Review und Klangvergleich: Einsteiger-Uke Hora Sopran

Begonnen von wwelti, 31. Jan 2009, 20:35:19

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wwelti

Vor einer Woche habe ich von Hans eine Ukulele zum Testen geschickt bekommen.

Es handelt sich um eine Hora Sopran. Besondere Merkmale: Massive Fichtendecke, und das bei einem Preis von nur 34 Euro im Shop von Hans (hulaparty.de). Weiterhin sind Stegeinlage und Sattel nicht aus Plastik, sondern aus Knochen gefertigt -- das ist man sonst nur von teuren Modellen gewohnt.

Ich habe mir damit ein wenig Zeit gelassen. Dafür muß sich die Hora nun mit zwei starken Klassikern messen: Der Schaepe Sopran, und der Brüko No.6.

Bilderstrecke:
http://www.box.net/shared/upfr5gnlc7

Vergleichsvideo:
http://de.youtube.com/watch?v=yMQlGp8gbFw
http://www.vimeo.com/3030608

Einschub:
-Die Klangbearbeitung für alle drei Ukulelen war exakt gleich, auch was die Verstärkung angeht. Die Unterschiede in der Lautstärke sind also \"original\". Es wurde keine Kompression eingesetzt, lediglich ein ganz leichter Hall (um die sehr trockene Raumakustik zu kompensieren) und Normalisierung.
Wer den O-Ton der Aufnahme ohne Hall hören möchte, kann dieses MP3 herunterladen: http://www.box.net/shared/71fgk0g2re
(Einschub Ende)

Interessant ist das Herstellungsdatum: 15.1.2009 -- ich bekam sie am 24.1. !

Trotz des geringen Preises ist die Verarbeitung gut. Sehr gefreut hat mich auch die saubere Bundierung -- da können sich manche wesentlich teureren Uken eine Scheibe abschneiden! Optimal auch die Saitenlage am Sattel -- so tiefgelegt (aber trotzdem nicht zu tief!) bekommt man selten eine Uke ab Werk! Leider ist dafür die Saitenlage am 12. Bund einen Tick höher als nötig (und auch höher als bei der Brüko und der Schaepe), aber es ist keinenfalls soviel daß es Probleme beim Spielen macht -- leider vermasselt es der Intonation die glatte Eins, die ansonsten durchaus drin gewesen wäre (Trotzdem kann ich noch gut+ vergeben).

Anfangs hatte ich ein leichtes Schnarr-Problem mit der Stegeinlage -- sie war an einer Stelle nicht sauber rund gefeilt. Das ließ sich allerdings sehr leicht beheben. Hans sagt, daß dies bei den anderen Hora Sopranos nicht auftrat, das war also wohl einfach Pech, und eigentlich auch kein Drama. Die Sattelschlitze sehen allerdings auch nicht ganz perfekt sauber aus, beim Spielen gab es jedoch keine Probleme.

Hals, Kopf und Griffbrett sind etwas schmaler als man es von anderen Soprano-Ukulelen kennt. Der Abstand zwischen G- und A-Saite ist am Sattel ist ca. 27mm, an der Brücke 35,5mm. Zum Vergleich: Bei der Brüko sind es 29mm und 40mm. Für Spieler mit dicken Fingern könnte das etwas unangenehm sein, für Spieler mit zierlichen Fingern eher vorteilhaft.

Die Mensur ist auch recht kurz. Obwohl die Ukulele knapp länger als die Brüko ist (ca. 54 vs. 53,5 cm) ist die Mensur deutlich kürzer: 33,4 vs. 34,8 cm. Dies bedeutet: Relativ geringe Saitenspannung, etwas knappere Abstände zwischen den Bünden, und resultierend aus der geringeren Saitenspannung ein gewisser Verlust an Lautstärke.

Die Bundstäbchen sind ziemlich flach, aber nicht zu flach -- für die meisten Ukulelenspieler sicher optimal.

Die massive Fichtendecke sieht wirklich sehr schön aus. Leider ist sie ein wenig dick geraten: Fast 3 mm. Dementsprechend ist die Ukulele auch nicht allzu laut.

Die Brücke ist mit zwei Schrauben zusätzlich stabilisiert. Als ich mithilfe eines Spiegels ins Innere der Ukulele geschaut habe, ist mir aufgefallen, daß zwar unter der Brücke ein Holzstück angeklebt ist, die Schrauben jedoch knapp _dahinter_ aus der Decke herausragen. Naja. Aufgrund der Dicke wird sie es wohl aushalten. Lining oder Binding gibt es auch keins, ist aber wohl aufgrund der Materialstärke nicht notwendig.

Man muß nun natürlich noch der Fairness halber dazu sagen: Die Brüko und die Schaepe wurden sehr lange und oft gespielt, sind also optimal eingespielt -- das kann man von der Hora wohl noch nicht behaupten. Gerade Fichtenholz ist dafür bekannt, daß es ein Weilchen benötigt, um seinen Klang zu entwickeln, es ist also noch Potential nach oben da.

Die direkten Mechaniken sind absolut in Ordnung, sie wirken etwas hochwertiger als die Mechaniken auf der Schaepe, das Stimmen geht auch etwas einfacher.

Die Ukulele ist zwar etwas leise, aber klanglich sehr schön ausgewogen, fast \"zart\". Sie spielt sich sehr angenehm und leicht, und klingt dabei sehr sauber.


Mein Fazit: Kein Held ohne Fehl und Tadel, aber sehr viel Ukulele fürs Geld! Wer eine wirklich preisgünstige, ordentlich verarbeitete Ukulele sucht, kann bedenkenlos zugreifen. Und eine massive Fichtendecke für diesen Preis ist eigentlich eine Sensation für sich.


Nachtrag: Alle 3 Ukulelen sind mit braunen Worth-Saiten bespannt.

Viele Grüße
  Wilfried

wwelti


vinaka

Noch nie ist mir der Unterschied im Klangbild verschiedener Ukulelen so klar geworden. Danke, Wilfried ! Toller Beitrag !!!

Earlyguard


wwelti

Vielen Dank für die netten Kommentare :)

Ich werde die Ukulele übrigens behalten ... Eigentlich dachte ich ja ich hab eh schon genug, aber wie\'s so passiert :mrgreen:

hoaloha

Na, dann mal herzlichen Glückwunsch zur neuen Ukulele!  :D  
Und danke, für diesen ausführlichen Testbericht.
Gerade der Videoclip stellt die Unterschiede doch sehr klar heraus.
Scheint ja ein tolles Teilchen für \"wenig\" Geld zu sein.

Gruß Tom

RISA

Hallo Wilfried, sehr schön gespielt! Hast Du noch etwas Hall auf die Aufnahme gelegt? Klingt fast nach Konzerthalle, was bei dem Mikro-Abstand und der zu vermutenden Raumgröße etwas erstaunt. Wäre nicht weiter tragisch, weil der Hall bei allen Ukulelen gleich zu sein scheint und man somit trotzdem vergleichen kann. Würde mich nur interessieren, wie die Aufnahme bearbeitet wurde (Hall, Kompressor, Equalizer etc.).

wwelti

Hallo Rigk!

Nicht schlecht, Du hast es tatsächlich herausgehört... :mrgreen: ja, ich verwende meistens einen recht geringen Hall-Anteil (ca. 15%), um den ziemlich trockenen Charakter der Aufnahme etwas zu beleben. Man muß dazu sagen daß gerade klassische Stücke oft von ein bisschen Raumanteil leben, sie wurden ja nicht für den schalltoten Raum komponiert! Im Gegenteil, die Musik wird oft an Orten mit einem durchaus ausgeprägten Raumklang gespielt. Meine Aufnahme-Location geht allerdings schon eher in Richtung \"schalltot\", viel Dämm-Material an den Wänden und Decke (Isolierung halt), viele Bücher ;), Sofa, usw... Wie Dir sicher auch schon aufgefallen ist, mischen viele klassische Gitarristen durchaus noch deutlich mehr Hall zu als ich.

Da ich keine Lust habe mir einen teuren Hall-Algorithmus zu kaufen, greife ich auf einen zurück, den ich vor fast 10 Jahren mal aus Spaß programmiert habe :mrgreen:

Die Audio-Bearbeitung ist wie folgt:
-Aufnahme (Ich steuere gewöhnlich so aus, daß nur ca. 30-50% Headroom bleiben)
-Schnitt (ohne Lautstärkebearbeitung) -- es wurden alle Einzelaufnahmen vor jeder weiteren Bearbeitung erstmal zu einer einzigen .wav-Datei zusammengeschnitten.
-leichter Hall zugemischt
-Normalisierung

Keine Kompression usw.

Zum Vergleich hier die unbearbeitete Aufnahme (nur Normalisierung): http://www.box.net/shared/71fgk0g2re

Man kann sich über die Sache mit dem Hall sicher streiten, aber ich möchte ja auch Musik machen. Und die reine Direktschall-Akustik finde ich halt klanglich doch etwas zu trocken (staubt schon ein bisschen ;) ).

Viele Grüße
  Wilfried

RISA

Danke für die Info Wilfried. Ich finde die \"trockene\" Aufnahme ohne Hall deutlich realistischer und besonders für einen Vergleichstest geeigneter. Du spielst so sauber, dass es nichts hinter dem Hall zu verstecken gibt. Für mich ist das sehr eigenartig, wenn jemand in einem kleinen Raum direkt vor dem Mikro sitzt und dann klingt es, wie in einem Konzertsaal.

Vielleicht bin ich da aber auch etwas empfindlich. Als wir unsere Band-CD aufgenommen haben, habe ich sofort gehört, dass der Tontechniker dem Klavier einen anderen Hall als meiner Stimme gegeben hat, was vielleicht auch allgemein üblich ist, aber mir beim Zuhören mit geschlossenen Augen sofort den Eindruck vermittelt, als hätten Klavier und Stimme eine andere Entfernung vom Zuhörer. Dieser Eindruck sollte jedoch nicht entstehen, wenn der Pianist gleichzeitig der Sänger ist.

Ich will damit nur sagen, dass es für mich immer wichtig ist Konsistenz bei einer Aufnahme zu erzeugen, was natürlich noch schwieriger ist, wenn man nicht nur die Audioaufnahme konsistent gestalten muss, sondern auch noch Konsistenz zum Bild erzeugen will. Auch wenn die Hall-Aufnahme für sich genommen sehr schön klingt, macht die mangelnde Bild/Ton-Konsistenz leicht den Eindruck des Schummelns. Das stört mich bei dem ganzen Playbacks bei Fernsehshows übrigens auch immer sehr.

Das soll übrigens keine Kritik sein, denn Du hast super gespielt. Nur eine Anregung zum Nachdenken, ob für Dich vielleicht Aufnahmekonsistenz auch wichtiger ist, als Klangoptimum.

wwelti

Hallo Rigk!

Ich habe eigentlich schon versucht einen Kompromiss zu finden, der Hall-Anteil ist ja vergleichsweise gering. Die völlig trockene Aufnahme finde ich vom klanglichen her ein wenig \"unmusikalisch\". Wie gesagt, für so eine sterile Akustik wurde die Musik meiner Meinung nach gar nicht geschrieben.

Von wegen \"Aufnahmekonsistenz\" ... Es ist Dir sicher schon aufgefallen daß ich dem Bild eine eher untergeordnete Rolle zuteile. Eigentlich sehe ich den Klang als das Wichtigste, das Bild ist nur eine Dreingabe. Ich möchte nicht den Klang dem Bild anpassen. Das ist für mich ein bisschen, als würde man die Farbe eines Autos einer Parkscheibe anpassen ;)

Ich würde ja in einem anderen Raum aufnehmen, aber das ist halt umständlich...

Vielleicht hörst Du die Musik mit Lautsprechern in einem Raum, der sowieso schon einen gewissen Eigenklang hat? Das würde mir jedenfalls erklären, warum Du die trockene Aufnahme vorziehst. Vielleicht sollte ich weniger mit Kopfhörer hören.

Viele Grüße
  Wilfried

Ohrenblicker

Danke für diese Arbeit! Sehr interessanter Vergleich. Mich überzeugt die Hora aber nicht so sehr, sie klingt ziemlich dünn. In dieser Aufnahme kommt tatsächlich die olle Schäpe am besten zur Geltung. Wobei ich denke, dass die Brüko, die etwas dumpf klingt, mit einer anderen Mikrophonposition besser rauskommen würde. Das mit dem Hall finde ich sehr stimmig. Und: Toll gespielt, Respekt, Herr Intonator!

Kay

kleine zwischenfrage: Welche Saiten hast du wo drauf?

wwelti

#12
Braune Worth, auf allen dreien. Ich denke daß ich die Hora auch mal mit Aquila probieren werde, aber für den direkten Vergleich war es sicher nicht schlecht daß auf allen drei Instrumenten  Saiten vom selben Typ waren :)

Edit: Danke für den Hinweis, Ohrenblicker. Ich bin mir nie sicher welche Mikrofonposition am Besten ist, und probiere halt immer mal wieder was anderes  :mrgreen:

losguidos

ja! schöner vergleich wwelti. danke dafür :)


Zitat von: OhrenblickerDanke für diese Arbeit! Sehr interessanter Vergleich. Mich überzeugt die Hora aber nicht so sehr, sie klingt ziemlich dünn. In dieser Aufnahme kommt tatsächlich die olle Schäpe am besten zur Geltung. Wobei ich denke, dass die Brüko, die etwas dumpf klingt, mit einer anderen Mikrophonposition besser rauskommen würde. Das mit dem Hall finde ich sehr stimmig. Und: Toll gespielt, Respekt, Herr Intonator!

wenn man die mikrofon-position bei den aufnahmen verändert ist es ja nicht mehr ein direkter vergleich :) durch ähnliche aufnahmebedingungen kann man die unterschiede sicher am deutlichsten darstellen, sonnst wird das ergebnis ja durch andere faktoren beeinflußt. deshalb finde ich es auch gut, die gleichen saiten zu nehmen, auch wenn man im einzelfall vielleicht andere bevorzugen würde. der hall klingt schon gut und bei so einem test finde ich es auch nicht wichtig, ob das bild jetzt perfekt zum ton passt. allerdings frage ich mich, ob der hall bei einem vergleichs-test besonders hilfreich, oder nötig, ist.

vg losguidos

Ohrenblicker

Im Prinzip gebe ich dir recht. Nur welchen Nutzen hat so ein Vergleich? Man erfährt ja nur, wie die Instrumente mit einer bestimmten Besaitung und einer bestimmten Mikrophonposition klingen, nämlich völlig unterschiedlich. Die Brüko kommt hier klanglich nicht so gut zur Geltung, wie sie es verdient hätte, bei einer anderen Position hätte die Schäpe vielleicht schlechter abgeschnitten? Vielleicht würde die Hora mit Aquila-Saiten ihre Stärken besser ausspielen? Letztlich ersetzt so ein Video nicht das Selbstprobieren und ist auch für Kaufentscheidungen nur bedingt geeignet. Im Prinzip müsste man die Instrumente mit verschiedenen Saiten, verschiedenen Positionen, verschiedenen Songs und Spielweisen in verschiedenen Räumen vergleichen. Das wäre dann eine Lebensaufgabe. :P

Letztlich ist es aber immer ein Genuss, Wilfried beim Ukeln zuzuhören, allein dafür liebe ich diese Videos. :)