Lack-Einfluss auf Ukulelenklang

Begonnen von Tschebberwooky, 11. Jan 2013, 12:48:55

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Tschebberwooky

Hat jemand eine Ahnung ob tatsächlich eine \"offenporige\" Lackierung das Schwingverhalten und den Klang einer Uke stark beeinflusst?
Welche Vorteile hat eine offenporige Lackierung tatsächlich?
Kommt da der Klang dann \"besser durch den Korpus\"?
Hat auch die Lackqualität Einfluss (stark härtender oder elastischer Lack zB.).

Die Ohana CK35G Gloss die ich mal hatte hat tatsächlich super geklungen (auch mit Gloss-Lackierung)

Ich habe natürlich auch schon bemerkt, dass Billiguken mit fetter Lackierung nicht so gut Schwingen...die haben aber auch eine 2-3mm Decke gehabt (excl. Lack).

Vielleicht kann mich hier mal jemand ein wenig aufklären.

Danke für eure Infos.

RuedigerS

#1
...das würde mich auch interessieren. Angeblich soll ja auch bei den Stradivaris der Lack eine nicht ganz unbedeutende Rolle für den Klang spielen. Gitarren- und Ukulelebauer Klaus Mohri z.B. setzt laut Angaben auf seiner Seite auch auf einen speziellen Lack aus Schellack. Auf http://www.cmohri.de/docs/infos.php schreibt er schleißlich: \"Die Schwingungseigenschaften des Schellacks sind denen des Kunstharzlacks weit überlegen.\"
Vielleicht hat hier ja jemand im Allgemeinen etwas Fachwissen, das er mit uns teilen möchte!
Beste Grüße

Linho

Ich hatte mir beim Klangvergleich zwischen gloss und satin Kanileas einen minimalen Unterschied eingebildet, mit Vorteil für die matte Variante. Allerdings weniger im Klang, als in der Ansprache, den Vibrationen und dem Spielgefühl. Fühlt sich halt mehr wie Holz an. :D

Dagegen: Einer der besten Ukulelenbauer der Welt, Chuck Moore (http://www.moorebettah.com), baut aus optischen Gründen nur Gloss-Ukulelen, da er der Meinung ist, gut angebrachte Hochglanzlackierung (die sehr sehr sehr aufwendig ist) hat keinerlei negative Auswirkungen auf den Klang. ;)


Ich würde sagen, es ist mehr eine Frage der persönlichen Vorliebe, als eine des Klanges. Für micht geht (momentan) nur Satin. Für andere muss es unbedingt Gloss sein. Anderen ist es egal. Was dir lieber ist, wirst du erst wissen, wenn du die Möglichkeit hast, vom selben Modell eine Gloss- und eine Satinvariante zu vergleichen. Dann wirst du merken, was für dich besser klingt und sich besser anfühlt. Für mich war die Entscheidung leicht.  8)

LokeLani

Wenn der Lack keine Rolle auf die Klangeigenschaften hätte, so würden sich die Forscher kaum darum bemühen herauszufinden, welchen Lack berühmte Geigenbauer verwendet haben.


Mehr dazu in diesem Artikel: Geheimnis von Stradivaris Geigenlack gelüftet http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10915-2009-12-07.html

howein

In einem Artikel über Gitarrenlacke hab ich kürzlich gelesen, glänzende Lacke wären für die Klangabstrahlung wesentlich besser. Müssen aber spezielle Lacke sein von Härte und Elastizitzät her, und sorgfältig dünn aufgebracht. Die heute üblichen Hochglanzlackierungen seien meist zu dick (billige Lacke und Fertigung).

2fab4u

ZitatMehr dazu in diesem Artikel: Geheimnis von Stradivaris Geigenlack gelüftet http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10915-2009-12-07.html
....damit wäre das Gerücht mit der Mischung aus Schellack, Olivenöl und Pferdesperma wiederlegt. :mrgreen:

charangohabsburg

Als kurze Antwort an Tschebberwooky: Dick aufgetragener Lack bedeutet zusätzliche Masse der Resonanzdecke welche in Schwingung gebracht werden muss, d.h. dass die Schwingungsenergie der Saiten mehr für die unhörbare Schwingung des überflüssigen Lacks draufgeht statt die Resonanzdecke mit entsprechend grösserer Amplitude schwingen zu lassen und damit mehr Luftmasse in hörbare Schwingungen zu versetzen. Es gibt zwar eine Arbeit eines deutschen Geigenbauers (Martin Schleske) worin anscheinend nachgewiesen wurde, dass gewisse Lack-Rezepturen, wenn vernünftig dünn aufgetragen, die Steifigkeit des Holzes erhühen, ohne dass der der \"Gewinn\" durch den Massenzuwachs des Lackes zunichte gemacht würde, d.h. das Verhältnis Steifigkeit/Gewicht verschiebt sich zugunsten der Steifigkeit, entgegen der Beobachtung die allgemeinerweise gemacht wird. Allerdings verschweigt uns Schleske leider mit welchen Mitteln ein Lack diese wunderbare Eigenschaft annehmen kann, vertreibt er doch immerhin so ein Wunderlack auf kommerzieller Basis. Ob dabei unbedingt  und immer der erwünschte Effekt erzielt wird entzieht sich meiner Kenntnis, aber es dürfte eher die Regel als die Ausnahme sein dass die Kunden welche diesen Lack kaufen weder die technischen Mittel noch die theoretischen und praktischen Kenntnisse, und noch viel weniger die Zeit haben, welche nötig wären um einen positiven Effekt (besseres Verhältnis von Steifigkeit und Gewicht) nachzuweisen. Wie auch immer (bzw. ob) Schleskes Wunderlack wirkt, kann man es als gegeben ansehen, dass alle (anderen) Lacke die Resonanzdecke (und allenfalls den Boden) in einem Ausmass schwerer machen welches jenes des Steifigkeits-Gewinns übersteigt. Daher, und sowieso: dünne Lacke = gute Lacke, wobe dünn idealerweise irgendwo zwischen ungefähr 2 - 5 hunderstel Millimeter angesiedelt ist (zum Vergleich: 80-grämmiges Papier ist in der Regel ca. 1/10 mm dick).


Zitat von: LokeLaniWenn der Lack keine Rolle auf die Klangeigenschaften hätte, so würden sich die Forscher kaum darum bemühen herauszufinden, welchen Lack berühmte Geigenbauer verwendet haben.
Ich sehe keine Logik hinter dieser Behauptung.
Der Grund, wieso kaum ein Jahr vergeht in dem nicht jemand versucht mit einer wissenschaftlichen Arbeit seinen Namen mit demjenigen des heute berühmtesten Geigenbauers zu verknüpfen liegt wohl eher an der ungebremsten Nachfrage nach einer simplen Erklärung, wieso die alten Meister bessere Violinen bauten als die meisten Instrumentenbauer heute. Dass ein eingerahmter Meistertitel noch zu keinem Zeitpunkt der Geschichte etwas mit \"Meister sein\" zu tun hat haben leider noch zu wenige begriffen, und die Inhaber dieser Meistertitel setzen verständlicherweise etwas daran, dass ihr Titel mit den tatsächlichen Fähigkeiten verwechselt wird, oder wehren sich im Allgemeinen zumindest nicht gegen diese Verwechslung.

Zitat von: LokeLani[...]
Mehr dazu in diesem Artikel: Geheimnis von Stradivaris Geigenlack gelüftet http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-10915-2009-12-07.html

Ich finde es ja interessant und gut, dass heutzutage Lacke analysiert werden können. Aber die Behauptung, die analysierten Lacke alter Violinen seien jene Substanz welche Stradivari auf seine Instrumente gepinselt habe ist ein vor vielen Jahrzehnten an den Haaren herbeigezogener Mythos, der jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt, und ist schon nach einfacher Betrachtung der Lage als falsch einzustufen: wer die Ikonographie vergangener Jahrhunderte etwas aufmerksam betrachtet wird feststellen, dass nicht ein einziges Gemälde oder Fresko der Epoche ein rotes oder rötliches Instrument der Violinen-Familie darstellt. Die Instrumente sind hell. Fast weiss oder gelblich, aber nie rot. Nun könnte man zwar einwenden, dass die rote Farbe im Verlauf der Bild-Restaurierungen \"verloren\" gegangen sei. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass bei einer Bildrestauration wohl eher die Farbe der zum Zeitpunkt der Restaurierung vorhandenen Violinen als Vorbild gedient hätten, und die Bilder (oder zumindest einige der Bilder) des 17. Jahrhunderts jetzt rote Violinen zeigen müssten...

Hier noch ein Artikel zu diesem Thema, verfasst vom im wahrsten Sinne des Wortes \"nachdenklichen\" italienischen Geigenbauer Fabio Chiari. Ich zitiere un übersetzte den Abschnitt welcher die Lackfarbe alter Instrumente der Violin-Familie betrifft:


Zitat[...] Da dove nasce l'idea che i classici fossero rossi? O meglio perché si è affermata l'idea che il rosso trasparente sia il colore giusto per un violino? Seguendo l'indicazione iniziale "Ora, lege, lege......" sono andato a vedere tutti i dipinti ad olio o in affresco dal 500 a tutto il 700 dove venivano raffigurati strumenti musicali. Chiunque è pratico d'arte sa che venivano raffigurati dai pittori strumenti musicali dell'epoca a mò di natura morta. L'iniziatore fu il Caravaggio, ma strumenti musicali appaiono in dipinti ed affreschi sin dalla notte dei tempi. Un grande pittore di strumenti musicali fu Evaristo Baschenis che visse nel 600. Ebbene guardando i quadri studiati in tutte e sottolineo tutte le raffigurazioni di strumenti, questi pur con la patina ed il nero fumo di cui sono ricoperti appaiono inequivocabilmente ed assolutamente color legno. Non esiste uno strumento ad arco di color rosso in nessuna raffigurazione d'epoca.
Allora pur rispettando le scuole che prevedono un colore rosso brillante per i loro strumenti, perché uno deve sentirsi dire: Bello, un po' chiarino, io lo preferisco più scuro! Lo direbbe anche ad Antonio Stradivari qualora gli si presentasse con la viola tenore? Che senso ha far uscire dalla bottega strumenti che hanno lo stesso aspetto che dovrebbero avere dopo cento anni dalla loro fabbricazione? Non viene a nessuno in mente che il color cannella del nostro Sacconi è il colore naturale del legno dopo trecento anni che vede la luce? [...]


Woher kommt die Idee dass die Klassiker rot [gewesen] seien? Oder besser: wieso hat man behauptet dass das transparente Rot die richtige Farbe sei für eine Violine? Der anfänglichen Anweisung \"Bete, lese, lese...\"
*) folgend, bin ich hingegangen um mir alle Ölgemälde und Fresken des 16. bis 18. Jahrhunderts auf welchen Musikinstrumente dargestellt werden, anzusehen. Jeder der mit [alter] Kunst zu tun hat weiss, dass die Instrumente der Epoche von den Malern in der Art Stilleben dargestellt wurden. Der Initiant war Caravaggio, aber Musikinstrumente erscheinen in Gemälden und Fresken seit jeher. Evarista Baschenis war ein grosser Maler von Musikinstrumenten, der im 17. Jhdt. gelebt hat. Wenn ich all die Bilder mit allen - und ich unterstreiche: mit allen - Abbildungen von Musikinstrumenten anschaue, jene, wenn auch von der Patina und schwarzem Rauch[Russ] bedeckten, erscheinen unverwechselbar und absolut in der Farbe des Holzes. Es existiert nicht ein Streichinstrument in roter Farbe in irgendeiner Darstellung der Epoche. Nun, wenn wir dennoch die Schulen respektieren welche für ihre Instrumente ein glänzendes Rot vorsehen, wieso muss man sagen hören: \"Schön, ein bisschen hell, ich ziehe es dunkler vor!\". Würde dies auch Stradivari sagen wenn er sich mit der Bratsche **) vorstellen würde? Welchen Sinn hat es Instrumente aus der Werkstatt zu lassen welche gleich aussehen wie sie es hundert Jahre nach ihrere Herstellung tun müssten? Kommt keinem in den Sinn dass die Zimtfarbe unseres Sacconi ***) die natürliche Farbe des Holzes nach dreihundert Jahren ist? [...]


*) Zu Beginn seines Artikels zitiert Chiari einen Satz aus dem Traktat Mutus Liber des (relativ) unbekannten Alchemisten Altus (vermutl. in der späten Renaissance verfasst, erschienen gegen Ende des 17. Jhdts.) : Ora Lege Lege Lege Relege Labora et Invenies (Deutsch: Bete, lese, lese, lese, lese noch einmal, arbeite und du wirst finden). Dieser Satz, auf der zweitletzten Seite des 15-seitigen Traktats zu finden ist eine Anleitung, ebendieses verstehen zu lernen. Chiari bezieht sich in seinem Artikel immer wieder auf dieses Zitat um auf die Wichtigkeit hinzuweisen keinen (Lehr-) Dogmen und vorgefassten Ansichten zu verfallen.

**) Mit dieser Bratsche (viola tenore) ist eines von zwei in ihrem Originalen Zustand erhaltenen Instrumente Stradivaris gemeint, aufbewahrt im Museum der Uffizien in Florenz.

[/color]***) Simone Sacconi, Autor der zweifelsohne umfassendsten Arbeit uber Stradivari: I \"segreti \"di Stradivari. Ein Buch das für viele Geigenbauer die Bibel für ihre Arbeit ist


Zitat von: howeinIn einem Artikel über Gitarrenlacke hab ich kürzlich gelesen, glänzende Lacke wären für die Klangabstrahlung wesentlich besser. [...]
Die Unebenheiten welche einen Mattlack von einem Glanzlack unterscheiden sind zu klein um das Reflektionsverhalten von Schallwellen in irgendeiner Weise zu beeinflussen (bzw. ist die Schallwellenlänge zu lang).

Gruss,
Markus

apfelrockt

Hat jetzt nicht unbedingt was mit Lack zu tun, aber da hier von alte Meistern (gemeint ist wohl Stradivari und Zeitgenossen) die Rede ist. Ich habe mal gelesen, und das erscheint mir recht plausibel, dass zur Zeiten Stradivaris eine \"kleine Eiszeit\" in Europa herschte, mit der Folge dass Bäume recht langsam wuchsen und somit sehr sehr enge Jahresringe hatten. Somit hatte das verwendete Holz eine viel kompaktere Struktur als die heute zur Verfügung stehenden Hölzer, was sich positiv auf das Schwingungsverhalten auswirkt. Erscheint zumindest mir irgendwie logisch.
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem

charangohabsburg

Zitat von: Dieter B.[...] sehr sehr enge Jahresringe hatten. Somit hatte das verwendete Holz eine viel kompaktere Struktur als die heute zur Verfügung stehenden Hölzer, was sich positiv auf das Schwingungsverhalten auswirkt. [...]
Inwiefern hat Feinjährigkeit einen positiven Einfluss auf das Schwingungsverhalten? (Ausser dem Mythos welcher feinjährigem Holz anhaftet?)

apfelrockt

#9
Zitat von: charangohabsburgInwiefern hat Feinjährigkeit einen positiven Einfluss auf das Schwingungsverhalten? (Ausser dem Mythos welcher feinjährigem Holz anhaftet?)

Das kann ich dir nicht sagen. Ich habe aus dem Gedächtnis eine Artikel zitiert, den ich vor langer Zeit mal gelesen habe und das, was da bei mir haften geblieben ist. Es ging darum warum z.B Stradivaris so einzigartig klingen. Dies war eine Begründung und mir erschien sie plausibel. Bitte, ich bin jetzt kein Physiker und habe auch nicht vor den Beweis hier anzutreten. Aber irgendworan muss es ja liegen und alleine an die, aus allen anderen herausragenden, handwerklichen Fähigkeiten des Meisters glaube ich nun auch wieder nicht.

Nachtrag: vielleicht wurde auch nicht von einem \"positiven Einfluss\" gesprochen sondern nur von anderem Schwingungsverhalten?
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem

Ole Lele

Feinjährige Fichte hat eine größere Biegesteifigkeit als grobjährige. Die Decke schwingt am kräftigsten, wenn sie leicht, aber trotzdem steif ist. Obwohl Fichte ein Weichholz (also leicht) ist, gehört sie zu den biegesteifsten Hölzern. Feinjährige Fichte hat sozusagen den besten Wirkungsgrad.

ibongo

Ho'omaluhia

charangohabsburg

#12
Zitat von: ibongoHaarspalterei.
Bei Billig-Ukulelen hast Du sicher recht!

Zitat von:  TschebberwookyHat jemand eine Ahnung ob tatsächlich eine \"offenporige\" Lackierung das Schwingverhalten und den Klang einer Uke stark beeinflusst?
Welche Vorteile hat eine offenporige Lackierung tatsächlich?

Sorry, ich hatte im ersten Teil meiner Antwort Deine ganze Frage nicht vollumfänglich beantwortet. Der Vorteil einer offenporigen Lackierung liegt auf der Hand: weniger Lack, Weniger zusätzlicher Gewicht welches der schwingenden Decke ein Klotz am  Bein ist. Nachteile (ausser der Aesthetik, welche schlussendlich Geschmacksache ist) können sich bei der offenporigen Lackierung wenn die Faserrichtung und Porenstruktur zulassen dass Boden, Zargen und allenfalls die Decke luftdurchlässig werden. Es ist mir ein Fall bekannt bei dem eine Gitarre im Rohzustand beim Beklopfen dramatisch anders klang ( = weniger Sustain des Klopftones) als eine parallel dazu gebaute Gitarre. Nachdem er die Poren gefüllt hatte war das Problem verschwunden. Die Poren werden übrigens nicht mit Lack gefüllt, sondern mit einem Porenfüller, der irgendeine Paste, oder ein Gemisch von Bimssteinmehl mit direkt auf dem Instrument abgeriebenen Holzfasern und allenfalls wenig Schellack sein kann, oder auch Epoxy. Lack würde die Poren schlecht füllen, sehr lange nachtrocknen, und aus diesem Grund nach einiger Zeit wieder kleine Krater zeigen wo der Lack in die Poren zurückschrumpft.

Zitat von: Dieter B.Dies war eine Begründung und mir erschien sie plausibel. Bitte, ich bin jetzt kein Physiker und habe auch nicht vor den Beweis hier anzutreten.
Ich erwarte keinen Beweis von Dir (nicht einmal wenn Du Physiker wärst), aber ich hätte es zumindest interessant gefunden, warum Du etwas für plausibel (= wörtlich: Beifall verdienend) hältst. Du wirst ja nicht grundlos applaudieren, nehme ich an.

Zitat von: Dieter B.Aber irgendworan muss es ja liegen und alleine an die, aus allen anderen herausragenden, handwerklichen Fähigkeiten des Meisters glaube ich nun auch wieder nicht.
Da hast Du  entweder eine ganz gewagte (um nicht zu sagen: freche) These, oder Du überschätzst Stradivari und seine zeitgenössischen Meisterkollegen aufgrund der astronomischen Preise welche heute deren Instrumente erzielen, bzw. ignorierst im zweiten Fall, dass die allermeisten dieser Instrumente (z.B. alle Stradivari-Instrumente minus zwei Exemplare) in der Vergangenheit nicht nur restauriert sondern vor allem im 19. Jhdt. total umbgebaut wurde um sie für modernere Musik und höhere Saitenspannungen fit zu machen. Bei Celli war es sogar üblich die Korpusform abzuändern. Diese Restauratoren und Umbauer müssen ebenfalls absolute Meister ihres Handwerks gewesen sein dass sie die Instrumente nicht ruiniert haben! Hinzu kommt, dass bei einigen Vergleichen in der jüngeren Vergangenheit durchaus nicht immer den alten Violinen der Vorzug gegeben wurde, sondern Instrumente neuesten Datums ( = ein paar Jahre alt) den ersten Platz abgeräumt haben. Leider haben diese Vergleiche selten oder nie streng wissenschaftlichen Charakter, weshalb sie gerne angezweifelt werden. Das Einzige was man den alten Instrumenten nicht nehmen, oder besser gesagt nicht nachbauen kann sind ihre Seltenheit, ihr Alter und ihre Lebensgeschichte, was einen guten Teil ihres heutigen Marktpreises ausmacht. Den Preis mit Klangqualität gleichzusetzen wäre ein Trugschluss.

Was ich damit sagen will: doch, die alten Meister waren sackgut! Denn sie haben scheinbar ziemlich genau gewusst was sie taten, was man heute von vielen (zum Glück aber nicht allen) Instrumentenbauern, welche ihr Resonanzholz nicht selber spalten leider nicht sagen kann (was sie aber nicht daran hindert sich Meister zu nennen, denn schliesslich haben sie den entsprechenden Wisch eingerahmt an der Werkstattwand hängen).

Es erstaunt vielleicht, aber es ist eine gerne verschwiegene Tatsache dass die alten Meister zum Teil auch Instrumente mit Knoten  in der Resonanzdecke (z.B. Guarneri del Gesú ) oder Boden (z.B. Stradivari) gebaut haben, sie haben zum Teil Pappel (z.B. Stradivari, Guarneri), Kirsche, Birne (z.B. Gasparo di Saló), Pinie (Montagnana), Weide (Guarneri) und andere Hölzer statt Ahorn für Boden und Zargen  verwendet, sie haben manchmal Deckenholz verwendet das alles andere als feinjährig ist – und diese Instrumente werden heute für hunderttausende oder gar Millionen von Euros gehandelt, und tönen (obwohl der exorbitante Preis nie durch den Klang gerechtfertigt sein kann) nicht schlechter als die feinjährigen, knotenfreien, mit Ahorn-Boden und -Zargen versehenen Instrumente derselben Meister. Das waren eben Meister! (...weil sie offensichtlich ziemlich genau wussten was sie machten – und es gibt solche Meister auch noch heute, nur haben sie das Pech nicht schon seit 300 Jahren tot zu sein um für ihre Instrumente schwindelerregende Preise verlangen zu können).

Zitat von: Ole LeleFeinjährige Fichte hat eine größere Biegesteifigkeit als grobjährige.
Das ist ein bisschen unpräzise ausgedrückt und könnte zu Missverständnissen führen.

In Bezug auf die Steifigkeit in Längsrichtung (auf dem Instrument parallel zu den Saiten) ist die Aussage sogar falsch. Die Längssteifigkeit welche wichtig ist um dem Saitenzug zu widerstehen hängt unter Anderem vom Anteil des viel steiferen Spätholzes ab ( = dem dunklen Teil eines Jahrringes), jedoch nicht von der Anzahl der Jahrringe pro cm!

Die Quersteifigkeit, die nebst anderen Faktoren von den Jahrring-Abständen und der Ausprägung der Markstrahlen abhängig ist, ist zu einem guten Teil mitverantwortlich welche Eigenschwingungsmodi bei welchen Frequenzen wie stark auftreten. Diese Modi deren Ausprägung und das Verhältnis untereinander sind verantwortlich für Lautstärke, Klangfarbe, Ausgewogenheit und Projektion. Es kann aber in keiner Weise ein Schluss in der Art gezogen werden, dass mehr Steifigkeit besser oder schlechter wäre für den Klang. Die Sache ist leider viel komplizierter.

Zitat von: Ole LeleDie Decke schwingt am kräftigsten, wenn sie leicht, aber trotzdem steif ist.
Ich erlaube mir zu präzisieren: Die Decke kann am leichtesten (oder am effizientesten) angeregt bzw. in Schwingung versetzt werden, wenn sie möglichst leicht ist. Der begrenzende Faktor ist die strukturelle Integrität welche gewährt werden muss, d.h. wir wollen nicht, dass der Saitenzug die Decke übermässig verformt oder gar zerbricht. Ein Holz welches bei geringem Gewicht relativ steif ist, ergibt am Ende eine effizient funktionierende Resonanzdecke. Die verschiedenen Fichtenarten (Picea spp.), gewisse Tannen (Abies spp.) sowie die Kanadische Rot-Zeder (Thuja plicata) stehen hier ganz oben auf dem Podest.

Zitat von: Ole LeleObwohl Fichte ein Weichholz (also leicht) ist, gehört sie zu den biegesteifsten Hölzern.
Ich wüde nicht den Begriff  \"Biegesteif\" verwenden, denn schwerere Hölzer sind schnell einmal (aber nicht immer) biegesteifer als Fichte. Der springende Punkt ist, dass das Verhältnis Steifigkeit zu Gewicht bei verschiedenen Fichtenarten (sowie bei einigen Tannen und der Rot-Zeder) extrem gut ( = unschlagbar) ist, wenn das Holz richtig zugeschnitten wurde! Sogar bei subobtimalem Zuschnitt sieht die Sache immer noch gut aus für die vorher erwähnten Holzarten.

Zitat von: Ole Lele Feinjährige Fichte hat sozusagen den besten Wirkungsgrad.
Das wäre korrekt, wenn die Feinjährigkeit die Längssteifigkeit bei gleichem Gewicht verbessern würde, was aber nicht der Fall ist. Ich habe vor wenigen Jahren ungefähr 200 Decken gesägt, etwa 50 zugekauft und von den ca. 250 rund 20 in irgendeiner Form weiterverarbeitet. Die Story mit der Feinjährigkeit und der Steifigkeit war mir schon bekannt, und ich habe deswegen jeweils mein Auge darauf geworfen. Sogar bei Decken mit variierenden Jahrring-Abständen welche ich in entsprechende Streifen geschnitten und gestestet hatte, konnte ich keine Tendenz feststellen welche den Schluss feinjährig = steifer zulassen würde.

Ich kann hingegen sagen, dass für die Längssteifigkeit ein Faktor extrem wichtig ist, den man am gesägten Holz je nach Umständen nur schwer beurteilen, und am gehobelten oder geschliffenen Holz von blossem Auge gar nicht erkennen kann: wenn die Fasern nicht genau parallel zur Deckenoberfläche verlaufen vermindert das die Längssteifigkeit enorm. Der englische Ausdruck dafür ist Runout (ich habe den deutschen Ausdruck dafür noch nicht entdecken können). Dieses Runout beim Sägen zu verhindern ist nicht ganz trivial. Der erste Schritt ist jedoch auf alle Fälle, diesen Faserverlauf sichtbar zu machen, indem man den Baumabschnitt in Viertel spaltet (und nicht etwa in Viertel sägt!), damit danach der Schnitt parallel zu den Fasern gemacht werden kann. Das Problem ist, dass die allermeisten Bäume nicht ganz gerade gewachsen sind sondern ein gewisses Mass an Drehwuchs aufweisen. Ein Baumstamm mit viel Drehwuchs würde idealerweise nicht für den Instrumentenbau weiterverarbeitet, jedoch kann ein Stamm mit leichtem Drehwuchs mit dem nötigen Wissen und Geschick durchaus zu Resonanzholz mit nahezu keinem Runout verarbeitet werden. Leider ist es eine traurige Tatsache, dass viele Tonholz-Produzenten frisch und fröhlich sogenannte Master-Grade Decken (das wäre das Beste vom Besten) mit einer Runout-Steigung von bis zu 1:20 oder gar 1:15 anbieten! Hauptsache der Kunde sieht feinjähriges Holz, gleichmässige Farbe, schön vertikal stehende Jahrringe (letzteres ergibt wunderschön sichtbare Markstrahlen). Schliesslich hört das Auge mit. Damit will ich keineswegs sagen es lasse sich mit Decken mit viel Runout keine guten Instrumente machen, aber man verschenkt auf diese Art ganz sicher ein gewisses Potential. Natürlich kann man dasselbe Potential auch verschenken indem man eine Decke einfach in ihrer Dicke überdimensioniert. Diese Decke hier (Gitarre von Vicente Arias) wurde gewiss nicht überdimensioniert, sondern es wurde an die Grenze des Machbaren gegangen, und sie hat ihre Form seit 110 Jahren perfekt gehalten (kein nach innen wölben). Diese Decke hat garantiert kein Runout, denn sonst hätte sie kaum mehr als ein paar Tage oder Wochen überlebt!  Da war halt wieder einmal ein Meister am Werk.

Ein vielleicht interessantes Detail: ich finde gleichmässig feinjähriges Holz angenehmer zum (manuell) bearbeiten als Holz mit grösseren  Jahrring-Abständen.

Und zu guter Letzt:  wahrscheinlich gehe ich mit den Meisten einig, dass feinjähriges Holz schön anzusehen ist.

Gruss,
Markus

Tschebberwooky

#13
Danke für die Antworten, sehr informativ!

Zuletzt bleibt halt der Klang immer Geschmackssache, egal ob dicker oder dünner Lack....

apfelrockt

Mensch Markus, du hängst dich da aber mächtig rein. Wenn man Stradivari und Klima googelt, stolpert man unweigerlich über zig Artikel. Das Klima und der damit verbundene Holzwuchs als Grundmaterial wird darin immer als ein Faktor erwähnt, der mit zu dem einzigartigen Klang der Instrumente beiträgt. Weitere Faktoren vermutet man in der Zusammensetzung des Leims, der Farbe und und und. Das mit dem Holzwuchs erscheint mir plausibel, also laut Sprachgebrauch einleuchtend und nachvollziehbar und nicht etwa wie du fälschlicherweise interpretierst: plausibel (= wörtlich: Beifall verdienend)
es ist bereits alles gesagt, nur noch nicht von jedem