Brüko stellt die Fertigung ein

Begonnen von ukemouse, 03. Jun 2024, 18:44:58

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ukemouse

Brüko stellt zum Jahresende die Fertigung ein. Ich hatte es ja schon befürchtet, daß es keinen Nachfolger gibt. Sehr schade  :'(

https://www.brueko.de
oben auf der HP steht es.

Frolicks

Das war ein bisschen abzusehen, auch schon seit Längerem. Als ich vor über zehn Jahren das erste Mal dort war, sagte Herr Pfeiffer schon, dass sie niemanden hätten, der den Betrieb übernehmen könnte. Sehr schade, dass sich auch seitdem niemand mehr gefunden hat. Sehr, sehr schade.
I plink, therefore I am.

Ukulele Ingo

Musste heute erfahren, dass die Traditionsfirma Brüko Ende des Jahres ihre Produktion einstellt. Das ist natürlich für die ganze Ukulelenwelt sehr schade. Ich wünsche der Familie Pfeiffer einen schönen, wohlverdienten Ruhestand und hoffe, sie finden noch einen würdigen Nachfolger.
https://www.brueko.de/
Gruß Ingo

Knasterbax

Lieber Ingo, vor ein paar Posts kam die Nachricht hier schon im Forum an.

"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen." Karl Valentin 😉
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

Kay

Dann gehen Familie Pfeiffer und ich also gemeinsam in den Ukulelen-Ruhestand. Sei ihnen herzlich gegönnt. Und meine Brükos hab ich ja nach wie vor, und die sind so gebaut, dass ich den Rest meines Lebens Freude damit haben werde.

Louis0815

#5
erstmal schnell noch eine Ukulele aus dem Shop abgreifen  :P
und vor allem auch einen flachen Sopran-Koffer für meine Kala Travel  :D

edit:
Screenshot_20240610-172014.jpg
::===( o ו )  ( ו o )===::
Sopranino: Antica Ukuleleria Allegro
Sopran: Makala MK-S, Kala SSTU-FMCP, Makala Waterman, Firefly Banjolele, Flight TUS-50, Flight WUS-3, Kala BMB-S, Brüko SL159FW
Konzert: Flea M-42, Blackbird Clara, ukuMele Akazie I (CGDA), Big Island KTO-CT, Noah 8string, Kiwaya KPC-5K, Risa Stick, Romero STC-X, Brüko K021
Tenor: Pono MTDX8, KoAloha KTM-25
Bass: Kala UBass EM-FS (Aquila Red)


(Jeder kann mitsegeln, auch ohne Vorkenntnisse: www.alex-2.de)

Paulchen

In der Tat sehr schade! Vor vielen Jahren hat mir ein Mitglied des Ukulelen-Stammtisches Kitzingen gesagt, dass sie in einem solchen Falle den Betrieb übenehmen wollen. Das ist nun aber schon lange her und lässt sich sicherlich nicht so mir nichts, dir nichts, realisieren.
Als ich das erste mal bei den Pfeiffers in Kitzingen war, kam mir gleich der Gedanke, dass es interessant wäre, den Betrieb als WfbM zu führen, also als Werktstatt für behinderte Menschen. Das müsste halt für einen entsprechenden Träger attraktiv sein, und man bräuchte einen wirklich sehr guten Werkstattleiter. Oder mehrere!
Die Instrumente sind ja sehr langlebig, und daher werden Brükos noch lange, lange Zeit bei eBay und sonstwo auftauchen. In einer fernen Zeit wird dann vielleicht nicht mehr nachvollziehbar sein, was für eine Bedeutung diese Ukulelen einmal hatten: Instrumente, handgearbeitet aus Deutschland, zu einem Preis, der bei etwas guten Willen fast jedem ermöglichte, sich solch ein Stück anzuschaffen. Ein nostalgisches Design, dass sich über Jahrzehnte hinweg treu geblieben ist. Ein irgendwie anderes, besonderes Klangbild, dass man erst einmal verstehen lernen muss.
Mit kam Ende Februar 2024 der Gedanke, dass es vielleicht bald keine Brükos mehr geben könnte,
und habe dann noch eine Variante der Brüko Nr. 6 bestellt, diejenige mir flachem Korpus und gewölbtem Boden. Jetzt bin ich wirklich sehr froh, noch eine bekommen zu haben, dieses Modell stand bei mir jahrelang auf dem Einkaufszettel :)
Derzeit ist im Brüko-Shop von den Sopran-Standart-Modellen keine mehr lieferbar.

gerald

Ich habe es im Mai erfahren. Eine traurige Nachricht.

Aber nach Ansicht der Pfeiffers lassen sich Ukulelen in der Art und Weise, wie sie es gemacht
haben, nicht mehr herstellen. Auch das muss mit ihnen in den Ruhestand gehen. Sicherlich ist
Ihnen die Entscheidung nicht leicht gefallen.
Die Menge an Handarbeit, die Dokumentation, die in Europa für Unternehmen vorgeschrieben ist und
immer aufwändiger wird etc. und letztlich die vielen wirtschaftlichen Schwankungen und damit die
Bereitschaft der Menschen für Musikinstrumente Geld auszugeben, machen es sehr schwierig, einen
solchen Betrieb zu führen.

Sicherlich kommt auch hinzu, dass viele der Geräte, die in ihrer Werkstatt zum Einsatz kamen,
auch bereits Tradition hatten. Die Werkstatt wurde über mehrere Generationen aufgebaut und so
sind/waren auch einige der Maschinen sehr alt.
Einige sind in der Nachkriegszeit improvisiert worden, vieles ist modifiziert - so viele weitere
Unternehmen hat es ja nicht gegeben, dass es eine breite Auswahl an fertig verfügbaren Maschinen
für solch spezielle Zwecke gegeben hat.
Lengendär ist bei Leuten, die das Glück hatten die Werkstatt zu besichtigen, die Maschine, bei
der ein Teil eines Flugszeugs verbaut ist.
In dieser Art sind die Maschinen auch an die Pfeiffers und ihre Art, die Ukulelen zu bauen,
gebunden. Vorgeschriebene Sicherheitsprüfungen z.B. durch Berufsgenossenschaft waren oftmals
schwierig und nur durch die Historie konnte die Werkstatt so bestehen bleiben.
Das macht eine Fortführung durch komplett neue Personen auch schwierig und die Idee einer
gemeinnützigen Werkstatt komplett unmöglich.

So traurig das auch ist, in diesen Tagen geht wohl eine Ära zu Ende.

Tuke

Zitat von: gerald am 30. Dez 2024, 15:06:53Lengendär ist bei Leuten, die das Glück hatten die Werkstatt zu besichtigen, die Maschine, bei
der ein Teil eines Flugszeugs verbaut ist.



Das habe ich nicht in Erinnerung. Weißt Du noch, was das für eine Maschine war?
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

Hallo Thomas, erst einmal ein Gutes Neues. Wenn ich mich recht erinnere war es die "Zargenbiegemaschine" (wenn man die so nennen darf).
zur Herkunft soviel (aus einer Ortschronik):

"... Nach dem Krieg gab es noch keine Spezialmaschinen für diese Produktionen zu kaufen. Von der Brucker Progress (später Frieseke und Höpfner) erwarben sie ausgediente Flak-Scheinwerfer, die mit Schrotteilen vom US-Schuttplatz (heute das Gebiet zwischen Ahornweg und A73) zu Kreissägen, Bandsägen und Holzbearbeitungsmaschinen zusammengebaut wurden. Einige funktionieren noch heute und sind in Kitzingen oft im Einsatz. Schon bald konnten die ersten Instrumente verkauft werden. ..."

Ich hoffe das beantwortet Deine Frage. LG hinnerk

Tuke

Danke, Hinnerk!
Dir wünsche ich ein gutes Neues Jahr!
LG TT
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

#11
Nachdem ich direkt gebeten wurde, doch den ganzen Textausschnitt BRÜKO-betreffend zu platzieren mach ich es hier:

... Der größte neue Betrieb in Eltersdorf war die Firma KOLLITZ, eine Fabrik für sämtliche Holzbestandteile für Streich- und Zupfinstrumente. Die Brüder Franz und Josef (Brüko) kamen 1946 nur mit dem Nötigsten an. Doch sie brachten auch ihr Bestes mit: Das Wissen, wie man sehr gute Geigen und Gitarren baut. Damals wurden in der heutigen Juragasse und im Gänseanger amerikanische Blechbaracken aufgestellt. Je zwei Familien wohnten darin. Im großen Zimmer und im gemauerten Anbau waren die erste Werkstatt und das Lager untergebracht. Aus einfachen und kleinen Anfängen entstand diese Firma neu.
Nach dem Krieg gab es noch keine Spezialmaschinen für diese Produktionen zu kaufen. Von der Brucker Progress (später Frieseke und Höpfner) erwarben sie ausgediente Flak-Scheinwerfer, die mit Schrotteilen vom US-Schuttplatz (heute das Gebiet zwischen Ahornweg und A73) zu Kreissägen, Bandsägen und Holzbearbeitungsmaschinen zusammengebaut wurden. Einige funktionieren noch heute und sind in Kitzingen oft im Einsatz. Schon bald konnten die ersten Instrumente verkauft werden.
1952 erwarben sie von der Ziegelei August Meyer den angrenzenden Wald, der damals Sandabbaugebiet war. Das Doppelhaus (Ecke Schwemmsee/Pirckheimerweg) mauerte kurz darauf die Firma Röthel.
1956 erbauten sie im Wald eine große Fabrik. Viele Eltersdorfer Bürger verdienten hier ihr Brot. Es entstanden fast alle möglichen Streich- und Zupfinstrumente, die unter dem Markennamen Brüko hergestellt wurden und auf der ganzen Welt gespielt werden.
30.06.1990 war der letzte Arbeitstag, die Firma Brüder Kollitz erlosch. Heute stehen auf dem Werksgelände die westlichen Häuser des Pirckheimerwegs. Die Firma Herbert Kollitz in Kitzingen baut weiterhin Hawaii-Gitarren (Ukulele), die ebenfalls global vertrieben werden.  ...

Der Text stammt aus der Ortschronik von Eltersdorf, 2006 verfasst von Birkholz/Rohmer. Ich hoffe er findet viele interessierte Leser, viel Freude damit, hinnerk 

Bebopalula

Dankeschön Hinnerk, für die Teilung dieses Beitrages mit uns. :)

Für die historische Aufbereitung der Brüko-Firmengeschichte könnte es interessant sein, ehemalige Beschäftigte aus der Zeit von 1946 bis 1990 zu finden und zu interviewen und auch möglicherweise Firmendokumente aus dem Stadtarchiv Erlangens auszuwerten (falls es dort solche gibt). Für andere Forschende könnte die Firmengeschichte Herbert Kollitz in Kitzingen aufgearbeitet werden. Da müsste es viel Material bei den Pfeiffers geben. Ist vielleicht für Bachelor-Arbeiten im Musik- bzw. Instrumentenbau-Studium interessant.
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https://www.youtube.com/user/BebopalulaUke/videos

gerald

@hinnerk Vielen Dank für den schönen Text. Inhaltlich habe ich es ja ähnlich geschrieben,
aber nicht so schön formuliert, ich scheibe eben nur Forumsbeiträge und keine Chroniken.

Da sich der Text hauptsächlich auf die Zeit in Eltersdorf bezieht, kommt jedoch der hier
entscheidende Aspekt nicht so deutlich heraus: Viele dieser Geräte und Vorichtungen wurden
über die Jahre zwar immer instand gehalten und falls nötig ein wenig angepasst, aber ansonsten
wurden sie bis zum Schluss weitgehend unverändert genutzt.
Viele wesentliche Arbeitsschritte basierten eben auf diesen Gerätschaften, die in dieser Form
nicht mehr so ganz den heutigen Anforderungen an Arbeitssicherheit entsprachen.

Die Vorrichtung zum Biegen der Zargen sah schon sehr rustikal aus und es ist sehr gut möglich,
dass die Elektrik aus alten Flakscheinwerfern gebaut ist, das meinte ich jedoch nicht.
Bei einem Gerät gab es einen Griff, der seltsam geform und aus Aluminium war. Dieser Griff
war optisch ziemlich auffällig und führte oft zu einer Nachfrage mit der entsprechenden Antwort.

Ich müsste schauen, ob ich irgendwo ein passendes Foto finde, mit dem ich erklären könnte, was
ich da meine...