Pimp up my Stegeinlage ...

Begonnen von GeorgUK, 04. Jan 2010, 21:00:39

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GeorgUK

Hallo Leutz,

ich hab den Stegeinlagen-Thread hier in den \"Ukulelen\"-Bereich gelegt, weil es im \"Ukulelen\"-Forums-Untertitel heisst: \"... oder Ukulelen-Bauteile.\" Ich denke, dass das Wechseln der Stegeinlage einfacher ist, als das Wechseln von Saiten und der Thread deshalb hier bei Nicht-Bastlern gut aufgehoben ist.

Falls die Mods den Thread lieber in der Bastlerecke sehen wollen - kein Problem ...

Also ich will das Ganze irgendwie seriell aufziehen, da fängt man am besten beim Verständnis an.

Funktionen der Stegeinlage:

1) Positionierung der Saitenhöhe
2) Ende der Mensur
3) Optik
4) Übertragung der Saitenschwingung auf den Ukulelen-Korpus


Die Punkte 1 - 3 lassen sich schnell abhaken:


1) Positionierung der Saitenhöhe
Für die Positionierung der Saitenhöhe muss die Stegeinlage hart genug sein, was aber
bei den Nylon-Saiten kein Problem ist. Die Stegeinlage kann man ganz einfach auf der Unterseite gleichmäßig abschleifen, wenn eine geringere Saitenlage gewünscht ist.


2) Ende der Mensur
Die Stegeinlage bestimmt das Ende der Mensur und somit die Oktavreinheit! Hier hat man als Nicht-Bastler keine Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen, da die Stegeinlage fest in die Brücke eingelassen ist. Im Idealfall entspricht der Flageolett-Ton am 12. Bund dem Ton des gedrückten 12. Bundes. Wenn das nicht so ist, dann hat der Azubi wieder mal die Brücke um einige mm zu kurz oder zu lang monitert.


3) Optik
Über die Optik kann man streiten. Trotzdem: Im Idealfall sollte die Stegeinlage von der Optik und vom Material her dem gegenüberliegendem Sattel entsprechen. Viele Spieler bevorzugen allein wegen der \"ederen\" Optik die Naturprodukten wie z.B. Knochen oder wünschen einfach keine Plastikteile an Ihrer Ukulele.


Kommen wir nun zum wesentlichen Punkt:


4) Übertragung der Saitenschwingung auf den Ukulelen-Korpus


Die Stegeinlage befindet sich am klangbestimmendsten Punkt der Ukulele! Punkt.

[Diese Aussage wirken lassen!]

Die gesamte Ukulele ist defacto um diesen Bereich der Decke konstruiert. Punkt.

[Diese Aussage auch wirken lassen!]

Die gesamte Klang-Architektur der Ukulele läuft hier zusammen. Punkt.

[Diese Aussage auch noch wirken lassen!]

Ich denke, dass jeder hier Ukulelen kennt, bei denen obige Auusagen nicht zutreffen ;-)


Praxis-Beispiel:

Ein paar Töne auf der Ukulele so spielen, dass man die Töne über das Schallloch direkt gut hören kann. Nun irgendwie mit der Hand die Brücke (nicht die Saiten!) dämpfen und weiterspielen. Bei einer einigermaßen guten Ukulele ist direkte Klangbeeinträchtigung zu hören. An anderen Stellen der Ukulele kann man drücken wie man will ohne eine derart radikale Klangbeeinträchtigung zu bekommen.


Fazit für diesmal:

Jedes gute Instrument verdient etwas mehr Aufmerksamkeit für diesen sensiblen Bereich. Das ist etwa so wie früher beim Plattenspieler. Ohne gutes System (so nannte man das Teil wo die Nadel drin war) war der Rest klanglich ein Griff ins Klo.


to be continued ...

Juku

Das war mein Versuch, das Ding zu pimpen: http://www.ukulelenclub.de/Forum/UseBB/topic.php?id=5440
Das Ding liegt an der Unterseite aber vollflächig an.
Optisch gefällt mir das besser und der Klang ist zumindest nicht schlechter geworden.

jazzjaponique

Und ich hab gleich mal ne Frage zur Herkunft der Knochen, weil mein gebleictes Material so langsam verbraucht ist.
Mit welchem Knochen z.Bsp. einer Kuh würde man gute Ergebnisse erzielen, Oberschenkel, Hüfte, Schulterblatt oder ist das egal?

-Jens-

#3
Das Thema ist extrem interessant! (siehe Koaloha xyz Thread http://www.ukulelenclub.de/Forum/UseBB/topic.php?id=6038 ).
Wenn der Bereich so sensibel ist, wie verträgt es sich dann mit Untersteg-Tonabnehmern wie sie bei Ukulelen des öfteren verwendet werden (oder ist das bereits ein neues Thema?)?

Für unverstärkte Ukulelen würde mich allerdings sehr interessieren, wie die Auflagefläche oder Punkte auf der Decke optimalerweise auszusehen hätten (speziell würde mich das für massive Mahagoni-Decken interessieren, falls das Holz hierbei auch eine Rolle spielt).

Robert

Mich interessiert warum Knochen besser klingt als Kunststoff.
Liegt das an der Härte oder an der Dichte des Materials?
Und was für Materialien, die vielleicht leichter zu bekommen / zu bearbeiten sind, wären noch möglich?

vinaka

#5
Hartholz.
Ich habe auch schon Bambus verwendet.
Auch gut funktioniert - für Basteleien - abgeschnittene Stricknadel aus Bambus.

wwelti

Zu 2) kann man sagen: Da kann man durchaus was machen. Eine leichte Korrektur ist auf jeden Fall drin und wird auch bei vielen höherwertigen Ukulelen vorgenommen -- halt Einzelsaitenkompensation.

Zu 4) muß ich sagen ... nach der Einführung bin ich immer noch so schlau wie vorher. Klar daß kleine Veränderungen viel ausmachen können. Ich gebe allerdings zu daß ich mich nicht damit beschäftigt hatte. Zumindest nicht sehr. Was mir allerdings aufgefallen ist: Eine zu flache Stegeinlage kann den Klang irgendwie dünner machen. Meine unreflektierte Theorie: Liegt wohl daran daß dann der Druck durch die Saite auf die Stegeinlage schwächer ist, weil flacherer Winkel der Saiten usw. Man denkt sich halt so, ohne viel dabei zu denken, daß es wohl vor allem wichtig ist, daß die Schwingung möglichst gut übertragen wird.

Anzunehmen, daß es, wie so viele Dinge im Leben, doch noch komplizierter ist. Aber das genau zu verstehen könnte kompliziert werden. Alternative: Man fängt einfach an zu experimentieren.

Und wie geht\'s nun weiter?

Gruß
  Wilfried

GeorgUK

#7
@ Juku:
Gute Idee + Umsetzung! Optisch perfekt

@ jazzjaponique:
Rinderknochen nur vom Oberschenkel (gibts beim Metzger oder von Thoman etc). Schulterknochen, Schädel, Gelenke etc sind nicht geeignet, da sind zuviele Hohlräume/Verästelungen drin.

@ Jens:
Die Klangbeeinträchtigung von Steg-Pickups ist mehr oder weniger vorhanden und wird sehr kontrovers diskutiert. Da muß man mal die Ukulele ohne Pickup ausprobieren. Wenn man die Ukulele meistens verstärkt spielt, dann ist es eh egal. Wenn man eine solche Ukulele praktisch nie über den Pickup spielt, würde ich das Ding durch die Brücke in die Ukulele zurückschieben und nur bei Bedarf verwenden.

Das mit der Auflagefläche muß man durch Probieren herausfinden, weil dadurch die Tontrennung beeinflusst wird. Ist ungefähr so wie wenn dir eine Frau mit Badelatschen oder Pfenning-Absätzen auf die Zehen tritt ;-) Da schreibe ich später mal was dazu.

@ Robbi:

Knochen KÖNNEN besser klingen, müssen aber nicht. Ist eine Sache der gesamten Abstimmung. Da aber Gitarren und Ukulelen traditionell für solche Werkstoffe konzipiert wurden, ist ein \"oberamtlicher\" Klang eher mit den traditionellen Materialen zu erhalten.

Knochen ist recht hart und kann extrem scharfkantig gefeilt werden. Siehe auch Knochen- und Elfenbeinschnitzereien. Ist imho viel schärfer als Hartplastik.

Bei Nylon-Saiten ist auch Holz ein interessantes Material, weil es die Höhen etwas abmildert.

@vinaka:
Bambus hat harte Längsfasern. Kann gut passen.

@wwelti
Das mit dem kompensierten Steg ist richtig. Allerdings hat man da höchsten 1-2mm Spielraum. Man bräuchte hier breitere Stege wie bei den neuen Ortegas. Manchen pfeifen auf eine solche Kompensation und schätzen lieber einen schmallen Steg, weil da der Ton besser wird.

Der Saitendruck ist SEHR wichtig. Die Saiten sollten im Idealfall mit ca. 45-60 Grad über der Steg laufen. Ähnlches gilt auch für den Sattel. Deshalb ist die Kopfplatte ja nach hinten geneigt. Und man sollte deshalb die Saiten so aufdrehen, dass sie sich von oben nach unten auf dem Stimmwirbel drehen.

Es gibt sicher wichtigeres im Leben. Aber es macht - wie Du schon sagst - Spaß zu experimentieren ...


to be continued ...

arkay

...sehr interessant...sehr interessant... :)

kurt

zu den Knochen :
Ich verwende , soweit identifizierbar, Oberschenkel. Wenn es aber um die Dichte geht, müßte ein Schädelknochen noch besser sein.

GeorgUK

#10
So und weiter geht´s mit \"Pimp up my Stegeinlage\". Machen wir das gute noch besser:



Zunächst weitere Stegeinlagen für den Sound-Check gefeilt. Unten auf der Werkbank das weisse Tusq-Original und oben ein ungebleichter Knochen-Rohling. Staubt etwas und riecht nach verbrannten Zehennägel ...



Mit einem Bandschleifer geht es recht schnell. Es genügt aber auch ein normaler Bogen Schleifpapier (100, 180 Körnung), den man auf eine glatte stabile Unterlage mit doppelseitigen Klebeband klebt und etwas Stahlwolle (000) für das Finisch. Zum Messen braucht man einen (digitalen) Messschieber oder eine Micrometerschraube.



Nach einigen Abenden kommen schon ein paar Teile zusammen  :)
Hier sieht man unterschiedliche Stegeinlagen aus Horn, Geweih, ungebleichten und gebleichten Knochen, Teak, Tusq, Plastik. Oben hinten ein skalopped Steg. Unten links ein kompensierter Steg. In der Brücke steckt ein etrem leichter und kleiner skalopped Knochensteg, der zwar super dynamisch klingt aber irgendwie blöd ausschaut.



Hier nochmal der kompensierte Steg im Detail. Das war richtig zeitraubend!! Das kompensieren hilft ein bischen für die Intonation. Ich muß das aber mal genauer rausmessen. Berühmt war die Veränderung nicht.



Die originale KoAloha Stegeinlage aus Tusq, ein Kunsstoff mit Elfenbein-/Knochen-ähnlichem Klang laut Hersteller. Klingt schon recht gut ist aber trotzdem Plastik, und das will ich nicht auf meiner Ukulele.



Hier eine Teak Stegeinlage, die ich in den nächsten Tagen spielen+testen werde. Klingt entgegen aller Erwartungen recht laut und richtig sau-gut. Irgendwie \"vintage\" und \"gereift\".  8)  8)  8)  Ich kann das nicht besser erklären. Ich werde mir noch ein paar andere Holz-Sorten zum Testen organisieren ....


Das wars mal wieder. Sound-Samples mit den unterschiedlichen Stegeinlagen mache ich demnächst.

btw: Wenn jemand ein paar (mittelschwere) Blues Tabs weiss ...

to be continued ...

@ Kurt: Knochen vom Schädel geht nicht, ist zu blöd zum Verarbeiten und nicht so fest/dicht wie Oberschenkel. Ausserdem ist es einfacher einen kurzen Oberschenkelknochen vom Metzer mitzunehmen als einen Rinderkopf ;-)

LokeLani

Das ist ein seeehr interessanter Thread :P

Bei der Kala Lacewood wird Ebenholz als Stegeinlage verwendet.
Leider lassen sich nicht bei allen Ukulelen (Brükos) die Stege auswechseln.

Matze

ZitatDas ist ein seeehr interessanter Thread
Das meine ich auch!
Was Du alles kannst und weißt..- Donnerwetter!!!
Eine tolle Bereicherung für unser Forum!
Respekt, mein Lieber!!!

Bugle

Alles höchstinteressant - ich lese äußerst gespannt mit!

Habe bislang nur Erfahrung mit Ahornstegen (ähnlich Brüko) und Ebenholzstegen / -stegeinlagen. Klang beides auch ganz prima. Beim momentanen Bauprojekt werde ich mal eine Stegeinlage und einen Sattel aus Bubinga ausprobieren (wegen der Optik), wenn\'s nicht klingt nehme ich wahrscheinlich wieder Ebenholz.

gukarie

Moin moin!
Ich habe hier so einige Verständnisprobleme, wahrscheinlich liegt es ja an meiner beginnenden Alterssenilität  :oops:  :
Zitat von: GeorgUK......@ Jens:.........Das mit der Auflagefläche muß man durch Probieren herausfinden, weil dadurch die Tontrennung beeinflusst wird. Ist ungefähr so wie wenn dir eine Frau mit Badelatschen oder Pfenning-Absätzen auf die Zehen tritt ;-) Da schreibe ich später mal was dazu......
Tontrennung?????  :shock: Was ist das??????
Zitat von: GeorgUK.....@ Robbi:......Knochen KÖNNEN besser klingen, müssen aber nicht. Ist eine Sache der gesamten Abstimmung. Da aber Gitarren und Ukulelen traditionell für solche Werkstoffe konzipiert wurden, ist ein \"oberamtlicher\" Klang eher mit den traditionellen Materialen zu erhalten......
Neee, nix konzipiert. Wenn man sich die Historie der Zupfinstrumente mal ansieht, die hatten damals nur natürliche Rohstoffe wie Holz, Knochen, Darm etc.
Bitte was ist ein amtlicher oder oberamtlicher Klang :shock: , ist der TÜV geprüft, vom Standesbeamten beglaubigt oder wie hab ich mir das vorzustellen? :oops:
Zitat von: GeorgUK.....Knochen ist recht hart und kann extrem scharfkantig gefeilt werden. Siehe auch Knochen- und Elfenbeinschnitzereien. Ist imho viel schärfer als Hartplastik.....
Ja das wußten schon die Alten  .... Knochenmesser, Pfeilspitzen etc. aber ich schleif dir auch einige Kunststoffe, daß man sich in den Finger schneidet. Natürlich keinen Schaumstoff.....
Zitat von: GeorgUK.....Bei Nylon-Saiten ist auch Holz ein interessantes Material, weil es die Höhen etwas abmildert......
Wenn Holz, nehmen wir hier mal Balsaholz aus, sooooo dämpfend auf die Höhen wirkt, warum machen wir denn einen überragenden Teil der Zupfinstrumente gerade aus Holz? Auch diesen Zusammenhang verstehe ich nicht.
Zitat von: GeorgUK.....Der Saitendruck ist SEHR wichtig. Die Saiten sollten im Idealfall mit ca. 45-60 Grad über der Steg laufen. Ähnlches gilt auch für den Sattel. Deshalb ist die Kopfplatte ja nach hinten geneigt.......
:shock: Hier fehlt mir einfach der Glaube. Beim Steg machen das dann viele Zupfinstrumentenbauer falsch und bei der Kopfplatte von Strat und Tele hat Leo F. ja wohl dann den Vogel abgeschossen. :lol:
Zitat von: GeorgUK......... dynamisch klingt aber irgendwie blöd ausschaut...............Hier eine Teak Stegeinlage, die ich in den nächsten Tagen spielen+testen werde. Klingt entgegen aller Erwartungen recht laut und richtig sau-gut. Irgendwie \"vintage\" und \"gereift\".  8)  8)  8)  Ich kann das nicht besser erklären. Ich werde mir noch ein paar andere Holz-Sorten zum Testen organisieren ....
Wie um alles in der Welt klingt \"dynamisch\", \"sau-gut\", \"vintage\" und \"gereift\" ?

Entschuldigt diese vielen Fragen, aber mir war so danach.....
Schöne Grüße
Günter