Instrument mit Heißkleber reparieren?

Begonnen von Seyonne, 13. Jun 2011, 10:54:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema. (21 Antworten, 7.332 Aufrufe)

Seyonne

Ich habe neulich eine alte Gitarre wieder ausgegraben, und musste feststellen, dass der Boden des Instruments abgesprungen ist. Nicht völlig lose, nur im unteren Bereich klafft ein Spalt.
Da ich aus sentimentalen Gründen an diesem Instrument hänge, würde ich es gern reparieren.
Nun die Frage: Kann man das mit einer Heißklebe-Pistole tun oder \"dämpft\" dieser Kleber und das Instrument klingt hinterher nicht mehr?
Hat jemand da Erfahrung? :)

Kai

Erfahrung nicht, aber einen Tipp: Mach\' doch mal ein Foto von dem \"Schaden\". Das macht es den Bastelexperten einfacher, dir die richtigen Ratschläge zu geben. Ich persönlich würde bei Holz eher zu Ponal raten, bin aber kein Experte.

Seyonne

#2





ich hoffe, man kanns erkennen...  :shock:
irgendein herzloser mensch hat das arme ding mit klebeband \"repariert\", daher die streifen... musste es erst mal abkratzen...

Seyonne

ich will ja eigentlich nur wissen, was mit dem klang passiert, wenn der heißkleber aushärtet.... wirkt das dann wie bauschaum - also dämpfend - oder ist der klangverlust unerheblich bis ertragbar  ;)

Fischkopp

Zitat von: Seyonneich will ja eigentlich nur wissen, was mit dem klang passiert, wenn der heißkleber aushärtet.... wirkt das dann wie bauschaum - also dämpfend - oder ist der klangverlust unerheblich bis ertragbar  ;)
Keine Ahnung, aber warum nimmst Du keinen Holzleim ?
https://www.youtube.com/user/BerndDombrowski (Eigene Lieder, Ärztelieder, gemeinfreie Lieder usw.  176 Videos)
https://www.youtube.com/user/RollinUke#g/u (Gecoverte Lieder 356 Videos)

Bugle

Ich würde dringend von Heißkleber abraten.

Wenn mir der Schreiner mit dem ich mich über Leime unterhalten habe nicht völligen Blödsinn erzählt hat passiert bei Holzleim folgendes. Der Leim dringt unter Druck in die Holzfasern ein und verbindet sich so auf \"Faserbene\" mit dem Holz. Wenn das jetzt auf beiden Seiten der Verleimung passiert und sich in der Mitte ein dünner Leimfilm bildet, hast Du nach der Aushärtung eine dauerhafte und stabile Verbindung. Beim Heißkleber (aus der Heißklebepistole?!)  ist das nicht so; da klebst Du nur oberflächlich.

Natürlich gibt es auch Heißleime auf Knochenbasis oder sonstigem Basismaterial was auch von Schreinern und Instrumentenbauern benutzt wird aber ich gehe davon aus das Du diese Leime hier nicht meinst.

Klanglich glaube ich nicht das sich viel verändern würde da Du ja nur im Randbereich verklebst / verleimst.

allesUkeoderwas

#6
Für Gitarren nimmt man Leim wie Titebond Hautleim (Gibts bei EBay) und zur Not noch Sekundenkleber für Holz.  :mrgreen:

Bei Deinem Schmuckstück zählen eigentlich nur noch Erinnerungen und Liebe....  Die Kosten für richtigen Leim übersteigen vermutlich den Wert der Gitarre.

Heißleim ist völlig daneben, Ponal ist schon besser, aber auch nicht das Richtige für eine Gitarre.

Zu allem anderen will ich lieber nix sagen  :shock:   :mrgreen:   :shock:
Ukulelen: Nur Schrott

H a n s

#7
Das schlimmste, was man einem Instrument antun kann ist Sekundenkleber. den verwenden nur Pfuscher.
auf jeden Fall sollte ma bei so einem Schaden erst mal alle Saiten entfernen, denn der Saitenzug verzieht das komplette Instrument. Dann mit 120er Schmirgelleinen den Riss oben und unten etwas anschleifen, um die alten Leimreste zu entfernen, Normalen Weißleim (Ponal oder Chemoplast) mit
einem Teil Wasser verdünnen. den Schlitz mit einem Teppichmesser etwas anheben und den Leim
dünn auf die Zarge auftragen. Beide Teile passend zusammenpressen und mit einem flexiblen
Klebeband (Gut ist elektro Isolierband) zusammenspannen. wenn man etwas Geschick hat,
dann kann man zum pressen auch eine Lange Gummischnur nehmen.

2 Tage gut durchtrocknen lassen, die Verspannung lösen und die ausgetretenen Leimreste mit
einem Skalpell oder Rasierklinge entfernen. Mit etwas feinem Scotchbrite polieren und fertig.

Ich habe schon viel schlimmer aussehende Gitarren repariert und die Besitzer sind seitem wieder sehr zufrieden mit ihrem Instrument.
Lebe Deine Träume, als ein Leben lang nur zu träumen !!

Seyonne

#8
habe eure ratschläge beherzigt und war heute im baumarkt... ponal-kleber, schleifleinen und isolierband gekauft :D
erste erkenntnis bisher: hätte den express-leim nehmen sollen, scheinbar hält das isoband doch nicht so dolle... (hab elektro-isolierband genommen...)

nunja, ich versuchs weiter... :D
btw, das schleifpapier war ne gute idee, da wär ich wahrscheinlich nicht selbst drauf gekommen...  8)


nachtrag: so... das werk ist  vollbracht...  :mrgreen: *stolz ist*
jetzt muss es nur noch trocknen.... apropos, Hans, du sagtest was von zwei tage durchtrocknen - der kleber sagt 20 minuten... gilt hier der leitsatz \"viel hilft viel\" oder reichen ein paar stunden zum aushärten? (ich bin doch so ungeduldig  :oops: )

faltukulele

Wer weiß, was er tut, darf gern Ponal verwenden (die Express-Variante klebt etwas besser, zieht aber auch schneller an). Als Preßzeit genügt eine Stunde völlig, danach preßt sich nix mehr.
Belasten solltest Du die Leimstelle aber erst nach vollständiger Durchtrocknung, und da auf der lackierten Holzseite nicht viel verdunstet, zieht sich das halt hin. Normalerweise kannst Du die Zwingen (oder was immer sonst) also ruhig so lange drauf lassen. 48 Stunden sind bei trockener Luft sicher hoch gegriffen, aber eben auch bei der aktuellen Luftfeuchtigkeit noch sicher ausreichend.

Im allgemeinen würde ich aber auch eher einen reversiblen Leim wie Titebond empfehlen.

Viele Grüße

Christoph

H a n s

#10
Irgendwie kann ich diesen Titebond Hype nicht so recht verstehen.
Vor allem weil die Zusammensetzung fast identisch zu einem normalen Holzleim
ist. Ja, auch Ponal und andere Weißleime kann man bei ca 82°C wieder lösen,
was bei Cyano Acrylat Klebern nicht funktioniert, aber die lösen sich nach einer
gewissen Zeit eh von selbst wieder.
Wichtig ist... so wenig als nötig Leim zu verwenden. Je mehr um so instabiler die
Verbindung. Und Instrumentenbau hat auch was mit Geduld zu tun. also lieber etwas
länger warten, bis der Leim ausgetrochnet ist und anschließend ein haltbares
Ergebnis haben.
Ich verwende für alle Instrumente, die ich baue fast ausschließlich handelsüblichen
Weißleim. Und von den fast 200 Instumenten die ich bisher gebaut habe ist noch
keines wegen sich lösender Leimverbindungen beanstandet worden.
Knochenleim verwende ich nur, wenn ich selbst Furniere auf Oberflächen anbringe.
der lässt sich so schön mit dem Bügeleisen festbügeln ;)

Beim Elasto Isolierband gilt genau das Gegenteil... Viel hilft viel
Ruhig das Isolierband um den ganzen Korpus unter so viel Spannung wickeln,
daß es gerade nicht reißt. Jede Lage erhöht den Pressdruck.
Entfernen kann man das Rückstandsfrei und ohne die Oberfläche zu beeinträchtigen
mit Orangenöl.

Mehr verrate ich jetzt aber nicht, sonst kanns ja im Anschluß jeder ;)
Lebe Deine Träume, als ein Leben lang nur zu träumen !!

allesUkeoderwas

Zitat von: H a n sDas schlimmste, was man einem Instrument antun kann ist Sekundenkleber. den verwenden nur Pfuscher.

Zuerst mal einen schönen Urlaub in KWH !!!

Und... Ich bin stolz, ein Pfuscher zu sein !!!  :mrgreen:
Auch guter Pfusch will gelernt sein. Und nix hält solange wie ein Provisorium.
 
Auf Reisen hab ich immer eine Flasche Hydroglue 200 dabei, falls mal ein Mißgeschick passiert.
Ich hab damit schon diverse Hälsbrüche, Kopfplattenabsplitterungen und Brückenablösungen repariert,
ohne das man davon was sieht (bis auf den Riß im Lack).
Der nächste Bruch ist garantiert nicht an gleicher Stelle und lösbar müssen diese Verbindungen auch nicht sein.

Bei Ponal und anderem Weißleim bezweifel ich die klanglichen Eigenschaften, da dieser Kleister niemals aushärtet.
Hab schon einige Gitarren gesehen, wo die Risse mit Weißleim regelrecht zugekittet waren...
Die klanglichen Eigenschaften waren entsprechend....

Wenn sich Boden und Decke bereits in diesem Maße ablösen, wäre in meinen Augen die fachgerechte Reparatur das Zerlegen
und von Grund auf neu Aufbauen gewesen, da die nicht geklebten Stellen sich als nächstes ablösen werden....

Was hier beschrieben wird, würde ich als Pfusch beschreiben. Wenn das Ergebnis jedoch seinen stolzen Besitzer glücklich macht,
dann finde ich auch diesen Pfusch akzeptabel. Es geht ja nicht um ein 1000 € Instrument....

Viel Glück und Erfolg an Seyonne !!!
Ukulelen: Nur Schrott

faltukulele

#12
Hallo, Hans,

ich verneige mich in Ehrfurcht vor Deiner Expertise (das ist bierernst gemeint) und lerne gern dazu, aber wie meinst Du das:

Zitat von: H a n s... Vor allem weil die Zusammensetzung fast identisch zu einem normalen Holzleim ist ...

Ponal u. ä. D3-Weißleime sind wäßrige Dispersionen auf der Basis PVAC (Polyvinylacetat). Es mag sein, daß bei über 80° die Leimfuge kaputtgeht. Wasserlöslich wird das Zeug davon nicht, und entsprechend lästig ist die Reinigung alter Leimflächen von Kleberresten.

Haut- oder Knochenleime sind Glutinleime, also Kolloide aus Gelatine-Eiweiß. Die werden nicht nur unter Wärmeeinwirkung weich, sie bleiben auch wasserlöslich, ich kann also überschüssigen Leim von Stellen, an die ich während der Preßzeit nicht \'rankam, auch nach Tagen noch mit einem feuchten Tuch wegrubbeln, ohne Kratzer zu hinterlassen. Lästig war dabei von alters her die nötige hohe Verleimtemperatur (Leimkocher etc.).

Titebond enthält neben sterilisiertem Hautleim (und vermutlich ein paar Stellmitteln und Konservierungsstoffen) ein paar Prozente Ammoniumthiocyanat und Dicyandiamid und ist damit bei guter Endfestigkeit nahezu bei Raumtemperatur zu verarbeiten (bißchen Vorwärmen von Holz und Leim auf vielleicht 30° genügt, und dazu reicht die Glühlampe über der Werkbank). Trotzdem bekomme ich die Leimfuge notfalls immer wieder auf.
Das sind doch ziemlich gute Gründe?

Viele Grüße

Christoph

edit @ allesukeoderwas:

Stimmt, Weißleim wird nicht böckelhart - aber sehr zähelastisch. Wird vom Hersteller zur Werkzeugschonung bei der Nachbearbeitung eigens so eingestellt. Der Haltbarkeit schadet das nicht. Wie von Dir trefflich beschrieben, reißt eher das Holz direkt neben der Leimfuge als die Fuge selbst.

Daß ein Hans Thüring in der Lage ist, die allerschönsten Leimfugen zu produzieren und Weißleim nicht zum Füllen offener Spalten nehmen wird, darfst Du allerdings getrost voraussetzen.

Ole Lele

#13
Ihr habt beide recht: Hans meint den weissen Titebond (der normalerweise gemeint ist, wenn man einfach nur \"Titebond\" sagt) und Du meinst den Titebond Hide Glue, mit dem ich selbst auch sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Der groesste Vorteil ist, dass man einmal mit Heisswasser oder Dampf geoeffnete Hautleim-Verbindungen ohne Aufstand wieder mit Hautleim schliessen kann, waehrend man Weissleim sorgfaeltigst entfernen und das Holz neu anrauen muss (und es trotzdem nicht mehr so gut wie vorher halten will).

Viele Gruesse
Ole

allesUkeoderwas

Zitat von: faltukuleleDaß ein Hans Thüring in der Lage ist, die allerschönsten Leimfugen zu produzieren und Weißleim nicht zum Füllen offener Spalten nehmen wird, darfst Du allerdings getrost voraussetzen.

Davon gehe ich mal aus !!!  :mrgreen:  War auch nicht auf Hans bezogen.

Ich meinte damit Exponate, die mir von Hobbybastlern angeboten wurden, die aber in meinen Augen nur noch verbastelter Schrott waren.

Ich hab übrigens auch nix gegen sauber mit Ponal verleimte Decken.
Ich finde obiges Bastelprojekt toll, zumal der geliebte Schatz ja vor dem frühen Tod gerettet wird.
Da sind alle Mittel recht. Und eine Fachwerkstatt für Gitarrenbau hätte sich in diesem Fall vermutlich nicht gelohnt.
Ukulelen: Nur Schrott