Paul Mansell-Classical Uke

Begonnen von Ukebychance, 09. Mai 2018, 08:20:32

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Ukebychance

Kleine Anregung für die Moderatoren: vielleicht wäre eine Rubrik sinnvoll, in der Bücher und E-Books mit Noten und Tabulaturen für Ukulele diskutiert werden könnten.  Ich schreibe es jetzt mal unter Theorie, aber so reine Theorie ist es ja nicht, Ukulele spielen hat ja auch was Praktisches...
Es geht um das Buch Classical Uke von Paul Mansell, das man auf seiner Website bestellen kann:
https://www.paulmansell.co.uk/prices Mit 10 Pfund für das Buch und 4 Pfund Versandkosten ist man da noch im grünen Bereich. ;)
Was auffällt ist, das die Arranngements für High-G und Low-G funktionieren sollen. Campanella-Elemente und Melodietöne auf der hohen G-Saite kommen also nicht vor.
Die Stücke sind hauptsächlich Adaptionen aus der klassischen Gitarrenliteratur, aber es gibt auch einige Renaissance-Stücke, wie z.B. die Masquerade

oder Bianco Fiore von Cesare Negri

Im Gegensatz zu Samantha Muir schreibt Mansell keinerlei Fingersätze in seine Noten, weder für die Greifhand noch für die Zupfhand. Hier ist also Kreativität gefragt...

Ukebychance

#1
Dann ist da ein Stück zu finden, das heißt Canario von einem Komponisten namens Carlo Calvi. Späte Renaissance, frühes Barock. Kannte ich bisher nicht, deshalb habe ich mir mal die Gitarrennoten angeschaut.
https://musescore.com/user/385716/scores/2799431
Im der Version von Paul Mansell fehlen aber einige Bassnoten oder es sind für mein Empfinden nicht die richtigen. Bei 0:05 und 0:12 zum Beispiel.

Toll gespielt, aber die Basstöne...
Ich habe deshalb für meine Version die Basstöne aus der Gitarrenfassung übernommen, wenn sie auf der fünften Saite waren, habe ich sie um eine Oktave nach oben versetzt.
Bei den Wiederholungen habe ich versucht, ein paar Verzierungen einzubauen.

isso

#2
Falls Du an Tabulaturen für Barockgitarre - also Quellen späterer Bearbeitungen für Gitarre bzw. Ukulele -  interessiert sein solltest: 

https://www.delcamp.net/pdf/carlo_calvi_intavolatura_di_chitarra_e_chitarriglia_bologna_1646.pdf

Hier findest Du etliche Stücke von Carlo Calvi, darunter auf der Seite 27 den Canario. Hatte ich hier auch mal in den membersounds eingespielt, inzwischen aber wieder gelöscht.

Die Gitarrenfassung bzw. Deine Version folgt, soweit ich höre, der o.g. Tabulatur: im ersten Teil also d + a anstelle des verdoppelten a bei Mansell. Bei Mansell fehlen im 2. Teil im Vergleich zur Tabulatur auch mindestens 2 Bassnoten, unverständlich, weil mit diesen besser klingend und immer noch sehr einfach zu spielen.

Ukebychance

Schade, dass deine Version gelöscht ist, hätte mich ja mal interessiert.

Danke auch, für den Link zu den Tabulaturen, aber die kann ich leider nicht entziffern.
Mein Italienisch ist auch  nicht so gut, dass ich die Erklärungen am Anfang verstehen könnte.

Warum Paul Mansell leicht zu greifende "Bass"-noten weglässt ist mir ein Rätsel.
Und ein paar Verzierungen würden dem Stück sicher auch gut tun...

isso

In diesem Fall handelt es sich um die italienische Tabulaturvariante (die andere ist die französische). Für die Übertragung auf Ukulele nimmst Du von oben nach unten die Saiten d (nicht vorhanden), g, c, e, a an. Für Gitarre entsprechend die Saiten A, d, g, h, e'. Wir bei der Ukulele gewohnt, bezeichnen die Zahlen die Bünde, also 0=leere Saite, 1=erster Bund usw. Insgesamt lässt sich die italienische Tabulatur wie eine Ukulelentabulatur lesen, mit dem Unterschied, dass oben und unten vertauscht sind und eine 5. Saite (repräsentiert durch die oberste Linie) hinzukommt.
Italienisch kann ich auch nicht, ist auch in diesem Zusammenhang nicht so wichtig. Die Tabulaturen fangen erst ab Seite 25 (Bergamasco) an. In den Seiten davor werden Stücke in einer speziellen Akkordnotation, dem Alfabeto, dargeboten, was aber hinsichtlich der Tabulaturen ab Seite 25 keine Rolle spielt.
Also: trau Dich. Es ist viel einfacher als Du vielleicht befürchtest.

Ukebychance

Ich war wohl nie bis Seite 25 vorgedrungen. Jetzt ist es mir klar, wie die Tabulaturen zu lesen sind.
Werde mich mal an dem ein oder anderen Stück versuchen, danke für den Link!

Ukebychance

#6
Und dann sind in Classical Uke noch einige Andantinos von Ferdinando Carulli. Ich habe, wie sich das gehört, mit Andantino 1 angefangen

Paul Mansell selbst spielt sein Arrangement mit tiefer G-Saite:

Also... irgend was stimmt da nicht. Als dritter Akkord ein Cmaj7! War Carulli ein Jazzer?
Im Original bewegt sich die Unterstimme im Abstand einer Duodezime(Terz+Oktav) zur Melodie.
Paul Mansell hat das durch Sextgriffe ersetzt. Je nachdem, welche G-Saite man spielt, entsteht dadurch die Terz nach oben oder die Sext nach unten. Also komplett neue Töne, die so in der Originalkomposition nicht vorkommen.
Von Wilfried Welti gibt es ein Arrangement dieses Andantinos, das viel authentischer klingt:

Ist wohl mit einer gewissen Fingerakrobatik verbunden, aber wie heißt es so treffend:
No pain, no gain!

Bebopalula

So macht Klassik-Hören Spaß, Danke! :)
___________________________________________
https://www.youtube.com/user/BebopalulaUke/videos

isso

Seit einiger Zeit praktiziere ich diese Yogaübung von Wwelti, von daher  fremdeln mich die Mansell-Versionen an, wobei die low-g-Variante noch einigermaßen angehen mag - liegt wohl weniger an Deinen Spielkünsten als an der Vorlage. Das Arrangement von Mansell wirft die Frage auf, ob man klassische Stücke als Akkordfolgen betrachten will, bei denen die Stimmlagen ohne weiteres austauschbar und auch während des Stücks einfach zu wechseln wären. Offensichtlich ist er da nicht so zimperlich. Zum Maj7: große Septimen kommen halt auch in klassisch/romantischer Musik (auch im Original des Stücks von Carulli: 3. Takt G-fis) vor, zumal beim Orgelpunkt, allerdings eher als auflösungsbedürftiger Durchgang und nicht als Ruhepol wie beim Maj7 der Jazzer.   

Ukebychance

ZitatSo macht Klassik-Hören Spaß, Danke!
Ich danke DIR für dein Interessse!
ZitatDas Arrangement von Mansell wirft die Frage auf, ob man klassische Stücke als Akkordfolgen betrachten will, bei denen die Stimmlagen ohne weiteres austauschbar und auch während des Stücks einfach zu wechseln wären.
Was mich an Mansells Arrangement des Carulli-Andantinos stört, ist weniger, dass die Stimmlagen vertauscht werden, als dass neue Töne hinzugefügt werden, die so im Original nicht vorkommen.
Eine nicht dem Original entsprechende Stimmführung gibt es in dem Stück, das ich als nächstes vorstellen möchte, Carcassis Allegretto. Im Original ist das im C-Dur Kapitel seiner Gitarrenschule.
Die habe ich wieder ausgekramt und das Allegretto auf meiner Cordoba Mini gespielt um es nach F-Dur zu transponieren, die Tonart, in der auch Mansells Ukulelenbearbeitung steht.

Dann habe ich Mansells Ukulelenfassung gespielt.

Was auffällt ist, dass die tiefen Akkordgrundtöne in den Takten 2,3,4,6 und 7 durch höhere Akkordtöne auf der hohen G-Saite ersetzt werden. Dadurch bleibt die Finger-Bewegung ähnlich der Bewegung bei der Gitarrenversion, der Klang ist aber ein anderer.

Zusammenfassend kann man wohl feststellen, dass die Bearbeitungen von Paul Mansell keine allzu hohen technischen Anforderungen stellen und somit auch für Klassikanfänger geeignet sind.
Dafür muss man dann Abstriche beim klanglichen Vergleich mit dem Original machen.
Von Samantha Muir gibt es auch eine Bearbeitung des Carcassi-Allegrettos, die scheint aber technisch etwas kniffliger zu sein. Vielleicht werde ich das mal im Sanantha-Muir-Thread vorstellen, wird aber wohl noch ein Weilchen dauern...

Hummel

#10
Ich nutze das Buch schon eine Weile für die Arbeit- klingt noch lange nicht so flüssig wie bei euch, aber mein "Publikum" ist auch nicht übermässig anspruchsvoll. Halt der Unterschied zwischen Töne treffen und gut gespielt. Nun habe ich 2 Fragen:
1. Kann es sein dass es bei den Tabs ein paar Druckfehler gibt?
Seite 10 Andante Takt 15 zweiter Ton Notenschrift C Tab f / Takt 20 erster Akkord Notenschrift gC Tab gg
Seite 13 Nonesuch sind lt Tab die Takte 2, 6, 10, 14 immer gleich mit einer Dissonanz - kleine Sekunde gf am Anfang, aber bei der Notenschrift ist im Takt 2 gg.
2. Wir spielt ihr die Bindebögen bei Bianco Fiore? Bei Kemps Jig gibt es die Angabe ham/pull bei Bianco fiore gibt es keine Angaben. Komischerweise stehe die Bindebögen auch nur in der Tabulatur.  Es gibt ja auch die Möglichkeit einfach zu gleiten.
Takt 1 und 5 setze ich schon einen Finger auf das fis und mache pulloff, da ich den Griff nicht ganz lösen kann weil g und d  Dreischlagnoten sind. Takt 6 ist klar - geht nur pulloff. Takt 9 und 11 ginge pulloff mit vorbereitetem Finger links auf der tieferen Saite oder ich gleite zurück. Takt 13 der erste Bindebogen geht wohl nur als pulloff, bei dem zweiten habe ich die Wahl.
Ich hoffe ich habe mich nicht total unverständlich ausgedrückt.    Das Problem bei den kleinen Unvollkommenheiten liegt eventuell daran, dass es nicht vom Verlag aus lektoriert - also gegengelesen - wird und sich privat einen Notenlektor zu nehmen, kann teuer sein.
Allgemein finde ich das Buch schon geglückt in der Auswahl der Stücke und es scheint mir eine bewußt nicht zu schwere Bearbeitung gefälliger Stücke- bestimmt ideal für Vorspiele von Schülern zB einer Musikschule.


Ukebychance

Hallo Hummel,
schön, dass du nach einer gewissen Sendepause wieder mitmischst.
Am heutigen Samstag finde ich endlich mal die nötige Zeit und Ruhe, etwas ausführlicher auf deine Fragen zu antworten.
ZitatSeite 10 Andante Takt 15 zweiter Ton Notenschrift C Tab f / Takt 20 erster Akkord Notenschrift gC Tab gg
In Takt 15 müsste wohl eine 0 auf der leeren C-Saite in den Tabs stehen wie in Takt 13.
Das Stück ist übrigens Nr.1 von Sors op.31. Da gibt es jetzt von Samantha Muir auch eine Bearbeitung von.
Werde ich irgendwann mal vergleichen.
ZitatSeite 13 Nonesuch sind lt Tab die Takte 2, 6, 10, 14 immer gleich mit einer Dissonanz - kleine Sekunde gf am Anfang, aber bei der Notenschrift ist im Takt 2 gg
Die Melodie geht hier klar zum F, die Tabulatur stimmt, die Noten sind falsch.
Zitat
Wir spielt ihr die Bindebögen bei Bianco Fiore?
Ich spiele sie als Abzugs-und Aufschlagbindungen.
Auf der beiliegenden CD macht Paul Mansell es ähnlich, nur dass er als Engländer Pull-Offs und Hammer -Ons spielt. ;)
Bianco Fiore hat mir von den Stücken, die ich aus dem Buch bisher gespielt habe übrigens am besten gefallen.
Es hat mich auch zu einem kleinen Weiße-Blumen-Quiz inspiriert:

Hummel

Danke für deine ausführliche Antwort und das Blumenquiz! Weiße Sonnenblumen kannte ich noch gar nicht!

Hummel

#13
So eine Buchvorstellung finde ich übrigens sehr hilfreich und interessant.
Ich habe mir mal den Link zu den Originaltabs angesehen ab S 25, einfach um es zu kapieren.
Oberste Reihe wäre die bei der Uke nicht vorhandene D-Saite,  die Töne dort müssen -notfalls oktaviert-  halt auf den anderen Saiten untergebracht werden. Da es Bassnoten sind kann man sie auch weglassen, falls es gar nicht klappt.
Die zweite Reihe von oben  entspricht der untersten bei der normalen Ukentabulatur bei Low- G. Da das meist auch Bassnoten sind würden sie bei reentranter Stimmung automatisch oktaviert, wäre die Frage ob das dann noch gut klingt.
Die drittevon oben  entspräche der zweituntersten bei Uke , also C- Saite. Die vierte von oben im Original dann der drittuntersten bei Uke also E- Saite . Die fünfte und unterste schließlich entspricht der obersten bei der Uke also a.
Die Töne auf der a und e Saite sind unproblematisch, sie entsprechen genau den Tönen der Barockgitarre, sind vermutlich auch meist Melodienoten. Die Meoldie umszusetzen klappt also recht einfach. Die Noten für die Akkorde muss man sich aber notfalls noch mal neu zusammenbasteln , ev oktavieren oder wie es Mansell teilweise gemacht einen weglassen und eventuell statt dessen einen anderen  verdoppeln. Solange man den Bass nur als Akkord sieht ist das nicht zu schwer. Wenn aber eine richtige Basslinie vorhanden wäre, die ergänzend zur Melodie läuft, könnte es schwierig werden .
Habe ich das richtig verstanden?  ::)
Wo ich Probleme habe sind die Notenwerte. Das sind sicher die Noten mit Hälsen die über den Tabs stehen. Wird da nur die Melodielinie angegeben? 
Tante Edith meint, dass ich nicht weiß welche der verschiedenen Stimmungen der Barockgitarre dieser Tabulatur zu Grunde liegen. Doppelsaiten okatviert oder nicht.

Ukebychance

Oh! Seit ich das letzte Mal hier war, hat sich der letzte Post aber ganz schön erweitert.
Aber die Frabe nach den Calvi-Tabulaturen kann dir wohl Isso besser beantworten, ich wollte mich damit ja mal beschäftigen, habe aber bisher nicht die nötige Zeit und Ruhe gefunden.
Dafür habe ich noch ein kleines Sor Andante aus dem Paul Mansell Buch gespielt.
Um das Stück kennenzulernen habe ich mir bei der Guitar School of Iceland die Noten für die ersten zwölf Etüden Opus 31 runtergeladen: https://www.classical-guitar-school.com/en/Download/1090
Abkühlung hat das zwar keine gebracht, aber Nummer 1 ist nicht so schwer, das kann man auch im Rekordsommer noch einigermaßen meistern. Ich habe das auf meiner Terzgitarre versucht:

Danach habe ich mich der Ukulelenbearbeitung von Paul Mansell gewidmet. Was da erst mal auffällt ist, dass keine Wiederholungszeichen vorkommen. Das wäre mir aber ein bisschen kurz gewesen, deshalb habe ich die zwei Teile je zwei mal gespielt. Das klingt dann so:

Also, ich finde die Bearbeitung recht gelungen. Manchmal fehlen die Basstöne, aber es kommen wenigstens keine Fantasietöne darin vor. Für Klassikeinsteiger auf jeden Fall zu empfehlen.