optimale Fingerpositionen beim Spielen (Solos etc.)

Begonnen von zivilars, 15. Feb 2012, 09:13:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema. (38 Antworten, 5.825 Aufrufe)

zivilars

Hallo zusammen,

ich bin ein Ukulelen-Neuling aus Hamburg und habe mich soeben hier im Board angemeldet. Erst mal Glückwunsch und Danke für das tolle Angebot hier im Forum, ist wirklich eine gute Hilfe!

Ich hätte eine ganz generelle Frage an die Experten hier, die ich deshalb möglichst früh stellen möchte, damit ich mir ggf. nichts Falsches angewöhne. Es geht um die Greifhand und deren Fingerpositionen: Ich habe grundsätzlich das Problem bei \"Solostrecken\" (also einzelnen Noten), dass ich diese immer, wenn es nicht gerade direkt mit dem bereits gehaltenen Griff passt, einzeln mit dem Zeigefinger \"abfahre\", während die anderen Finger in der Luft hängen. Will heißen: Ich komme hinter kein wirkliches System, wie man die anderen Finger bereits effizienter an den richtigen Stellen bereit hält. Ein kleines Beispiel:

http://ukulelehunt.com/2011/03/31/patsy-cline-willie-nelson-crazy-tab/

Das Ding ist ja noch relativ einfach zu spielen. Während das beim Kollegen im Video jedoch so ausschaut, als hielte er seine Finger auch bei den kurzen Solostrecken immer schon optimal positioniert, fast wie ein dazugehöriger Akkord, fahr ich solche Sachen wie 2-0-5-3-0 oder 0-3-8-7-5 (siehe Tabs) eben mit einem oder zwei Fingern ab, während die restlichen Finger frei in der Luft rumwabbeln. Ich denke, das kostet mich neben einem flüssigen Klang wahrscheinlich auch viel Spielmöglichkeit und -Geschwindigkeit ...

Ich hoffe, ich konnte das halbwegs verständlich beschreiben - meine Frage ist einfach: Gibt es irgendein System, eine Regel oder irgendwelche Tricks, wie man seine Finger bei so was optimal hält? Oder ist die einzige Möglichkeit, ohne wirklich System an jeder Stelle zu analysieren: Wie könnte ich jetzt hier meine Finger irgendwie hinlegen, damit es gleich beim nächsten Wechsel einfacher ist?

Über eine Antwort würde ich mich sehr, sehr freuen. (Falls ich mein Problem unklar beschrieben habe, einfach sagen.) Herzlichen Dank im voraus für eure Mühe!!!

gardino

#1
Du kannst jedem Bund einen Finger zuordnen und bei Bedarf die ganze Hand auf dem Griffbrett verschieben, z.B.:

2. Bund Zeigefinger (Z)
3. Bund Mittelfinger (M)
4. Bund Ringfinger (R)
5. Bund kl. Finger (K)

2-0-5-3-0 wäre also Z-leer-K-M-leer.
Für 0-3-8-7-5 musst Du entweder die Finger strecken: leer-Z-K-K-M bzw. leer-Z-K-K-R
oder die ganze Hand verschieben: leer-Z-K-R-Z.

Oder Du greifst den Akkord und leitest davon einen geeigneten Fingersatz ab.

zivilars

#2
Hallo Gardino,

Danke für deine schnelle Antwort. Grundsätzlich verstehe ich wohl, was du meinst - wobei die schnellen Beispieltabs von oben sich auch auf MEHRERE Saiten beziehen, ich ich dabei wechsele. (War aber auch sehr missverständlich aufgeschrieben als einfache Zahlenreihe nebeneinander, mein Fehler.) Was ich erst mal mitnehme: Wenn ich innerhalb einer Seite in den Bünden \"hochgehen\" muß, kann ich - anstatt den Zeigefinger weiterzuschieben - meine restlichen Finger lieber \"insektengleich\" ausstrecken. Inwieweit mir das auch hilft, wenn ich zwischen mehreren Saiten springen muss, werde ich einfach mal ausprobieren.

Mit dem Akkord greifen, ist es halt das Problem, dass ich nicht immer einen habe. Manchmal sind nur Tabs angegeben und ich habe leider keine Ahnung, wie man den richtigen Akkord herausfindet ... :( Wie gesagt: Bin noch Anfänger, werde aber definitiv auch versuchen, endlich mal hinter die Musiktheorie zu kommen und wirklich zu VERSTEHEN, was ich da machen. Habe mir dazu auch schon einige Literatur bestellt, aber das ist ein anderes Thema ... Ich hoffe, das geht auf.

Danke noch mal für deinen Hinweis!

Bassepartout

#3
Das mit dem Zuordnen von Finger zu Bund nennt man macht man i.d.R. eine \"Lage\". Das heisst es wird jeweils derselbe Finger für denselben Bund auf jeder Saite benutzt. Je nachdem, wo man die Hand hin verschiebt und welcher Bund dann der niedrigste ist, wird die Lage benannt (1. Lage = Z im 1. Bund, 4. Lage = Z im 4. Bund). Das Verschieben der Greifhand von einer Lage in die andere nennt man \"Lagenwechsel\".

Während sowas für Instrumente mit weiten Bundabständen wie z.B. Bass recht praktikabel ist, finde ich solch eine strenge Regel für die engen Bünde der Ukulele eher unpraktisch. Das Prinzip ist aber schon ganz gut :)

D.h. als Faustregel versuche mal, die Bünde von niedrig nach hoch jeweils mit Z bis K zu spielen. Wie Gardino schon schrieb, gibt es dann eben individuellen Spielraum, welcher Finger genau welche Note greift.

Den richtigen Zeitpunkt zum Lagenwechsel und die jeweils genau passende Lage zu finden, ist reine Übungs- und Erfahrungssache. Und außerdem gibt\'s natürlich auch immer mal wieder Passagen, in denen anatomisch der reine Lagenfingersatz nicht praktikabel ist - aber auch da kommt man mit der Zeit hinter.

Leider gilt auch hier die Antwort, die mal ein Musiker (ich weiß nicht mehr wer es war) auf die Frage eines Schülers nach Tricks gegeben hat: \"Drei Sachen: Üben, üben und üben\".  :roll:

Bassepartout

Noch ein kleiner Tipp für etwas flüssigeres Spiel: Versuche mal, dich zu zwingen, von einem Ton zum anderen jeweils den vorherigen Finger liegen zu lassen - \"Nein, ich verschiebe den Zeigefinger jetzt nicht; nein, ich verschiebe den Zeigefinger jetzt nicht ...\" ;) Ist am Anfang etwas mühsam und holperig und man sollte es auch nicht übertreiben (immer beim anatomisch möglichen bleiben ;) ), schult aber das Verwenden aller Finger und ist für schöne Legatopassagen unerlässlich.

zivilars

#5
Hallo Bassepartout,

auch dir herzlichen Dank für die weiteren Hinweise. Ich werde mal versuchen, sie umzusetzen - zu \"Üben, üben, üben\" bin ich ja hochmotiviert und gerne bereit. Meine Angst ist immer eher umgekehrter Natur - daß solche Dinger keine Übungssache sein könnten, sondern daß man bei so Sachen wie Fingerhaltung etc. durch Selbsttraining, ohne echten Lehrer aus Fleisch und Blut, vielleicht einfach auf der Stelle tritt. Wenn ich\'s durchs Üben hinkriege, bin ich auch bereit, mir die Fingerkuppen wund zu spielen ... :)

Uhu

Ein Blick über den Tellerrand: Für (klassische) Gitarristen gilt die strenge Regel: 1. Finger - 1. Bund, 2. Finger - 2. Bund usw. in der ersten Lage, für andere Lagen einfach verschieben. Für die kleine Ukulele ist diese Regel wenig praxistauglich. Hier ist der Fingersatz der Geiger und Mandolinisten angenehmer: Pro Ton ein Finger, was für die c-Saite bedeutet: 1. Finger - 2. Bund, 2. Finger - 4. Bund, 3. Finger - 5. Bund, 4. Finger - 7. Bund (Töne d e f g). Zusammen mit der leeren c-Saite ergibt das 5 Töne ohne Verschieben der Hand. Und mit diesem Tonvorrat spielst du locker \"O when the saints\", \"Winter ade\", \"Kuckuck ruft\'s aus dem Wald\" und mehr.


Gruß vom Uhu

gardino

Für die Sopran-Ukulele ist der klassische Fingersatz in der Tat nicht so dolle, aber spätestens ab Tenor-Größe ist das durchaus sinnvoll.

zivilars

#8
Eine kurze Nachfrage, damit ich es auch wirklich richtig verstehe - angenommen, ich spiele die angehängte Passage:

http://dl.dropbox.com/u/9226287/Bildschirmfoto.png

Bringt mir die von euch vorgeschlagene Methode dort auch einen Technikgewinn? Würdet ihr hier im fünften Bund mit dem kleinen Finger drücken und danach im dritten mit dem Ringfinger? Wie verteile ich die Finger, wenn ich nicht vier Bünde am Stück bespiele? Einfach grundsätzlich den höchsten mit dem kleinen Finger und den tiefsten mit dem Zeigefinger? Oder ist es in diesem Fall egal? Mein Beispielbild ist zugegeben nicht gerade die komplexeste Abfolge, daher nicht optimal - so, wie ich die von euch beschriebene Technik verstehe, ist sie aber nicht wirklich anzuwenden, wenn ich mehrere einzelne Töne auf verschiedenen Saiten spielen und zwischen diesen hin und herspringen muss. Ist das richtig? Ansonsten verstehe ich es falsch und muss es noch mal anders verinnerlichen ...

Ich weiß, die Fragen sind ziemlich bescheuert - wenn jemand zum Verständnis noch mal kurz antworten könnte, würde es mich aber doch freuen. Herzlichen Dank,

frenk

#9
Ein schnelles Hallo durch Hamburg,
vorweg: Ich bin ebenfalls ziemlicher Anfänger, allemal im Solospiel. Ab und zu gelange ich aber - gottseidank - an Stellen, wo ich feststelle: Ach, so geht das...
Die Positionierung eine Note oder einen Bund je Finger finde ich prima, wenn es um das Spiel auf unterschielichen Bünden einer oder mehrerer Saiten geht. Bei Skalen macht es wohl auch viel Sinn. (ich hoffe, das ist alles einigermaßen verständlich...)
Schwierig wird es wohl bei Griffen wie 2020 etc. Dort musst Du mehrere Finger auf einem Bund haben (zumindest habe ich keine andere Idee).

Ich habe z.B. in einem meiner Übungsstücke einen Übergang von 4530 auf 3430.
4530 greife ich MRZx (für Mittel-, Ring, Zeigefinger).
3430 würde ich normalerweise ZRMx greifen.

Der Wechsel dauert aber viel zu lang, deshalb rutsche ich einfach mit M und R einen Bund tiefer und komme so bei 3430 aus. Ist zwar nicht besonders bequem aber den Griff muss man ja keine zehn Minuten halten....

Was ich damit sagen möchte: Zunächst einmal würde ich je Finger eine Note / Bund einplanen. Es gibt aber (recht viele) Situationen, bei denen man tatsächlich
Zitat von: zivilarsohne wirklich System an jeder Stelle ...analysieren
sollte. Wobei ich das \"ohne System\" nicht ganz unterstreichen mag.

Zu Deinem Übungsstück:
Im ersten abgebildeten Takt würde ich die Finger folgendermaßen setzen:
Du kommst ja aus dem F, was Du wohl M0Z0 greifst, dann kommt zweimal die leere C-Saite. Ich würde den Z und den M belassen wo sie sind und R im zweiten Bund auf die C-Saite setzen. Dann kannst Du ohne großes Umgreifen 22xx spielen (jetzt fängt ehrlichgesagt erst der erste abgebildete Takt an - ich hab mir das Stück mal von ukulelehunt runtergeladen).

Dann setzt Du einfach zusätzlich den kleinen Finger im zweiten Bund der E-Saite dazu. Durch die übrigen Finger, die einfach da bleiben können, wo sie sind, hast Du Stabilität beim Halten. Den Slide in den fünften Bund der A-Saite würde ich mit M machen. Dann hast Du den Z frei für den dritten Bund.

Du kannst die Positionen im zweiten Bund auch über einen Barree-Griff machen, aber das ist sicherlich Geschmackssache.

Vielleicht hilft das ja schon mal für den Anfang...  

Falls ich mit meinen Tipps in den Augen erfahrener Ukulisten schief liege, bitte ich um rege Korrektur und oder Ergänzung. Ich habe schließlich auch noch einen weiten Weg vor mir.

Grüße
frenk

zivilars

#10
Hallo frenk,

Herzlichen Dank für deine Ausführungen - ich werde deinen Vorschlag fürs Fingersetzen beim Beispiel gleich durchprobieren. Ich denke, den Vorschlag wird mir einen weiteren kleinen Schritt vorwärts auf dem Weg helfen, die Finger irgendwann aus Gefühl \"organisch\" so zu setzen, daß es am flinkesten und natürlichsten geht. Ich danke dir und den anderen für die Hilfe - weiß ich wirklich sehr zu schätzen. Wenn man hier und woanders im Netz schaut, scheint die Ukulele schon allein wegen der tollen Community eine ausgezeichnete Instrumentenwahl zu sein!  :)

zivilars

#11
Weil\'s ganz gut reinpasst, hier noch mal eine kurze nachgeschobene Frage - diesmal zur Schlaghand: Wenn ich ein Stück nach Tabs spiele wie z.B. Aloha \'Oe (http://home.arcor.de/crazydawg/ukulele/aloha_\'oe.txt) versuche ich, auch bei der die Saiten anschlagende Hand konsequent immer Daumen - G-Seite, Zeigefinger - C-Seite, Mittelfinger - E-Seite und Ringfinger - A-Seite zu verwenden. Das ist eine Extrahürde, die mich momentan auch langsamer spielen lässt, als wenn ich auf den jeweils zugeordneten Finger nicht achten würde - daher auch meine Frage: IST das überhaupt ähnlich wie bei den Bünden richtig und erstrebenswert? (sprich: später auszahlend beim Spielen?) Oder ist die beschriebene Fingerzuordnung beim Saiten-Anschlagen gar kein Vorteil? Es fühlt sich, auch bei Tabs wie oben, also keinem festen Pickingmuster, auf jeden Fall subjektiv professioneller und flüssiger an (wenn es denn sitzt), als wenn ich hauptsächlich nur mit dem Daumen hoch- und runtergehe zum Anschlagen. Wenn ich aber so streng mit mir bin, nur weil ich z.B. die A-Seite statt mit dem Ring- mit den Mittelfinger anschlage, frage ich mich aber schon, sich das langfristig überhaupt bezahlt macht oder nur meine eigene falsche Theorie ist. Wenn es grundsätzlich so aber optimal ist, ziehe ich das aber durch - braucht dann zwar etwas mehr Training, aber irgendwann sollte es drin sein!

wwelti

Es gibt Leute die so spielen, aber auf der Ukulele gibt es ungefähr so viele Spieltechniken wie Spieler...

Ich vermeide eine feste Zuordnung. Einstimmige Melodielinien spiele ich meistens im Wechsel zwischen Zeige- und Mittelfinger. Mehrstimmig kommt dann hauptsächlich noch der Daumen hinzu, und der Ringfinger hilft auch wenn nötig. Die Theorie sagt, daß man beim Wechsel zwischen zwei Fingern flüssiger spielen kann, weil die einzelnen Finger sich nicht ganz so schnell bewegen müssen. Wird wohl schon was \'dran sein.  

Viele Grüße
  Wilfried

zivilars

Hallo Wilfried,

Danke für die Antwort - dann schließe ich daraus, dass die \"Konditionierung\" auf fester Finger für feste Seite beim Anschlagen doch nichts bringt. Ich spiele nämlich Melodielinien (wie das verlinkte Aloha \'Oe) auch erst mal eher so, wie du beschreibst, wenn auch bei mir mit DAUMEN und Zeigefinger. Dachte, dass es wichtig sein könnte für die Technik, auch für so was die Finger möglichst fest zuzuordnen, aber dann beschränke ich mich damit eher auf das Greifen in den Bünden. Dort ist der Vorteil wohl ersichtlicher, damit es bei schwierigen Passagen nicht zum hektischen Rumgekrampfe kommt ...

Dir und allen anderen ein schönes Wochenende!

Bassepartout

Ich denke, es ist auf jeden Fall eine gute Idee, direkt zu versuchen, möglichst viele Finger einzusetzen und am Spiel teilhaben zu lassen; wie Wilfried schon schrieb, hilft das, das Spiel zu \"verflüssigen\" ;) Sich jetzt krampfhaft auf feste Zuordnungen zu versteifen, ist nur für gelegentliche, gezielte Übungen sinnvoll, für das \"normale\" Spiel aber eher kontraproduktiv.

\"Organisch\" ist das Zauberwort! Es gibt zwar eine ganze Reihe von Regeln und Anleitungen, wie man was machen sollte - sobald es aber ans \"Verbiegen\" jenseits des anatomisch möglich geht, ist entweder was an der Vorgabe falsch oder man selbst ist einfach \"nicht dafür gebaut\" oder noch nicht erfahren genug, dass man es erzwingen sollte.

Mach Dir nicht zuviele Gedanken und hab einfach Spass :)

P.S.: Zum Stichwort \"organisch\" und \"anatomisch möglich\"
Zitat von: frenk4340 würde ich normalerweise ZRMx greifen.
:shock: Das kriege ich z.B. ÜBERHAUPT nicht hin. Habe ich auch keinen Ehrgeiz zu; für mich ist da MZRx die natürliche Lösung  :mrgreen: