Geschichte der Ukulele in Deutschland

Begonnen von hinnerk, 26. Feb 2012, 12:52:37

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hinnerk

Ein Schmökertipp sind die alten Höfner-Kataloge, auch ein bißchen Ukulele: http://www.hofner-guitars.com/gallery/past-catalogues.html ; und hier die Inhaltsangabe und Beschreibung zum Stark-katalog 1893  http://www.musicaviva.com/test/library/display.html?book=986 ; Dabei die Bezeichnung für den Inhalt der Seite 143: \" ... Some Portuguese cavavachuinos (the predecessor to the ukulele), listed as 1/8 size guitars ...\";

hinnerk

Vielleicht hat noch Jemand Kenntnis von anderen deutsch-sprachigen Schulen. An Ukulelenschulen habe ich inzwischen Informationen für 1925 (Merkelt), 1927 (Hülsen), 1928 (Gregorio), 1930 (Buchert), 1931 (Vobersin), 1945 (Fröhlin), 1958 (Gensch), 1960 (Teuchert), 1963 (Artmeier); und natürlich die neueren, die am Markt sind.

Tuke

#47
Habe eben eine Postkarte bei einem Antiquar in Berlin mit folgender Beschreibung bestellt:

\"Fotopostkarte - Herrenabend.
Fünf Herren sitzen in Anzügen am Tisch, auf dem Flaschenbiere stehen.
Ein Mann spielt Ukulele.
 Frankiert mit 5 Pf Germania, Stempel von Pössneck vom 12.3.1903 und Ankunftsstempel von Friedrichsberg bei Berlin vom 13.3.1903.;
o.O. Ohne Angaben, [ca. 1909]\"
(?)

Offenbar ein sehr frühes Fotodokument eines Uke-Treffens, allerdings schon mit auch heute üblichen Details :mrgreen:

Pößneck liegt in Thüringen, gut 100 km von Markneukirchen entfernt.
Bin gespannt...
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

Bin auch gespannt, was Du da an Land gezogen hast

Frolicks

Zitat von: TukeHabe eben eine Postkarte bei einem Antiquar in Berlin mit folgender Beschreibung bestellt:

\"Fotopostkarte - Herrenabend.
Fünf Herren sitzen in Anzügen am Tisch, auf dem Flaschenbiere stehen.
Ein Mann spielt Ukulele.
 Frankiert mit 5 Pf Germania, Stempel von Pössneck vom 12.3.1903 und Ankunftsstempel von Friedrichsberg bei Berlin vom 13.3.1903.;
o.O. Ohne Angaben, [ca. 1909]\"
(?)


Dass der Antiquar da was von Ukulele in die Bildbeschreibung einbaut, heißt ja noch lange nicht, dass die Bezeichnung auch zu der Zeit, aus der das Bild stammt, schon gebräuchlich war.
Wollte ich nur zu bedenken geben...

Aber dass das gemütliche Beisammensitzen bei Bier/Wein und Gesang inkl Instrumentalbegleitung eine sehr, seeeeeeeeeehhhhhrrr alte Tradition ist, daran kann wohl kein Zweifel bestehen. In letzter Zeit haben halt Stereoanlagen Instrumente und das Selber-Singen ersetzt.
I plink, therefore I am.

Tuke

Zitat von: Frolicks
Zitat von: Tuke\"Fotopostkarte - Herrenabend.  
Ein Mann spielt Ukulele.
Dass der Antiquar da was von Ukulele in die Bildbeschreibung einbaut, heißt ja noch lange nicht, dass die Bezeichnung auch zu der Zeit, aus der das Bild stammt, schon gebräuchlich war.

Die Skepsis war leider berechtigt.

Habe doch tatsächlich ge-hofft/glaubt, man könne die UkulelenGeschichte in Deutschland neu schreiben, doch leider:

Eine schöne, verblichene FOTO-Postkarte von 1903, aber der gute Mann spielt keine Ukulele, sondern eine Mandoline :-(
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

Zwar nicht aus Deutschland, aber doch interessant, wenn es um die \"Weltgeschichte der Ukulele\" geht: http://www.nalu-music.com/nalu/Plans1915.pdf . Auf der Stammseite (Link) ist noch viel Interessantes zu finden. Bin selbst noch nicht alles durch. Grüsse, Axel

hinnerk

Eine Fundgrube für alle, die sich für Musikhandel und Musikgeschichte in Amerika 1880-1940 interessieren. Auch der Hawaii-Boom lässt sich ganz toll nachvollziehen. Erstaunlich die hohen Produktionszahlen für Ukulelen aus Hawaii ... usw. Suchwörter fallen Euch bestimmt genug ein: http://www.arcade-museum.com/library/search-music/

Tuke

Ich wurde gebeten, schon mal zu informieren, dass hinnerk  \"im MusicPoint in Erlangen
eine Ukulele von Herbert Riedl entdeckt und gespielt\" hat.

Er befindet sich im Moment offenbar \"auf Studienreise\" und wird sicherlich noch darüber berichten.
Wünsche weiterhin Entdecker-Glück :mrgreen:
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße: Sie ist bequem zu gehen, aber auf ihr wachsen keine Blumen." - Vincent van Gogh

hinnerk

Ja, ich bin im Moment unterwegs, z.Zt. in Bamberg. Weiter wird es gehen Richtung Schönbach, Rothau (Luby und Rotava) und dann Markneukirchen und drumrum. Herberet Riedl ist ausgebildeter Gitarrenbauer und war lange bei Höfner. Mit 68 ist er pensioniert und widmet sich hauptsächlich Reparaturen und dem Anfertigen von Miniaturinstrumenten. Er ist ein ganz ein netter und zugänglicher Herr und wußte garnichts über den Verkaufsversuch im Internet.  Die Ukulele war ein Versuch, der ihm nach eigener Aussage nicht so recht gelungen ist, zu schwer, vielzu stark bemessene Bebalkung und damit Klangverlust. Mein Eindruck war: Wunderschönes Instrument für die Optik (außer den Mechaniken, find ich unproportional zum sonstigen, wurden vom Verkäufer und nicht vom Erbauer angebracht). Decke feine Fichte, Korpus dunkel gebeizter wunderschöner Riegelahorn, Schellackpolitur. Klang leider nicht befriedigend, sehr dünn trotz a d fis h -Stimmung. Wüßte jetzt nicht, wie man das verändern könnte d.h. was andere Saiten noch bringen könnten. Aber der Jens hat ja nur 15 Km, vielleicht hat er mal die Zeit. Der Laden hat  mo - fr, 11 - 18 Uhr auf. Ansonsten hab ich einiges mehr an Informationen, aber für ein Buch reichts noch nicht.

hinnerk

Hallo Liebe Freunde, bin von meiner \"Studienreise: Die Ukulele - eine Spurensuche in Deutschland\" zurück. Leider habe ich es nicht mehr bis Kitzingen geschafft. In Schweinfurt wurde mir eine Treppe in der Stadtbibliothek zum Verhängnis, Sprunggelenk, Bänder und Wadenbein kaputt. Aber meine Recherchen in Bubenreuth und Markneukirchen (und jeweils drumrum) und entlang der Strecke waren erfolgreich; jede Menge Archive, Händler, Museen, Bibliotheken und Instrumentenbauer habe ich konsultiert und durchstöbert. Ich weiß jetzt viel mehr als vorher, und noch viel mehr Fragen haben sich aufgetan. Dafür hab ich fürs Forschen einige neue Mitstreiter gefunden und neue Kontakte. Nach 4 Wochen Radeln und einer Woche Krankenhaus bin ich jetzt zuhause, versuche erst mich und dann meine Ergebnisse zu sortieren. Bis dann, Axel

Claus

Hallo Axel,
so gefährlich kann das Forschen sein, daher vor allem:   gute Besserung!!!
Bin sehr gespannt auf Deine Ergebnisse.

UkeDude

Gute Beserung Axel  und bleib am Ball....

Frolicks

Hallo Axel,
Auch von mir ne schnelle und v a gute Besserung!
Ich bin auch sehr gespannt, was deine Forschungsreise an Resultaten bringen wird.
Zeit genug alles in Ruhe durchzugehen dürftest du ja haben! ;)

Viele Grüße, zur Zeit aus Zeeland

Patrick
I plink, therefore I am.

hinnerk

So, da bin ich wieder, Danke für die vielen Genesungswünsche. Heute ist der Gips ab und die nächsten Wochen trag ich so einen \"Astronautenschuh\" aber ich kann jetzt endlich mal wieder richtig duschen.
Die Ergebnisse meiner Reise sind vielfältig und fordern neue Fragen zutage. Erstmal soviel:
Die Instrumente aus dem Stark-Katalog sind definitiv Macheten (Mz.?), etwas ungeschickt ist zwischen den Saiten im Bereich des Schallochs längs ein \"Zettel\" zitiert der auf einen Luthier in Lissabon verweist. Nach eingeholter Fachmeinung hat der Klischee-hersteller vorhandene Instrumente abgezeichnet und die Firma Stark die Produktion aufgenommen oder zumindest geplant. In Markneukirchen wurden seit ca 1850 alle Arten von Saiteninstrumenten erzeugt, auch aus anderen Ländern. Eine Bemerkung aus einem Katalog \"... Instrumente aus anderen Ländern werden so vortrefflich in Ton und Qualität nachgebaut und in die (alte) Heimat exportiert, daß sie dort zu neuem Ansehen kommen ..\" Daß Stark die Macheten importierte ist sehr unwahrscheinlich.  Im Herbst werde ich eine Machete (wahrscheinlich sogar das Vorbild für die Zeichnung) von 1880 in die Hände bekommen. Bin schon gespannt.
Ein paar kleine interessante Informationen:
Lange wurde die Ukulele und andere Instrumente als \"Rupfinstrumente\" bezeichnet. Ukulelen wurden 1928 von einer amerikanischen Kommission normiert, d.h. die Maße für die Ukulele  wurden festgelegt, das gab auch den zahlreichen Herstellern im vogtländisch-westböhmischen Musikantenwinkel eine Grundlage für das arbeitsteilige Produzieren.
Die Musikinstrumentenherstellung in \"Heim-, Hand- und Kinderarbeit\" war der heutigen in irgendwelchen Kaschemmen in China nicht unähnlich. Immerhin war offiziell die Kinderarbeit auf 10 Stunden täglich begrenzt (theoretisch). Ukulelen wurden vorwiegend im unteren Preissegment produziert für und in Massen. Ende der 20er war eine schwere Krise für die Instrumentenmacher, da nutzten alle die Chance, mit der großen Nachfrage nach Ukulelen sich über Wasser zu halten. Ukulelen waren schnell und leicht herzustellen. Die Herstellung der Einzelteile war traditionell sowieso verteilt auf die verschiedenen Haushalte. Alle gängigen Holzarten wurden benutzt, es gab auch welche aus Aluminium (für Übersee). Gelabelt wurde in der Regel bei den Bestellfirmen. In der Regel ist es für den Endverbraucher nicht nachverfolgbar wer die Ukulele letzten Endes gebaut hat. Die Markt- und Handelsbedingungen waren einem ständigen Wechsel ausgesetzt und überaus kompliziert. Aus meiner heutigen Sicht kaum nachvollziehbar.
Saiten gab es schon Ende der 20er in Darm und Seide, jeweils in den Farben blau, rot und natur.
Eine Anekdote ist der sogenannte \"Ukulelenball\", bei einem größeren Auftrag für Schönbacher Instrumentenmacher wurde der Auftrag geteilt und für die Firma, die zuerst mit ihrem Kontingent fertig war mußte die unterlegen Firma einen Ball ausrichten.
Interessant die vielen unterschiedlichen Betonungen beim Wort \"Ukulele\", am interessantesten, daß in Markneukirchen nur vom \"Ukele\" (kurzes betontes U, hartes K, 2 x stimmloses e) die Rede ist. Vielfältig auch die verschiedenen \"Spitznamen\" in der Geschichte und in der Presse, vielleicht können wir die mal zusammentragen. Ebenso die Beschreibung des Klanges (meist nicht sehr schmeichelhaft).  Allgemein glaub ich war sie in Deutschland bislang nie richtig zu Hause (dafür sorgen wir jetzt).
Ein Verlag hat sich schwerpunktmäßig ab Anfang fünfziger der Ukulele gewidmet. Der Sotos-Verlag (Düsseldorf) gab zu vielen Liedgattungen Hefte heraus und eine Reihe von 20 Heften mit je drei Schlagern. Meist war der Verlagsleiter auch der Bearbeiter, Willi Gensch.
Was mich auch noch interessiert sind pädagogische Projekte mit der Uke, unaufgefordert berichtete eine Frau von ihrer Erzieherausbildung Anfang der achtziger, sie hatten als Wahlpflichtfach Ukulelenunterricht. Vielleicht weiß jemand von Euch mehr von dem Ukulelenprojekt in der Schweiz, wo ein Pädagoge sich bei Brüko extra dreisaitige Ukulelen bauen ließ. Ein dreiteiliger Aufsatz von Renate Egelhof in \"Musik und Bildung\" von 1986 berichtet von einem Schulmusikprojekt mit Ukulelen. Das Projekt von Patzelt dürfte bekannt sein.  
Der Firma \"Jakob Winter, Nauheim\" konnte ich den Tipp geben, daß in einem Katalog von 1969 immerhin zwei Seiten der Ukulele gewidmet sind. Kennt jemand von Euch die Marke \"WICONA\" ? Baute hauptsächlich für den amerikanischen Markt. Bemerkenswert: von zehn Modellen waren acht mit Kunststoffgriffbrettern versehen.
Überhaupt würden mich noch weitere deutsche Hersteller aus früherer Zeit interessieren, Schneider sind mir ein Begriff. Bei \"Kreuzinger\" in Schweinfurt sprach ich mit der Enkelin von Willibald Kreuzinger. Sie meinte sie kann sich nicht an Ukulelen erinnern, es war wohl ein Einzelstück (das war die, die ich mir zu Geburtstag leisten wollte).
Wie berichtet hatte ich auch mit Herbert Riedl (Bubenreuth) einen Nachmittag verbracht, die von ihm gebaute Ukulele wurde hier im Forum schon mal diskutiert im Rahmen eines ebay-Angebotes.
In Markneukirchen wurden nach dem Krieg kaum noch Ukulelen hergestellt, Gütter baute Instrumente für die Firma \"Marma\" (erkennbar am signifikanten Marma-Schriftzug unterhalb vom Steg). Ukulelenbanjos wurden für die Musima von RiDi hergestellt. Sonst fand ich auch in Katalogen für die Zeit nach dem Krieg keine Nachweise mehr.

Soweit erstmal, bis zum nächsten Mal, Axel