Elastizitätsmodul von Nylonsaiten?

Begonnen von wwelti, 25. Jul 2007, 08:51:05

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wwelti

Hallo zusammen,

Ich wollte mal zum Spaß ein bißchen \'rumrechnen, wie ein bundweise optimiertes und kompensiertes Griffbrett aussehen würde. Und ob sich meine Vermutung bestätigt, daß \"normale\" Kompensation dazu führt, daß es in der Region um den 6. Bund eine gaaanz leichte Abweichung nach oben gibt.

Dummerweise hängt die Sache auch vom Elastizitätsmodul des verwendeten Materials für die Saiten ab. Soll heißen (vereinfacht gesagt): es kommt darauf an, wie stark sich die Saitenspannung durch eine Dehnung der Saiten (wie sie beim \'runterdrücken auf einen Bund stattfindet) erhöht. Unpraktischerweise ist das wohl nicht unbedingt für alle Saiten gleich.

Viel brauchbare Information zu dem Thema habe ich bei einer kurzen Suche im Internet nicht gefunden. Selber messen ist wohl auch nicht ganz so einfach da sich die Saiten auch ein wenig nichtlinear verhalten, sprich: Wenn ich einfach verschiedene Gewichte an eine Saite hänge und die jeweilige Dehnung der Saite messe, spielt möglicherweise die nichtlineare Komponente (Gewöhnung an die Spannung) eine zu große Rolle.

Kann mir jemand vielleicht einen Tipp geben wie man an solche Informationen herankommen kann -- oder ob es einen Trick gibt wie man sowas gut messen kann?

Viele Grüße
  Wilfried

RISA

Ich bin nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe, aber wahrscheinlich gehst Du bei Deinen Berechnungen von einem geraden Griffbrett und quasi linearen Saiten aus, so dass Griffbrett und Saiten sozusagen zwei Geraden bilden, die sich irgendwo vor dem Sattel schneiden. Ich gehe bei allen Ukulelen in der Konstruktion mittlerweile von einem hohl geschliffenen Griffbrett aus, also einem \"krummen\" Hals, um den Abstand der Saiten zum Griffbrett durch den Holhschliff verändern zu können. Das dürfte für Deinen Ansatz einen großen Einfluss haben.
Du müsstest auch die Kraft wissen, die Du beim Runterdrücken einer Saite aufbringst, denn die Veränderung der Tonhöhe ist vom Saitenquerschnitt, der Dichte des Materials, der Längenänderung und der Kraft abhängig:

F = pi*d^2/4*2l/f*ro

F=Kraft, pi=3,14..., d=Saitendurchmesser, l=Saitenlänge, f=Frequenz, ro=Materialdichte
Nylon hat eine Dichte von ca. 1,15 g/cm^3

wwelti

Hi Rigk, danke für die Antwort.

1.) Ich gehe als optimale Form auch von einem hohlgeschliffenen Griffbrett aus (habe ich doch schon immer gesagt daß ich die gerade Form nicht optimal finde oder? ;) :D )  Trotzdem würde ich auch eine Berechnung mit geradem Hals machen (um Bezug auf meine aktuellen Instrumente zu nehmen die alle einen geraden Hals haben ;) ) M.E. verstärkt ein hohles Griffbrett das Problem (zu hohe Töne um den 6. Bund) jedoch sogar ein bisschen.
2.) Richtig, die Kraft will ich ja berechnen, um daraus wiederum die Änderung der Frequenz nach der von Dir angegebenen Formel berechnen zu können. Dafür benötige ich jedoch das Elastizitätsmodul. Und stimmt, die Dichte spielt auch eine Rolle, lässt sich aber wesentlich leichter als das Elastizitätsmodul bestimmen da die Dicke der Saiten ja bekannt ist ;) Danke jedoch für die Angabe der durchschnittlichen Dichte für Nylon. (ich weiß, z.B. für Fluorcarbon trifft die wohl nicht zu)

Leider fehlt jetzt immer noch die zündende Idee wie ich zum Elastizitätsmodul komme...

Viele Grüße
  Wilfried

RISA

Mit welcher Formel willst Du die Kraft bestimmen? Ich kann noch nicht nachvollziehen, wie Du die Kraft mit dem Elastizitätsmodul bestimmen willst. In dem Moment, wo Du nicht mehr eine Saite hast die zwischen zwei Punkten gespannt ist, wird das Ganze sehr viel komplexer. Die zusätzliche Kraft, die Du beim Drücken der Saite aufbringst, ist vertikal zur Saite gerichtet und verändert die Saitenwinkel. Sie kann also nicht einfach zu der Zugkraft der Leersaite addiert werden. Da muss ich aber selbst noch einmal drüber nachdenken. Denn in dem Moment, wo die Saite dann auch noch über einen Bunddraht gedrückt wird, wird es ein recht komplexes System.

Fluorocarbon hat eine Dichte von ca. 1,78 g/cm^3. Deshalb sind die Fluorocarbon-Saiten auch so dünn. Allerdings muss ich sagen, dass ich für alle Dichten in meinen Berechnungen Kompensationsfaktoren habe, d. h. ich rechne erst mit allen bekannten Daten, die ich von einigen Saitenherstellern habe. Beim Rückwärtsrechnen mit der Taylor-Formel kommen dann etwas andere Dichten raus, die ich als Kompensationsfaktor berücksichtige. Damit komme ich auf sehr gute Ergebnisse.

Ob der Hohlschliff das Problem verstärkt, ist wohl eher eine Frage der Form des Hohlschliffes. Du hast mal bei einem Treffen gesagt, Du würdest das erste Bundstäbchen versetzen und ich hatte Dir gezeigt, dass ein Nullbund das Problem behebt. Über den Hohlschliff hatten wir glaube ich nicht gesprochen, denn wir machen das schon immer bei den Solids. Hier ist der Hohlschliff nicht sehr ausgeprägt, aber wenn Du genau hinsiehst, solltest Du es erkennen können.

wwelti

Hi Rigk,

das \"Problem\" von dem ich rede ist eher theoretischer Natur da die Abweichung wohl sehr klein ist. Klein genug jedenfalls, um von den Ungenauigkeiten der Saiten maskiert zu werden. Das mit dem Versetzen des ersten Bundstäbchens war vielleicht auch ein Mißverständnis, denn wir sind da wohl einer Meinung. Es ging mir damals vor allem um die Beobachtung daß bei zwei verschiedenen Ukulelen der erste Bund nicht präzise an derselben Position war.

Bei der Berechnung gehe ich erstmal vereinfachend davon aus, daß der Ukulelenspieler viel Gefühl in den Fingern hat und die Saite nicht fester drückt als notwendig. D.h. die Saite berührt gerade das Bundstäbchen. Nun kann ausgehend von der aus der Auslenkung resultierenden Dehnung der Saite mithilfe des Elastizitätsmoduls die resultierende Erhöhung der Saitenspannung berechnet werden. Aus der neuen Saitenspannung und der verbleibenden (auch leicht gedehnten) Strecke zwischen Bundstäbchen und Steg ergibt sich der Ansatz zur Berechnung der Frequenz.

Nebenbei lässt sich aus der Saitenspannung, Elastizitätsmodul und der Auslenkung auch die Kraft berechnen, die notwendig ist, um die Saite soweit herunterzudrücken.

Danke für die Information über Fluorcarbon Saiten. Ich muß auch mal probieren was beim Rückwärtsrechnen herauskommt :D

Der Hohlschliff verstärkt das Problem da bei beim Greifen der mittleren Bünde (6. Bund oder so) eine im Verhältnis zu den anderen Bünden stärkere Dehnung der Saiten als bei geradem Griffbrett notwendig ist. Ich schreibe \"im Verhältnis\" weil absolut die notwendige Dehnung geringer ist. Trotzdem erhöht sich dadurch wohl die Abweichung, wenn man die Positionen der Bünde \"traditionell\" berechnet und kompensiert.

... wie Du siehst es hängt im Moment am Elastizitätsmodul. Ich werde vielleicht doch einfach mal mit Gewichten herumexperimentieren. Die normale Zugspannung auf den Saiten ist ja bekannt bzw. lässt sich leicht berechnen. Also lasse ich ein paar Saiten einfach mal ein paar Tage \"abhängen\" um sie an die Spannung zu gewöhnen, und messe dann die Auslenkung bei moderater Veränderung des Gewichtes (um im linearen Bereich zu bleiben). Bin mal gespannt welche Werte dabei herauskommen.

Viele Grüße
  Wilfried

RISA

Das E-Modul von Nylon liegt ungefähr bei 3, wobei das wiederum eine Vereinfachung ist, da das Spannungs-/Dehnungsverhältnis nicht linear ist. Du musst also vereinfachend das Hookesche Gesetz zugrunde legen. Die Längenänderung bekommst Du über das rechtwinkelige Dreieck. Sagen wir Du drückst die Saite 175 mm von der Brücke um 2 mm nach unten (12. Bund bei 350 mm Mensur), dann ist die Längenänderung (Dehnung) der Saite 175 - (175^2 + 2^2)^0,5 = 0,011428 mm

Das mit dem Hohlschliff sehe ich noch anders, da man durch die Position des Hohlschliffes und die Änderung des Halswinkels jeden Bereich des Griffbretts näher oder weiter vom den Saiten positionieren kann. Mit Hohlschliff ist keineswegs gemeint, dass man im Bereich des 6. Bundes einfach eine Beule ins Griffbrett schleift.

wwelti

#6
Danke Rigk.

Ich werde dann das E-Modul einfach als Variable vorsehen und mal testweise von 3 Gigapascal (=kN/mm^2) ausgehen.

Das mit der Längenänderung ist schon klar (den guten alten Pythagoras kenne ich auch gerade noch ;) ).

Ich weiß schon was Du meinst mit dem Hohlschliff. Es macht natürlich keinen Sinn einfach nur ne Beule ins Griffbrett zu schleifen. Der Sinn ist doch vielmehr, bei einer gegebenen Saitenlage die Schnarr-Anfälligkeit zu minimieren. Z.B. indem man den Hohlschliff so macht daß bei gegriffenen Saiten der Abstand der Saite zum nächsten Bund möglichst gleich (hoch) bleibt, egal in welchem Bund man greift. So kann man dann auch eine niedrigere Saitenlage als bei geradem Hals erreichen, ohne daß es schnarrt.

Natürlich ist die größte Auslenkung immer noch am höchsten Bund. Aber wenn man einen Hals mit Hohlschliff mit einem Hals ohne Hohlschliff vergleicht (beide mit Nullbund), und beide so einstellt daß am höchsten Bund jeweils dieselbe Saitenlage erreicht wird, wird die nötige Auslenkung im Bereich des 6. Bundes beim Hals mit Hohlschliff normalerweise ein bisschen höher sein als beim geraden Hals, richtig? Wenn wir also die Kompensation so einstellen daß sie am 12. Bund perfekt ist, stimmt sie am 6. Bund nicht mehr 100%. Das \"Problem\" besteht auch schon (in geringerem Maße) bei geradem Hals, da die Dehnung der Saite beim Greifen nicht linear abhängig von der Griffbrettposition ist. Die Auswirkung der Kompensation hingegen schon...

Wie gesagt es handelt sich hier um minimale Abweichungen, ich finde das Ganze vor allem aus theoretischer Sicht interessant. Davon abgesehen wären Ergebnisse wohl recht gut umsetzbar wenn man ein Programm draus macht -- kann doch nix schaden wenn man die Positionen um ein minimales Quäntchen genauer berechnet, selbst wenn das Ganze grenzwertig nah an der Meßgenauigkeit ist. ;)

Viele Grüße
  Wilfried

RISA

Ich beschäftige mich (wie man vielleicht merkt) auch sehr gerne mit diesen Themen. Ich stelle nur manchmal mit Erschrecken fest, dass die theoretischen Annahmen in der Berechnung sich oft in der Realität nicht bestätigen (siehe meine Kompensationsfaktoren). So sagt die Literatur, dass das E-Modul zwischen 2 und 4 liegt und ein Spannungsversuch testiert 2,7 bis 3, doch all das ist eben noch immer recht ungenau.