Test: Ohana CK35G

Begonnen von smartin, 25. Nov 2008, 22:19:40

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smartin

Hallo Liebe Ukulelenfreunde,

Als erfahrener Semi-Profi in Sachen Musik möchte ich heute mal einen Testbericht der Ohana CK35G verfassen, der neben dem bereits existierendem Test auf der Homepage etwas ins Detail geht.

Mit dem naiven Denken, dass Ukulelen im bereich der qualitativ hochwertigen Instrumente etwas günstiger sind schaute ich mich im Rahmen von 180-200 Euro etwas genauer um und entschied mich für die Ohana CK35-G, da diese praktischerweise auch gleich mit Koffer geliefert wurde  :mrgreen: .

Beim auspacken dann leichte Ernüchterung. Der Koffer wird im Internet gern für ca. 55-60 Euro verkauft, was ich für überteuert halte. Im Set mit der Ukulele bekommt man ihn manchmal umsonst dazu (bei höherem Ukulelenpreis) oder gegen 35 Euro - hier liegt auch eine realistische Werteinschätzung meinerseits.........kein schlechter Koffer (er muss ja nicht viel Masse tragen/schützen), aber mehr als 35 Euro sind nicht gerechtfertig. Bei genauerem Hinsehen fällt auch auf, dass es sich hierbei keineswegs um einen Ohana-Formkoffer handeln kann - das Instrument hat hier noch reichlich Luft.

Also dann....Koffer geöffnet........
Zunächst strahlt einen das gute stück durch eine Plastikfolie an, die aber im nu entfernt ist  ;) . Kurz hin und her gewendet....erster Eindruck ist ordentlich.
Dann der erste Schandfleck  :lol: ........auf der Rückseite des Halses prangt ein kleiner Aufkleber, wie er sonst nur auf günstigen Dekoartikeln zu finden ist.... \"MADE IN CHINA\".
Meine Erfahrung als Musiker sagte mir, dass das nicht schlecht sein muss......aber definitiv einer Detailkontrolle verlang.  :?
Ab jetzt wurde peinlichst genau hingesehen....

Zunächst also zur Verarbeitung:
Der erste Blick fällt aufs Griffbrett. Das Palisandergriffbrett ist recht sauber gearbeitet und ordentlich verklebt (keine Spuren von Nachbesserung erkennbar). Die Bundstege besitzen eine einheitliche Form und sind ebenfalls vernünftig in das Griffbrett eingearbeitet (Bei Brüko gabs da schon weniger schöne Bilder). Ein kleiner Kleberfleck ist auf dem Griffbrett zu sehen, aber sowas kommt bei den Besten auch vor....daher hier mal ausnahmsweise kein Punktabzug.
Sattel und Steg scheinen tatsächlich aus Knochen zu bestehen, die Inlays sind zu weich um aus echtem Perlmut zu sein. Hier wurde Kunstoff verbaut, aber als Perlmut verkauft.....schade, Punktabzug.
Die Saitenhalterung aus Palisander wurde sauber gefräst....leider aber mit Sandpapier nachgearbeitet....nochmal schade...aber nur ein optischer Makel für Perfektionisten (zu erkennen an gerundeten Fräskanten).
Die verwendeten Mechaniken lassen vorerst keine Schwächen blicken - abgewinkelte Mechaniken haben natürlich massive Vorteile, aber ich wollte es klassisch.

Zum Korpus....
Der Korpus besteht aus Mahagoni und wurde sauber verarbeitet. Ebenfalls keine Spuren von Nachbesserungen oder Schlamperei erkennbar. Ein absolutes NO-GO für Holzinstrumente ist allerdings ein Astansatz im verwendeten Holz. Bei meinem Instrument leider auf der Rückseite vom Korpus vorhanden....großer Punktabzug. Diese Astansätze KÖNNEN (muss nicht) negative Einflüsse auf bestimmte Frequenzen haben.
Abschließend wurde das gesamte Instrument mit Klarlack lackiert. Schaut man in die Ecken vom Halsansatz oder spiegelt das Instrument im Licht ist hier erkennbar, dass hier nicht sehr sparsam und um Zeit zu sparen mit wenig Schichten gearbeitet wurde. Das sorgt für eine unregelmäßige Lackdicke und kann im schlimmsten Fall ebenfalls auswirkungen auf den Klang sowie die Stabilität der Lackschicht haben....die Folgen sind bei mir direkt sichbar....kleine Lackschäden am Übergang zum Griffbrett (lässt sich aber leicht beheben) - trotzdem Punktabzug  :|.

Nun aber genug Nachgeschaut.....jetzt werden die Ohren gespitzt. Der erste Schlag in die Saiten lässt schon ein wenig das Herz aufgehen. Ein sattes, warmes C-Dur schmeichelt den Ohren. Ein wirklich schöner Klang....  8)
Aber auch hier wollen wir genauer hinhören....
Erster Punktabzug....beim anschlagen des leeren E, kommt es zu einem sog. \"Wolfston\". D.h. die Saite erklingt kurz in einem Satten Ton und löst sich dann in die Obertöne auf. Klares Frequenz-Problem das mit dem erwähnten Astansatz oder unregelmäßigem Lack zusammen hängen kann. Ähnliches Erscheinungsbild auch beim gespielten Bmaj7.

Diese Fehlerbilder sind in der Regel die härtesten Tests und decken jeden Verarbeitungs- oder Materialfehler auf......sie sind allerdings in seltenen Fällen auch bei hochwertigen Instrumenten zu finden und können mit der Wahl der Saiten sowie Schwingungsübertragenen Elementen (Sattel, Brücke, Mechanik) etwas begrenzt werden.
Die vom Hersteller verwendeten Saiten sind als mittelmäßig einzustufen - hier kann also sicher noch etwas aus dem Instrument herausgeholt werden.


Fazit:
Es bleibt wohl auf ewig festzuhalten und in Stein zu meißeln, dass der Preis eines hochwertigen Instrumentes nunmal nicht von der Größe, sondern von der Qualität abhängt. Wer Qualität will, muss sie auch bezahlen.
Nichts desto trotz würde ich die Ohana CK-35G im Großen und Ganzen als Mittelklasse-Ukulele mit einer 3+ bis 2- (Schulnoten) auszeichnen mit besonderen Stärken in Klang und Optik. Hobby-Ukulisten werden damit absolut zufrieden gestellt und können ein gutes Instrument ihr Eigen nennen.
Qualitätsjunkies, Perfektionisten, Musiker und Profis sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie es eben mit einem Mittelklasse-Instrument zu tun haben, dass seinem Preis aber gerecht wird.

smartin

PS: Die Bundreinheit ist bis in hohe Lagen ebenfalls recht vernünftig...

moskeeto

Danke Smartin für den ausführlichen und detaillierten Bericht :D

ich vermute, dass du dieses Instrument meinst. (?)

smartin

genau das mein ich...

ukefloh

Hallo Smartin,
schreib doch bitte mal wie du ein Semi-Profi in Sachen Musik geworden bist.
Evtl in der Rubrik who is who.
Danke

smartin

@ukefloh...

das klingt ja direkt bösartig, wie du das formulierst :D......aber den gefallen hab ich dir mal noch getan.

ukefloh

Hallo Martin-bösartig klangs nicht, wenn man hier beim Schreiben einen Klang hören könnte gäbs vielleicht nicht so viele \"Missverständnisse\" :mrgreen:

smartin

#7
;) - die antwort ist eigendlich auch kurz und bündig: \"mit Glück\" :D .....und wenn man ne weile \"im Geschäft\" steckt sag ich mal.....also eben Beziehungen.

Earlyguard

Vielen Dank für den Testbericht. :D

Der Johannes hatte hier übrigens auch schon mal einen Testbericht
zu seinem damaligen Neuerwerb!

[size=14]KLICK[/size]

Viele Grüße
Thomas

..

HEiDi

Zitat von: ÖrliDer Johannes hatte hier übrigens auch schon mal einen Testbericht
zu seinem damaligen Neuerwerb!

[size=14]KLICK[/size]

Na, wenn das keine Beweihräucherung ist...  ;)
... und bestimmt zu Recht.  :D

Danke beiden für die Berichte, klingt sehr verlockend.
HEiDi mit MAjA, UkuLily & wir_holen_den_cup

Uketeufel

#10
Auch ein sehr schöner, detaillierter Bericht. Vielen Dank! :)
Ich bin ein Prootcher!

http://www.prootchers.de
www.facebook.com/Prootchers

charangohabsburg

Auch für diesen Bericht besten Dank! (sehe ihn erst jetzt).

Zitat von: smartin[...] die Inlays sind zu weich um aus echtem Perlmut zu sein. Hier wurde Kunstoff verbaut, aber als Perlmut verkauft..... [...]
Hast Du daran rumgeritzt??  :shock:  Nein, im Ernst, sowas sieht man, wenn man je Perlmutt gesehen hat...

Zitat von: smartin[...]
Die Saitenhalterung aus Palisander wurde sauber gefräst....leider aber mit Sandpapier nachgearbeitet....nochmal schade...aber nur ein optischer Makel für Perfektionisten (zu erkennen an gerundeten Fräskanten).  [...]
Vielleicht Geschmacksache? Ein Bild würde über das Ausmass der Sandpapier-Nachbearbeitung Aufschluss erteilen.

Zitat von: smartin[...] Zum Korpus.... [...] Ein absolutes NO-GO für Holzinstrumente ist allerdings ein Astansatz im verwendeten Holz. Bei meinem Instrument leider auf der Rückseite vom Korpus vorhanden.... [...]
Wie gross? Bild? So ein Instrument würde ich wahrscheinlich zurückgeben, ausser der Klang würde mich total überzeugen!

Zitat von: smartin[...] beim anschlagen des leeren E, kommt es zu einem sog. \"Wolfston\". D.h. die Saite erklingt kurz in einem Satten Ton und löst sich dann in die Obertöne auf. [...]
Interessant. Tonbeispiel?
Andrés Segovia hatte sich bei José Ramirez auch immer über Wolfstöne beschwert... (allerdings nicht bei Ukulelen). Ich bin mir sicher, dass sich das Wolfston - Problem nicht einfach auf einen Materialdefekt zurückführen lässt, das Ding ist komplexer.

Zitat von: smartin[...] Es bleibt wohl auf ewig festzuhalten und in Stein zu meißeln, dass der Preis eines hochwertigen Instrumentes nunmal nicht von der Größe, sondern von der Qualität abhängt. Wer Qualität will, muss sie auch bezahlen. [...]
Eigentlich schade, ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, mir aus Qualitätsgründen eine Kirchenorgel anzuschaffen - ok, ist vielleicht sogar in Spar-Ausfführung nicht ganz billig ;)  :mrgreen:

Fazit:
Wie Du sicher bemerkt hast, smartin, bin ich vollprofessioneller Test-Tester.  :mrgreen:   :mrgreen:   :mrgreen:  Meine Tests sind subjektiv, voreingenommen und persönlich gefärbt, jedoch durchaus ernst gemeint ;)

Viel Spass mit Deinen neuen Uken!!!  :D

smartin

#12
@charangohabsburg

Ja natürlich habe ich an den Inlays \"herumgeritzt\" - denn nur das ist heute eine Möglichkeit zu testen ob es sich um echtes Perlmut handelt oder nicht. Heutige Kunststoff-Verarbeitungsverfahren machen es optisch wirklich schwer es von echtem zu unterscheiden.
Ich baue gelegentlich Messergriffschalen mit Perlmut-Einsätzen und kenne den Werkstoff. Er ist etwa Knochenähnlich und spröde......Kunststoff dagegen wesentlich weicher.

Geschmackssache ist das mit dem Sandpapier nicht. Ich genoss selbst eine handwerkliche Ausbildung und weiß daher, dass Sandpapier in der Regel benutzt wird um schnell bearbeitete Teile fürs Auge wieder ansehnlich zu machen und die Oberfläche zu glätten. D.h. du findest an dieser Brücke kaum eine ebene Fläche die nicht zu den Rändern hin abfällt. BEi Brüko funktioniert es ja auch sauberer....


Das Aststück selbst ist etwa 5x2,5mm mit entsprechenden Verwirbelungen in der Maserung drumherum. Ich hatte ebenfalls schon darüber nachgedacht es zurückzugeben, aber dann hätte ich wohl den Ast irgendwoanders ;).

Zum Wolfston....ich nehm das jetzt nicht auf.....stell dir einfach vor, der Ton den du anschlägst hält ca. 3sekunden, wird dann sehr schnell leiser und es bleibt ein hoher Oberton der so lang steht wie die Saiten schwingt. Die Töne sind ausschließlich auf Schwingungsprobleme zurückzuführen die in den meisten Fällen von Verarbeitungs oder Materialfehlern kommen. Das kann dann sogar auf Holz zurückzuführen sein, dass aufgrund schnellerem Wachstum eine weitere Maserung hat oder auch auf künstliches Trocknen.
Nicht umsonst verarbeiten hochkarätige Instrumentenhersteller nur uraltes, langsam gewachsenes Holz das absolut regelmäßig ist. An einer Martin-Guitar der oberen Preisklassen kannst du die Maserung mit nem Messchieber kontrollieren....das ist wahnsinn, aber Makellos.

Ich stelle hier auch keinen Test in Frage, ich möchte sie nur aus meiner Sicht etwas verfeinern.
Aber ich stelle so langsam fest, dass die meisten Leute hier auf solche Dinge keinen Wert zu legen scheinen.....vielleicht liegt der Hintergrund auch in der Verwendung. Für zuhause oder Ukulelentreffen-Sessions ist das alles kein Problem....

wwelti

#13
Hallo smartin,

Ich habe leider gerade nicht viel Zeit, möchte aber betonen daß ich durchaus sehr viel Wert auf all diese Details lege und Deine Testberichte mit viel Interesse verfolgt habe. Vielen Dank dafür.

Das mit dem \"Wolfston\" kenne ich auch ... bei den meisten Instrumenten (auch bei meiner Brüko) ist es so daß einige Töne nicht ganz so schön klingen. Ehrlich gesagt habe ich noch keine Ukulele gesehen die völlig frei davon ist -- allenfalls kann es mal besser und mal weniger gut sein (meine Erfahrung).

Viele Grüße
  Wilfried

charangohabsburg

Zitat von: smartinJa natürlich habe ich an den Inlays \"herumgeritzt\" [...]
alle Achtung!!! Ein Hardcore-Tester, der von nichts zurückschreckt! ;)

Zitat von: smartin[...] D.h. du findest an dieser Brücke kaum eine ebene Fläche die nicht zu den Rändern hin abfällt. [...]
Das tönt schon konkreter, wenn allerdings auch ein bisschen abschreckend  :(


Zitat von: smartin[...] Das Aststück selbst ist etwa 5x2,5mm mit entsprechenden Verwirbelungen in der Maserung drumherum. [...]
Tönt auch nicht sehr einladend...

Zitat von: smartin[...] Ich hatte ebenfalls schon darüber nachgedacht es zurückzugeben, aber dann hätte ich wohl den Ast irgendwoanders ;).[...]
Ganz und gar mit Dir einverstanden, das ist das grosse Übel, wenn man per Versand bestellt :(


Zitat von: smartin[...] Nicht umsonst verarbeiten hochkarätige Instrumentenhersteller nur uraltes, langsam gewachsenes Holz das absolut regelmäßig ist. [...]
Kannst Gift darauf nehmen, dass José Ramirez (III) zu den Hochkarätigen gehörte, und dass Andrés Segovia nur die hochkarätigsten seiner Instrumente interessierte...

Zitat von: smartin[...] An einer Martin-Guitar der oberen Preisklassen kannst du die Maserung mit nem Messchieber kontrollieren....das ist wahnsinn, aber Makellos. [...]
Martin macht das so: sie setzten, wenn \"nötig\" ihre Gitarrendecken zusammen, bzw. schneiden Fehlerchen raus (klick hier). \"Makellos\" erhält dabei einen unangenehmen Beigeschmack...

Zitat von: smartin[...] Ich stelle hier auch keinen Test in Frage,  [...]
Nein, aber ich tue dies!  :mrgreen:   ;)