Historisches

Begonnen von LokeLani, 14. Sep 2009, 20:30:41

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LokeLani

[size=14]Weshalb stimmen wir eigentlich unsere Instrumente nach g,c,e,a oder a,d,fis,h ?[/size]
Da müssen wir in der Geschichte schon weit zurück gehen!

4-chörige Renaissancegitarre nach Alonso Mudarra (Spanier 1508-1580)

 

                                                                       Originalstimmung: g/g -c1/c1- e1/e1- a1  (kommt uns das bekannt vor?)

Die Barockgitarre entwickelte sich aud den 4-,5- und 6- chörigen Instrumenten der Renaissance. Es wurden ausschliesslich Saiten aus Schafsdarm verwendet.

5-chörige Barockgitarre (G.Sanz 1640-1710, R.de Visée 1660-1720)
                                                                       
 Originalstimmung: A/a- d/d1-g/g-h/h-e1/e1

Folglich: Alte Tabulaturen können mit Ukulele gespielt werden, (sofern die erhältlich sind und man sie lesen kann ;)

In Hawaii, Japan und Westküste der USA sei die g-c-e-a- Stimmung gebräuchlicher, während in Kanada, Ostküste USA und in Europa (gibt\'s da ein Umdenken?) die  a-d-fis-h- Stimmung gebräuchlicher sei.

Floyd Blue

Sehr erhellender Beitrag! Danke Annette.

LokeLani

Hier gibt\'s noch ein schönes Video mit Renaissance-Gitarre, der Grossmutter unserer Ukulelen!

http://www.youtube.com/watch?v=-Vb4JIz1bO0&feature=related

jazzjaponique

sehr spannend - danke

sapf

Ja super, danke! Mein Sohn (Klavierspieler) wollte das erst kürzlich von mir wissen als er sich an der Uke probiert hat.

uschaurischuum

Danke für die interessanten Infos und das ansprechende Video, Anette!

Boba Frett

Gut zu wissen, danke fuer die info!

TwoLegPete

Zitat von: LokeLani5-chörige Barockgitarre (G.Sanz 1640-1710, R.de Visée 1660-1720)
                                                                       
Originalstimmung: A/a- d/d1-g/g-h/h-e1/e1

Rob MacKillop gibt für Sanz die Stimmung als reentrant an: aa d\'d\' gg hh e\' (mit dem e\' nur einchörig), weshalb Sanz gut auf die Ukulele zu transkribieren sei...

Darüberhinaus gibt er noch die Stimmung gG cc e\'e\' a\' für die kleinere, 4-chörige Barockguitarre an.

Von Rob Mackillop gibt es auch einige Transkriptionen/Arrangements von Gaspar Sanz für Ukulele: \"20 Spanisch Baroque Pieces by Gaspar Sanz - arranged for ukulele\", die augenblicklich in der originalen Form (PDF-Download) nicht mehr zu bekommen sind. Allerdings werden die jetzt bei Mel Bay neu aufgelegt, sind dort aber noch nicht lieferbar.

Als Kostprobe gibt\'s hier Rob Mackillop einmal mit Ukulele und einmal mit Barockguitarre:
http://www.youtube.com/watch?v=WTYQPDctivo
http://www.youtube.com/watch?v=FOu_jx5IR6Y

Zitat von: LokeLani[size=14]Weshalb stimmen wir eigentlich unsere Instrumente nach g,c,e,a oder a,d,fis,h ?[/size]
Da müssen wir in der Geschichte schon weit zurück gehen!

die Frage die sich jetzt aber stellt, ist \"warum stimmt man die Renaissance/Barockguitarre so?\". Als Grund für die Reentrant-Stimmung würde ich annehmen: enge Stimmführung und Campanella-Spielweise. Interessant wäre, wann die Reentrant-Stimmung das erste mal aufgetaucht ist, und warum diese bei Lauten (meines Wissens nach) nicht zu finden ist...

TwoLegPete

#8
Habe noch etwas gefunden.... auf den Seiten eines Saitenherstellers werden folgende Stimmungen angeboten:

5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd´ aa
5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd´ Aa
5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd´ AA
5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd  aa
5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd  Aa
5-chörig-courses  e´e´ hh  gg  dd  AA


Es scheint also einiges an Variationen zu geben...

und hier gibt\'s einen ganz guten Arktikel über die Barockguitarre...

wwelti

Schöner Artikel! Die Gitarre als verachtetes Instrument ... das macht sie mir richtig sympathisch...! Aber damals waren die Gitarren ja eigentlich den Ukulelen ähnlicher als den heutigen Gitarren :)

Gruß
  Wilfried

Ukepack

Eine interessante Frage: weshalb ist die Ukulele so (in C6 mit hoher G-Saite, in D6 mit hoher A-Saite)  gestimmt?
Dafür gibt es sicherlich mehrere Antworten, einige möchte hier zur Diskussion (die ja schon länger her ist) hinzugeben.

1. \"Resonanzmöglichkeiten kleiner Instrumente\"
Je kleiner das Instrument, desto besser klingen hohe Saiten darauf. Was auch der Grund dafür ist, dass Sopran-Ukulelen gerne in D6 gestimmt werden. Auf einer Sopran-Ukulele eine tiefe G-Saite aufzuziehen hat wenig Sinn, da die Saitenspannung zu niedrig ist und das Instrument zu klein ist um solche \"großen\" Schwingungen adäquat zu übertragen. Natürlich: gehen tut alles, aber klanglich ist es sicherlich nicht zufriedenstellend.

2. Campanella-Stil
ist nur möglich durch hofe G-Saite, siehe auch Barockgitarren (s. die vorherigen Beiträge hierzu)...

3. \"Ukulele in Kombination mit Gitarren\"
Traditionell wird Ukulele gerne in Verbindung mit anderen Instrumenten gespielt - Gitarre, Bass ect.
Hier hat die Ukulele die Aufgabe hohe Voicings zu produzieren. Je tiefer die Saiten klingen, desto eher kommt man den Gitarren klanglich in die Quere. Oder positiv ausgedrückt: Gitarren und Ukulelen ergänzen sich so besser.

4. \"Klangmöglichkeiten mit großen und kleinen Sekunden\"
Voicings mit hoher G-Saite klingen sehr \"in sich geschlossen\" - es handelt sich meist nicht um \"weite\" Akkorde sondern speziell \"eng\" klingende Akkorde. Was sich auch wieder sehr gut mit Gitarren kobinieren lässt, da Gitarren ja durch ihre Stimmung eher Probleme mit großen und kleinen Sekunden haben und gerade hier eine Stärke der Ukulele besteht.

5. wie beim Banjo.
Durch die hohe G-Saite erhält man bei typischen Begleitpattern (bsp. Saitenwechsel mit Daumen) einen banjoähnlichen Sound. Auch beim Daumen-Melodiespiel mit Akkordeinwürfen lässt sich die hohe G-Saite sehr \"banjomässig\" spielen.


Wenn ich mich frage, welche Vorteile die hohe G-Saite hat, so muss ich ebenfalls fragen welche Vorteile eine tiefe G-Saite hat.. Hier ein paar Gedanken dazu:

1. Der Tonraum des Instruments erweitert sich um eine Quarte nach unten.
Konzert- und besonders Tenor-Ukulelen haben einen größeren Korpus und von daher die Möglichkeit bei einer tiefen G-Saite mitzuschwingen und diese adäquat zu verstärken. Melodisch und akkordisch ergeben sich hierdurch neue Möglichkeiten.
Melodisch kann man einfach noch tiefer spielen, mehr Töne nach unten.

2. Akkordisch hat man nun eher \"weite\" Akkorde,
ähnlich wie bei einer Gitarre. Weite Akkorde lassen einen eher terzmässigen Akkordaufbau zu, also Akkorde ohne Sekunden - so klingen viele Jazzakkorde offener und mit weniger Sekunddissonanz als mit hoher G-Saite.
Ausprobieren: C-maj7 - gegriffen 5432

3. \"Wechselbass\"
Begleittechniken mit Saitenwechsel des Daumens lassen einen eher \"gitarrenähnlichen\" Wechselbass zu.

Die Frage ist also nicht welche die \"bessere\" Stimmung ist, sondern eher, welchen Vorteil habe ich von der einen oder der anderen Stimmung. Da man sowieso meist nicht nur eine Ukulele hat, ist ein Einfaches eine mit hoher-G-Saite und eine mit tiefer G-Saite zu bespannen um jeweils alle Vorteile nutzen zu können und die dritte dann in D6 mit hoher A-Saite...

Noch ein Gedanke: Ein Gruppenklang ergänzt sich besonders gut, wenn unterschiedliche Voicings durch unterschiedliche Stimmungen genutz wird.

- Bass für die tiefen Einzeltöne
- Gitarre für vollen und weiten Akkorde
- Tenor-Ukulele mit tiefer G-Saite für die oberen weiten Voicings
- Sopran-Ukulele in D6 mit hoher A-Saite für die hohen \"Sekund-Voicings\"

Vielleicht hat jemand noch weitere Ideen dazu....  

Liebe Grüße
Martin
Martins Ukuleleblog: www.martinmusik.de

www.ukulele-kurse.de
www.ukulelefestival-freiburg.de
www.blackforestukes.de
www.duo-minirock.de

LokeLani

#11
Zitat3. \"Ukulele in Kombination mit Gitarren\"
Traditionell wird Ukulele gerne in Verbindung mit anderen Instrumenten gespielt - Gitarre, Bass ect.
Hier hat die Ukulele die Aufgabe hohe Voicings zu produzieren. Je tiefer die Saiten klingen, desto eher kommt man den Gitarren klanglich in die Quere. Oder positiv ausgedrückt: Gitarren und Ukulelen ergänzen sich so besser.

Im Vergleich zu anderen \"kleinen Gitarren\" wird Ukulele eher weniger mit Gitarren kombiniert, - das ist jedenfalls mein Eindruck.
Man findet fast in jeder südamerikanischen Folkloregruppe verschiedene Gitarren kombiniert, jedoch spielen Ukulelen eher Solo oder in Orchestern, dann wird ein Bass eingesetzt. Gitarren mit Ukulele finde ich seltener auf YT, oder täusche ich mich da?

Wenn ich selber Ukulele mit Gitarre begleite, muss ich oft den Capo in den 5.Bund setzen, wodurch die Tiefe verloren geht, da A der tiefste Ton. Daher eignet sich ein Bass tatsächlich besser.

Richtig gut lässt sich Ukulele erst mit Gitarre kombinieren, wenn man sie auch d-g-h-e stimmt! http://www.ukulelenclub.de/Forum/UseBB/topic.php?id=17290

Ich finde deine Ausführungen jedoch sehr interessant. Danke dafür!

howein

#12
Zitat von: LokeLaniWenn ich selber Ukulele mit Gitarre begleite, muss ich oft den Capo in den 5.Bund setzen, wodurch die Tiefe verloren geht, da A der tiefste Ton. Daher eignet sich ein Bass tatsächlich besser.
Richtig gut lässt sich Ukulele erst mit Gitarre kombinieren, wenn man sie auch d-g-h-e stimmt!
Das verstehe ich jetzt beides nicht ... warum sollte Capo oder anders stimmen nötig sein?
Die Gitarre ist doch ebenso wie die Ukulele ein eigenständiges Instrument mit typischem Klang und Tonlage, und eignet sich nach meiner Erfahrung gerade wegen dieses Kontrasts sehr gut zum Zusammenspiel mit der Ukulele, wobei die Ukulele sowohl rhythmisch als auch Solo sich gut gegen die Gitarre durchsetzt. Mit Gefühl gespielt natürlich, nicht sich gegenseitig lautstärkemäßig platt gemacht, aber das gilt ja generell wenn zusammen gespielt wird.

LokeLani

#13
Das betrifft v.a. Instrumentalstücke. Ich habe aus einem Gitarrenheft die 1. Stimmen für Ukulele getabbt und da ist mir das aufgefallen:
Z.B. ein Gitarrenstück in e-Moll, die 1. Stimme passt vom Tonumfang her kaum auf Ukulele high g und muss daher auf a-Moll transponiert werden.
Eine anderes, das in C-Dur für 2 Gitarren gesetzt ist, muss mit der Ukulele in F-Dur gespielt werden, damit es vom Tonumfang her geht.
Der Tonumfang einer Sopranukulele ist halt einigermassen beschränkt!

Beim Singen spielt das weniger eine Rolle, wenn man sich auf eine Tonart einigen kann.

howein

#14
Ich glaube jetzt verstehe ich ... du willst also die gleichen Noten oder Tabs für beide Instrumente nutzen, zwar in der gleichen Tonart aber nicht jeweils für das jeweilige Instrument gesetzte ... klar, dann entspräche der Ukulele tatsächlich die Gitarre mit Capo im 5. Bund.
Aber ich denke das ist dann eher ein \"Nachahmen\" der Ukulele mit einer Gitarre ... gerade der Kontrast, der eigenständige Klangcharakter im Wechselspiel der beiden verschiedenen Instrumentarten kommt so nicht zum tragen ...