Gebeizte Oberfläche ölen?

Begonnen von howein, 14. Jun 2014, 15:03:23

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howein

Hallo!

Ich hänge grad mit einem kleinen Selbstbauprojekt etwas fest ...
Ich möchte den Korpus mit Wasserbeize die ich noch hier habe auf den gewünschten Farbton bringen, aber anschließend nicht wie der Hersteller empfiehlt mit lösungsmittelhaltigem Lack überlackieren. Sondern die Oberfläche ölen, da hab ich noch Lumberjack-Öl (Leinöbasis) übrig von einem anderen Projekt, und ich mag geölte Oberflächen.
Geht das? Oder löst mir das das Gebeizte an?

Gibt es noch andere/bessere Möglichkeiten Holz erst mal auf Farbe zu bringen vor dem Ölen? Die Maserung soll dabei sichtbar bleiben.

Es handelt sich um kein \"besonderes\" Projekt. Ich versuche nur, aus einer hässlichen und defekten 1-Euro--Ukulele vom Flohmarkt etwas halbwegs spielbares oder zumindest optisch interessantes zu machen - der Hauptzweck der Aktion ist alles mögliche handwerkliche dabei auszuprobieren um endlich mal etwas praktische Erfahrung zu bekommen, in Vorbereitung für ein paar geplante \"richtige\" Selbstbauprojekte. Wenn Interesse besteht könnte ich die Erfahrungen mal ein bisschen aufschreiben fürs Forum, Bilder davon mache ich eh auch für mich selbst, vielleicht interessant für andere \"Bastelanfänger\"?

skiffle

Beize ist ja letztlich nur eine Lasur mit feinen Farbpigmenten.
Also quasi i.d.R. stark mit Wasser verdünnte (Wasser-)Farbe.

Nach dem Schleifen mit feinem Schleifpapier und dem Durchtrocknen
(da bei sich bei Wasserverwendung die Holzhaare aufstellen),
kannst Du hemmungs- und bedenkenlos drauflos ölen.
Sinnvollerweise anschließend das überschüssige Öl abwischen.
Bei Leinöl härtet (oxydiert) die Oberfläche nach ner Zeit.
Aber das wirst Du schon wissen. ;-)

Alternativ kannst Du jede feine handelsübliche Wasserfarbe (Aquarell/Aquacrylfarbe) nehmen.
Aquarellfarben haben ein extrem fein aufgemahlenes Pigment und (wasserlösliches)Gummiarabikum als Bindemittel,
lassen sich stark verdünnen und sind quasi chemiefrei.

Du kannst auch loses Pigment in Wasser und/oder Öl lösen/verreiben/verrühren und dünn vermalen oder einreiben.
Du kannst allerdings auch Holzoberflächen mit Terpentinöl und stark verdünnter Künstler-Ölfarbe lasierende einreiben,
trocknen lassen und dann s.o. ölen.
Braucht etwas, um gänzlich durchzutrocknen, ohne wieder abzufärben.

Wasser und Öl lassen sich mit/zu einer Emulsionen auch mischen.
Aber das wäre möglicherweise ein aufwändiger unnötiger Schritt zu einer Oberflächengestaltung. ;-)

howein

Danke ... das waren eine Menge Infos!
Speziell auch das mit der Aquarellfarbe. Für größere Flächen ohne weitere Details scheint mir zwar einfache wasserlösliche Beize am sinnvollsten, aber ich möchte z. B. später auch künstliches Altern etwas probieren, oder für sonstige feinere Details, das müsste dann mit der Aquarellfarbe prima gehen! Da hab ich noch alte Farben von meinem Vater hier, der war Grafiker und Maler, da kommen die auch noch zu Ehren ... ;-)
Ok, dann kann ich also drüber ölen ... da war mir wichtig, ich mag geölte Oberflächen am liebsten.

skiffle

Holz kann man übrigens unter Verwendung von Salmiak künstlich sehr wirkungsvoll nahezu authentisch altern lassen.

Eine weite Möglichkeit der Versiegelung ist Parrafin. (Mit Terpentinöl verdünnt auftragen oder im Wasserbad erhitzen.)
Gibts  als Granulat.
Alternativ gäbst diverse Wachse.
Siehe Dr. Kremer ;-)

Ein gänzlich anderes aber interessantes weiters Thema wäre u.U. Schelllack als Endversiegelung.
Wird allerdings gern von Heimwerkerpäpsten mystifiziert. ;-)

howein

#4
Also Schelllack wäre eindeutig zu edel für das was ich mache bzw. vorhabe ... und der Kult darum geht mir ohnehin auf den Senkel ...  ;)
Das mit dem Salmiak hört sich interessant an ...
Meine Ambitionen gehen eher in die Richtung \"historisierende Einfachstinstrumente\", möglichst unter Verwendung von Alt-, Rest- oder zweckentfremdetem Material oder defekten Instrumenten und Instrumententeilen, z. B. auch Richtung Cigarboxinstrumente. Geeignetes und z. T. recht altes Material habe ich jetzt schon eine ganze Weile zusammengesammelt, aber bevor ich das mangels praktischer Erfahrung vermurkse übe ich erst mal an paar wertlosen Schrottteilen. Und vielleicht wird ja doch was schönes draus ...  :D

allesUkeoderwas

Wenn wir schon mal bei diesem Thema sind...

Erstmal kurze Antwort auf die Kernfrage: Ja!

Vielleicht kann ich auch noch ein paar unfachmännische Ratschläge geben, die sich mit der Zeit so angesammelt haben....

Bei wasserlöslicher Beize muß das Holz anschließend vor der Weiterverarbeitung gut durchtrocknen! Wasserlösliche Beizen haben auch die Eigenschaft, daß sich die \"Härchen\" aufrichten (entfällt meist bei lösungsmittelhaltigen Beizen), daher vorher nochmal mit ganz feinem Schmirgelpapier anschleifen (sagte alles skiffle schon). Geht evtl. auch mit Messingdrahtbürste. Bei oberflächlichen Pigmenten werden diese aber z.T. dadurch auch wieder abgetragen, was zu einer ungewollten künstlichen Alterung führen kann...  Anschließendes Einölen richtet u.U. nochmal Härchen auf, die müssen abermals abgeschliffen werden. Ich benutze dann manchmal auch \'ne Wurzel- oder Messingbürste zum \"Nachpolieren\".

Beizen bedeutet nicht immer mit Pigmenten einfärben...

Es gibt Beizen, bei denen sich Pigmente auf der Holzoberfläche ablagern, welche, wo Farbstoffe in das Holz eindringen und welche, wo die Holzfaser chemisch verändert wird. Dann gibt es noch diverse Mischformen davon.

Für Mahagoni hatte ich mal \'ne Beize, die hat rot eingefärbt und zusätzlich mit kristallinen Pigmenten auf der Oberfläche für einen extremen Glanz im Sonnenlicht gesorgt. ich hatte auch schon mal schwarz, daß in das Holz eindrang (auch in die Haut) und gleichzeitig einen metallischen Glanz auf der Oberfläche hinterließ, ohne die Holzstruktur zuzukleistern... Es gibt schon raffinierte Sachen.

Beizen auf Laugenbasis machen schöne Eichenstrukturen bei anderen Hölzern hab ich\'s noch nicht probiert.
Zum Altern ist u.a. auch das leichte Anflammen mit einem Brenner und anschließende Abbürsten mit einer Drahtbürste sehr schön.

Das Beizen ohne Aufstellen der \"Haare\" und für eine schnelle, sofortige Weiterverarbeitung mit Lack, Öl, Wachs, ... erreicht man z.B. mit Holzbeizen auf Lösungsmittelbasis, diese Beizen heben auch Strukturen (Äste, Pooren, Maserungen) sehr schön hervor, kosten aber etwas mehr.

Weiterer Trick für schöne Maserungen ist auch das Abbürsten in Faserrichtung mit einer Messingdrahtbürste vor und evtl. (so es gefällt) auch nach dem Beizen.

Zum schwarz beizen geht auch \'n Edding, den ich auch manchmal benutze. Bei dünnen Strichen kann sowas aber auch in die Hose gehen, da das Schwarz mitunter beim Nachbehandeln mit Lack (auch Schellack) evtl. durch die Lösungsmittel verläuft. Schwarze Tinte is auch nicht übel, gibt auch weinrote (kann man für Mahagoni nehmen). Im Haushalt findet sich auch so einiges: Tee, Rotwein, ...

Mystik (um Skiffles Wort zu nutzen) ist eigentlich nirgends dabei, jedoch jede Menge handwerklicher Erfahrungsschatz und wie bei Allem, Übung macht den Meister, und gewußt, wie...  ;)

Schellack mit spiegelnder Oberfläche halte ich schon für mystisch, jedoch bei einer Klampfe, die nicht nur an der Wand hängen und das Auge erfreuen soll, ist es auch denkbar unpraktisch. Die kleinste Berührung hinterläßt Gebrauchsspuren.
Ukulelen: Nur Schrott

howein

#6
Ich glaub ich muss mir das alles mal irgendwo abspeichern ... Menge Holz auf einmal ... ;)

Für mein aktuelles Miniprojekt will ich erst mal alles einfach halten. Aber für meine weitere Planung hochinteressant, da geht\'s dann teilweise auch um künstlich gealterte  Optik ... und gerade der Trick mit der Messingbürste die möglicherweise oberflächlich Pigmente wieder wegnimmt könnte genau das richtige für künstliche Gebrauchsspuren auf der Decke sein, wie man sie bei alten ein Leben lang gespielten Instrumenten oft hat. Als nächstes will ich ohnehin eine Billiggitarre die aber überraschenderweise recht nett klingt auf alt und gebraucht trimmen (sie ähnelt in ihrer einfachen Bauweise alten Sperrholz-BluesGitarren), da könnte ich genau das brauchen. Leider bin ich zu alt, um meine Instrumente noch persönlich so runterzuspielen, das wäre die einfachste Methode ...  ;)

allesUkeoderwas

#7
Oh, da muß man aber mit gröberem Werkzeug ran...

https://www.youtube.com/watch?v=x8Mf1GhyS5A

Evtl. Stechbeitel und Stahldrahtbürste.
Verglühter Joint auf der Decke und \'n Peace Aufkleber waren damals auch üblich.  :lol:

Du hast Recht, für ein derartiges Instrument braucht man ein ganzes Musikerleben.

Viel Spaß beim Basteln
Ukulelen: Nur Schrott

skiffle

\"....Leider bin ich zu alt, um meine Instrumente noch persönlich so runterzuspielen, das wäre die einfachste Methode ... ;) ....\"

Da wir nach neuesten amerikanischen Studien diverser Institute
die körperlich-technischen Voraussetzungen haben 120 Jahre alt zu werden,
schätze ich ist da noch Luft nach oben. ;-)
Hier ein Beispiel.
Ok ganz 120 wurden es nicht...

allesUkeoderwas

Ob das Heestersgen so erstrebenswert is..  :roll:

Bei Deinem Vorhaben ist Schellack übrigens garnicht so übel.
Nur ganz dünn, mit viel Spiritus als Verdünnung.

Kann man nix falsch machen, wenns mangels Übung sch.. aussieht, kann man\'s mit Spiritus wieder wegwischen und von Vorn anfangen. Nach ein, zwei Anläufen sollte es klappen...



Stagg US 40, Decke gewachst, Seiten dünn mit Schellack.



Alte Gitarrenlaute, mit Stahlsaiten und Magnet PU versehen. Wird Heavy Metal gemäß mit Powerchords zu Mittelalterrock auf der Bühne gespielt. Die Decke ist dünn mit Schellack versehen. Spielspuren gab\'s bereits nach dem ersten Einsatz...



Die Brücke ist demnächst ein Fall zum \"Beizen\" mit dem schwarzen Edding.



Diese Laute hat auch ein Deckenfinish mit dünnem Schellack. Gebeizt mit Kaffesatz, dann angeschliffen (die tiefen Stellen bleiben schmuddelig) und dünn geschellackt. Die Wurmlöcher sind original, kann man aber auch selbst machen (Schrotflinte, Stahlnagel, ... je nach gewünschter Größe). Die Würmer sind ausgezogen.

Der negative Einfluß von Wurmlöchern, Deckenrissen und -löchern auf den Klang wird total überbewertet, es ist eher umgekehrt, da die alten, abgehangenen Instrumente meist besser klingen als neue Sperrholzklampfen mit 1 mm dicker Lackschicht und Blingbling.
Ukulelen: Nur Schrott

skiffle

#10
Hier noch ne verbraucher_innenfreundliche Beschreibung für Oberflächenversiegelungen/Holz.
http://www.feinewerkzeuge.de/G109109.htm
Manche Schellackpolierer_innen arbeiten gern mit der Wärme des Sonnenlichts beim Polieren,
weil da zumindest bei dunkleren Flächen ne gut dosierte /steuerbare Wärmezufuhr garantiert ist.
Hörte ich kürzlich von einer Restauratorin. ;-)