Ukulelenboard

Ukulelenboard => Theorie, Technik, Aufnahme => Theorie => Thema gestartet von: -Jens- am 14. Dez 2011, 19:19:15

Titel: Taktfrage
Beitrag von: -Jens- am 14. Dez 2011, 19:19:15
Kann mir mal jemand versuchen zu erklären, was der Unterschied zwischen einem 12/8 Takt und einem 4/4 Takt, gespielt in Triolen, ist?
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Floyd Blue am 14. Dez 2011, 19:36:44
Nach dieser Seite: http://www.lehrklaenge.de/HTML/eigenschaften_von_taktarten.html sind beide Taktarten gleichwertig.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Uhu am 14. Dez 2011, 19:37:20
Ich sehe/höre zunächst keinen Unterschied. Aber: Angenommen, ich komponiere ein Musikstück und frage mich, welchen der beiden Takte ich nehme, dann nehme ich den 12/8-Takt, wenn meine Melodie überwiegend im m-ta-ta-Rhythmus bleibt, und den 4/4-Takt, wenn die m-ta-ta-Triolen nur eingestreut sind, ansonsten aber gewöhnliche Viertel und Achtel vorherrschen.

Dann gäbe es noch ein pädagogisches Argument: Triolen machen vielen Schülern Schwierigkeiten. Ein 12/8-Takt sieht \"leichter\" aus. Aber daran orientiere ich mich nicht, ich erwarte, dass meine Schüler Triolen kennen und spielen können.  :mrgreen:

Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Gruß vom Uhu
Titel: Taktfrage
Beitrag von: -Jens- am 14. Dez 2011, 19:55:39
Heiße Seite, Ralf, danke! Vielleicht ist es mir aus notationstechnischen Gründen begegnet. Ich dachte, wenn es so dramatische Unterschiede gibt zwischen 3/4 und 6/8, könnte es irgendwas auch 12/8 auf sich haben. Nach der Seite ist dem wohl nicht so.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: -Jens- am 14. Dez 2011, 19:59:16
Begegnet ist es mit bei einem Band-Arrangement für \"What a wonderful world\", welches im 12/8-Takt notiert war. Wenn man nun als Jazzer im Triolenfeeling spielt, mag es einfacher sein, es in 12/8 zu notieren. Aber wie gesagt, ich hab keine Ahnung. Daher die Frage.

P.S. Lieber Uhu, bei dir hätte ich gerne Triangel oder Trommel-Unterricht, den meine Rhythmik basiert meist auf Zufall, wahrscheinlich, weil ich mich als Jugendlicher vor der Tanzschule gedrückt habe. Und jetzt ist Rhythmik eben wieder ein anderes Buch mit sieben Siegeln :)
Titel: Taktfrage
Beitrag von: allesUkeoderwas am 14. Dez 2011, 20:39:42
Als Universaldilletant hier meine \"nicht-wissenschaftliche\" Erklärung:

x/4tel ist alles, aber die sogenannten \"8-Beat-Rythmen\" gehen meist über 2 x/4tel-Takte, bevor sie sich rythmisch widerholen.
Betrachtet man Bass und Schlagzeug sind diese 2 x/4tel stark synkopiert.

Typisch für Latinomusik oder viele Jazz-Stücke. Ob jemand versteht, was ich meine ???  :roll:

Falls ich mich zu blöd ausdrücke, hörst Du hier....

http://www.freewebs.com/learnthedrums/basic128beats.htm
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Floyd Blue am 14. Dez 2011, 20:50:27
Ich denke, es geht um\'s Aufschreiben. Gerade Notenwerte lassen sich doch etwas einfacher schreiben als Triolen.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Spottdrossel am 14. Dez 2011, 21:13:02
Indeed, it\'s easier to notate than editing oodles of triplets in 4/4.

12/8 seems good for blues as well or for that \"waterfall\" sounding music!
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Floyd Blue am 14. Dez 2011, 21:28:30
Manchmal wird auch über einem Stück folgendes angegeben, wenn es im 4/4 Takt notiert ist aber durchgängig triolisch (ternär, swing) gespielt werden soll:

(https://fbcdn-sphotos-a.akamaihd.net/hphotos-ak-ash4/393640_337567776269406_100000485580633_1376602_1398302736_n.jpg)
Titel: Taktfrage
Beitrag von: QuintusNSachs am 14. Dez 2011, 21:30:56
Eigentlich ist es ganz einfach; wenn du im 4/4 Takt Rock spielst, sind alle 8tel gleich lang. Wenn du aber \'swing feel\' spielst, oder \'uneven eights\', dann ist der 2. immer \'zu spät\'. Damit zögerst du, um den erst kurz vor dem nächsten Taktschlag anzusetzen. Wenn ich schnell notieren möchte, schreibe ich 4/4, und über der Partitur schreibe ich \'swing feel\', oder \'uneven 8\' oder in Noten; 8tel 8tel = 4tel 8tel. Über den Noten hinter dem =-Zeichen steht der Triol-Bogen. Der Vergleich mit Jazzmusik läuft nicht so gut, weil Jazz ja Swing hat (uneven 8) jedoch auch Latin (even 8). Meistens spricht man von Rock oder Latin wenn man \'even 8\' möchte, von Swing wenn man \'uneven 8\' möchte.  Das Status Quo sowohl \'even 8\' spielt (\'Rockin\' All Over The World\') als auch \'uneven 8\' (\'Whatever You Want\') ist irrelevant. Bei Latin kann man jede 8tel Note betonen. Deshalb auch die vielen Rhythmen in Lateinamerikanische Musik.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Ole Lele am 15. Dez 2011, 18:09:35
Ich muss da mal entschieden widersprechen: Zwischen 12/8 und 4/4 mit Achteltriolen liegt ein erheblicher Unterschied, ähnlich dem zwischen 4/4 und 2/2. Rein rechnerisch und vom Betonungsmuster her bleibt zwar alles gleich, aber Groove, Tempoempfinden, Atem sind trotzdem anders. Die rechnerisch gleichen Noten laufen im 4/4 flüchtiger, im 12/8 ausbuchstabierter. Bei einer midi-Datei wird man keinen Unterschied feststellen, aber ein Mensch erlebt die Geschwindigkeit ganz anders, je nachdem ob er in Achteln oder Vierteln denkt, und das schlägt sich im Ausdruck nieder.

Oft fließen genretypische Muster ein, die den Takt festlegen. Bei \"What a Wonderful World\" in der bekannten Fassung mit Louis Armstrong ist es zum Beispiel der Backbeat auf dem zweiten und vierten Schlag, der dies eindeutig zu einem 4/4-Takt macht.

Die ausbuchstabierten 4 x 3 Achtel ermöglichen, wenn alle Stimmen dem folgen, beim 12/8 ein Walzergefühl, wie man es z.B. von Billy Joels \"She\'s Always a Woman\" kennt - für mich das 12/8-Paradebeispiel. (Das Stück enthält reizvolle Taktwechsel durch eingestreute 6/8 und 9/8.) Schuberts Ave Maria mag zwar im Vorspiel walzerartig anmuten wegen der Arpeggien in Sechzehntelsextolen, aber die Gesangsstimme geht langatmig und duolisch dagegen an - also 4/4.

Ich empfehle jedem, dem der Unterschied nicht klar ist, mal diese drei Stücke im Vergleich zu hören.

Der Vergleich mit Jazzmusik läuft vor allem deshalb nicht so gut, weil es hier um etwas ganz anderes geht als die rhythmische Gestaltung der Achtel, zumal \"Triolisierung\" das Phänomen \"Swing feel\" nur näherungsweise beschreibt. Zum Thema Latin schließlich sei darauf hingewiesen, dass zum einen die Zweitaktigkeit der rhythmischen Zellen lediglich von der Bequemlichkeit herrührt, lieber zwei Takte Achtel zu schreiben als einen Takt Sechzehntel. Zum anderen greift, wie erwähnt, das Betonungssystem unserer Takteinteilung eh nicht. Dafür setzt nun der Clave eine Ordnung. So spielt man etwa in der einen Hälfte der rhythmischen Zelle mehr on-beat als in der anderen - es herrscht also keineswegs Beliebigkeit! Natürlich kann man con oder contra clave spielen, so ähnlich wie man im oder gegen den Takt spielen kann, aber man muss schon wissen, was man tut.

Viele Grüße
Ole

edit: Ach ja, was die Vereinfachung angeht, 12/8 statt 4/4 zu schreiben, damit man nicht dauernd Triolen kennzeichnen muss, so erledigt man das ganz einfach, indem man sie in den ersten beiden Takten brav ausweist, aber in den dritten einfach simile, (weiter Triolen) oder (triplets continue) setzt und gut ist.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: allesUkeoderwas am 15. Dez 2011, 19:32:49
Danke Ole, sehr verständlich beschrieben, das glaube selbst ich zu verstehen.  :shock:

Hiermit bin ich nicht so ganz einverstanden...

Zitat von: Ole LeleZum Thema Latin schließlich sei darauf hingewiesen, dass zum einen die Zweitaktigkeit der rhythmischen Zellen lediglich von der Bequemlichkeit herrührt, lieber zwei Takte Achtel zu schreiben als einen Takt Sechzehntel....

Meine Denke:

Als Beispiel die 3-2 Son Clave... Ich bin der Meinung, man will mit der 2-Taktigkeit dokumentieren, daß der eine Takt 3 Schläge hat und der andere 2.
Diese Art der Notierung ist übersichtlicher, als wenn man alles in einen Takt packt.
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Ole Lele am 15. Dez 2011, 23:38:20
In Cuba, wo die Son-Clave ja herkommt, ist es üblich, die Clave in einem Takt in Sechzehnteln zu notieren; die zweitaktige Notation in Achteln stammt aus den USA, ebenso wie die Unterscheidung und Benennung von 2-3 und 3-2.

Die traditionelle Haltung in Cuba ist, dass diese Unterscheidung unsinnig sei und es nur eine Son-Clave gebe. Mir fällt da als Vergleich ein, dass unser individueller Gang der gleiche bleibt, egal ob wir mit dem linken oder mit dem rechten Bein unseren ersten Schritt tun. Die beiden Seiten sind durchaus unterschiedlich, bilden aber eine Einheit, die man nicht künstlich trennen muss. (Ein guter Kompromiss ist es, bei zweitaktiger Schreibung nicht 4/4 sondern 2/2 zu zählen, so dass man insgesamt wieder auf 4 Taktschläge pro Clave kommt, nicht 8.)

Man soll dabei auch nicht vergessen, dass die Clave auch da ist, wenn ihr charakteristischer Rhythmus nicht erklingt, so wie der Takt ja auch da ist, wenn man ihn nicht laut mitzählt. Es geht dabei ja nicht darum, ob man zwei oder drei Schläge spielt, sondern wann man welchen Bezug  zum Metrum hat. Mein Adventskalenderbeitrag dieses Jahr ist z.B. (bei allen Mängeln) erkennbar in 2-3 Clave, obwohl ich den eigentlichen Clave-Rhythmus gar nicht spiele.

Viele Grüße
Ole
Titel: Taktfrage
Beitrag von: apfelrockt am 15. Dez 2011, 23:55:31
boahhh, wenn ich das alles hier lese, frag ich mich, wie ich überhaupt jemals Musik machen konnte. Aber vielleicht bin ich ja ein Genie, und habe das alles aus dem Bauch heraus gemacht ohne jemals zu verstehen........

Wieso (fragt sich der Bruchrechner in mir) ist 12/8 gleich 4/4 ??????
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Ole Lele am 16. Dez 2011, 00:21:37
Bei gleicher Schlagzahl pro Minute dauert ein 12/8-Takt (auf jeden Schlag eine Achtel) natürlich drei Mal so lang wie ein 4/4-Takt (auf jeden Schlag eine Viertel). Gemeint ist, dass man den 4/4 so langsam spielt, dass seine Triolenachtel genauso schnell sind wie die Achtel des 12/8, dann ist 12/8 = 3/2 * 4/4. Der Faktor 3/2 kommt daher, dass man Triolen gegen Duolen setzt.

Du hast völlig Recht mit dem \"aus dem Bauch heraus\" machen. Das war ja gerade meine Kritik: Dass etwas rechnerisch gleich ist, heißt eben noch lange nicht, dass es sich beim Spielen gleich anfühlen würde.

Viele Grüße
Ole
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Floyd Blue am 16. Dez 2011, 00:40:46
Letzendlich sind alle Methoden der musikalischen Dokumentation nur Abstraktionen des realen musikalischen Ausdrucks, egal wie detailliert. Das beste ist wohl, Stück anhören, Dokumentation als Anhaltspunkt nehmen und dann \"richtig\" spielen...
Titel: Taktfrage
Beitrag von: allesUkeoderwas am 16. Dez 2011, 13:46:14
Zitat von: Floyd BlueDas beste ist wohl, Stück anhören, Dokumentation als Anhaltspunkt nehmen und dann \"richtig\" spielen...

Genau: Im Zweifel entscheide Dich stets für das Richtige, das ist nie verkehrt ...  ;)

Wenn ich Ole richtig verstanden habe, ist selbst das erlaubt....

http://en.wikipedia.org/wiki/File:3-2_son_clave_8-8.png

Und ich hab das immer für einen üblen Scherz gehalten  :roll:
Titel: Taktfrage
Beitrag von: Ole Lele am 16. Dez 2011, 18:49:40
Nein, so sollte man es nicht machen. Clave beruht auf einem  vierschlägigen Puls, keinem achtschlägigen, also zählt man besser Viertel, nicht Achtel:

http://en.wikipedia.org/wiki/File:3-2_son_clave_4-4_one_measure.png
Wobei die Betonungsangaben leider auch in dieser Abbildung nicht sinnvoll sind. Und das ist auch wirklich kein Scherz, man zählt und schreibt in Cuba einen Takt pro Clave.

Warum ist es wichtig, ob man Viertel oder Achtel zählt? Bei unseren Kinder- und Volksliedern macht es tatsächlich keinen großen Unterschied, ob man \"1, 2, 3, 4\" oder \"1 und 2 und 3 und 4 und\" zählt. Hier aber geht es um Polyrhythmik. Clave ist stark synkopiert, und es fühlt sich ganz anders an, ob man dagegen Achtel oder Viertel klopft.

Wer verstehen will, was ich meine, kann ja mal die Übungen a) bis c) probieren: Die linke Hand klopft immer Metrum, die rechte Hand dagegen Triolenviertel. Triolen sind uns etwas vertrauter als Clave, und die Rhythmen a) bis c) kennen wir alle; trotzdem wird es für viele spätestens bei c) schwierig - dabei wird lediglich das Metrum feiner unterteilt.

a) Triolenviertel im 2/2
LH -X-----x-----X-----x-----X-----x-----X-----x-----X-
RH -x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-x-

b) Triolenviertel im 4/4
LH -X-----x-----x-----x-----X-----x-----x-----x-----X-
RH -x---x---x---x---x---x---x---x---x---x---x---x---x-

c) Triolenviertel im 8/8
LH -X-----x-----x-----x-----x-----x-----x-----x-----X-
RH -x-------x-------x-------x-------x-------x-------x-

d) 3-2-Son-Clave im 4/4
LH -x-----x-----x-------x---x-------x-----x-----x-------x---x--------
RH -X-------x-------x-------x-------X-------x-------x-------x--------

e) 3-2-Son-Clave im 8/8
LH -x-----x-----x-------x---x-------x-----x-----x-------x---x--------
RH -X---x---x---x---x---x---x---x---X---x---x---x---x---x---x---x----


Bei d) und e) klopft die linke Hand Clave und die rechte Metrum. Interessant sind die Entsprechungen einerseits zwischen d) und c) und andererseits zwischen e) und b). Das liegt daran, dass im 3-Teil alle 3 Sechszehntel ein Schlag kommt, wodurch das Metrum hier triolisch wirkt.

Kurz, es fühlt sich nicht nur 12/8 anders an als 4/4 mit Triolen, sondern auch zwischen 8/8, 4/4 und 2/2 bestehen deutliche Unterschiede, sobald nonbinäre Rhythmen ins Spiel kommen.

Viele Grüße
Ole

EhPortal 1.39 © 2024, WebDev