\"Spirit-Mojo-vintage\" was sind eure Erfahrungen?

Begonnen von Sir Roy, 26. Okt 2010, 09:21:20

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Sir Roy

Wann hat für euch ein Instrument einen \"Spririt\"? Was flüstern euch eure vintage Ukes zu? Glaubt ihr an den \"Geist im Holz\"?
Ich glaube es ist überflüssig zu erwähnen, dass ein vintage Instrument nur gut ist, wenn es ebenso klingt. Nur alt heißt nicht toll.
Aber alt und trotzdem toll klingend ist für mich immer noch meine liebste Kombination.
Wenn ich jetzt Tunes von Take That spielen möchte, würde es mir vielleicht nicht so viel bedueten, ob ich ne alte oder nagelneue Uke spielte. Aber als Fan alter Schlager (=Hits, Volltreffer, Sheet Music, Tin Pan Alley Music ...oder wie auch immer) mag ich das Gefühl, ein Instrument zu spielen, das \"Zeitzeuge\" ist...
Hier mal ein Beispiel:
Ich hab ne alte Harmony Johnny Marvin. Die hatte ein paar Deckenrisse, ist ziemlich abgeschrubbelt, für Optik-Perfektionisten vielleicht nicht der wahre Jakob. Und von all den Harmonies, die ich gespielt habe, waren die wenigsten so, dass ich mich davor niederknien wollte.. Zu große Produktionsflut, zu geringe Klangeigenschaften der meist aus gesperrtem Holz gebauten Ukes. Billiginstrumente für die Masse.. Soll bitte nicht falsch (z.B. elitär) verstanden werden, aber George Formby, Johnny Marvin, Wendell Hall, May Singhi Breen, Roy Smeck, Cliff Edwards etc. haben nun mal keine Harmony Sperrholz-Kiste gespielt..
Also, warum auf einmal ne Harmony, wenn ich keine allzu guten Erfahrungen damit habe? Nur weil sie vintage ist?
Mitnichten!
Die Johnny Marvin \"Professional Tenor Uke\" (=Concert Mensur) ist eine massive Uke entweder aus Mahagoni oder die deluxe (=Prince of Wales) Version aus Koa. Meine ist aus einem brutal gut ausgewählten \"curly mahogany\" (gelocktes Mahagoni). Sie klingt und klingt und klingt! So wie sie abgespielt ist und wie der dazu gehörende Koffer erhalten ist, war es kein Instrument, das von einem kleinen Jungen einmal zu X-mas beschrammelt wurde, um danach die Jahrzehnte im Schrank zu versauern. Die hat einige Betriebskilometer und - stunden auf\'m Buckel. Mit den typischen Abnutzungsspuren, die nur entstehen, wenn man darauf spielt. Und zwar viel und mit Leidenschaft. Die Buchstaben-Kürzel auf dem Case geben mir Rätsel auf, ich habe sie bis heute nicht entschlüsseln können. Bandnamen-Abkürzung? Who knows...
Dieser thread soll eine angeregte Diskussion fördern über den Sinn und Unsinn alter Instrumente, eure Erfahrungen damit etc..
Yo-ho! VODODODEODO!
Hier mal ein paar Bilder:






Floyd Blue

Es ist für mich schon ein komisches oder besonderes oder anderes Gefühl, eine Vintage-Uke, egal in welchem Zustand, in die Hände zu nehmen. Nachdem ich aber einige Zeit darauf gespielt habe, weicht das meistens einem Gefühl der Ernüchterung oder Geklärtheit. Dasselbe passiert mir auch bei neuen, hochwertigen oder anderen Sagen umwobenen Instrumenten (Schaepe). Nach einer kurzen Zeit des Ausprobierens, stellt sich für mich heraus, ob das Teil für mich gut klingt oder nicht, ob es sich gut spielen lässt etc. Nur wenn alles passt entwickelt sich auch ein Spirit oder Mojo bei mir. Das ist mit alten Instrumenten nicht anders als mit neuen. Nur zum Sammeln, brauche ich keine Instrumente.

Ich kann aber durchaus Leute verstehen, die ihr altes Instrument lieben. Da passt eben alles. Genauso gut kann ich Leute verstehen, die sich \"ihr\" Instrument bauen lassen und es dann auch lieben. Dann gibt es noch die Leute, die sich \"ihr\" Serieninstrument so einstellen, modifizieren, dass alles passt. Auch die kann ich gut verstehen.

Sir Roy

Bezugnehmend auf deine Signatur FB: Das hat man davon, vorm Kaffe am Morgen zu tippen, und dann noch zweimal Mahagonie. ts, ts, ts... Merci

Floyd Blue

#3
Ja, ich dachte ich sag\'s durch die Blumen schreib\'s durch die Signatur (nach dem Kaffee)... ;)

Guchot

Ha, da ist er ja der Thread :mrgreen:

Ich habe in einen anderen Thread ja schon einiges dazu geschrieben, trotzdem möchte ich hier auch noch mal meine eigene, persönliche, subjektive Meinung dazu schreiben.

Die allgemeine Tendenz \"Vintage ist geil\" halte ich für fehlgeleitet, wie schon im Augangspost geschrieben \"Nur alt heißt nicht toll\". Neue Instrumente, von einem Fachmann gebaut, sind meiner Meinung nach den alten Instrumenten überlegen. Die Technik hat sich verbessert und verfeinert und im Gegensatz zu einem Instrument von vor 80 Jahren ist auch der Erfahrungsschatz um eben diese 80 Jahre angewachsen. Man darf auch nicht vergessen das die Verfügbarkeit nahezu jedes beliebigen Holzes auch erst in jüngerer Zeit problemlos möglich ist. Heutzutage sucht man sich das Holz aus das man haben will, früher hat man das genommen was verfügbar war. Waren die ersten Ukulelen aus Koa weil es das beste Tonholz ist? Nein, man hat Koa genommen weil das in Hawaii zur Verfügung stand, Tonhölzer gibt es weitaus geignetere. Warum hat Leo Fender seine Telecaster aus Esche gebaut? Weil es ein leichtes Holz ist das in großen Mengen und günstig zu bekommen war. Adieu romatische Vorstellungen... Auch die Vorstellung das früher die Instrumente noch von Hand gebaut wurden und nicht von Maschinen, kann man getrost ad acta legen. Günstige Instrumente wurden damals auch nicht von gelernten Instrumentenbauern zusammengeschraubt, sondern von Hilfskräften die auch nicht mehr Ahnung von der Materie hatten als heutzutage eine Maschine (schon mal Charly Chaplins \"Lichter der Großstatt\" gesehen?). Also warum Vintage?

Was ich so bei ePay entdecke, läßt sich grob in 2 Gruppen aufteilen: Da sind zum einen die Instrumente die vor zig Jahren gekauft wurden, in fachkundige Hände gekommen sind, viel gespielt und sorfältig behandelt worden sind und auch durchaus mal die eine oder andere Reparatur hinter sich haben. Das waren in der Regel damals schon gute Instrumente, die mit der Zeit sicher nicht schlechter geworden sind. Diese Instrumente haben allerdings auch ihren Preis. Die weitaus größere Gruppe ist aber die, die gekauft, ein paarmal bespielt wurden und dann auf dem Dachboden verschwunden sind. Warum? Weil sie sch***e waren und sch***e klangen. Und diese Gruppe von Instrumenten wird im Laufe der Zeit auch nicht besser. Wenn bei ePay ein Instrument angeboten wird das 50 Jahre lang auf dem Dachboden liegt, dann sollte man sich fragen warum es dort gelegen hat UND inwieweit ein 50jähriges Dasein auf dem Dachboden dem Instrument gut getan hat. Aus meiner Erfahrung (nicht nur mit Ukulelen) kann ich nur sagen: Finger weg von sowas! Es sei denn man hat die Möglichkeit sich das Stück mal vor Ort anzusehen. Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit eine Handvoll Schrott zu bekommen verdammt groß.

Zum schwer greifbaren Thema \"Spirit\", um mal bei einem Ausdruck zu bleiben. Eine Ukulele kann Spirit haben, ja. Der Meinung bin ich auch. Aber wodurch erhält sie diesen? In meinen Augen nur durch den Besitzer und auch nur für ihn. Die Tatsache das eine Uke alt und abgegriffen ist, verleiht ihr in meinen Augen keinen Spirit. Jedenfalls keinen der für mich interessant ist. Was der vorherige Besitzer damit gemacht hat weiß ich nicht und es interessiert mich auch nicht. Wo soll da ein Spirit herkommen? Spirit bekommt MEINE Ukulele für mich wenn ich sie immer und immer wieder spiele, wenn ich alle ihre Macken kenne und weiß wie ich sie zu behandeln habe. Dann bekommt sie Zug um Zug Spirit. Dazu gehört auch das ich weiß wo der Kratzer auf der Decke herkommt, der Katschen an der Zarge, der (Gott behüte!) Brandfleck am Kopf und der Wasserrand vom Schnapsglas auf der Decke. Egal ist mir dabei ob die Uke von einem gesichtslosen Arbeiter 1930 oder von einer  seelenlosen Maschine 2010 hergestellt wurde.

Mein Beispiel dazu wäre meine meistgespielte Uke, \"Douglas\".

Ich weiß das die Uke von einem Mann in England gebaut wurde der selber Gitarrenbauer und -spieler war. Bauen tut er sie immer noch, nur spielen kann er sie nach einem Unfall nicht mehr. Deswegen hat er sich etwas gebaut mit dem er so nahe wie möglich an seinen gewünschten Sound kam und das für ihn trotzdem noch spielbar war. Rührend, oder? Interessiert mich aber nur am Rande. Ebensowenig interessiert es mich das es meines Wissens nach keine anderen Bariton-Ukulelen mit 21\" Mensur gab. Auch die Tatsache das es insgesamt nur 7 Ukulelen mit 7\" Resonator gibt (weil der von ihm selbst hergestellt wurde) bringt mir nicht den Spirit. Ich mag die Optik, ich mag den Klang, ich mag die Bespielbarkeit. Ich weiß das die e-Saite etwas unsauber ist und stimme sie je nach Lied einen Tick rauf oder runter. Ich weiß das der Resonator gute 15 Minuten zum aufwärmen braucht, erst dann klingt er richtig. Ich liebe es in diesen 15 Minuten einfach nur ein paar Pickings rauf und runter zu spielen und zu hören wie sich der Klang immer weiter und weiter entwickelt (und ich hasse es dabei unterbrochen zu werden :mrgreen:). Dadurch gebe ich etwas in das Instrument hinein und das nützt auch nur mir was. Was andere da vorher reingesteckt haben geht mir \"Spirit-mäßig\" am Heckblech vorbei. Ähnlich geht es mir bei meiner Eichen-Uke und meiner neuen, die morgen erst ins finale Planungsstadium geht. Aber auch die achtsaitige Lanikai die ich von Kay bekommen habe, zieht schon langsam in die Richtung. Wobei ich nicht weiß wieviel Spirit Kay da rein gelegt hat ;)

Und jetzt versuche ich mal wieder die Kurve zum Ausgangsthread zu kriegen.. da steht: Sie klingt und klingt und klingt! Na, dann ist doch gut. Wenn sie klingt wäre es mir wurscht ob sie 2, 30, 50 oder 100 jahre alt ist und wer da vorher seine Finger dran gehabt hat, wäre mir persönlich au wurscht ;)

Only my 2cents und ne schöne Jrooß us Kölle
Guido

Guchot

#5
Weils zu dem Thema so schön paßt, zur Info mal ein Artikel von Walter Kraushaar von http://www.kraushaar-gitarren.de/ Das Einverständnis diesen Artikel zu posten liegt mir per eMail vor. Den Original-Artikel findet man aber auch hier: http://www.kraushaar-gitarren.de/cms/fledermausohren.html
Ich bitte das nur als Information zu sehen, da Herr Kraushaar hier nicht mitliest. Und bitte auch beachten das sich der größte Teil des Artikels auf E-Gitarren bezieht, aber ich denke man kann da doch schon einiges mitnehmen.

Fledermausohren

Wie klingt ein Stahlblock im Gegensatz zu einem Gussblock? Sind Titan-Böckchen denen aus Edelstahl vorzuziehen, oder soll man wieder die alten aus Blech nehmen? Messing? Nein, das sind wir uns einig – Messing klingt ja vollkommen stumpf! Aber ich habe jetzt mal Alu gehört. Das soll ja der Geheimtipp sein. Gaanz offen. Waas? Blechern? Niemals! Du hast ja keine Ahnung!

Die Kennerschaft unter Gitarrenliebhabern scheint mit einer ganz besonderen Feinsinnigkeit einher zu gehen. Wer nicht nur Sackhaare rauschen hören kann, sondern anhand ihres spezifischen Raschelns erkennt, ob sie brünett oder blond sind, jaaa – der ist ein wahrer Gitarrenkenner! Wenn man sich dazu noch mit Produktreihen, Firmengeschichten und Seriennummern auskennt, kann einem kein Fachmann noch etwas vormachen....

Ich frage mich manchmal, was wir Gitarrenbauer eigentlich in den letzten Dekaden gemacht haben?
All die Versuche, Instrumenten eine gewisse Fähigkeit zu geben, Schwächen auszumerzen, Stärken  auszubauen...
Es wurde viel geforscht, es wurden moderne Werkstoffe ausprobiert, es wurde viel konstruiert, analysiert und auch verstanden...

Wir können heute ziemlich genau  bestimmte Eigenschaften erzeugen und andere zurück drängen.
Wir können gute Schwingungseigenschaften mit ergonomischen oder gestalterischen Wünschen paaren.
Wir können Instrumente planen, die nicht zufällig sind, wie sie sind, sondern in allen Eigenschaften das Ergebnis einer Überlegung darstellen.

Jedoch...
Jedoch scheitern die Versuche, den Instrumentenbau mit Verstand, Physik und Statik zu betreiben, letztlich an dem Umstand, dass Gitarristen  meist kein funktionierendes Instrument suchen, sondern ein Hilfsmittel, mit dem sie ihre Welt aufrecht erhalten. Eine Welt voller Rock'n Roll, langer Haare, Nebel und schwiemeliger Mythen.

Dabei gilt unter Musikern: Wenn du etwas nicht durch faktisches Wissen untermauern kannst, (und fundierte Aussagen sind hier eher so etwas, wie Knoblauch in Vampierkreisen) dann verlass dich auf die \"Tradition\"! Dabei ist, wenn es Alternativen gibt, dem Ältesten grundsätzlich der Vorzug zu geben.

So klingen Zink-Kohle Batterien in Effektgeräten besser, als Lithium.
Bodentreter sind besser als Multieffekte (zumal man deren Bedienung nicht versteht) und lose Verdrahtung klingt besser als eine Platine.
Natürlich klingen alle Röhren, unabhängig von ihrer Qualität und Schaltung, besser als Halbleiter und moderner ,,Schnickschnack" ist, man braucht sich gar nicht weiter damit beschäftigen, überflüssig.
Auch ist das Verballern von Material ein Qualitätskriterium. Einteiler sind immer besser – egal wofür. Am besten, man macht eine Gitarre aus einem Stamm und wirft den Rest weg.

Bei Gitarren reduziert man sich gerne in der Konstruktion auf 2 bis 3 Modelle aus den 50ern. Das hat damals schon funktioniert und darf nicht verändert werden. Hier bewegt sich der Musiker auf sicherem Terrain. ,,Experimente" werden nur auf der Basis eines VW-Käfer Chassis mit 34PS Motor zugelassen. Man diskutiert den Ton eines Strathalses bei stehenden und liegenden Jahrringen, fragt sich, ob Sumpfesche der Erle vorzuziehen sei, und ob das Tremolo besser aufliegt, oder frei schwebt.

Ich bin mir darüber bewusst, dass ich mir mit diesen Zeilen keine Freunde mache, aber ich bin krank und müde, mit den Verfechtern überholter Technik darüber zu diskutieren, ob man die Fahrleistungen ihres VW Käfer mit 34 PS Motor dramatisch verändern kann, wenn man die Klappe des Handschuhfachs aus Titan fertigt, oder den Lack  durch eine Wandmaltechnik aus der Broncezeit austauscht. Auch glaube ich nicht, dass sich die Straßenlage eines Käferchassis drastisch verändert, wenn man andere Reifen aufzieht – schon gar nicht, wenn die neuen Reifen 50 Jahre alt sein müssen, um ,,geil" zu sein.
Eine Strat ist eine Strat. Ein Käfer ist ein Käfer. Manche Leute sammeln so etwas und kaufen sich Bücher dazu. Das ist ok.

Die ,,Wissenschaft" die daraus betrieben wird, ist dem Thema jedoch absolut nicht angemessen. Der Begriff ,,Wissenschaft" verbietet sich sogar bei genauerer Betrachtung, da an der Konstruktion, die dem Instrument seine grundlegenden Eigenschaften verleiht, auf gar keinen Fall etwas verändert werden darf, wenn es nicht todpeinlicher Ignoranz der gesamten Musikerschaft anheim fallen soll.
Es werden also nur Accessoires und die damit gemachten feinsinnigen Erfahrungen ausgetauscht. Wieder und wieder und wieder......
Als Gitarrenbauer kann man das nicht lange ertragen, ohne Ausschlag zu bekommen!

Wenn ich moderne Technik, Fahrleistung, Komfort, einfache Bedienung und stressfreies Handling mit einem Auto wünsche, so setze ich mich nicht in einen Oldtimer. Wenn ich einen modernen Computer haben will, reihe ich keine Kugeln auf eine Stange. Wenn ich ein warmes Essen möchte, so mache ich kein Lagerfeuer...
Nicht einmal Musiker tun das! Sie gebrauchen das, was ihnen an moderner Technik zur Verfügung steht: In Handy, Mikrowelle, Computer oder Auto....
Mit Ausnahme ihrer Gitarren!

Warum diese Angst vor Neuem bei Musikinstrumenten?
Weil man eigentlich gar nicht weiß, wo man hin will?
Weil man sich darum nur in der Wiederholung, in der Rezitation sicher fühlt?
Weil man nur so aussehen will, wie ein Musiker?

Tatsächlich wird bei der ,,Instrumentenkennerschaft" nicht viel gespielt, sondern vor allem viel gehorcht und noch mehr lamentiert.
Dabei stellt sich mal wieder die alte Frage:
Was macht einen ,,guten" Ton aus?
Meine Antwort:

Entschiedenheit!
Ich meine damit nicht das ,,der Ton kommt aus den Fingern" – Gequatsche.
Entschiedenheit bedeutet, dass man weiß, wie ein Ton klingen soll, BEVOR er gespielt wurde und, und hier wird es wichtig; ohne einen Zweifel daran, dass er auch so klingen wird!
Jeff Beck, der nach eigenen Aussagen einfach nur ,,auf einer weißen Gitarre" spielt, ist ein Meister der Entschiedenheit. Was sein Spiel ausmacht, ist das Gegenteil von Zaudern und Überprüfen: Tun und Wissen! Die Gitarre tut, was er will und nicht umgekehrt.
Tommy Emmanuel spiel in seiner Version von ,,Amazing Grace" eine ganze Strophe lang die Melodie in Akkorden  - als 16tel mit aller Kraft über alle Saiten! Mir stockte der Atem, als ich es das erste mal hörte und sah. Da holte der Mann alles, was überhaupt nur ging aus der akustischen Gitarre,  und das eine ganze Strophe lang! Schrabbel-schrabbel! Volles Rohr! Ja tut man denn so etwas? Offenbar! Wenn man weiß, was man bewirken will.

Die oft beanspruchte Aussage, Großmeister XY würde auch auf einer Zigarrenkiste wie Großmeister XY klingen, hat hier ihre Wahrheit. Was sein Spiel ausmacht ist die Tatsache, dass er weiß was kommt, bevor er die Saiten angefasst hat. Seine Entschiedenheit bezieht sich ja nicht auf das Instrument, sondern auf seine Person: Auf seine Routine, sein Können und seinen Willen. Er hat den Song, das Lick  1000 mal gespielt und wird den Groove so spielen, wie er es in vielen Stunden schon getan hat. Dazu nimmt er sich ein Instrument. Das tut jetzt, was es soll – mehr oder weniger schön, aber in einem überzeugendem Vortrag.

An dieser Stelle glaubt mancher begeisterte Amateur, er könne mit dem gleichen Equipment auch so klingen.  Weit gefehlt!

Natürlich sollen gute Instrumente uns beim Spiel unterstützen und uns helfen, unsere musikalischen Ideen umzusetzen. (Eine Anforderung übrigens, der ein Teil tradierter Instrumente nicht mehr in zeitgemäßer Weise gerecht wird! Versuchen Sie mal, mit einer alten Singlecoil-Gitarre neben einem Mooving-Head oder einem Bildschirm zu spielen...)
Aber um so zu klingen wie unser Idol, braucht es vor allem dessen Routine und Entschlossenheit. Oder, um es einfach auszudrücken:
Um zu klingen wie Eric Clapton, muss man auch üben, wie Eric Clapton. Die Gitarre mit dem Namen hilft dabei nicht weiter.
Da hilft nur: Spielen. Spielen, spielen, spielen!
Wenn man jedoch einmal dabei ist zu spielen, statt davon zu reden, hat man letztlich gute Chancen, eine eigene Routine und Entschiedenheit zu erlangen, was der Musik und der Klangästhetik ganz neue Dimensionen eröffnen kann.

Wer diesen langen Weg gegangen ist wird irgendwann feststellen, dass Ton kein Voodoo, sondern Kraft mal Weg mal Zeit ist.

Und dazu braucht man keinen Oldtimer, sondern ein Fahrzeug.

Sorry, hatte deinen Kommentar, dass du per EMAIL angefragt hattest, übersehen.

Floyd Blue

Noch ein Wort zum \"Spirit\": Das heißt für mich, dass ich inspiriert werden. Man könnte \"Mojo\" vielleicht auch mit Inspiration übersetzen.

Mich hat auch schon eine billige Schrottukulele inspiriert, die sicher nicht die Bezeichnung Ukulele verdient.

jazzjaponique

#7
8)

Guchot

Zitat von: jazzjaponique...Das alte auf dem Dachboden gelandete Instrumente nix taugen halte ich für Schwachsinn. Das muss ja überhaupt nix mit dem Instrument zu tun haben, sondern liegt vielleicht einfach nur an der Talentfreiheit des Beschenkten oder kann 1000 andere Gründe haben....

Erstmal schönen Dank dafür das Du mich als schwachsinnig bezeichnest. Meine mir anerzogene Höflichkeit verbietet mir eine passende Antwort. Desweiteren kann ich nur sagen das ich schon mehr als einen Dachboden gesehen habe und schon mehr als eine Ukulele oder Gitarre (und nebenbei jede Menge Fotoapparate) die mir stolz als Dachbodenfund gezeigt wurden und die zu 90% Schrott waren. Es geht ja nicht um Sachen die mal ne zeitlang auf dem Speicher langen, sondern die LANGE da lagen. Und wenn die so lange da liegen, dann sind sie entweder von Anfang an Schrott gewesen oder sind es mittlerweile. Alles was 50 Jahre lang in einem schlecht isolierten Raum gelegen hat und den Witterungseinflüssen dadurch wesentlich stärker ausgesetzt war als in der normal temperierten Wohnung, leidet darunter. Und gerade Instrumente in einem nicht unerheblichen Maße.

Zitat von: jazzjaponiqueAuch das mit den heute überall verfügbaren Tonhölzern halt ich für mehr als fragwürdig. Ökologisch macht jedenfalls mehr Sinn eine alte Ukulele zu spielen oder wieder spielbar zu machen. 2/3 meiner Ukulelen sind gebraucht.

Ich habe hier nichts von Ökologischen Grundsätzen geschrieben, sondern nur von der Tatsache das es heutzutage wesentlich einfacher ist an das Holz zu kommen das man haben will. Ob man das nutzen muß, kann, sollte, ist eine ganz andere Frage. Ökologisch gesehen ist es auch sinnvoller ein altes Auto weiter zu fahren als sich ein neues bauen zu lassen.

jazzjaponique

#9
;)

Sir Roy

#10
Zitat von: Guchot.. das es heutzutage wesentlich einfacher ist an das Holz zu kommen das man haben will.
Das halte ich für eine gewagte These, die ich gerne an unsere Instrumentenbauer weiterreichen möchte.
Natürlich können wir per Internnet alles Mögliche bestellen, beim Edelholz-Händler vor der Tür aus einer reichen Produktpalette schöpfen etc, aber die Zeiten der Holzwirtschaft, als man noch auf einen großen Fundus alter und langsam gewachsener Bäume zurückgreifen konnte sind vorbei. Bestimmte Klanghözer dürfen (Gott sei Dank) nicht mehr verwendet werden, da ist zu lange Zeit zu viel Schindluder mit getrieben worden. Um den einen bestimmten Baum aus\'m Gebüsch zu ziehen, hat man alles ringsrum platt gemacht..
Dennoch: langsam gewachsene Hölzer mit sehr feinen Jahresringen sind rare birds, die altertümliche Lufttrocknung ist nicht mehr Standard. Kammergetrocknetes Holz neigt dann später leichter zu Rissen.

******************************

Ich stimme den Vorschreibern in Vielem zu. das Wesentliche ist: Ein gutes Instrument bewirkt, dass der Musiker darauf gut und besser spielt als auf einem anderen Instrument gleicher Art.  Das hängt mit persönlichem Geschmack zusammen, Klangideal etc.  Wir reden immer noch von dem selben Ding: Voraussetzung ist:  Saitenlage o.k., Intonation o.k., Bespielbarkeit/Handling o.k. Auch wenn die Ukulele ein Floh unter den Zupfern ist, gibt es wahnsinnig viele Unterschiede im Klang. Den Klang meiner 3 Martins habe ich noch nie (!) bei einer neuen Uke gefunden. Warum auch immer. Meine Ken Timms ist der Hammer, sieht aus wie ne Martin, spielt sich wie eine, klingt aber leicht anders. Nota bene: Nicht schlechter- anders!
Wenn eine Uke nun also alles kann, was sie können sollte, dann bevorzugen unterschiedliche Musiker immer wieder andere Jahrgänge, Hersteller. Da kommt der geschmack ins Spiel. Wenn der eigene Geschmack getroffen ist und einem der Klang seines Instrumentes warum auch immer zusagt, dann spielt man besser. Unabhängig von Provenienz, Alter des Instrumentes etc.
Warum klingen für MICH vintage Ukes anders/besser? Mir gefällt die Leichtbauweise, die dünne Decke, der schlanke Hals, die dünnere Kopfplatte, die leichteren Mechaniken, die seidige Oberfläche (bin ein bekennender High-gloss-finish-Hasser).. Moderne Ukulelen sind oft viel zu massiv gebaut. Neue Instrumente, die dieselben features aufweisen wie die beschriebenen alten, klingen ähnlich, aber nicht gleich. ich würde mir zutrauen mit verbundenen Augen meine Martins rauszuhören aus allen Kiwayas, Ponos, Timms, Ohanas, Brükos etc.

Und wenn bei den alten Gurken irgendwelche Macken dran sind? Ist mir so was von egal, wenn sonst alles stimmt! Ich lass nicht alles rundumerneuern, der Klang und die Stabilität ist vorrangig. Ändern was nötig, nicht was möglich. (Vergleich: Ich finde es reizvoll und durchaus schön, einem Menschen das gelebte Alter anzusehen ohne Botox-Retouche, Silikon und dergleichen. Wenn der Mensch sich wohler fühlt mit Korrekturen und dadurch mehr an sozialem Miteinander partizipiert, seine Entscheidung und nachzuvollziehen. Wenn die Pumpe schlapp macht und ein Bypass her muss, logo. Sich Krähenfüße um die Augen wegzuspritzen? Muss für mich nicht... Silvester S. lässt grüßen. .. Aber diese Diskussion würde zu weit führen... kam mir nur gerade in den Sinn, weil für mich alte Instrumente eben doch eine Art Seele haben.. understand?
Ich bin sehr froh über die moderenen Möglichkeiten, Verbesserungen  etc. in allen Bereichen, die das 21. Jh. bietet. Und ja, ich hab auch Internet, ein Auto, Handy und Ipod. Aber manchmal muss es ein Grammophon sein und ne Schellackplatte aufgelegt. Schaut in die Gesichter der Zuhörer: Das gleiche Lied vom mp3 Player verzaubert die Menschen nicht gleichermaßen wie von ner 78er. Ist eigentlich vom sound deutlich beschissener vom Grammophon, aber hat halt was Magisches, das Knistern und Knacken. Und wenn ich ne alte Uke spiele ist sie vielleicht nicht auf dem neusten möglichen Stand der Technik und ich muss evtl. Kompromisse eingehen. (Steckwirbel zum Stimmen sind nicht so leicht zu bedienen wie Ohren-Mechaniken) Aber ich gönne mir die Auszeit und Freiheit, unmodern sein zu wollen, mich zu entschleunigen. Dann spiele ich inspirierter (Spirit)..
V.

Guchot

@jazzjaponique: Nöö, ich streite nicht, ich nehme lediglich zur Kenntniss und weiß was ich davon zu halten habe. Wenn Du meinen Beitrag richtig gelesen und verstanden hättest (so... sacken und verstehen wollen) , dann wäre Dein Beitrag vielleicht anders geworden. Aber egal... Übrigens, Pauschalisierungen für Schwachsinn zu halten, ist eine Pauschalisierung.

@Vodododeodo: Das es heutzutage wieder nicht mehr ganz so einfach ist an gutes Tonholz zu kommen, ist klar. Aber stell Dir mal die Situation vor 50 oder 80 Jahren vor. Da konnte man halt nur das verwenden was man vor Ort hatte, alles andere war nur unter erheblichem Aufwand zu beschaffen. Vor 80 Jahren nen Schwung Koa von Hawaii nach Deutschland zu kriegen dürfte fast unmöglich gewesen sein.

UliS

Es mag langweilig sein, wenn ich schon wieder auf Herrn Kraushaar verweise,
aber genau solch eine Diskussion um \"Tonholz\" hat er sehr umfassend kommentiert.
Und er kann das schöner und besser als ich, daher hier noch mal ein Link:
http://www.kraushaar-gitarren.de/cms/tonholz.html

Gruß
Uli

Sir Roy

Zitat von: UliSEs mag langweilig sein, wenn ich schon wieder auf Herrn Kraushaar verweise,
aber genau solch eine Diskussion um \"Tonholz\" hat er sehr umfassend kommentiert.
Und er kann das schöner und besser als ich, daher hier noch mal ein Link:
Gruß
Uli
Ganz nett, aber er schreibt nicht über Akustik-Gitarren, sondern e-Gitarren, wo es nicht um einen akustischen Ton (Ja, gibts es nichtakustische Töne?..verschont mich mit Spitzfindigkeiten.. ;) sondern ein elektrisch verstärktes Signal geht. Es geht um massive Bauweise, nicht um \"wohlklingende-per se-Klangkörper. Sag doch mal deinem Geigenbauer um die Ecke, Tonholz ist Wurst, er soll doch Pappel als Decke nehmen statt Engelmann-Fichte oder was auch immer.., klingt auch, tönt auch.. Dann brauchen wir diese \"Holz-Diskussion\" nicht weiterführen. Sperrholz tönt auch, oder? Warum sind dann massive Ukulelen \"besser\" vom sound? Tonholz ist Wurst? Wurst ist Wurst!
V.

UliS

#14
Zitat von: VodododeodoGanz nett, aber er schreibt nicht über Akustik-Gitarren, sondern e-Gitarren, [...]
Nein. Er schreibt über Gitarren. Das ist durchaus auf andere Saiteninstrumente übertragbar.

Zitat von: Vodododeodoverschont mich mit Spitzfindigkeiten..
Ach, wer wollte da gerade spitzfindig werden und E- und A-Gitarren unterscheiden?
Wir können die Diskussion gerne auch in unterschiedliche Tonhölzer für Sopran-, Konzert- und Tenorukulelen teilen.
Und für Bariton machen wir am besten einen ganz neuen Thread auf.

Zitat von: VodododeodoSag doch mal deinem Geigenbauer um die Ecke, Tonholz ist Wurst,
Das hat doch gar keiner behauptet! Lies bitte nochmal nach.

Zitat von: VodododeodoWarum sind dann massive Ukulelen \"besser\" vom sound?
Diese pauschalisierende Aussage ist meiner(!) Meinung nach falsch. Ich habe schon schlimm klingende massive Ukulelen gesehen und gehört - ebenso wie gut klingende Laminatinstrumente. [size=8](Für die Spitzfinder: Natürlich auch das Gegenteil.) [/size]

Ein gutes Instrument ist ein Gesamtkunstwerk aus passenden Werkstoffen, guter Konstruktion und vernünftiger Verarbeitung. Und die Qualität der damit erzeugten Musik liegt zum größeren Teil am Musiker, der das Gerät bedient.

Damit verabschiede ich mich aus der Diskussion und übe noch ein wenig an meiner Ukulelenzupftechnik. Die hat das nötig, damit das Tonholz dann etwas besser klingt.

Liebe Grüße,
Uli