Buchrezension: John King - The Classical Ukulele

Begonnen von MellonCollie, 08. Okt 2007, 01:33:33

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MellonCollie

Irgendwo im alten Forum war dieses Büchlein schonmal erwähnt, aber wie dem auch sei...

Ich hab mir kürzlich \'The Classical Ukulele\' von John King schenken lassen, und weil es ohnehin noch zuwenige Rezensionen von brauchbaren oder unbrauchbaren Ukulelenbüchern gibt, möchte ich mal eine hierüber verfassen.

Das Buch enthält insgesamt 19 Arrangements klassischer und traditioneller Musik von Lili\'uokalani über Bach bis Joplin. Die meisten Stücke sind für solistische Ukulelen gesetzt, es finden sich aber auch Duette für zwei Ukulelen bzw. eine Ukulele und eine Gitarre. (Für die Skeptiker: Wenn man mag, kann man natürlich auch den Gitarrenpart weglassen und das Lied funktioniert trotzdem... aber bei Stücken wie The Entertainer, die für den großen Tonumfang eines Klaviers geschrieben sind, macht sich so eine tiefere Unterstimme doch auch ganz gut.)
Außerdem liegt dem Buch eine CD bei, die über 21 Tracks geht, denn zwei der Stücke sind sowohl als Solo, als auch als Duett aufgenommen. Für die Aufnahme hat King übrigens eine Fluke verwendet, um zu demonstrieren, dass nicht immer nur der Preis eines Instruments ausschlaggebend für den Klang sein muss, den man ihm entlocken kann.
Was jenen Klang angeht, so macht sich der campanella-Stil*(1) deutlich bemerkbar, dem er bei all seinen Arrangements treu bleibt. Die CD jedenfalls ist hilfreich zum Lernen und auch an sich schön anzuhören (wenn man Klassik mag).

Alle Stücke sind als Noten und Tabulatur (GCEA, high-G)*(2) aufgeschrieben, insofern braucht man keine Noten lesen zu können, kann sich aber am Rhythmus und der Melodieführung orientieren. Desweiteren sind oftmals hilfreiche Fingersätze notiert, an die man sich im eigenen Interesse auch halten sollte.
Was den Schwierigkeitsgrad angeht, so sind sowohl einfache, als auch raffiniert schwierige Arrangements vertreten, und dazwischen gibt es ein breites Mittelfeld.
Für den absoluten Ukulelen-Anfänger ist es wohl nicht geeignet, man sollte schon ein wenig Übung in Sachen Fingerpicking mitbringen. Wer jedoch schon ein wenig Erfahrung vorzuweisen hat und jederzeit ein sicheres Barrée greifen kann, den wird es nicht unbedingt überfordern, aber auch dem weiter fortgeschrittenen Ukulelisten wird es vermutlich nicht so schnell zu langweilig. Und wen gar nichts mehr schockt, der kann sich sofort den Teil mit den künstlichen Flageoletts über Akkorden vorknöpfen und sich beim Rest des Buches entspannen... Allerdings ist diese Einschätzung ohne Gewähr. ;)
Die campanella-Technik fand ich anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber wenn man ein wenig eingeübter ist, spielt es sich eigentlich sehr schön flüssig so.

Insgesamt ist das Buch eine gute Investition, die Stücke schön ausgewählt und gut arrangiert (mit Ausnahme von Greensleeves, das ist zwar nett, aber da fand ich Wilfrieds Version schöner), auch wenn von mir aus weniger Einstimmiges hätte dabei sein können. Ein Muss für den klassischen Ukulelisten, würd ich sagen, und für alle andern eine schöne Beschäftigungsmöglichkeit für die langen Herbst- und Winterabende, die ja bald wieder auf uns zukommen (zumal sich unter dem Titel \"Ah! Vous Dirai-je, Maman\" die Melodie von \"Morgen kommt der Weihnachtsmann\" verbirgt). Und ganz abgesehen davon liefert John King generell mal wieder ein grandioses Beispiel für die Dinge, die man mit genügend Geschick so einem unscheinbaren kleinen Instrument entlocken kann. Und davon hat der Gute eben eine ganze Menge. Geschick, mein ich.


So, und hier noch ein paar Daten am Rande:

Jumpin\' Jim\'s Ukulele Masters:
John King - The Classical Ukulele

ISBN: 0-634-07979-4



Die vertretenen Stücke sind:

An Air From County Derry (Danny Boy - Traditional)
Greensleeves (Traditional)
Sakura (Cherry Blossoms - Japanese Traditional)
Arthur DeLulli - The Celebrated Chop Waltz (Chop Sticks)
Fréderic Chopin - Prelude (Op. 28, No.20)
David Kalakaua - \'Alekoki (Hula)
Pupu A\'o \'Ewa (Traditional)
W.A. Mozart - Ah! Vous Dirai-je, Maman
J.S. Bach - Prelude BWV 846 (aus dem Wohltemperierten Klavier)
Lili\'u, Likelike, Kapoli - Ahe Lau Makani
Tarantella Italiana (Traditional)
J.S. Bach - Jesu, Joy of Man\'s Desiring (Kantate Nr. 147)
J.S. Bach - Prelude (Cello Suite Nr. 1, BWV 1007)
J.B. Lully - Rigaudon
Ludwig van Beethoven - Für Elise
J.S. Bach - Menuett (BWV Anhang 114)
R.P. da Fonseca - La Carolina
François Couperin - Les Barricades Mystérieuses
Scott Joplin - The Entertainer


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*(1) Der campanella-Stil kam unter den Gitarristen des Barock auf und ist eine Technik, bei der das Instrument einen fast harfenähnlichen, glockigen Klang dadurch bekommt, dass aufeinanderfolgende Töne möglichst immer auf verschiedene Saiten verteilt werden und dadurch länger klingen und sich überlagern können. Die Ukulele eignet sich durch die oktavierte vierte Saite hervorragend dafür.

*(2) Natürlich kann man die Soli nach der Tabulatur auch auf einer ADFisH gestimmten Ukulele spielen, allerdings klingt dann natürlich alles einen Ganzton höher als in den Noten festgehalten. Bei den Ukulelenduetten spielt das logischerweise keine Rolle, solang beide Ukulelen gleich gestimmt sind, für etwaige Gitarrenbegleitung empfiehle sich dann jedoch ein Capodaster im 2. Bund (auf der Gitarre).

UkeDude

Vielen dank für diese Buchbesprechung. Das hört sich an wie ein Buch für Kaneipu und wwelti. :)

Ikaru

Klingt ja ganz toll!!! Vielen dank für den Hinweis. Leider habe ich jetzt schon so viel Geld für tabs ausgegeben. Daher wird das wohl ein Weihnachtsgeschenk werden ^^.

Henk

Scheint ja ein nettes Buch zu sein. Und so viele bekannte Stücke drin. Das Präludium aus der Cello-Suite würde ich ja zu gerne mal auf der Ukulele hören...Du willst das nicht zufällig mal aufnehmen? (Bitte bitte.)

MellonCollie

#4
Bisher kann ich nur die Tarantella Italiana und das Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier halbwegs spielen. Aber ich kann das aus der Cello-Suite ja mal ausprobieren... ;)

(Das kann allerdings dauern, ich seh grad... im 2. Takt gehts schon los... da ist einiges ma schwer zu greifen für meine kleinen Patschehändchen)

Henk


Poltergeist

Zitat von: UkeDudeVielen dank für diese Buchbesprechung. Das hört sich an wie ein Buch für Kaneipu und wwelti. :)

Ich hab das Buch glaube ich schon im alten Board mal empfohlen. Ich finde allerdings das andere Buch von John King noch um einiges besser. \"Famous Solos & Duets\". Da sind Originalwerke aus Hawai\'i für Ukulele drin.

UkeDude

Dann lag ich doch so falsch nicht, oder?

Poltergeist

Richtig!
Hab mir die beiden Bücher gerade noch mal angesehen: die Stücke in \"Famous Solos & Duets\" finde ich um Längen besser.

wwelti

Vielen Dank jedenfalls für die Rezension. Das macht die Sache irgendwie klarer :) ... Ich denke ich brauch einfach beide Bücher :D

Viele Grüße
  Wilfried

MellonCollie

Zitat von: KaneipuHab mir die beiden Bücher gerade noch mal angesehen: die Stücke in \"Famous Solos & Duets\" finde ich um Längen besser.

Naja, kommt halt einfach drauf an, was man möchte. Wer was mit Schwerpunkt auf Hawaiianische Musik sucht, wird sich vermutlich ohnehin nicht The Classical Ukulele kaufen. Ich für meinen Teil war jetzt erstmal zuwenig experimentierfreudig für das andere Buch. ;)

Poltergeist

Die Stücke im anderen Buch sind auch alle klassizistisch, keine Bange. Außerdem einfacher und ukulelenmäßiger. Weniger (bis kein) campanella-Stil, dafür mehr Melodie, mehr Akkorde. \"Ahe Lau Makani\" in \"Classical Ukulele\" kommt den Stücken in \"Famous Solos & Duets\" ziemlich nahe.
Ansonsten ist die Aufmachung die gleiche: Tabulatur und Noten für high-g-Stimmung, wobei in den Noten auch Fingersätze & Co. vermerkt sind, dazu eine CD mit allen Stücken. Und wie der Name sagt, sind auch wieder ein paar Duette dabei. Wem \"Classical Ukulele\" gefällt, der wird \"Famous Solos & Duets\" LIEBEN!