Temperierte (heißt das so?) Stimmung

Begonnen von masterl-uke, 14. Mär 2008, 21:50:05

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H a n s

Ums vielleicht mal etwas Bildlich darzustellen was den Unterschied einer Dicken zu einer Dünnen Saite ausmacht.

Visuell kann man sich als Gedankenstütze ein dickes und ein Dünnes Schiffstau vorstellen.
Beide werden zum schwingen gebracht. Das dünnere schlägt mehr mehr nach oben aus als
das schwerfälligere dickere Tau. Die zusätzliche Oberschwingungen sind entsprechend der
möglichen Obertöne eines jeden Grundtones.

Das Dicke Tau schwingt durch seine Trägkeit auch nur eine gewisse Länge um Seine Mitte
Während das dünnere (leichtere) fast auf seiner Gesamtlänge in Schwingung gerät.
Das ist das, was der Goschi als akustisch physikalisch \"kürzer\" gemeint hat.

Auf der Musikmesse am Stand von Pyramid/Junger war dazu eine sehr interessante
Messwerttabelle, die das Schwingsverhalten und die damit verbundene Tonreinheit
Verschiedener Saitendicken und Materialien aufgezeigt hat.
Lebe Deine Träume, als ein Leben lang nur zu träumen !!

Ohrenblicker

Danke, Hans, für die Erläuterung.

Also, so wie ich das jetzt verstehe, gibt es an den Enden der Saite Zonen, die nicht mitschwingen und die sind umso größer, je dicker die Saite ist. Verkürze ich jetzt die Saite durch Greifen, dann werden diese Zonen im Verhältnis zur Restlänge (die ja kleiner wird) immer größer, daher verstimmt sich der Ton nach oben. Das kann durch die Saitenspannung nicht ausgeglichen werden, da die Verstimmung zunimmt, je mehr ich die Saite verkürze. Habe ich das einigermaßen richtig wiedergegeben?

Die Schlussfolgerung daraus wäre: Wenn meine Worth- oder Aquila-Saiten stimmen, denn würden dickere Nylonseiten niemals korrekt stimmen, ja? Meine bisherige Erfahrung bestätigt das. Das hieße aber auch, dass eine Ukulele niemals mit allen Saitentypen stimmt.

Stimmt das?  :?

wwelti

#32
Die Tabelle hätte mich mal interessiert...

Das Problem beim Schwingungsverhalten von Saiten ist, daß
1.) ein mathematisches Modell für die Schwingung einer gegriffenen Saite auf einem Chordophon (z.B. Ukulele) leider recht kompliziert sind muß, um die Realität genau genug zu beschreiben. Vielleicht finde ich irgendwo mal was ... oder versuche mich dran, aber das ist überraschend kompliziert.
2.) die Streuung sehr groß ist, d.h. auch ein gutes mathematisches Modell könnte höchstens statistische Voraussagen machen

Was den Unterschied dick/dünn angeht: Ein wichtiges Phänomen ist hier die sogenannte Inharmonizität. Obertöne eines Klangs sind dadurch höher als sie sein sollten.

Die Auswirkungen sind heftig... z.B. werden Klaviere üblicherweise so gestimmt, daß die Obertöne tieferer Töne ein bisschen an die Grundfrequenzen höherer Töne angeglichen werden, um schwebungsärmere Mehrklänge zu ermöglichen. So kommt es daß beim Klavier hohe Töne deutlich nach oben, tiefe Töne deutlich nach unten von der gleichstufigen Stimmung (also das was ein chromatisches Stimmgerät normalerweise anzeigt) abweichen.

Die Inharmonizität wächst mit der Dicke und Steifigkeit des Materials, und sinkt mit der Länge und Spannung der Saite.

Edit: Interessant! Der Begriff für die Stimmungsanpassung auf dem Klavier heißt Streckung oder Spreizung. Und da gibt\'s so tolle Diagramme zu:
http://www.petersontuners.com/oldweb/images/bank/Rhodes-stretchW.jpg

Viele Grüße
  Wilfried

Ohrenblicker

Wow, danke euch allen! Ich sehe, das ist alles weitaus komplexer, als es sich mit dem Modell aus Saitenlänge, Dicke und Spannung beschreiben lässt und je weiter man ins Detail geht, umso mehr neue Phänomene entdeckt man. (Wenn wir weiterdiskutieren, kommt wahrscheinlich bald noch die Quantenphysik hinzu  :mrgreen:  )

Bei aller Theorie würde mich natürlich jetzt doch ganz brennend interessieren: Welche Nylonsaiten könnt ihr für ne Sopran empfehlen? Mit den Ko\'olau Gold habe ich wie schon oben erwähnt keine guten Erfahrungen in Bezug auf die Intonation. Und ich fürchte, wenn ich andere Marken probiere, werde ich ebenso enttäuscht. Ist Nylon vielleicht eher was für größere Mensuren aufgrund der bereits geäußerten Phänomene?

wwelti

Du meinst also kein Fluorcarbon und auch kein Aquila Nylgut, sondern richtige, normale Nylon-Saiten?

Ich habe auf einer Ukulele Galli Strings. Die sind nicht teuer, und recht dünn. Daraus resultiert eine relativ geringe Saitenspannung, aber offenbar auch eine geringere Steifigkeit. Sie klingen sehr schön, aber haben nur wenig Sustain und sind nicht unbedingt laut. Meine Einschätzung. Die Stimmung ist übrigens ADFisH (auf GCEA klingen sie nicht mehr so gut).

Danke für die interessanten Links, Goschi. Zum ersten Link kann ich schon mal sagen daß eine Längenkompensation am Sattel Humbug ist, aber das hat sich offenbar in der Praxis auch bis jetzt nirgendswo durchgesetzt ;) Die segmentierte Stegeinlage erscheint mir auch wie eine sinnvolle Lösung.

Gruß
  Wilfried

Ohrenblicker

Zitat von: wweltiDu meinst also kein Fluorcarbon und auch kein Aquila Nylgut, sondern richtige, normale Nylon-Saiten?

Si signor!  8)

Zitat von: wweltiIch habe auf einer Ukulele Galli Strings. Die sind nicht teuer, und recht dünn. Daraus resultiert eine relativ geringe Saitenspannung, aber offenbar auch eine geringere Steifigkeit. Sie klingen sehr schön, aber haben nur wenig Sustain und sind nicht unbedingt laut. Meine Einschätzung. Die Stimmung ist übrigens ADFisH (auf GCEA klingen sie nicht mehr so gut).

Der Grund, weshalb ich das mit den Nylonsaiten frage ist, dass ich demnächst ein paar Anfänger unterrichten werde und gerade für Kinder finde ich Nylonsaiten besser als Carbon und Nylgut, weil sie weicher sind. Allerdings möchte ich mit der GCEA-STimmung arbeiten. Ich fürchte, dass in dieser Stimmung Nylon-Saiten nicht brauchbar sind. Die Ko\'olau intonieren übrigens in der ADFisH Stimmung wesentlich besser.

Tja, das Leben ist ein einziger Kompromiss ;)

wwelti

#36
Was ist eigentlich das Problem mit Nylgut? Es ist jedenfalls kein Fluorcarbon, und meiner subjektiven Meinung nach deutlich weicher zu greifen als die Fluorcarbonsaiten, die ich so kenne.

MicroMue

Zitat von: OhrenblickerAllerdings möchte ich mit der GCEA-STimmung arbeiten. Ich fürchte, dass in dieser Stimmung Nylon-Saiten nicht brauchbar sind. Die Ko\'olau intonieren übrigens in der ADFisH Stimmung wesentlich besser.


Hm, also ich hatte bevor ich auf Worth umgestiegen bin Koolau Gold auf allen Uken. Konzert und Sopran, Billig und teuer, Koa, Fichte, Mahagonie. Intonationsprobleme hatte ich aber nie. Ich bin auch nur deswegen auf Worth umgestiegen, weil mir die deutlich höhere Spannung so gut gefallen hat. Auf der Brüko Nr. 6 bleibe ich auch zukünftig bei Koolau Gold, weil ich finde, dass sie sich klanglich supergeil ergänzen.

Gruß

MikroMü

Ohrenblicker

Zitat von: wweltiWas ist eigentlich das Problem mit Nylgut? Es ist jedenfalls kein Fluorcarbon, und meiner subjektiven Meinung nach deutlich weicher zu greifen als die Fluorcarbonsaiten, die ich so kenne.

Hmmm, mir kam Nylgut zumindest härter als Nylon vor, aber ich habe in letzter Zeit so viel geukelt, dass ich eh nur noch Knochen und Hornhaut an den Fingern habe und nichts mehr spüre ;)

moskeeto

Zitat von: MicroMue
Zitat von: OhrenblickerAllerdings möchte ich mit der GCEA-STimmung arbeiten. Ich fürchte, dass in dieser Stimmung Nylon-Saiten nicht brauchbar sind. Die Ko\'olau intonieren übrigens in der ADFisH Stimmung wesentlich besser.


Hm, also ich hatte bevor ich auf Worth umgestiegen bin Koolau Gold auf allen Uken. Konzert und Sopran, Billig und teuer, Koa, Fichte, Mahagonie. Intonationsprobleme hatte ich aber nie. Ich bin auch nur deswegen auf Worth umgestiegen, weil mir die deutlich höhere Spannung so gut gefallen hat. Auf der Brüko Nr. 6 bleibe ich auch zukünftig bei Koolau Gold, weil ich finde, dass sie sich klanglich supergeil ergänzen.

Gruß

MikroMü

Moin!
Welche Stimmung hast du denn für die Koolau verwendet?

Ohrenblicker

Zitat von: MicroMueHm, also ich hatte bevor ich auf Worth umgestiegen bin Koolau Gold auf allen Uken. Konzert und Sopran, Billig und teuer, Koa, Fichte, Mahagonie. Intonationsprobleme hatte ich aber nie.

Hmm, vielleicht habe ich \'nen Montagssatz? Das war leider mein bislang einziger Nylonversuch (bis auf die mitgelieferten meiner Brüko 4, aber die haben erst recht nicht gestimmt). Ich habe auch nur zwei Instrumente zum Probieren und bei beiden der selbe Effekt. Aber hier haben ja auch schon andere von Problemen mit Ko\'olau berichtet. Weiß nicht, ob ich\'s noch mal wagen sollte, denn klanglich finde ich die auch sehr schön.

MicroMue

Sorry, hätt ich dazu sagen sollen. GCEA. Ging immer problemlos. Dass die Intonation mit ADFISH immer noch ein bisschen besser wird, ist eigentlich bei all meinen getesteten Saiten so. hab ich zumindest den Eindruck.

Gruß

MikroMü

Samuel

Danke für die Aufklärungsarbeit. Übrigens würd emich sehr interessieren, wie ein stochastisches Schwingungsmodell aussieht und vor allem, wie man es numerisch löst. Also... wenn du ein solches Modell für die Schwingende Saite jemals aufstellst... bitt mir zukommen lassen. Ich werd mal meinen Doktorvater fragen, ob der da eventuell schon Arbeiten zu kennt...