Was ist der Grund für ... ?

Begonnen von -Jens-, 28. Jan 2011, 18:12:51

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-Jens-

... die Terzstimmung zwischen C- und E-Saite bei der Ukulele (bzw. G- und H-Saite bei der Gitarre), während man andere Saiteninstrumente in reinen Quarten (z.B. Bass) oder Quinten (z.B. Cello) stimmt? Zumindest für mich erscheint diese Asymmetrie irgendwie \"unlogisch\".

susa

Es könnte damit zusammenhängen, dass man mit Gitarre und Uke vielleicht eher ein akkordisches Spiel erreichen wollte, dennoch aber den Quintenzirkel (Quarte als Umkehrung der Quinte) einbeziehen musste, um leichter analog einige Bünde weiter mit denselben Griff-Folgen in anderen Tonarten rumspazieren zu können.

Durch die Terz geht akkordisches Spiel leichter.

Bei den quintengestimmten Instrumenten scheint es eher um Melodiespiel zu gehen, auch wenn Akkorde möglich sind.

Kann aber sein, dass ich mich irre, bin ja nun mal menschlich... ;)

-Jens-

Naja, die Uke ist ja ansonsten in Quarten gestimmt, nur ein \"Paar\" in Abstand einer großen Terz. Dadurch verschiebt sich jeder Fingersatz für Melodie und Akkorde, was meinem Hirn nicht entgegenkommt. Klar gewöhnt man sich daran und lernt es eben so, aber warum? Warum, warum, warum ist die Banane (Stimmung) krum?

fritz

stimm doch mal eine gitarre (von tief nach hoch) e - a- d- g- c- f, bau dir akkorde zusammen und experimentiere ein bisschen. vielleicht revolutionierst du damit die ganze gitarren- und ukulelenwelt. oder vielleicht weißt du danach warum.
www.fritzhermann.com    www.coaching-rz.de   www.music4brains.com

Floyd Blue

Die Gitarre ist (standardmäßig) so gestimmt, damit sie zu den Merksprüchen passt.  :mrgreen:

Wer hindert Dich daran, andere Stimmungen auszuprobieren? ;) Besonders schön fand ich die C-total-Stimmung (c-c-c-c-c-c).

Ich habe gestern mal ein Tenor-Uke in Quartstimmung gebracht. Damit kann man herrlich die ganzen twangy Rock \'n\' Roll Riffs rauf- und runternudeln. klingt halt nicht mehr besonder ukelig.

-Jens-

#5
Mein 6-Saiter war BEADGC gestimmt, da waren wenigstens die 3-Klänge überall gleich in der Griffform. Bass-Spieler halt.
Hm, den Antworten nach ist die Frage offensichtlich doof. Ist halt so. Seit dem Mittelalter wahrscheinlich. Man/ich muss es ja auch nicht wissen, lieber einfach spielen :D

Ole Lele

#6
Quart-Terz-Stimmungen, welche die Instrumente der Gitarrenfamilie von der Renaissance-Laute übernommen haben, gibt es in Europa schon mindestens 500 Jahre, in Mitteleuropa seit der Renaissance. Das Konzept galt damals auf allen bundierten Instrumenten, auch z.B. auf den Gamben, im Gegensatz zu den unbundierten, die nur in Quarten oder Quinten gestimmt wurden. Die wichtige Unterschied zwischen bundierten und nicht bundierten Instrumenten liegt darin, dass man dazu übergegangen war, diese temperiert zu stimmen (viel früher als bei den Tasteninstrumenten!) und dies hat überhaupt erst ermöglicht, die große Terz als Stimmabstand zu haben: Die reine Terz würde das Instrument auf eine Tonart festlegen, nur die temperierte Terz erlaubt das Transponieren.

Es gibt Theorien, welche diese Stimmung auf das griechische Tetrachordsystem zurückführen, das in der Renaissance wiederentdeckt wurde und die Hexachordie des Mittelalters abgelöst hat. Naheliegender ist aber die Hypothese, dass tatsächlich der eingefügte Terzabstand das damals ebenfalls aufkommende akkordische Spiel wesentlich erleichtert hat, weil man unter Nutzung der offenen Saiten mit nur drei bis vier Fingern auf fünf bis sechs Saiten Akkordtöne hinbekommt.

Auf der kurzen Lele sind spieltechnisch große Spreizungen möglich, so dass man bei nur vier Saiten auch mit einer Quartenstimmung ohne Terz wohl gut zurechtkäme. Ich vermute, dass man einfach die Gitarrengriffbilder weiterverwenden können wollte, als man Ende des 19. Jahrhunderts die Ukulelenstimmung erfand. Die vom Rajao übernommene Rückläufigkeit der 4. Saite, die den Ukulelenzauber ausmacht, steht da in keinem Widerspruch.

Viele Grüße
Ole

-Jens-

Danke Ole. Erhellend und einleuchtend.

dienstag

Hah, welch Zufall, bin ich doch gerade eben über diesen Artikel gestolpert: Fender News: The Why and When of Standard Guitar Tuning

losguidos

Zitat von: -Jens-Naja, die Uke ist ja ansonsten in Quarten gestimmt, nur ein \"Paar\" in Abstand einer großen Terz. Dadurch verschiebt sich jeder Fingersatz für Melodie und Akkorde, was meinem Hirn nicht entgegenkommt. Klar gewöhnt man sich daran und lernt es eben so, aber warum? Warum, warum, warum ist die Banane (Stimmung) krum?

Klare Sache! Damit man die verminderte Skala (C,D,Eb,F,Gb,Ab,A,B,C) und Akkorde (Xdim7) leicht lernen kann und Griffbilder über\'s gesammte Griffbrett symmetisch sind  :mrgreen:

VG

-Jens-

Ole und der Fender-Artikel haben es gut und verständlich erläutert. Danke!

Fedoramann

Außerdem wäre es doch irgendwie doof, wenn auf der Gitarre die Leersaiten F und E wären, oder irre ich mich jetzt?

-Jens-

#12
Nein, du irrst nicht. So eines kleines Sekundenintervall (E-F) wäre schon nicht so schön für die Ohren.

Ole Lele

Das ist ein schwaches Argument, denn auch der A11-Akkord der 6 offenen Saiten wäre in der Renaissance inakzeptabel gewesen. Außerdem gab es die Terz-Quart-Mischung auch schon bei den bundierten Viersaitern (bzw. -chörern) des 15. Jahrhunderts, wo das Problem ja gar nicht auftrat.

Auch sonst finde ich den Fender-Artikel nicht recht gelungen. Den Unsinn über die Stimmung der Chitarra battente und ihre angebliche Rolle in der Gitarrengeschichte liest man bei Amerikanern immer wieder. Man erkennt an der gemeinsamen Fehlschreibung (guitarra statt chitarra), dass sie alle aus demselben misratenen Buch abgeschrieben haben.

hinnerk

Informationen zu dem Thema interessant und ausführlich dargestellt: in KÖRTE, Laute und Lautenmusik bis zur Mitte des 16. Jh. (1901) und vor allem bei NICKEL, Beitrag zur Entwicklung der Gitarre in Europa (1972); neuere Bücher/Quellen dazu hab ich leider nicht.