Wann ist ein Instrument Sopran, Tenor etc.

Begonnen von Steventown, 31. Dez 2009, 19:37:06

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Steventown

Hallo zusammen!

Eine hoffentlich nicht schwere Frage: Wann kann man ein Instrument Sopran oder Tenor oder, oder, oder... nennen?

Bei der Ukulele scheint es ja nur die Größe zu sein.
Beim Saxophon aber z.B. klingt das Tenorsaxophon tiefer als das Altsaxophon, auch beim selben Ton.

Vorab schon mal danke und ein frohes neues Jahr!

LokeLani

#1
Die Bezeichnung Tenor kommt wohl schon von den Singstimmen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tenor_(Stimmlage)
Dass die Tenorukulele nicht tiefer klingt als eine Sopran-, ist von daher nicht logisch :mrgreen:
Bin selber gespannt für weitere Erklärungen!

wwelti

Soviel ich weiß, ist es eine recht neue Mode, sowohl Sopran als auch Tenor GCEA zu stimmen. Ich glaube früher war eher DGHE für Tenor üblich -- und für Sopran eben doch ADFisH.

Floyd Blue

Rigk hat mal was zu den früher verwendeten Stimmungen auf Ukulelen geschrieben, finde aber den Thread nicht.

@Steventown: Der gleiche Ton auf verschiedenen Instrumenten klingt, von der Tonhöhe her gesehen, immer gleich. Auf einem Tenorsaxophon gespielt klingt er vielleicht dunkler als auf einem Altsaxophon gespielt. Es bleibt aber die gleiche Tonhöhe (Frequenz), nur die Oberwellen sind unterschiedlich, woraus sich eine unterschiedlich Klangfarbe ergibt.

Poltergeist

Da muss man ein wenig ausholen:

In der Renaissance gab es viele sogenannte Instrumentenfamilien. Hier ein Link zur Wikipedia, den man sich mal durchlesen sollte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Instrumentenfamilie
Damals wurden oft Stücke in Ensembles gespielt, die komplett aus Mitgliedern einer Instrumentenfamile bestanden. Das hatte dann einen sehr homogenen Ton. Für die unterschiedlichen Tonlagen brauchte man dann aber unterschiedliche Instrumentengrößen, da die Instrumente damals teilweise einen recht kleinen Tonumfang hatten.
Die vier gebräuchlichsten Größen nannte man dann Sopran, Alt, Tenor und Bass, darüber gab es eventuell noch Sopraninos, darunter Kontrabässe und Subkontrabässe.

Nach Ende der Renaissance starb das dann aus, weil solche Ensembles immer mehr dem klassischen Orchester wichen, das von jedem Blasinstrument nur eine Größe hatte, die dann doppelt besetzt. Die Tonumfänge der Instrumente waren zur Zeit der eigentlichen Klassik (Haydn, Mozart, Beethoven) sowieso auch schon größer geworden, da die Instrumente perfektioniert worden waren.

Zur Zeiten der späten Romantik im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert (Wagner, Mahler, Strauss) bestand dann immer mehr Bedarf an zusätzlichen Klangfarben und das Orchester wurde größer. Damals wurden viele Instrumente weiter entwickelt und neue erfunden. Adolphe Sax war da besonders fleißig, der hat neben den Saxophonen auch noch Saxhörner erfunden, beide als Familie in verschiedenen Größen. Bei anderen Instrumenten, wie den Oboen oder Klarinetten, wurden neue Instrumente konstruiert, die nach den gleichen Prinzipien funktionierten, aber höher oder (hauptsächlich) tiefer klangen. Etwa das Heckelphon als tiefe Oboe. Die Saxophone waren von vornherein als Familie konzipiert, insofern hat Sax die konsequent benannt: Sopranino, Sopran, Alt, Tenor, Bariton (die Größe gab es in der Renaissance gar nicht), Bass, Kontrabass. Bei anderen Instrumenten war das weniger konsequent. Bei Klarinetten zB gibt es sehr, sehr selten Altklarinetten, die etwas tiefer als die normale Klarinette sind, aber die nächste Größe ist dann direkt die Bassklarinette, Tenorklarinetten gibt es nicht. Bei anderen Instrumentenfamilien ist es ähnlich inkonsequent. Generell kann aber man wohl sagen, dass das höchste regelmäßig benutzte Instrument einer Familie der Sopran ist.

Was noch verhältnismäßig konsequent weitergeführt wird aus Zeiten der Renaissance: die Instrumente wechseln zwischen zwei Grundtönen, bei Blockflöten etwa C und F, bei Blasinstrumenten oft B und Es, so dass die übernächste Größe jeweils eine Oktave höher oder tiefer ist. Die Tenorflöte ist zB eine Oktave tiefer als die Sopranblockflöte. Kleine Klarinette in Es, normale in B, Altklarinette in Es, Bassklarinette wieder in B.

Bei der Ukulele würde man nach dieser Logik also annehmen, dass die Tenorukulele eine Oktave tiefer klingt als die Sopranukulele. Für die G-Saite gilt das im Normalfall ja auch. Ich denke aber nicht, dass das als Erklärung wirklich ausreicht. Gerade bei Saiteninstrumenten gibt es ja auch Tenorbanjos und Tenorgitarren, ohne dass es \"Sopranbanjos\" oder so etwas gäbe. Ich würde mal einen Zusammenhang in dieser Richtung vermuten.

Poltergeist

Zitat von: Floyd Blue@Steventown: Der gleiche Ton auf verschiedenen Instrumenten klingt, von der Tonhöhe her gesehen, immer gleich.

Jein. Siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Transponierendes_Musikinstrument

Floyd Blue

@dschingis kāne: Ein Ton mit einer Frequenz von 880 Hz, beispielsweise ändert doch nicht seine Frequenz, nur weil er anders notiert wird. Die Notensysteme mit ihren ganzen unterschiedlichen Schlüsseln sind doch alle nur Hilfsmittel, um etwas übersichtlich und lesbar festzuhalten. Selbst die Namen der Töne sind ja nur Hilfsmittel.

Poltergeist

Deswegen schrieb ich ja auch nur \"jein\". Aber! Wenn du zB auf einer Klarinette spielst und ein C in den Noten liest, dann \"spielst\" du auch ein C. Zumindest fühlt sich das für dich so an. Hat es bei mir jedenfalls. Tatsächlich erklingt dann, wenn du ein \"C\" spielst, aber je nach Klarinette ein B, A, C oder Es, und das eventuell auch noch in einer anderen Oktave als das, was du in deiner Wahrnehmung \"spielst\". Klingt kompliziert, ist es auch. Aber immer noch einfacher, als bei Blockflöten zwei verschiedene Les- und Greifarten von Noten beherrschen zu müssen: die für C-Blockflöten und die für F-Blockflöten.

Floyd Blue

Mmh - ich glaube wir vermischen da gerade absolute/physikalische Tonhöhen und relative...

Das beantwortet aber leider nicht die Frage, die Steventown ursprünglich gestellt hat.

Ich glaube die beste Antwort hat dschingis kāne in seiner weiten Ausholung gegeben.

LokeLani

Die Ausführungen von Dschingis kane sind wichtig und richtig!

Die Instrumentalensmbles  wollten ja auch die Singstimmen imitieren. Chorsätze wurden und werden heute noch gerne von Blockflötenensembles gespielt. In England hat die Blockflötenmusik übrigens eine ununterbrochene Tradition (im Gegensatz zum europäischen Festland, wo sie in der Klassik in Vergessenheit geriet).
Das mit der Umstellung C-und F- Flöten ist nur eine Übungssache, und dann nicht mehr schwierig ;)

Poltergeist

Ich denke, um meinen Erguss von oben mal auf den Punkt zu bringen: es gibt zwei denkbare Erklärungen.

1. Die tiefste Saite der Tenor-Ukulele wird wohl meist ein tiefes g sein (oder meinetwegen auch E, was ich nicht glaube), und damit etwa eine Oktave tiefer als bei einer Sopran. Das ist das typische Verhältnis von Sopran- und Tenor-Instrumenten.

2. Bei dem ganzen spielt das Tenorbanjo mit rein. Ein Tenorbanjo ist ja im Gegensatz zum Five-String-Banjo nicht re-entrant gestimmt. Und die Tenorukulele wohl meistens auch nicht.

@Floyd Blue: Man muss wahrscheinlich mal ein transponierendes Instrument gespielt haben, um das ganz zu verstehen. Hast du mal Klarinette, Saxophon oder ein Blechblasinstrument gespielt?

Floyd Blue

#11
Zitat von: dschingis kāne@Floyd Blue: Man muss wahrscheinlich mal ein transponierendes Instrument gespielt haben, um das ganz zu verstehen. Hast du mal Klarinette, Saxophon oder ein Blechblasinstrument gespielt?

Aktiv nicht. Als transponierendes Instrument habe aktiv ich mal Gitarre gespielt.  ;) Ich habe aber mal eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann für Musikinstrumente genossen. Da musste man, damals zumindest noch, wissen was man verkauft. Solche Themen sind auch in der mündlichen Abschlussprüfung behandelt worden. In der Lehrzeit habe ich auch die verschiedensten Instrument ausprobieren können. Es wurden in dem Ausbildungsbetrieb viele Blasinstrumente und auch Noten dazu verkauft. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ein 285,5 Hz Ton auf dem einen Instrument einem 285,5 Hz Ton auf einem anderen Instrument entspricht. Ich rede hier nur von der Frequenz. Dass ein C nicht unbedingt ein C sein muss ist mir sehr wohl bewusst. Ich hoffe, Du verstehst, dass ich Dich schon verstanden habe. Für mich ist es jetzt genug zu diesem Thema.

Floyd Blue

#12
@Goschi: genau den Beitrag meinte ich, danke!

Steventown

Frohes Neues zusammen und danke für eure zahlreiche Hilfe und Mühe!

Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, hatten die einzelnen Instrumente in der Renaissance noch nicht so einen großen Tonumfang wie heute. Daher gab es verschiedene Größen, so dass beispielsweise eine Sopran-Flöte die hohen Töne spielte, eine Tenor-Flöte, die nicht so hohe Töne wie die Sopran-Flöte spielen kann, dann die tiefen Töne, richtig?
Der Tonumfang wurde nach der Renaissance dann größer, wodurch diese Unterscheidung dann nicht mehr nötig war.
Wenn nun aber z.B. ein Saxophon in B gestimmt ist und man liest in den Noten ein C, dann greift man auch ein C, es erklingt aber z.B. ein F (Nur als Beispiel, um zu zeigen, dass nicht der Ton erklingt, den man eigentlich liest/spielt).

Bei der Tenorukulele wäre es also so, dass die ursprüngliche Stimmung tiefer war, sie nun aber im Vergleich zu der Sopranukulele gleich gestimmt ist. Es erklignt also derselbe Ton, der nur z.B. wegen des Holzes anders klingt. Die Tonhöhe bleibt also gleich.

Ich hoffe, das ist jetzt alles richtig so, dann hätte ich es nämlich verstanden :)

Floyd Blue