Holz behandeln aber wie? (Altes Instrument in Stand setzen)

Begonnen von Minne, 03. Feb 2011, 15:55:24

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Minne

Hallo liebes Forum!

Ich bin in den Besitz eines alten Kantele-Eigenbaus geraten. Nun würde ich es gerne etwas in stand setzen. Die Mechaniken sind schon entrostet, aber das Holz ist teilweise durch Dreck und Roststaub verdunkelt, was man auch nicht mehr abwischen kann. Werde das wohl abschmirgeln müssen. Anschließend würde ich das Holz gerne behandeln. Vor Jahrzehnten wurde es mal mit Leinenöl behandelt, davon ist aber nicht wirklich noch etwas zu erkennen. Nun meine unbedarften fragen:

Welche Schmirgelpapier-Stärke sollte ich zum abschmirgeln benutzen, welche zum glatt schmirgeln? Sollte ich es, wenn ich es erneut behandle, davor überall abschmirgeln? Und was würdet ihr eher empfehlen - nochmal leinenöl bzw. ein darauf basierendes Holzschutzmittel oder einen auf wasser basierenden lack? Was ist dabei zu beachten (habe sowas noch nie gemacht) und habt ihr Hinweise für bestimmte Produkte?

Danke!

jazzjaponique

#1
Fürs Schmirgeln nehme ich immer Schleifpapier, meist ab 100, 120, 180, 420?, 600 bis zur 1000 er Körnung, manchmal fürs grobe ne Schleifmaschine, meistens aber alles mit der Hand. Für das Ölen danish oil, danach fürs lecker riechen meist Sandeholzlöl oder Lemon oil .  Viol soll wohl auch sehr gut sein, hab ich aber noch nicht bekommen (kennt da jemand einen Lieferanten link?)
Wichtig ist mir immer so lange mit feinen Papieren zu schleifen bis alles glatt ist wie ein Kinderpopo.
1000 er Stahlwollle geht auch gut.
Und fürs Lackieren steh ich auf Schellack, das geht einfacher, als man denkt - guckst du bei youtube

Minne

Also nur damit mein Instrument nach irgendwas riecht würde ich mir kein Öl kaufen. ;) Meinst du Danish-Oil gibts im Baumarkt?

jazzjaponique

siehste so verschieden sind die Leute -  ich geniesse den Duft schon beim berühren. danish oil hab ich bestellt, aber frag mich nich wo

Dieter

#4
viol empfiehlt der claus mohri - frag den doch mal.. das zeug ist spitze! und riecht auch sehr gut :)
Gruss Dieter

jazzjaponique

danke cooler Tip für den Rückweg, da hab ich gestern grad zwei Ukulelen hingeschickt.

Floyd Blue

Das Viol sollte man aber auch in normalen Musikgeschäften bekommen. Ich habe das früher immer dort gekauft.

Minne


faltukulele

Hallo, Minne,

im Prinzip ist Leinölfirnis richtig. Aus Deinem Posing geht nicht hervor, ob die Kantele ursprünglich oder nachträglich so behandelt wurde, beim Aufbau einer neuen Oberfläche ist es aber sicher eine gute Idee, die Haftung und Verträglichkeit der neuen Oberfläche mit dem alten Untergrund im Auge zu behalten.

Ist die vorhandene Oberfläche geölt, würde ich Acryl- und wasserbasierte Lacke schon einmal ausschließen. Geölte Hölzer setzen Schleifmittel schnell zu, ich würde daher eher Stahlwolle als Schleifpapier benutzen. Das Zeug bekommst Du in den verschiedensten Feinheiten (von 3 = grob über 0 = fein bis 0000 = sehr sehr fein), wobei für einen anschließenden Lackaufbau 00 erst einmal genügen sollte. Grundsätzlich ist Schleifpapier (in Verbindung mit einem Schleifklotz) besser geeignet, eine ebene oder glatte Oberfläche herzustellen, Stahlwolle greift (bei geringerem Materialabtrag) auch in den Vertiefungen, ist also zum Reinigen schneller und jedenfalls billiger. Wenn viel weggeschliffen werden muß, fang lieber mit Papier an (180er, höchstens 120er quer zur Faser), sonst schleifst Du die weichen Stellen im Holz tiefer aus als die harten.

Zum \"Aufbau\" der neuen Oberfläche könnte man Bücher schreiben. Reines Leinöl wird Dir nicht schnell genug trocknen, gekochtes Leinöl (Firnis) vernetzt schon langsam genug. Was Du heute als Leinölfirnis zu kaufen bekommst, enthält meist Sikkative (Trocknungsmittel). Ansonsten ist Leinöl auch heute noch ein gutes Konservierungs- und Verschönerungsmittel - und ein hervorragender Nährboden für Bakterien :mrgreen: . Das ist nicht zwangsläufig ein Nachteil - ich will damit nur sagen, daß da anschließend die von jazzjaponique vorgeschlagene Schellacklackierung draufgehört...

Und der Wohlgeruch ist tatsächlich gar nicht so unwichtig - es gibt eine Menge von Grundierungen und Lacken mit technisch durchaus sehenswerten Eigenschaften, die so stinken, daß ich auf ihren Einsatz gern verzichte ;) .

Viele Grüße

Christoph

Minne

#9
Danke für die ausführliche Antwort! Vor dem Schellack sträube ich mich ja ein bisschen, aber ich werde mich da nochmal informieren. Ist so ein streich-Schellack, der mit dem Pinsel aufgetragen wird okay?

Edit: Ist es bei Stahlsaiten eigentlich ein Problem die abzuziehen und die selben wieder neu aufzuziehen? Abgesehen davon, dass es friemelig ist, meine ich.

Minne

#10
Thoman verkauft übrigens Viol.

Claus

Viol ist ein Lackpflegemittel und meiner Meinung nach nicht gut geeignet um unbehandeltes Holz zu schützen. Insbesondere naturharzlackierte Oberflächen (Schellack, Geigenlacke usw.) lassen sich mit Viol sehr gut reinigen, auffrischen und konservieren. Für unbehandeltes Holz würde ich Danish-Oil vorziehen.

faltukulele

Zitat von: MinneDanke für die ausführliche Antwort! Vor dem Schellack sträube ich mich ja ein bisschen, aber ich werde mich da nochmal informieren. Ist so ein streich-Schellack, der mit dem Pinsel aufgetragen wird okay?

Ein Schellack ist ja kein Muß, ich finde ihn nur schöner... Schellack gilt m. E. zu Unrecht als etwas heikel. Dabei liegt das Problem eigentlich \"nur\" darin, den Lack so einzustellen, daß Dir nicht der erste Pinselstrich antrocknet, ehe Du den zweiten danebengesetzt hast. Das Lösemittel (Ethanol) verfliegt unglaublich rasch, ein bißchen üben wirst Du schon müssen ;) . Gebrauchsfertige Schellack-Lösungen sind (meist durch Zugabe von Harzen) etwas \"langöliger\" eingestellt, sie brauchen dann aber auch länger zum Durchtrocknen.  

Wenn Du Dir das nicht antun willst: Alternativ gibt es eine Unzahl von schnelltrocknenden Ölen, z. B. eben das Danish-Oil oder vom selben Hersteller (Rustin\'s) das Teak-Oil, das keine Mattierungsmittel enthält (und daher mehr glänzt), aber etwas dunkler ist. Eine schöne Oberfläche bekommst Du damit auch hin.

Zitat von: MinneEdit: Ist es bei Stahlsaiten eigentlich ein Problem die abzuziehen und die selben wieder neu aufzuziehen? Abgesehen davon, dass es friemelig ist, meine ich.

Technisch wohl kein Problem - Du hast halt dort, wo die Saiten im Stimmwirbel stecken, eine \"Sollbruchstelle\" in Form des vorhandenen Knickes.
Aber nach dem, was Du über den schon entfernten Rost geschrieben hast, werden auch die Saiten davon nicht verschont geblieben sein - fassen sie sich nicht \"rauh\" an? Ich weiß ja nicht,  wie viele Saiten Deine Kantele hat, aber ein neuer Satz wird Dich weniger kosten als ein Liter Danish-Oil.

Viel Erfolg!

Christoph

Minne

#13
ZitatWenn Du Dir das nicht antun willst: Alternativ gibt es eine Unzahl von schnelltrocknenden Ölen, z. B. eben das Danish-Oil oder vom selben Hersteller (Rustin\'s) das Teak-Oil, das keine Mattierungsmittel enthält (und daher mehr glänzt), aber etwas dunkler ist. Eine schöne Oberfläche bekommst Du damit auch hin.

Hallo! :)

Aus dem Kontext wird mir jetzt nicht ganz klar, ob du Leinöl-Firnis und anschließend noch Danish Oil (anstelle von Schellack) meinst, oder Danish Oil/teak Oil anstelle von sowohl Leinöl-Firnis als auch Schellack.

Danke für die ganzen Hinweise übrigens, fühle mich jetzt eher im Stande das hinzukriegen :) Werde aber erstmal an einem anderen Stück Holz etwas üben...

ZitatAber nach dem, was Du über den schon entfernten Rost geschrieben hast, werden auch die Saiten davon nicht verschont geblieben sein - fassen sie sich nicht \"rauh\" an? Ich weiß ja nicht, wie viele Saiten Deine Kantele hat, aber ein neuer Satz wird Dich weniger kosten als ein Liter Danish-Oil.
Die Saiten sind neu! Ich habe schon neue aufgezogen, weil ich wissen wollte ob es sich überhaupt lohnt, das Ding in Stand zu setzen. Klanglich meine ich. War vielleicht nicht die klügste Vorgehensweise, aber ich war so neugierig.   :)

faltukulele

Zitat von: MinneAus dem Kontext wird mir jetzt nicht ganz klar, ob du Leinöl-Firnis und anschließend noch Danish Oil (anstelle von Schellack) meinst, oder Danish Oil/teak Oil anstelle von sowohl Leinöl-Firnis als auch Schellack.

Leinöl(firnis) war über Jahrhunderte DIE Grundierung für Schellacke, ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, ob trotz oder gar wegen der langsamen Vernetzung. Wahrscheinlich waren auch die Farbe und die leichte Verfügbarkeit nicht unwichtig. Jedenfalls verklebt das Zeug prima mit dem Holz, und das ist ja schon mal eine klasse Qualität - für eine Grundierung als erste Schicht eines nachfolgenden Lackaufbaus.

Schnell aushärtende Öle (anstelle von Grundierung UND Lack) ergeben eine nicht ganz so geschlossene Oberfläche und haben den Vorteil der viel leichteren Verarbeitbarkeit - Überschuß im richtigen Moment abwischen und fertig (na ja, beinahe ;) ). Da Du die Klangeigenschaften des Holzes ja nicht verändern, sondern nur konservieren willst, empfiehlt der Hersteller, die Eindringtiefe zu begrenzen, indem Du vorher einen Porenfüller (richtig, aus dem selben Laden :mrgreen:) aufbringst. Das könnte bei einer dünnen Instrumentendecke durchaus sinnvoll sein. Für Möbeloberflächen habe ich bisher darauf verzichtet - das hat aber eine entsprechende Menge Öl verbraucht :roll: .

Zitat von: Minne... vielleicht nicht die klügste Vorgehensweise, aber ich war so neugierig.   :)

 :mrgreen: jedenfalls viel klüger, als einen Haufen Arbeit in ein Instrument zu stecken, von dem Du erst hinterher merkst, daß es sich nicht gelohnt hat. Mußt Du halt eine Wicklung einsparen oder den Knick an die gleiche Stelle fummeln - wird schon gut gehen!

Viele Grüße

Christoph