein Instrument und billig!
http://cgi.ebay.de/Saten-Mandoline-Darco-D500-80-20-Bronze-neu-ovp-/280531908982?pt=Allgemeines_Musikinstrumente_Zubeh%C3%B6r&hash=item4151013976
Gruß, SR

Sir-Roy

Das sind meine drei liebsten:
vlnr.:
Gibson, A4 1920
Martin B 1923
Gibson A 1914

Alle drei sind unglaublich genial, ich liebe Mandolinen!
SR

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Mandos front von fiffoff auf Flickr
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Mandos back von fiffoff auf Flickr
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losguidos

Cool!  :D Und alle so schön alt... Ich denke mal die Flachen sind nochmal recht anderes vom Klang, oder? Zum rumprobieren muß meine \'Dickbauch\' erstmal reichen.

VG

Sir-Roy

Klanglich liegen da Welten dazwischen. Aber auch eine Rundbauch hat ihren Charme! Klimper einfah mal drauf rum, gewöhn dich bisschen an die Quintenstimmung und meld dich bei mir, wenn du mal planen solltest, ein besseres Instrument zu kaufen, evtl. sogar ein altes Model. Ich kann dir vielleicht paar Tips geben..
SR

losguidos

Ja danke... werd ich machen! Das darf dann nur kein Ukulelen-Taliban hier lesen  :lol:

VG