Aquila Super Nylgut - Saiten für Jazzspieler?

Begonnen von ukelars, 15. Jun 2014, 19:35:06

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ukelars

Hallo zusammen,

ich habe bei Youtube einen Test der neuen Aquila Super Nylgut -Saiten gesehen:

http://www.youtube.com/watch?v=gUTkm9KA68s

Da wurde gesagt, dass die Saiten etwas dunkler klängen und \"strings for jazzplayers\" seien. Da ich auf einer Kala Jazz Tenor gerne Jazziges spiele, hab ich sie bestellt und aufgezogen.
Und:
Sie greifen sich weicher, fühlen sich wachsähnlich an und klingen tatsächlich etwas gedämpfter. Auf meiner Kala Jazz, die sowieso einen etwas angedickten Klang produziert, gibt das einen schön dicken, kompakten Jazzsound. Ist natürlich Geschmackssache und kann von Instrument zu Instrument unterschiedlich sein.
Wer sich mit Jazzgitarren auskennt: Der Unterschied zwischen New Nylgut und Super Nylgut kommt mir vor wie der zwischen Roundwound-Saiten und geschliffenen Saiten.
Ein Problem hatte ich mit den Super Nylguts: Ich spiele oft Akkorde und Melodie zusammen, und da spielt sich melodiemäßig das meiste auf der A-Saite ab. Und die klang m.E. zu schwach. Jetzt hab ich eine A-Saite aus einem normalen New Nylgut-Satz von Aquila aufgezogen, und siehe da: Es klingt gut zusammen. Jetzt hab ich Akkorde in schön kompaktem Klangbild und eine klare Melodie drüber. Ein bißchen hingebastelt, aber so bin ich zufrieden.

Wie sind eure Erfahrungen mit den Saiten?

dhenksero

Versuch doch mal die Living Waters Saiten von Ken Middleton, die habe ich auf meinen beiden Baritons, 1x DGBE und 1x GCEA.

Die sind allesamt nicht umsponnen und flutschen wunderbar beim Melodiespielen.

Allerderdings ist der Sound nicht so glockenhell wie bei den Aquilas, aber beim Jazzen geht\'s ja eher etwas dunkler zu.

UliS

Ich hatte ja hier bereits mal nach den Super Nylgut gefragt.

Per Zufall geht\'s bei mir auch um eine Kala Jazz (Tenor).
Da hatte ich die Aquila Bionylon aufgezogen und war damit gar nicht zufrieden.

Die Kala Jazz ist ja wie die anderen Jazz-Ukulelen und Jazz-Gitarren eigentlich
eine Fehlkonstruktion. Ich habe sie, weil sie als Exot schön in meinen Ukulelenzoo
passt - aber ich würde sie immer erst als Zweit- oder Drittukulele empfehlen.

Kurz: Die Jazz braucht knallige Saiten, damit sie etwas von sich gibt.
Die Bionylon waren da zu leise, zu kurz im Sustain und zu dünn im Klang - unbefriedigend.

Mit den Super Nylon hat sich das deutlich verbessert.
Die versprochene bessere Stimmstabilität nach kurzer Zeit kann ich
bestätigen. Ab dem 2 Tag nach dem Aufziehen waren für 3 Saiten nur noch kleine
Korrekturen nach oben  nötig. Nur die C-Saite hat länger gebraucht und war oft
deutlich zu tief.

Die Saiten sind glatt und haben weniger Griffgeräusche als die New Nylgut.
Ich empfinde das Spielgefühl als angenehm.
Ich habe einen \"normalen\" (=High G) Satz, da sind die Saiten auf meiner Ukulele
gleichmäßig ausgewogen.

Soundmäßig sind sie etwas \"runder\" und nicht so crisp wie die New Nylgut, das
kann aber auch an der Ukulele liegen.

Wer finanziell gut gepolstert ist, sollte mal die 6,90 Euro riskieren, falls er mit
seiner jetzigen Bestückung unzufrieden ist.

ukelars

Ja, die Kala Jazz ist schon ein spezielles Instrument (Fehlkonstruktion würde ich das nicht nennen). Auf jeden Fall braucht sie ordentlich Druck bzw. Zug auf den Steg, um die gewölbte Sperrholzdecke in Schwingung zu bringen. Andere Saiten als die dicken Aquilas habe ich nach dem Aufziehen sofort wieder runtergenommen; da kam einfach nichts raus aus der Ukulele.
Aber für meine Zwecke und Spielweise ist sie genau richtig; ich habe aber auch ein Jahr gebraucht, um zu entdecken, wie ich dieses Instrument spielen muss. Jetzt möchte ich nicht mehr tauschen.

Guchot

Ist zwar jetzt eigentlich kein Kala Jazz Thread, aber ich hatte damals auf meiner immer den Aquila Low-G Satz mit umwundener G- und C-Saite drauf. Das erschien mir von allem was ich so ausprobiert habe, am ausgewogensten.

dhenksero

Nachdem ich nun doch die in meinem anderen Beitrag angeküngte Countess-Tenor-Ukulele gekauft habe, kommt auch schon die erste Frage auf: Die Werksbesaitung ist Aquila High G und ich möchte eine Low G-Saite aufziehen, die keine Griffgeräusche hinterlässt, wie es nach dem Umspannen auf meinem Risaknochen leider der Fall ist.

Die Countess hat einen auf High G ausgelegten Steg (im Bereich C+E dünner und zurückgelehnt) und der Sattel hat natürlich auch nur eine entsprechend zarte Kerbe - beides möchte ich nicht für eine dicke nicht umsponnene Saite (Risa/Worth oder Living Waters) verunstalten.

Eine umsponnene Low G-Saite ist ja dünn genug, um dies nicht tun zu müssen, quietscht aber - es sei denn, es gäbe eine nicht oder deutlich weniger quietschende (flach-?)umsponnene Ausführung.

Weiß jemand, ob es sowas gibt ? Also dünne, kaum quietschende Low G-Saiten ?

In dem Thread hier sind ja wohl die hilfreichen Saitenfreaks zu finden ;-)

UliS

#6
Bitte nicht missverstehen: Ich mag die Kala Jazz und bin mit meiner sehr
zufrieden, man muss aber die \"Jazz-Konstruktion\" verstanden haben.
Ich darf da mal einen bekannten Gitarrenbauer aus Aachen zitieren:

--- schnipp----
Wie sieht das denn mit unserer Klangästhetik aus? Ich meine, aus physikalischer Sicht?

Nehmen wir mal die Jazz Gitarre:

Eine Erfindung von Geigenbauern, die ziemlich genau die Konstruktionsmerkmale einer Geige auf eine Gitarre übertragen haben:
  • Geschnitze Geigendecke mit F-Löchern und Längsbalken
  • Geschnitzer Boden
  • Saitenhalter am Endknopf befestigt
  • aufgestellter Steg
  • überstehendes Griffbrett

Das Ergebnis ist ein im Vergleich zu jeder Flattop Gitarre erbärmlich klingendes Instrument. Eine physikalische Katastrophe. Eine plärrende Mittenhupe.

Die Erbauer haben einfach außer Acht gelassen, dass man bei der Geige mit dem Bogen die Kraft eines trainierten Armes auf die Saite überträgt – so laaaaaaaaaaaange man will, während wir die Gitarrensaite nur anschubsen, wie eine Murmel!

 → Tipp – Kullerkullerkuller.....Ende

Würde man die Unterschiede auf Autos übertragen, könnte man sagen: Bei der Geige spielt der Spritverbrauch keine Rolle. Energie ist da bis der Arm abfällt.
Die Gitarre dagegen ist ein Energiespar-Fahrzeug. Es kommt darauf an, mit einem Fingerhut voll Sprit nicht nur möglichst weit zu kommen, sondern auch noch gut dabei auszusehen!

Was für eine generalblöde Idee, das Eine auf das Andere übertragen zu wollen! Im Pizzicato klingt auch eine Guaneri für den Eimer. Dafür ist sie nicht gedacht! Aus objektiv physikalischer Sicht konnte das nicht gut gehen!

Aber....
Die Musiker standen vor 60 Jahren 2 Meter vor ihrem Publikum und der fesche Gitarrist mit der Geigengitarre sah viel geiler und moderner aus als das, was man von daheim kannte. Mit einer altmodischen flachen Gitarre mit rundem Loch spielte Opa seine Volkslieder. Moderne Musik spielte man jetzt mit modernen Instrumenten. Jawoll!

Wie das klang, als es noch keine Pickups gab?
Sagen wir mal... Modern!

Letztlich ist es dem Publikum zu allen Zeiten egal gewesen, weil ,,modern" zum Einen anders sein musste, weil aber auch die Mehrheit der Zuhörer -
a) ohnehin keine eigene Meinung, und
b) als junge Menschen auch keine vergleichende Erfahrung besitzen.

---- schnapp ----

Nicht alle Dinge lassen sich von der Jazz-Gitarre 1:1 auf die Kala-Jazz
übertragen. Sie hat z.b keinen aufgestellten Steg und keinen Seitenhalter
am Endpin. Es gibt aber einige Jazz-Ukes mit diesem Konstruktionsmerkmal.

Hier sollte man als Anwender wissen, wie diese Dinge physikalisch wirken,
und dass eine solche Ukulele eben kräftigere Saiten als eine eine \"normale\"
benötigt.

UkeDude

Danke für die kleine Exkursion, sehr interessant.

ukelars

#8
Ja, wobei die Ausführungen über die Archtop-Gitarre von Gitarrenbaumeister Kraushaar aus Aachen ziemlich verächtlich klingen. Man kann ohne Zweifel der Meinung sein, dass Archtop-Gitarren \"schlechter\" klingen als Flattops. Ich sage: Sie klingen anders, und gerade deshalb wurden diese Instrumente und keine Flattops in den Bigbands der Dreißiger verwendet.
Ich will hier keine Spezialistendiskussion anfangen. Nur kurz meine Gedanken dazu:
Soweit ich weiß, haben nicht irgendwelche Geigenbauer, sondern Orville Gibson um 1890 damit experimentiert, Geigenbauweisen auf den Gitarrenbau zu übertragen. 1922 verpasste LLoyd Loar der Jazzgitarre endgültig das Aussehen einer Geige. Zuerst wollte niemand dieses Ding kaufen. Das änderte sich in den Dreißigern mit Aufkommen der Bigbands: Da musste der Gitarrist die Akkordarbeit für ein ganzes Orchester machen - einer allein gegen ein paar Reihen Bläser! Und die einzige Gitarre, die da noch halbwegs zu hören war, war die Gibson L5. Sie klang viellleicht nicht \"schön\", aber hart, stählern und laut, und das war die Hauptsache. Ein völlig eigenes Klangideal. Und das war möglich durch die Bauweise (egal, erklär ich jetzt mal nicht).
Was da an Saiten aufgezogen wurde, waren \"Transatlantikkabel\": Das dickste, was ging.
Das ändete sich wiederum völlig durch die elektrische Verstärkung: Jetzt wurde der (verstärkte!) Klang butterweich und dick. Jetzt sollte der Korpus auch gar nicht mehr so stark schwingen wegen der Rückkopplungsgefahr, also wurde z.B. Sperrholz verwendet.

Die Kala Jazz verfolgt das Klangideal einer verstärkten Jazzgitarre, daher ist sie akustisch leiser, kein Wunder bei F-Löchern mit Sperrholzkorpus und ohne schwebendes Griffbrett über der Decke. Aber ich denke, der verstärkte Sound ist gemeint. Wobei ich sie auch gern akustisch mit einem 2.0 Plektrum spiele, und ich finde, so klingt sie gut.

ukelmann

#9
Wirklich sehr interessant, was ukelars und UliS schreiben. Danke!
Plinke-ti plinke-ti plinke-ti PLING

dhenksero

Ich dachte, in dem Thread geht\'s um Saiten und weil sich schon eine kleine Runde hierzu gebildet hatte, habe ich mich mit meiner Frage (s. Beitrag 6 oben) mal reingehängt.

Ich frage halt noch mal:
Kann mir jemand nicht quietschende \"dünne\" Low G-Saiten empfehlen ?

ukelars

Tut mir leid, ich spiel nur mit hoher g-Saite. Ich hoffe, jemand da draußen gibt dir einen guten Tipp!

LokeLani

ZitatKann mir jemand nicht quietschende \"dünne\" Low G-Saiten empfehlen ?
Meine liebsten Saiten fast für alle Ukulelen sind Worth brown (=RISA), die sind auch mit  low G hervorragend!

Guchot

Zitat von: dhenksero...Ich frage halt noch mal:
Kann mir jemand nicht quietschende \"dünne\" Low G-Saiten empfehlen ?

Ich denke mal das läßt sich nicht vereinen. Für die tieferen Töne braucht man einfach mehr Masse. Das läßt sich entweder durch umwinden mit einem schwereren Material erreichen (Metall => z.B. Aquila) oder durch entsprechend dickeres Material (Fluorcarbon => z.B. Worth). Mir ist kein Hersteller bekannt der unumwundene Low-G Saiten anbietet die nur so dick sind wie High-G

howein

#14
Ich habe mit den Ukumele Fluorcarbon gute Erfahrungen gemacht, auch auf der Tenor, und gerade auch mit Low G. Die G-Saite ist nicht umwickelt und wirkt wie eine minimal dickere C-Saite. Für eine Low G noch relativ straff, spielt sich recht angenehm, mir ist noch nichts negatives aufgefallen.
(Ich spiele überwiegend Fingerstyle Solo, Strumming eher selten).