Die Große vom großen T. - Harley Benton BJU-15Pro

Begonnen von Frolicks, 24. Jan 2015, 21:25:13

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Frolicks

Nach der Kleinen, hier die Große noch mal ausführlich.

Kurze Vorrede: Ich bin eigentlich kein großer Freund des Banjo-Ukulelen-Sounds. Allerdings hat das Schicksal mich in ein Trio mit einem Kontrabassisten und einem zweiten Ukulelenspieler verschlagen, der eine Risa Reso-Ukulele spielt. Ausführliches Rumprobieren mit verschiedenen Ukulelen ergab: Die ideale Kombination bezüglich des Gruppenklangs und -repertoires (folkig-western-swingig bis bluegrassig) ist eine Banjo-Ukulele. Aber ich bin auch ein bisschen anspruchsvoll: eine Sopran-Firefly war mir vom Griffbrett zu klein für schnell Gezupftes, eine Tenor-Wim-von der Leden-Banjolele irgendwie nicht banjo-esk genug, außerdem habe ich mit dem Open Back das gleiche Probleme wie u.a. vom Terminator beschrieben: Der größte Teil des Sounds landet an meiner Plautze, aber nicht beim Publikum.
Eine Gretsch-Clarophone war von der Mensur (Konzert) der ideale Kompromiss, der einfache Resonator - im Grunde nur ein mit etwas Abstand hinten montierter Deckel, der den Klang immerhin schon mal zur Seite statt nach hinten leitet - klanglich eine deutliche Verbesserung.

Und jetzt also die Harley Benton, mit nem "richtigen" Resonator, der den Sound nach vorn reflektiert. Die typische Banjo-Optik mit eben einem solchen Resonator finde ich auch nicht wirklich ansprechend, aber hier gehts um ein Musikinstrument, und nicht um ein Dekorationsobjekt, also steht hier Optik hinter dem Sound zurück. Und der ist der Hammer.

Aber von Anfang an:

Ausgepackt, gestimmt, Sattel ausgerichtet... Und los gehts. Das Fell ist ordentlich gespannt, da gibts keinen Bedarf nachzubessern. Abgesehen von dem üblichen Prozedere, den Steg auf die richtige Position für ordentliche Bundreinheit zu bringen, brauchts hier keine Bastelei. Mit Stimmgerät kein großes Problem. Die Saiten sind nur billige Nylonstrippen, aber trotzdem passt es vom Klang, laut und voll. Die Saitenlage ist sehr angenehm, nicht zu hoch, aber auch nicht zu flach. Auch bei härterer Gangart schnarrt nichts. Aber die härtere Gangart ist eigentlich nicht zu empfehlen, denn das Ding ist auch bei zarterem Zupfen dank des Resonators einfach HÖLLENLAUT. Wenns doch mal ne Nummer leiser sein darf, z.B. zum abendlichen Üben, ist der Resonator dank der vier Kreuzschlitzschrauben mit griffig-dicken Köpfen mit wenigen Handgriffen entfernt (siehe Fotos).
Die Verarbeitung ist für eine Ukulele dieser Preisklasse auf jeden Fall mehr als ordentlich: die Bundenden kratzen etwas, aber das ist durchaus erträglich, nicht unbedingt nachbesserungswürdig. Obwohl der Klang schon mit den mitgelieferten Nylonschnüren mehr als ordentlich war (hab leider verpennt ein Klangbeispiel aufzunehmen...), sind jetzt Aquila Nylguts drauf, weil ich die auf der Clarophone sehr gut fand, passen für mein Empfinden klanglich perfekt zum Banjo-Sound.
Auf die HB müssen sie allerdings in Tenor-Länge, weil die Abstand vom Steg zum Saitenhalter am Rand locker zehn Zentimeter beträgt und deshalb Konzert-Saiten zu kurz sind.

Von schiefen Bünden oder unsauber verleimten Sätteln nichts zu sehen oder zu hören. Viel zu Leimen gibts ja bei einem Banjo sowieso nicht, das passt also. Die Schrauben sind sauber eingesetzt, die Mechaniken sitzen ordentlich symmetrisch in der Kopfplatte. Der Saitenhalter sitzt etwas versetzt zum Steg, aber das war bisher bei allen meinen Banjolelen der Fall, dadurch ist der Winkel zwischen Steg und Saitenhalter nicht bei allen Saiten gleich, aber ich kann nicht feststellen, dass das den Sound irgendwie beeinträchtigen würde.

Der Hals der HB liegt trotz der Dicke gut in der Hand. Das Gewicht der Großen ist üppig, ein Gurt ein Muss: Dicker, massiver Hals, mit Metallstab, der Kessel mit den Halterungen fürs Fell, innen mit dicken Schrauben fixiert, dazu der Metallring, der den Resonator hält, und schließlich der Resonator selbst... da kommt schon was zusammen. Als Gurt dient mir ein Martin-Gitarrengurt, ein schmalerer Ukulelen- oder Mandolinen-Gurt wäre bei dem Gewicht vermutlich zu unbequem.

Im Zusammenklang von Reso-Uke, Kontrabass und Banjolele macht sich die Kleine super. Mein leider noch etwas stümperhaftes Gezupfe kommt super durch, auch ohne dass ich besonders hart anschlagen müsste. Beim Strumming muss ich mich eher schon deutlich zurücknehmen, um das Gezuppel meines Ko-Ukulelisten auf seiner Reso-Uke (immerhin mit Stahlsaiten!) nicht zu übertönen!
Kurzum: Jetzt schon das Highlight des Jahres, und meine Suche nach dem perfekten Banjo-Ukulelen-Sound ist wohl zu Ende. Und jetzt isses wirklich endlich an der Zeit, diverse Bluegrass-Bücher (Clawhammer, Banjo-Rolls etc) durchzuarbeiten....
Und dann muss noch eine F-Mandolinen-tasche oder ein Koffer her, denn für Ukulelentaschen ist der Korpus mit dem Resonator deutlich zu breit.

Und hier noch die Bilder:

http://s1091.photobucket.com/user/Frolicks/slideshow/HB%20Banjolele


Klangbeispiel muss noch ein bisschen warten, bis die gar nicht mal so Kleine sich nicht mehr ständig verstimmt.
I plink, therefore I am.

stephanHW

Glückwunsch, die sieht richtig klasse aus. Man hat sich mit dem Furnier und dem chremefarbigen Binding ja richtig Mühe gegeben. Wenn man die Optik zufällig mag, scheint sie nicht mal unattraktiv zu sein.
Der Preis scheint einfach unfassbar.

Im Sommer 2010 erstand ich die viel einfacher konstruierte Tenayo Starter Banjolele für 175 Euro beim großen T., was damals als Schnäppchen empfunden wurde angesichts der Banjolelenpreise. Ich habe auch heute noch das Empfinden, das die Banjolele den Betrag wirklich wert war.
Beim Preis der HB weiß ich nicht, was ich denken soll. Stimmt natürlich nicht, ich weiß es schon, ist aber eine andere Diskussion.

Nun hast Du ja ein ansehnliches Banjolelenarsenal für einen, der sie eigentlich nicht so recht mag. Wenn die HB Deine Kollegen lautstärkemäßig in Verlegenheit bringt oder die Schulter abzufallen droht, kannst Du ja immer noch auf die Gretsch zurückgreifen. Schöner Luxus!

Frolicks

Oh, vergaß ich zu erwähnen... ich hab die nicht mehr alle. Also die Banjolelen... die Firefly hab ich weiter verkauft. Ein bisschen bereue ich es inzwischen, aber naja... der Platz ist halt begrenzt, und v.a. das Geld leider auch.
Und eigentlich denke ich gerade sehr stark darüber nach, eine der anderen auch noch zu verkaufen, die Tendenz geht gerade zur Van der Leden-Banjolele... obwohl ich die so super kultig finde, mit ihrer Do-it-yourself-Baumarkt-Optik...

Der Preis... ja, ich ahne, was du denkst, und ich will eigentlich gar nicht so recht wissen, unter welchen Bedingungen die Dinger in China produziert werden.... obwohl man es ja eigentlich ahnt. Und ich hab auch so recht noch keine Rechtfertigung meinem protestierendem Moralempfinden gegenüber... außer vielleicht, dass ich sonst keine China-Uken mehr kaufe.

Ich habe auf der Musikmesse letztes Jahr eine Banjolele von Ashbury ausprobiert, die auch bei unter 200€ lag, die hatte auch einen einfachen Deckel-Resonator und klang super banjo-esk. Wirklich sehr hat perkussiv und alles. Aber dann kam die Clarophone dazwischen, und ich denke, das hat sich spätestens jetzt auch erledigt.


I plink, therefore I am.

VauBe

Banjo Ukulelenkauf ähnelt zur Zeit stark dem Pokern. Man darf nicht auf das erste beste Angebot eingehen.
Als ich meine Tenayo gekauft hatte nach der Rücksendung der Apc hatte ich das Gefühl, dass es wohl keine günstigere Banjo Ukulele geben könnte. Aber sie scheint es mit der Harley Benton doch zu geben. Die Form der großen HB entspricht meinem Aida Tenorbanjo, das ich aus gegebenen Anlass mal wieder gespielt habe. Hat ja auch vier Seiten. Und es hat Spaß gemacht.

Guchot

#4
Danke für das Review, das erspart mir eines zu schreiben  ;D

Aber Deine Erfahrungen decken sich zu fast 100% mit meinen, außer das ich das Fell nachspannen mußte. Das mag auch an meinem persönlichen Geschmack liegen. Aber auch wenn man es nicht härter spannen will, empfehle ich mal einen Blick drauf, meins war nämlich auch ungleichmäßig gespannt, was weder dem Klang, noch der Haltbarkeit entgegen kommt.

[Edit]Nachtrag: Um festzustellen ob das Fell gleichmäßig gespannt ist, kann man am Rand des Kessel, direkt über den Schrauben, das Fell abklopfen. Das Fell muß über jeder Schraube gleich klingen. Ist das nicht der Fall sollte nachgearbeitet werden.[/Edit]

Knasterbax

Danke fürs Review, Frolicks!
Wie/wo hast Du den Gurt denn befestigt?
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

allesUkeoderwas

Du hast doch nicht etwa?

Bei den größeren Banjos gibt's ja so 'ne Mutter mit Gurtbefestigungsöse, die ausbalanciert auf der Spannschraube am Popo sitzt. Hier gibt's sowas nich und es verleitet zum Einschrauben in den Holzdeckel. Kann ich nur von abraten, denn dann will das Ding beim Spielen immer nach vorne wechklappen. Bei meinen, die auch keine "echte" Banjobefestigung haben, hab ich einfach eine Gurtbefestigungsschnur an der Spannschraube 1 vor dem Popo anjeknüppert, so kann der Kessel weder nach vorn, noch nach hinten wegklappen.  Aus gleichem Grund hab ich auch keinen Knopf am Halsfuß... Das andere Ende des Gurtes ist mit einer Gurt-Befestigungsstrippe am Headstock anjeknüppert. Ich hoffe, Herr versteht was ich meine.  ::)
Ukulelen: Nur Schrott

TERMInator

Erst fand ich sie potthässlich.
Dann habe ich sie mir doch bestellt, auch weil mir die Kleine zwar optisch gefiel, aber sonst nicht meins war.
Nach dem Auspacken fand ich sie wieder potthässlich und auch irgendwie sonst doof. Wieder eingepackt.
Nach 3 Tagen wieder ausgepackt. Beziehung nochmal bei Null begonnen  ;D Näher mit beschäftigt, Fell 3mal gespannt, Saiten immer wieder nachgespannt, an das Feelin gewöhnt.
Und jetzt finde ich sie ganz toll !
Das Blechstück an der Fellkante, wo man den Arm auflegen kann, muß ich an der Ecke noch beschleifen, das piekst.
Also für 99 Euronen ist das ein sensationelles Instrument, das zudem auch unverstärkt mit Dudelsäcken mithält.

Zitat von: Frolicks am 24. Jan 2015, 21:25:13
Obwohl der Klang schon mit den mitgelieferten Nylonschnüren mehr als ordentlich war (hab leider verpennt ein Klangbeispiel aufzunehmen...), sind jetzt Aquila Nylguts drauf
Andere Saiten könnten noch was rausholen denke ich.
Ob Nylguts für ein Banjo, weiss noch nicht.
Bitte melden, wenn jemand mal andere andere Saiten getestet hat (Guchot ?).

Frolicks

#8
Aquila Nylguts sind auf der Clarophone von Gretsch ab Werk drauf, und da finde ich sie sehr gut. Auf der HB machen sie sich auch gut bisher.  [EDIT: Wim stattet seine Banjolelen auch mit denen aus. Ich finde den bellenden Klang der Nylguts auch ziemlich passend für Banjolelen.]

Ansonsten... Ukumele... gibts aber leider schon seit ner ganzen Weile nicht mehr in Tenor-Länge, und die müssen es ja auf dieser leider sein.

Worth Browns hatte ich mal auf meiner Wim van der Leiden-Banjolele, und die haben mich nicht überzeugt. Klingen einfach nicht knackig genug. Im Gegensatz zu den Ukumele-Saiten... die lassen die Wimolele richtig knallen.

Aquila Reds könnte ich mir noch gut vorstellen, habe ich leider z Zt aber auch nicht in Tenor-Länge.

@Knasterbax: Ich nehm die lange, dicke Schraube von der Saitenhalterung. Darum hab ich ne dicke Lederstrippe geknotet, die nicht so leicht durchscheuert, und daran den Gurt. Oben klassisch ne Strippe um die Kopfplatte, gleich am Sattel. Geht gut. Hab ich bei der Gretsch schon so gemacht, bei der Wim-o-lele wars auch einer der Haken vom Fell, eher oberhalb des Saitenhalters, wg der Balance. Auch das hat über ein Jahr gut gehalten.
I plink, therefore I am.

allesUkeoderwas

Zitat von: Frolicks am 28. Jan 2015, 22:51:15
1. Ukumele... gibts aber leider schon seit ner ganzen Weile nicht mehr in Tenor-Länge, und die müssen es ja auf dieser leider sein.
2. @Knasterbax: Ich nehm die lange, dicke Schraube von der Saitenhalterung. Darum Lederstrippe...Oben Strippe um Kopfplattel...

1. Eine nette Mail an Ukumele ermöglicht in diesem Fall bestimmt auch längere Konzertsaiten.
2. @ Knastabax... Sach ick doch!

Hab an den Strippenenden allerdings 2 12mm Holzperlen als "Gurtpin", die man durchs Knopfloch des Gurtes steckt, da muß man nicht immer knüppern. Seltsam, daß mich beim meist gurtlosen Spiel noch keiner nach dem Zweck der Murmeln jefragt hat.
Ukulelen: Nur Schrott

Knasterbax

Danke, die Herren, für die Gurtbefestigungstipps.
Werd ich dann ab morgen mal probieren...  :P
Ich bin ja eher fürs Spielen als fürs Üben. (skiffle)

Bonita

...ist jetzt nur auf Anfrage erhältlich und kostet 119 Euro. Also freut euch noch mehr über das Schnäppchen; wenn ihr eine habt, ist das jetzt schon eine echte Wertsteigerung.

pi

Da habe ich ja Glück gehabt,
meine ist heute angekommen...

8)
pi

Frolicks

...und inzwischen kommt auf der Homepage sogar die Meldung, dass das Instrument sich leider nicht mehr im aktuellen Sortiment befindet.... warum auch immer.... an der mangelhaften Qualität kanns wohl kaum liegen. Oder sollte ich tatsächlich so ein riesiges Glück mit meiner gehabt haben, und der Rest war eher so lala...? Ich bin übrigens auch nach einigen Wochen immer noch richtig angetan, um nicht zu sagen: begeistert!

I plink, therefore I am.

Guchot

Das war bei den Bass-Ukulelen vom T. auch mal so, auf Anfrage hies es dann der käm wieder und so wars dann auch.

Vielleicht bestellen die immer erst ne kleine Charge und gucken wie die sich verkauft, bevor sie ne größere Menge kaufen.