Stahlsaiten Ukulele beim großen T.

Begonnen von Guchot, 05. Jan 2016, 08:10:50

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gerald

Und um die Zweifel von andreasdavid zu verstärken, halte ich es für unwahrscheinlich, dass auf Madeira damals schon
Stahlsaiten in einer Qualität hergestellt wurden, dass sie auch eine längere Zeit salzhaltige Seeluft überstehen.
(1879 dürfte die Reise von Madeira nach Hawaii Monate gedauert haben.)

Mit dieser Frage kann man zum eigentlichen Thema zurückkehren und die Qualität der Stahlsaiten auf der hier diskutieren
Ukulele von Thomann hinterfragen. Leider habe ich bei der Ukulele selbst noch keinen Link auf die Saiten gesehen (und
den Shop nicht manuell durchsucht). Es sollen aber laut Beschreibung der Ukulele spezielle Stahlsaiten für Ukulele sein.

Pazukulele

Zitat von: andreasdavid am 06. Jan 2016, 23:45:48
Ich frage mich allerdings, ob es auf Madeira vor 1879 überhaupt Stahlsaiten für Instrumente gab.
Vermutlich schon, wenngleich vielleicht nicht auf Madeira produzierte Stahlsaiten. Und vielleicht auch keine Saiten aus 100 % Stahl, sondern mit Stahl oder Draht umwickelte.

Der Grund dafür liegt in der verwickelten Geschichte der Gitarre auf Madeira. Britische Kaufleute brachten die sog. englische Gitarre nach Portugal und auch aufs portugiesische Madeira (s. Nuno José dos Santos Anaia Cristo: The Portuguese Guitar: History and Transformation of an Instrument Associated with Fado. MA-Thesis. Toronto: York University, Graduate Program in Music, 2014, S. 16, Fn. 13.). Aber diese englische Gitarre unterschied sich von den spanischen in für uns wichtiger Hinsicht: Sie besaß nämlich zwei Stahl-, eine Messing- und drei mit Silberdraht überzogene Stahl- oder Messingsaiten. (Zuth, Josef: Handbuch der Laute und Gitarre. Hildesheim: Georg Olms. 1978 [zuerst 1928], Stichwort Englische Gitarre, S. 89)

Die Geschichte mit den Stahlsaiten auf Madeira ist also eigentlich absolut plausibel.

Wäre da nicht bei Zuth auch das Stichwort Machete, wo es heißt (S. 184):

ZitatMachete (Cavaco, Cavaquinho), kleine portugiesische Gitarre mit vier Darmsaiten, die von G in Quinten nach aufwärts gestimmt werden, also Geigenstimmung haben. Auf Madeira und Azoren verbreitet, gegenwärtig als 'Ukulele' Modeinstrument in England.  ???

--- und das paßt nun leider überhaupt nicht mehr zu unserem Bild einer Cavaquinho. Ich kann mir das nur so erklären, daß Zuth sich 1928 eine Ukulele angesehen hat und der Meinung war, eine Cavaquinho sei genauso besaitet.
The LORD was ready to save me: therefore we will sing my songs to the stringed instruments all the days of our life in the house of the LORD. (Isaiah 38:20)

Pazukulele

#17
Jetzt habe ich die Quelle von Zuth gefunden. Er zitiert mehr oder weniger aus Georg Kinsky: Katalog des musikhistorischen Museums von Wilhelm Heyer in Köln, Bd. 2, Cöln 1912, S. 165:

ZitatMachete (Cavaco, Cavaquinho) (kleine portugiesische Guitarre) mit gedrucktem Zettel: ,,OCTAVIANNO Joao NUNES Artista de Violas Francezas Guitarras, Rabecas, Rabecoes e Machetes Rua de S. Paulo No. 35A. MADEIRA"; aus dem Ende des 19.Jahrhunderts. Das rotbraunlackierte Korpus des zierlichen Instruments ist aus palisanderartigem Holz. An dem Unterteil der Decke sowie um das Schalloch sind verschiedenfarbige Einlagen angebracht.
Der Bezug besteht aus 4 Darmsaiten in Violinstimmung: [G-C-A-E]
Das Griffbrett tragt 17 messingene Bünde.
Gesamtlänge 55 cm, Korpuslänge 22 cm, Breite 13 '2 cm, Zargenhöhe 4 cm.

(Rabecas = Violinen, Rabecoes = Kontrabässe)

Man beachte, daß der Hersteller Nunes hieß, wie der Nunes, der sich 1879 in Honolulu niedergelassen und Ukulelen gebaut hat!

Also hier wird ein Instrument mit Darmsaiten vom Ende des 19. Jhs. beschrieben. Eine Seite vorher wird allerdings aus dem Katalog des Brüsseler Konservatoriums zitiert:

"Machete oder Cavaco, Cavaquinho ist eine verkleinerte Guitarre; eine ebenso gestimmte, aber mit 4 doppelten Metallsaiten
bezogene kleine Guitarre ist der Bandolin, der der neapolitanischen Mandoline entspricht."

Es scheint also tatsächlich so zu sein, daß die Machete/Cavaquinho Ende des 19. Jhs. mit Darmsaiten bezogen war!
The LORD was ready to save me: therefore we will sing my songs to the stringed instruments all the days of our life in the house of the LORD. (Isaiah 38:20)

allesUkeoderwas

Zitat von: gerald am 07. Jan 2016, 00:00:36
Leider habe ich bei der Ukulele selbst noch keinen Link auf die Saiten gesehen...

Wenn man die ganzen interessanten, aber nicht zur eigentlichen Sache beitragenden Wortmeldungen ausblendet, wird man feststellen, daß ich bereits am am 5. Januar 2016 um 10:15:56 die gleiche Erkenntnis gepostet hab.

Und was den Stahl betrifft, können wir gern noch etwas diskutieren - Vielleicht war's ja auch nur Eisendraht?
Meine Kenntnis aus Zeiten, wo ich das Eisen-Kohlenstoffdiagramm noch bei -15 Grad in den Schnee pieseln konnte:
1855 wurde mit dem nach Bessemer/Thomas benannten Verfahren zeitgleich in Europa und Amerika der erste Stahl verhüttet.
Dieser wäre jedoch für Saiten absolut unbrauchbar gewesen, da er sehr brüchig war, da ihm noch das gewisse Etwas fehlte.
Das gewisse Etwas, was den Stahl ausmacht kam erst mit dem Siemens Martinofen ca. 1895.
Um 1900 wurden dann aber bereits ca. 9 Millionen Tonnen Stahl produziert...
Der aber weder bei der Klampfe von João Fernandez (weil zu früh) noch bei der Titanic (weil zu teuer) zum Einsatz kam.
Mit ordentlichen Stahlplatten und Nieten wäre die Titanic 1912 vermutlich nicht abgesoffen...
Aber auch darüber können wir hier gerne diskutieren.

Man sagt jedoch den alten Ägyptern nach, daß sie bereits in vorchristlicher Zeit Stahlschwerter aus Meteoriten geschmiedet haben...
Vielleicht hat ja der olle João Fernandez 1879 auch auf Meteoritensaiten gespielt?
Würde zumindest dem Ukulelenmythos eine ganz neue, sensationelle Prägung verleihen.

Und da ich schon mal am Schreiben bin...

Eine Mandoline...
Eine Mandoline kann, aber sie muß nicht 8 Saiten, bzw. 4 Chöre...
Sie kann auch 6 Chöre, nennt man Mailänder, oder Barock Mandoline, vermutlich ohne Stahl.
Und ja, sie kann auch 4 Einzelsaiten mit und ohne Stahl - Sozusagen Ukulele mit Sonderstimmung...
4 Saitige Mandolinen und Mandolinen Banjos haben allerdings meist einen schmaleren Hals...

Eine sehr schöne Brett E-Mandoline von Epiphone gab's übrigens als 4 Saitig und 4 Chörig.
Besonders verwegene Ukulelenspieler haben die 4 Saitige Version oft auch als Ukulele mißbraucht.
Aber eigentlich haben sie wider besseres Wissen Mandoline in Sonderstimmung gespielt.

Das Alles stell ich jetzt mal zur Diskussion.
Sozusagen etwas Kurzweil, bis der UkuWolf demnächst evtl. mit knallharten Fakten zum eigentlichen Thema rüberkommt.
Ukulelen: Nur Schrott

Guchot

Zitat von: allesUkeoderwas am 07. Jan 2016, 02:23:06
...Und was den Stahl betrifft, können wir gern noch etwas diskutieren - Vielleicht war's ja auch nur Eisendraht?...

Mit dem begriff "Stahl" würde ich es da nicht so genau nehmen, wahrscheinlich wäre "Metallsaiten" angebrachter, "Nylonsaiten" wird ja heute auch gerne verwendet, obwohl viele davon überhaupt kein Nylon mehr enthalten.

hinnerk

Vielleicht noch ein paar Ergänzungen aus meiner Sicht:

- Zum Stahl:
Von Stahlsaiten (im Unterschied zu Draht- und Eisensaiten!) ist schon in den 1830er Jahren die Rede, von Qualitäten, Wettbewerben, Eignungen für spezielle Zwecke wie Saiten (vor allem in der Klaviertechnologie quasi ein Quantensprung).
Über Stahlsaiten auf der Gitarre wird schon 1880 diskutiert (als "Ersatz" für die dumpf klingenden Darmsaiten im Diskant)

- Zum Machete:
In der Literatur von Anfang an (frühes 18. Jh) immer mit Darmsaiten beschrieben.
Das Machete-Exemplar aus der ehem. Heyerschen Sammlung Köln, das später nach Leipzig verkauft wurde habe ich vor ein paar Jahren ausführlich erforschen, vermessen und fotografieren dürfen. Darmsaiten.

Zur Ukulele:
In den Anfängen wurde die Ukulele mit Saiten von Geige und Banjo bezogen. In den frühen Schulen wird das durchgängig so gehändelt (Schon bei KAAI 1910, aber auch noch bis in die dreissiger Jahre in deutschen Schulen).
Spezielle Saiten für Ukulele kamen erst mit hoher Auflage derselben auf. In den Katalogen finden sie sich auch erst spät wieder, dann aber Saiten aus Darm, Seide und Stahl (sicher auch dem Ukulelenbanjo geschuldet).
Stahlsaiten für Ukulele waren auch bei uns noch lange möglich, im Vogtland findet man immer wieder ein stahl-bezogenes Ukulelenexemplar. HANNABACH hat in seinem Beitrag in "Fünf Jahrhunderte Musikinstrumentenbau in Deutschland" wie selbstverständlich von der Stahlbesaitung bei der Ukulele geschrieben. Im übrigen im Buch auch ein ausgezeichneter Artikel von JUNGER (Pyramid) zu den Saiten.
Soviel erstmal. LG Axel

allesUkeoderwas

#21
Zitat von: Guchot am 07. Jan 2016, 08:01:19
... "Nylonsaiten" wird ja heute auch gerne verwendet, obwohl viele davon überhaupt kein Nylon mehr enthalten.

Etwa aus Kryptonit?

Nylon ist ein Handelsname für eine Kunstfaser aus Polyamid, die Du Pont 1939 erstmals auf den Markt brachte.
Das Original-,,Nylon"ist ein Polyamid 6.6, dennoch wird im normalen Sprachgebrauch "Nylon" für alle Polyamide verwendet.
Die mir bekannten Strippen bestehen alle aus Polyamid und modifizierten Polyamiden, also "Nylon".
Auch wenn Carbon, Platin, Filamente, Kupfer, Kunstdarm und anderes auf der Packung steht.

Bin mal gespannt, ob wir es schaffen, eine Seite "Neueste Beiträge" zu produzieren, die nur aus "Assoziieren",  "Stahlsaiten Ukulele beim großen T." und "Rucksack für Roland" besteht.  :D
Ukulelen: Nur Schrott

UkuWulf

Zitat... bis der UkuWolf demnächst evtl. mit knallharten Fakten zum eigentlichen Thema rüberkommt.
Ob hart oder weich, das mag die geneigte Fachleserschaft beurteilen  ;D

Nachdem thomann eine Over-Night Lieferung hinbekommen hat und ich mir im Dienste des Ukulelenwesens die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe kann ich mit folgendem aufwarten:

https://youtu.be/tBLyr3C06t4

Es gibt leider in Teilen des Videos mir unerklärliche "Knackser" im Ton, aber damit müssen wir jetzt leben, mir fehlt die Zeit für eine Bearbeitung Neuaflage >:( 

Zudem sehe ich mich außerstande, das Video hier vernünftig einzubinden. Immer wenn ich auf "Vorschau" gehe, wird aus der Youtube-Einfügung irgendein Müll  ::)
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Review APC-Thin-Sopran

allesUkeoderwas

Au prima!

Zuerst mal herzlichen Dank dafür, daß Du Dich geopfert hast!

Meine Erwartungen bezüglich Steelstring wurden voll erfüllt.
Die "schlechte Intonation" verwundert mich bei dieser Saitenlage nicht.
Auch darf man die Saiten nicht mit Gewalt auf's Griffbrett drücken, sonst eiert's.
Da kann man mit Sicherheit noch so einiges rausholen.

Meine Bariton Steelstring ist ziemlich Bundrein.
Bundrein heißt in diesem Fall: So bundrein, wie es die Nylons waren.
Hab sie aber auch extrem tiefergelegt und an der Brückeneinlage bezüglich Kompensation rumgefeilt.
Kleine Demo als Abfallprodukt eines Open Air Batterie mini Amp Tests für Interessierte anbei...



Beantwortet u.U. auch das Einbinden von YT. Einfach nur die Buchstaben/Ziffernkombination hinter den = einfügen.
Einfach mal auf Zitat drücken und den Code anschauen hilft auch.

Leider konnte die Saitenfrage bezüglich der Herkunft auch von Dir nicht beantwortet werden.
Ich werd mal das große T anrufen.

Das mit den Aquilas hab ich schon immer vermutet. Die Chinesen machen diese Anhänger wohl an alles, was nach Ukulele aussieht.  :D

Ukulelen: Nur Schrott

UkuWulf

ZitatEinfach mal auf Zitat drücken und den Code anschauen hilft auch.
Habe ich natürlich als erstes gemacht, aber selbst das endet bei mir in Code-Salat. Liegt vielleicht am Browser? Ich bin gerade mit Chrome unterwegs, werde es bei Gelegenheit mal mit Firefox versuchen.


Ach ja, und gern geschehen  :)
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Guchot

Zitat von: allesUkeoderwas am 07. Jan 2016, 09:11:21
Zitat von: Guchot am 07. Jan 2016, 08:01:19
... "Nylonsaiten" wird ja heute auch gerne verwendet, obwohl viele davon überhaupt kein Nylon mehr enthalten.

Etwa aus Kryptonit?

Ja, wahrscheinlich, oder aus Katzendarm

Zitat von: allesUkeoderwas am 07. Jan 2016, 09:11:21
...Das Original-,,Nylon"ist ein Polyamid 6.6, dennoch wird im normalen Sprachgebrauch "Nylon" für alle Polyamide verwendet...

Eben, darum gings ja, um den "normalen Sprachgebrauch".

allesUkeoderwas

Auf jeden Fall scheint der Stahlsaitensatz ganz interessant...
Reentrant.
Dafür hab ich bisher 2 Gitarrensätze verbraucht.
Und die HB Acoustic Sätze sind echt Klasse für's Geld...
Vor allem auf der Gitarre. Billig und Edelstahl, d.h. sie rosten nicht.
Man muß ja nicht unbedingt die Sperrholzuke mitkaufen.
Stahlsaiten bringen jede Uke zum klingen - Ob gut, ist dann wieder 'ne andere Frage.  :D
Ukulelen: Nur Schrott

allesUkeoderwas

Mein Anruf beim großen T...

Große Verwunderung...
Die wissen selbst nicht, was da für Saiten drauf sind und können höchstens die Risa für Tenor anbieten.
Man wird aber beim Hersteller anrufen und mir Bescheid geben, sobald man näheres weiß, bzw. selbst welche hat.
Ukulelen: Nur Schrott

Bebopalula

Danke UkuWulf für den Test und das Klangbeispiel.

Ich frage mich allerdings, welche Musik man damit eigentlich machen will. Allenfalls kann ich mir offene Stimmungen mit nem Slide vorstellen. Aber wer spielt schon Blues in der Art von Bukka White?
Kurz gesagt: Ich halte ne Ukulele mit Stahlbespannung und mit diesem klirrenden ukefremdem Klang nur etwas für UAS-Freunde  :)
___________________________________________
https://www.youtube.com/user/BebopalulaUke/videos

UkuWulf

Immer gerne  :) 

Zitat von: Bebopalula am 07. Jan 2016, 12:05:13
Kurz gesagt: Ich halte ne Ukulele mit Stahlbespannung und mit diesem klirrenden ukefremdem Klang nur etwas für UAS-Freunde  :)

Das bringt es weitestgehend treffend auf den Punkt  ;)
Wobei mir die anders klingende Begleitung zu meinem Gesang zwischendurch immer mal wieder gut gefällt. Bin halt mehr Sänger als Instrumentalist.
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