Ukulelenboard

Ukulelenboard => Alles was sonst noch anfällt => Thema gestartet von: Uketeufel am 13. Jan 2010, 08:10:37

Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 13. Jan 2010, 08:10:37
Jeff, unser \"JNOteast\", bittet um Übersetzungshilfe. Er hat ein Päckchen mit alten Noten gekauft und darin einen alten Brief gefunden, geschrieben in Würzburg 1870. Nun möchte er gern wissen, was darin steht. Ich habe meine Eltern gefragt, und die haben bereits eine grobe Übersetzung gemacht. Leider ist die Schrift schlecht zu lesen. Vielleicht gibt\'s hier noch Schriftkundige, die weiterhelfen können.
Übersetzung (http://www.raimund-sper.de/Bilder/translationjeff.doc)

http://www.raimund-sper.de/Bilder/1870Cover.jpg
http://www.raimund-sper.de/Bilder/1870p1.jpg
http://www.raimund-sper.de/Bilder/1870p2.jpg
http://www.raimund-sper.de/Bilder/1870last.jpg
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: uschaurischuum am 13. Jan 2010, 10:23:00
Ein richtig spannender Beitrag! Ich werde die Dateien mal meinem Neffen zusenden, damit der sie meiner Mutter zum Lesen zeigt. Sie ist 80 Jahre alt und kann zwar nicht besonders gut Sütterlin schreiben, aber lesen. Meine Großmutter in Polen konnte nur Sütterlin, was zur Folge hatte, dass während des kalten Krieges, der ja ziemlich lange dauerte, keine Post von ihr nach Westdeutschland gelangen konnte.

Vielleicht kann ja aber hier noch jemand diese schöne Schrift. In den späten 60ern wurde sie in manchen Schulen noch als Schönschreib-AG unterrichtet!
http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCtterlinschrift

Ooops, jetzt war ich zu langsam, die Übersetzung ist ja schon da!

Grüße, Ukie
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Kay am 13. Jan 2010, 10:45:59
Sütterlin kann ich einigermaßen. Ich müsste nur mal Zeit finden ^^
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: HEiDi am 13. Jan 2010, 14:09:47
Zitat von: Ukie der WookieeOoops, jetzt war ich zu langsam, die Übersetzung ist ja schon da!

... aber nur die grobe von des Teufels Eltern, oder?
Die konnte ich zunächst nicht öffnen - jetzt geht es.
Ein paar Kleinigkeiten lese ich anders, manches kann ich aber auch gar nicht entziffern.
Vor allem gegen Ende - da war der Schreiber wohl in Eile und musste wieder zum Exerzieren.  ;)
Also frag doch ruhig Deine Mutter!  :)
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: vinaka am 13. Jan 2010, 15:53:05
Zitat von: Ukie der WookieeOoops, jetzt war ich zu langsam, die Übersetzung ist ja schon da!



Da martere ich mein Hirn, und der Teufel hat die Aufgabe gelöst !
Naja, mal wieder die alte deutsche Schrift geübt - das schlimmste war das \"St\", wusste nicht mehr, dass das ein Buchstabe ist !
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 13. Jan 2010, 16:07:25
Nee, gelöst nicht. Meine betagten Eltern konnten ja vieles lesen, aber einige Stellen sind undeutlich geschrieben. Zum Beispiel \"Steinfurt an der Varel\" kann wohl nicht stimmen, das liegt doch ganz woanders. :shock:
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: uschaurischuum am 13. Jan 2010, 17:06:04
Zitat von: UketeufelNee, gelöst nicht. Meine betagten Eltern konnten ja vieles lesen, aber einige Stellen sind undeutlich geschrieben. Zum Beispiel \"Steinfurt an der Varel\" kann wohl nicht stimmen, das liegt doch ganz woanders. :shock:

...vielleicht war der Autor ja auch etwas verwirrt, dass kann beim Militär schon mal vorkommen. Was wohl die französischen Soldaten in Würzburg machten, im Krieg oder kurz vor dem Krieg? Ein Fall für einen Historiker!
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 13. Jan 2010, 18:16:47
@Goschi, Du bist ja ein Fuchs! Mr. Holmes und Dr. Watson in einer Person:) Klasse!
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: ukefloh am 13. Jan 2010, 18:19:42
unsre Oma liests mir morgen ganz vor  :mrgreen:
 ich muss schreiben - sie versteht jedoch nicht warum ich nicht selber lese :mrgreen:
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: vinaka am 13. Jan 2010, 18:41:57
Zitat von: GoschiZum Beispiel ist \"Steinfurt an der Varel\" für mich ziemlich sicher \"[...irgendeinunleserlicherOrtsname...] bei Neustadt an der Saal. Haus Nr. 99.\" Würde auch zum Poststempel passen.

Die \"Schenkel\" sind vermutlich keine, denn das Sch von \"Scheiben Schießen\" sieht eben grade anders aus. Ich könnte evtl. \"Blenkel\" annehmen, es könnte das Plänkeln beim Militär gemeint sein!
Ah, und \"Schreksmiß\" ist eher Frankreich. :D


Der erste Buchstabe bei \"Schenkel\" ist ein großes B. \"Blenkel\" lese ich auch.
Das tüfteln geht weiter - wir sind noch lange nicht fertig.
Am Meisten interresiert mich, wozu die Franzosen \"Festungs ....\" nicht zu brauchen waren.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: vinaka am 13. Jan 2010, 19:06:06
Zur Anschrift: Es ist \"bei Neustadt an der Havel\". Das große H hat er wie ein großes V geschrieben.
Der Brief war für \"Georg Nöth wittege\" - an die Witwe von Georg Nöth.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: jazzjaponique am 13. Jan 2010, 19:14:45
Also hier im Havelland gibt es ein Neustadt, aber das heisst dann Neustadt an der Dosse oder gibt es noch ne Havel irgendwo?
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: jnoteast am 13. Jan 2010, 19:15:08
Thank you all for helping me decipher this letter. I am fascinated with the letter since I have collected postage stamps in the past and also have several old letters. None of those are of any significance though. This letter is written just about the time that postage stamps where invented. Too bad there was not a first German Stamp on it too - it would probably be worth a fortune.

Do you think this is correct? aufmaschieren \"to parade\" means \"to march\".

By the way, I came across the letter in the bottom of a large box of about 500 pieces of sheet music that I bought last weekend at a fleamarket. The music was a collection of songs from 1890 to about 1950 and belonged to a musician in Portland, Oregon, which is in the Western United States just above California.

I have not sent the UkeDevil anything recently since I have been doing a blog, called \"Humble uker\" for about 15 months now. j-not-east
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: uschaurischuum am 13. Jan 2010, 19:32:17
Zitat von: Goschi- Es gibt einen Ort Brendlorenzen bei (Bad) Neustadt an der Saale. Auch der Poststempel verweist darauf.
- Es gibt dort die Familie Nöth
- Es würde im Jahr 1870 wenig Sinn machen, dass jemand von der Havel im K.B. (Königlich-bayrischen) Infanterieregiment dienst. Neustadt an der Saale gehört dagegen zu Unterfranken und damit nach Bayern - wie auch Würzburg. Auch wenn letztere natürlich genau genommen in Franken liegt... ;)
- Und schließlich: ich finde keinen Ort namens Neustadt an der Havel.

Super Goschi, du bist ganz schön weit gekommen. Eigentlich sollte jemand die Familie Nöth über diesen Fund informieren! Es wäre ganz bestimmt eine große Überraschung für sie!
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: uschaurischuum am 13. Jan 2010, 19:57:22
Für das Regiment aus Würzburg begann der kriegerische Einsatz am 4. August 1870 in Weißenburg im Elsaß:
An der Schlacht von Weißenburg waren auf deutscher Seite 22 Bataillone, auf französischer Seite 11 Bataillone beteiligt.... Die Verluste waren auf beiden Seiten erheblich. Auf deutscher Seite gab es 700 Tote, Verwundete und Gefangene, auf französischer Seite über 1000....

Was waren es wohl für \"Franzosen\", die auf preußischer Seite kämpften, und zuvor in Würzburg stationiert waren? Vielleicht Soldaten aus Baden oder dem Saarland?
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: vinaka am 13. Jan 2010, 20:49:34
Zitat von: Goschi
Zitat von: vinakaZur Anschrift: Es ist \"bei Neustadt an der Havel\". Das große H hat er wie ein großes V geschrieben.

Du weißt, ich widerspreche dir ungern. :D Sag zu mir \"Klugscheißer\" oder andere schmutzige Worte - aber in diesem Fall stehe ich aus mehreren Gründen zu dem, was ich oben \"übersetzt\" habe: ;) :D

- Es gibt einen Ort Brendlorenzen bei (Bad) Neustadt an der Saale. Auch der Poststempel verweist darauf.
- Es gibt dort die Familie Nöth
- Es würde im Jahr 1870 wenig Sinn machen, dass jemand von der Havel im K.B. (Königlich-bayrischen) Infanterieregiment dient. Neustadt an der Saale gehört dagegen zu Unterfranken und damit nach Bayern - wie auch Würzburg. Auch wenn letztere natürlich genau genommen in Franken liegt... ;)


Da muss ich dir recht geben.
Neustadt an der Havel ist heute ein Stadtteil von Brandenburg an der Havel. Die \"Havel\" hatte ich zuerst gelesen, aber in dem Zusammenhang ist es wohl das falsche Neustadt.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: vinaka am 13. Jan 2010, 21:20:21
Zitat von: GoschiMeine Geschichtskenntnis reicht nicht aus um das zu belegen: aber für mich hört sich das eher nach französischen Kriegsgefangenen an.

Der Brief ist vom Oktober - also waren das wohl Kriegsgefangene. Am 4. August hatten  Würzburger Einheiten im Elsass gegen die Franzosen gekämpft.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: fritz am 14. Jan 2010, 10:56:46
sehr interessanter thread.

@ raimund
vielleicht sollte man der familie den brief in irgendeiner form zukommen lassen.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 14. Jan 2010, 13:39:31
Werd ich machen, sobald wir die Übersetzung zusammenhaben. :)
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 15. Jan 2010, 09:23:20
So sieht der Text bis jetzt aus: Übersetzung (http://www.raimund-sper.de/Bilder/translationjeff.doc)
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 04. Feb 2010, 11:33:03
Inzwischen habe ich einige Nöths abtelefoniert, die aber alle keinen falimiären Bezug sahen. Einer der Angerufenen hat mich dann mit einem örtlichen Heimat- und Namensforscher in Kontakt gebracht. Dessen Mutter war auch eine Nöth. Er sagt, dass unsere Übersetzung im Wesentlichen korrekt ist. Der Briefschreiber ist also ein junger Soldat ziemlich am Anfang des deutsch-französischen Krieges 1870/71, der sich auf den Froneinsatz vorbereitet. Dabei erlebt er die Ankunft der ersten französischen Kriegsgefangenen.

Der Heimatkundler wird versuchen, Nachfahren des Briefschreibers zu finden und uns bzw. Jeff dann darüber informieren. Das kann aber dauern.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: HEiDi am 05. Feb 2010, 11:29:58
Die Übertragung, die meine Mutter gemacht hat, liegt noch bei ihr zu Hause - hole ich bald mal ab.  :)
Für UkuLily ist das auch gerade sehr interessant, weil sie in der Schule gerade das Thema \"Vom Federkiel bis zum Laserdrucker\" hat.
Titel: Brief von 1870
Beitrag von: Uketeufel am 12. Feb 2010, 21:11:59
Der Heimatkundler hat sich daran gemacht und im Pfarramt von Brendlorenzen recherchiert. Dabei hat er festgestellt, dass das Haus, das damals die Nummer 99 trug, heute noch existiert. Es steht gerade leer und zum Verkauf. Der Heimatkundler konnte auch den Stammbaum des Briefschreibers bis heute zusammenstellen. Der letzte Besitzer des Hauses ist schon länger verstorben, aber der hat zwei Töchter und einen Sohn. Den Sohn konnte der Heimatkundler bereits ermittelt, er arbeitet bei einem namhaften Münchener Automobilhersteller (Datenschutz...). Er will mit ihm Kontakt aufnehmen und ihm den Brief zur Kenntnis bringen. Mal sehen, was er dazu sagt.

Also eine höchst spannende Geschichte, die uns Jeff da geliefert hat. :)
EhPortal 1.39 © 2024, WebDev